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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 30.05.2006
Aktenzeichen: 11 U 65/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 826 | |
BGB § 254 Abs. 1 | |
BGB § 254 | |
ZPO § 286 Abs. 1 | |
ZPO § 511 | |
ZPO § 513 | |
ZPO § 517 | |
ZPO § 519 | |
ZPO § 520 | |
ZPO § 529 | |
ZPO § 296 a | |
ZPO § 287 | |
ZPO § 156 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht
Im Namen des Volkes
Urteil
Anlage zum Protokoll vom 30.05.2006
Verkündet am 30.05.2006
hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. März 2006 durch den Richter am Oberlandesgericht Hütter den Richter am Oberlandesgericht Ebling und den Richter am Oberlandesgericht Pliester
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 24. März 2005 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Cottbus - Az.: 4 O 230/04 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren und der Wert der Beschwer der Klägerin beträgt: 30.000,00€
Gründe:
A.
Die Klägerin nimmt als so genannte erste Inkassostelle den Beklagten wegen einer aus ihrer Sicht vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung durch den Widerruf von Lastschriften in Anspruch.
G... W... unterhielt als Kundin der Klägerin bei dieser ein geschäftliches Girokonto. W... betrieb in F... in der ... ein Kosmetikstudio. Spätestens im Juni 2003 geriet W... in Geldnöte und suchte gezielt in der überregionalen Presse nach Anbietern, die die Ausreichung kurzfristiger Kredite in Aussicht stellten. In der F... Zeitung wurde sie dabei auf die Fa. W... S... (nachfolgend: W...) sowie die G... GmbH aufmerksam. Auf telefonische Nachfrage W... stellte die Fa. W... ihr die Ausreichung kurzfristiger Kredite in Aussicht. Die Bereitstellung der Gelder erfolgte dann dergestalt, dass W... per Computerfax Sammeleinzugsermächtigungen übermittelt wurden, aufgrund derer W... die jeweils auf ihrem Konto zur Verfügung gestellten Beträge abhob und für sich verbrauchte. W... unterzeichnete für die Bereitstellung der Einzugsermächtigungen durch die Fa. W... einen Factoringantrag, der an die Fa. C... K... SL (nachfolgend: K...) in E... (M...) gerichtet war. Zu einem Vertragsschluss in diesem Zusammenhang kam es nicht. W... verkaufte weder Forderungen an die Fa. K... noch an die Fa. W.... Die Ausreichung der zur Verfügung gestellten Kredite erfolgte dann durch Einlösung der Lastschriften durch W.... Im Zeitraum von Juni bis August 2003 zog W... 141.300,00 € ein und hob 143.500,00 € in bar ab.
Alle Aussteller, so auch der Beklagte, widerriefen vor Ablauf einer sechswöchigen Frist die Einzugsermächtigungen. Aufgrund des zwischen den kontoführenden Banken und Sparkassen geltenden Lastschriftabkommens war die Klägerin gehalten, die Geldbeträge an die jeweilige Bank des Schuldners wieder abzuführen. Da sich das Girokonto W... in Soll befand, musste die Klägerin sämtliche Beträge verauslagen. Mit einer Rückzahlung seitens W... ist nicht zu rechnen. Mittlerweile beläuft sich die Forderung der Klägerin gegen W... auf einen Betrag von 187.498,00 €. W... hat am 14.05.2004 eine eidesstattliche Versicherung in der Zwangsvollstreckung abgegeben.
Der Beklagte erfuhr von Freunden und Bekannten von einer "neuen Geschäftsidee", bei der es sich um ein Factoringgeschäft des unter der Bezeichnung "W... S..." firmierenden Unternehmens handelte. Bei der Fa. W... zeichnete der Beklagte am 30.07.2003 einen Anlagebetrag von 30.000,00 €, den er der Fa. W... zur Verfügung stellte. Für diese Geldanlage war eine Garantieausschüttung von 4,8 % pro Abrechnungszeitraum, d. h. für 6 Wochen bzw. 42 Tage vereinbart. Im Zusammenhang mit dieser Anlage wurde der Beklagte darüber unterrichtet, wie der Geldkreislauf innerhalb eines vorgesehenen Anlagezyklusses von 6 Wochen erfolgen sollte. Wegen der näheren Einzelheiten des "Anlagemodells" wird auf die Anlage K 5 (Bl. 40 - 65 d. A.) verwiesen.
Nachdem der Beklagte auf seinem Konto für eine entsprechende Deckung gesorgt hatte, stellte die Fa. W... W... Einzugsermächtigungen hinsichtlich des Vertrages Nr. 2164/2003 über 9.000,00 €, 8.000,00 €, 7.000,00 € und 8.000,00 € mit der Bankverbindung R... H..., Ktn.: 56401019, BLZ 60069832, R...bank U... i. G., Verwendungszweck: Schlüssel-Nr.: 05, W..., 2164/2003, vom 31.07.2003, aus.
