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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 27.03.2007
Aktenzeichen: 11 U 64/04
Rechtsgebiete: BGB, GmbHG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 203 a.F.
BGB § 823
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 812
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1
BGB § 852 a.F.
BGB § 852 Abs. 3 a.F.
GmbHG §§ 43 f.
GmbHG § 43 Abs. 1
GmbHG § 43 Abs. 2
GmbHG § 43 Abs. 3
GmbHG § 43 Abs. 4
ZPO § 234 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 64/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 27.03.2007

Verkündet am 27.03.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 06. März 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Goebel, den Richter am Oberlandesgericht Hütter und den Richter am Oberlandesgericht Pliester

für Recht erkannt:

Tenor:

Dem Kläger wird hinsichtlich der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Die Berufung des Klägers gegen das am 14. April 2004 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - Az.: 4 O 74/98 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheit oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren, zugleich Wert der Beschwer des Klägers: 247.946,50 €

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von dem Beklagten Schadensersatz wegen der unberechtigten Entnahme von Kraftfahrzeugen aus dem Warenbestand der Fa. H... GmbH, T.... Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, der im Berufungsverfahren unverändert geblieben ist, wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 247.964,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Der Kläger könne gegen den Beklagten keine Schadensersatzansprüche gem. §§ 823 BGB, 43 f. GmbHG geltend machen, weil die Ansprüche verjährt seien.

Der Beginn der Verjährungsfrist sei spätestens am 1. Juni 1994 anzusetzen. Denn bereits am 2. Mai 1994 habe der Kläger von der Buchhalterin der Gemeinschuldnerin eine Aufstellung der vom Beklagten aus dem Warenbestand der Gemeinschuldnerin entnommenen Fahrzeuge erhalten. Die Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags vom 28. April 1997 habe zwar zu einer Hemmung der Verjährung gem. § 203 BGB a.F. geführt; doch sei diese Hemmung in Wegfall geraten, weil der Kläger sich nach dem 18. Februar 1998, als ihm das Gericht mitgeteilt habe, die Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung seien nicht gegeben, nicht hinreichend um eine Fortführung des Verfahrens bemüht habe. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger die öffentliche Zustellung hätte betreiben können, sei dem Beklagten die Berufung auf die Einrede der Verjährung auch nicht aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils, welches dem Kläger am 13. Mai 2004 zugestellt worden ist, wird auf die bei den Akten befindliche Leseabschrift (Bl. 223 ff.) Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen diese Entscheidung durch Schriftsatz, beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen am 7. Juni 2004, einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren gestellt. Der Senat hat dem Kläger zur Durchführung des Berufungsverfahrens durch Beschluss vom 29. September 2004 Prozesskostenhilfe gewährt. Nachdem dieser Beschluss dem Kläger am 6. Oktober 2004 zugestellt worden war, hat er am 14. Oktober 2004 (Bl. 298 d.A.) eine Berufungsschrift nebst Begründung eingereicht.

Mit dem Rechtsmittel macht der Kläger geltend: Die ihm durch die Staatsanwaltschaft bekannt gewordene Adresse des Beklagten in Spanien sei ihm bekannt geworden; nachdem das Landgericht ihm mitgeteilt habe, dass eine öffentliche Zustellung nicht werde erfolgen können, habe er nichts mehr unternehmen können. Im Übrigen sei der Antrag auf Prozesskostenhilfe vom 28. April 1997 dem Beklagten tatsächlich zugegangen. Der handschriftliche Vermerk auf dem Briefumschlag stamme vom Beklagten (Beweis: Gutachten eines Schriftsachverständigen).

Da die Klage außerdem auf Bereicherungsrecht gestützt werden könne, sei die Forderung ohnehin nach § 852 Abs. 3 BGB a.F. nicht verjährt. Schließlich könne die Verjährungsfrist nicht vor Beendigung des Strafverfahrens beginnen; der Kläger begründet dies mit den Regelungen über das Adhäsionsverfahren.

Der Kläger beantragt,

ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren;

die angefochtene Entscheidung abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 247.964,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe der Berufungserwiderung vom 26. Februar 2008 (Bl. 320 d.A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. Die Akten 4 O 233/97 lagen dem Senat zur Information vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Dem Kläger ist die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stande zu gewähren, weil er die Berufungsfrist ohne Verschulden nicht eingehalten (vgl. hierzu Zöller/Greger § 233 RN 23 Stichwort "Prozesskostenhilfe" m.w.N.) und die Frist des § 234 Abs. 1 S. 2 ZPO gewahrt hat.

Die auch im Übrigen zulässige Berufung ist indes nicht begründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht mit der Begründung abgewiesen, dass die zu Grunde liegende Forderung verjährt ist.