Nachdem die Fa. W... den Beklagten darüber informiert hatte, dass es nicht zum Abschluss eines Factoringvertrages mit W... gekommen sei, widerrief dieser die Einzugsermächtigungen. Wegen dieses Widerrufs musste die Klägerin 30.000,00 € zurückerstatten.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten:
Der Beklagte sei als Gehilfe im Zusammenhang mit einer so genannten Lastschriftreiterei ihr gegenüber gem. § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet.
Wegen der Einzelheiten der Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Der Beklagte hat vorgetragen:
Die neue Geschäftsidee sei ihm wie folgt erklärt worden:
Es handele sich um ein Factoringgeschäft des unter der Bezeichnung "W... S..." firmierenden Unternehmens bzw. des mit Sitz in Spanien tätigen Unternehmens "C... K... SL". Die genannten Firmen hätten hierbei als eine Factoringgesellschaft fungiert, die den Kauf der Kundenforderung durch den jeweiligen Anlagebetrag des Investors finanziere. Die Firmen würden die vom jeweiligen Kunden angebotene Forderung auf ihre Einbringlichkeit prüfen. Erweise sich die Forderung als voraussichtlich einbringlich, werde der Factoringvertrag abgeschlossen. Erst dann könne der Kunde auf die vom Anleger erteilte Lastschrifteinzugsermächtigung zurückgreifen. Insoweit hat der Beklagte auf die Unterlagen "Kreislauf ihrer Anlage im 5-Wochen-Zyklus" Bezug genommen und weiter ausgeführt, er habe keine Kenntnis vom Inhalt des Factoringvertrages und von darüber hinausgehenden Absprachen zwischen Factoringgesellschaft und Kunden gehabt. Er habe weder die jeweiligen Factoringkunden noch deren Bonität gekannt. Er habe auch nicht gewusst, ob die vom jeweiligen Kunden zum Ankauf angebotene Forderung einträglich gewesen sei. Er habe lediglich für einen Forderungskauf den Kaufpreis zur Verfügung gestellt. Hierfür habe er eine Garantieausschüttung erhalten sollen. Die Firmen hätten die Finanzierung, Ausfallrisiko, Führung der Debitorenkonten einschließlich Inkasso- und Mahnwesen übernommen (S. 10 seines Anlegervertrages vom 30.07.2003, Anlage B 1, Bl. 83 ff d. A.). Er sei schließlich von den Gewinnchancen und der Seriosität der Geschäftsidee überzeugt gewesen. Lediglich aus den Kontobewegungen habe er erfahren, dass die genannten Firmen anscheinend durch die Abschrift seiner Unterschrift Lastschrifteinzugsermächtigungen zu Gunsten einer ihm unbekannten Person (W...) ausgestellt hätten. Am 20.08.2004 habe er von einer Mitarbeiterin der Fa. W... (S... G...) erfahren, dass W... den Abschluss eines Factoringvertrages angeboten habe, ein solcher aber nicht zustande gekommen sei. Dennoch habe diese abredewidrig den Anlagenbetrag eingezogen. Daher solle er die Lastschriften schnellstmöglich widerrufen. Sein dann erfolgter Widerruf sei nicht missbräuchlich erfolgt. Selbst nach dem Vorbringen der Klägerin habe kein Rechtsgrund für den Einzug des Lastschriftbetrages bestanden, da der Factoringvertrag nicht zustande gekommen sei. Weitere Einzelheiten seien ihm nicht bekannt. Die Lastschriften zugunsten W... habe er nicht unterzeichnet; offenbar seien diese Unterschriften vom "Formular für telegrafische Lastschrifteinzugsermächtigung" auf die jeweilige Lastschrift hinüberkopiert worden. Schon deswegen sei der Zurechnungszusammenhang unterbrochen, soweit es ihn betreffe. Er habe sich weder an einer Lastschriftreiterei noch an einer so genannten Kreditlastschrift zulasten der Klägerin beteiligt. Die Belastung des Kontos sei im Glauben darauf erfolgt, dass sein Anlagebetrag für die Finanzierung eines Forderungskaufes benötigt werde. Er habe W... kein Darlehen gewähren wollen. Erst mit Klagezustellung habe er Kenntnis vom Inhalt des Factoringvertrages erhalten und dass der Factoringkunde schon vor Vertragsabschluss zum Lastschrifteinzug ermächtigt gewesen sei. Auch sei ihm fremdes Verschulden nicht zuzurechnen.
Jedenfalls sei der Klägerin ein überwiegendes Mitverschulden von mindestens 75 % anzulasten.