1. Anspruch aus § 823 BGB

Zutreffend wendet das Landgericht auf den Beginn der Verjährung die Vorschriften des BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung an (Art. 229 § 5 AGBGB). Für die Verjährung des Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB ist daher die dreijährige Frist des § 852 BGB a.F. anzuwenden. Für den Fristbeginn ist neben der Kenntnis des Schadens die der Person des Schädigers maßgeblich, wobei neben der Identität auch die Wohnanschrift dem Anspruchsinhaber bekannt sein muss (vgl. BGH NJW 1998, 988 m.w.N.). Nicht erforderlich ist insoweit, ob unter der Anschrift eine erfolgreiche Zustellung tatsächlich vorgenommen werden konnte.

Im Streitfall hat der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen neben der Kenntnis der Schadensverursachung durch den Beklagten dessen Anschrift aus den Strafakten ermittelt. Spätestens am 28. April 1997 (Datum der Klageschrift im Verfahren 4 O 233/97) hatte der Kläger positive Kenntnis von der zutreffenden Anschrift in C... (A...). Dass dies - jedenfalls zum Zeitpunkt der Antragseinreichung - auch nach dem jetzigen Vorbringen des Klägers tatsächlich die richtige Anschrift des Beklagten war, ergibt sich schon daraus, dass der Kläger behauptet, der Rückbrief (Bl. 69 der Beiakte 4 O 233/97) sei vom Beklagten selbst mit dem entsprechenden Vermerk versehen worden.

Stellt man demgemäß auf den 01. März 1998 als Verjährungsbeginn ab, so wäre der Anspruch aus § 823 Abs. 1 mit Ablauf des 28. Februar 2001 verjährt, mithin zu einem Zeitpunkt vor der erneuten Einreichung eines Prozesskostenhilfe-Antrags am 10. Juli 2001 (Bl. 81 d.A.).

2. Anspruch aus § 812 BGB

Ein Herausgabeanspruch des Klägers gegen den Beklagten aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB, der gegebenenfalls einer längeren Verjährungsfrist unterläge, besteht nicht. Es ist schon nicht ersichtlich, dass der Beklagte aus den Straftaten, wegen derer er verurteilt worden ist, unmittelbar etwas erlangt hat. Weder dem Strafurteil vom 29. Januar 2002 noch dem sonstigen Sachvortrag des Klägers lässt sich entnehmen, dass der Erlös aus den Straftaten unmittelbar dem Beklagten zugeflossen ist. Dies ist angesichts der geschilderten Tatbegehung unter Einbeziehung der Firmen LKW Handel H... GmbH und LKW H... GmbH Fahrzeughandel, in deren Namen die Fahrzeuge der Insolvenzschuldnerin verkauft worden sind, auch fern liegend.

3. Anspruch aus § 43 GmbHG

Im Hinblick auf die Verjährung des Anspruchs aus § 43 Abs. 1 bis 3 GmbHG folgt der Senat in vollem Umfang der angefochtenen Entscheidung. Insbesondere kommt es für den Beginn der Verjährungsfrist insoweit nach § 43 Abs. 4 nicht auf die Frage der Kenntnis an (vgl. Roth/Altmeppen, GmbHG § 43 RN 109).

4.

Der Beklagte ist auch nicht gehindert, sich auf den Eintritt der Verjährung zu berufen. Im Einzelfall die Erhebung der Einrede der Verjährung treuwidrig und damit unbeachtlich sein, wenn ein Schuldner ein Vertrauen des Gläubigers dahin erweckt, sein Anspruch werde auch ohne Rechtsstreit befriedigt oder vom Schuldner nur mit anderen Einwänden als der Verjährung bekämpft. Für die hier geltend gemachten Ansprüche aus Straftaten ist eine Grundlage für ein irgend geartetes Vertrauen des Klägers nicht gegeben.

5.

Ohne Erfolg weist der Kläger schließlich auf die Bestimmungen zum strafrechtlichen Adhäsionsverfahrens hin. Dieses Verfahren (§§ 403 ff. StPO) sieht vor, dass ein Antrag auf Durchführung des Verfahrens während des Strafverfahrens gestellt werden kann und, soweit er in zulässiger Weise erhoben und erforderlichenfalls zugestellt worden ist (§ 404 Abs. 1 S. 3 StPO), die gleichen Wirkungen entfaltet wie eine Zivilklage. Die Folgerung, dass die Verjährung in Fällen, in denen es zur strafrechtlichen Hauptverhandlung kommt, bis zu deren Abschluss gehemmt ist, lässt sich aus diesen Vorschriften nicht ziehen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Das Urteil ist gem. § 708 Nr. 10 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Anordnung der Abwendungsbefugnis hat ihre Grundlage in § 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da der Rechtsstreit grundsätzliche Fragen, die höchstrichterlich nicht geklärt wären, nicht berührt.

Ende der Entscheidung

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