Gerade das "Kleingedruckte" des Anlegervertrages belege, dass er zu keinem Zeitpunkt die Klägerin in sittenwidriger Weise vorsätzlich geschädigt habe. Die beiden Unternehmen hätten den Anlegervertrag geschrieben. Nur diese beiden Gesellschaften hätten sich über "derartige Spitzfindigkeiten" Gedanken gemacht. Er sei nur ein in diesen "finanziellen Dingen unbedarfter Bürger" und Finanzier des Anlagemodells. Er habe nichts von weiteren Absprachen mit Factoringverkäufern gewusst. Soweit die Klägerin obsiegende Urteile gegen die Initiatoren des Factoringgeschäftes erwirkt habe, handele es sich nicht um gleich gelagerte Sachverhalte. Er sei weder Gesellschafter noch sonst wie mit diesen Gesellschaftern verbunden und habe von deren Geschäftspraktiken nichts gewusst.
Durch das dem Beklagten am 24.03. 2005 zugestellte Urteil hat das Landgericht diesen verurteilt, an die Klägerin 30.000,00 € nebst Zinsen zu zahlen. Das Landgericht hat einen Anspruch aus § 826 BGB bejaht. Der Beklagte habe der Klägerin in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Hiergegen hat der Beklagte mit einem am 11.05.2005 bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel mit einem am 06.07.2005 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Frist für die Berufungsbegründung bis zu diesem Zeitpunkt verlängert worden war.
Er macht unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens noch geltend: Das angefochtene Urteil verstoße gegen formelles und materielles Recht.
Er habe bestritten, die Lastschriften zu Gunsten W... unterzeichnet zu haben und dafür Beweis durch Erstellung eines Gutachtens angetreten. Es liege nahe, dass W... oder Dritte die Unterschriften vom "Formular für telegrafische Lastenschrifteinzugsermächtigung" auf die Lastschrift hinüberkopiert hätten. Das Landgericht sei auf die entsprechenden Beweisangebote im Urteil nicht eingegangen. Soweit das Landgericht der Ansicht sei, dass der Widerruf der Lastschrift durch ihn im Streitfall missbräuchlich gewesen sei, beschränke sich das Urteil auf die Formulierung "dies bedürfe keiner näheren Begründung". Die Begründung des Landgerichts entspreche daher nicht den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO. Er habe im Einzelnen dargelegt, warum er von der Seriosität der Anlage habe ausgehen dürfen. Es gebe seriöse Factoringgesellschaften, die nach genau diesem System über Ketten von Einzugsermächtigungen arbeiteten. Diese prüften sorgfältig die Werthaltigkeit des Außenstandes des Darlehensnehmers. Nach dem Anlegervertrag und den Informationen der Fa. K... und der Fa. W... sei die vom jeweiligen Kunden angebotene Forderung auf ihre Einbringlichkeit überprüft worden. Für ihn sei der streitgegenständliche Fall der erste gewesen, mit dem er sich an Factoringgeschäften der Fa. K... beteiligt habe. Davor und danach habe er sich nicht wieder hieran beteiligt. Erst nach dem ersten Misserfolg habe er eine Chance gehabt zu erkennen, dass das System möglicherweise nicht seriös gewesen sei. Eine nachvollziehbare Begründung, warum ihm das hypothetische und vom Landgericht nur behauptete Wissen der genannten Firmen zugerechnet werden solle, gebe das Landgericht nicht. Rechtsfehlerhaft unterstelle das Landgericht, sein Verhalten sei für den Schadenseintritt kausal geworden. Da die Klägerin W... den Lastschriftbetrag erst nach Ausbleiben des Widerspruches vorbehaltlos zur Verfügung hätte stellen dürfen, fehle es an der Kausalität seines Verhaltens für den Schaden der Klägerin. Da die Klägerin es zugelassen habe, dass W... über den eingezogenen Betrag habe verfügen dürfen, sei der Schaden nicht aufgrund der eingereichten Lastschrift entstanden. Die Auszahlung des Betrages sei nicht erfolgt, weil die Klägerin an die Bezahlung der Lastschrift durch ihn geglaubt habe, sondern weil sie davon ausgegangen sei, dass im Fall der Rückgabe der Lastschrift der Betrag von W... erstattet werde. Auch diese Überlegungen zeigten, dass es im Übrigen an seinem Vorsatz fehle. Er habe nicht damit rechnen können, dass die Klägerin in jeder Beziehung ihre Prüfungspflichten vernachlässigte. Aus seiner Sicht hätten sowohl der Faktor als auch die Klägerin (unterschiedliche) Prüfungen zur Sicherheit des Geschäfts vorgenommen: Der Faktor hinsichtlich der abgetretenen Forderung, die Inkassobank hinsichtlich der Bonität und Seriosität des Schuldners. Für ihn sei völlig unvorhersehbar gewesen, dass beide Seiten, die ebenfalls nicht in einer vertraglichen oder sonstigen Beziehung zueinander gestanden hätten, diese Pflichten vernachlässigen würden. Im Übrigen sei das Landgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, ein Mitverschulden der Klägerin sei nicht zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 24.03.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Cottbus, Az.: 4 O 230/04, die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
wobei sie ihren erstinstanzlichen Antrag wie folgt präzisiert:
Sie beantragt nunmehr,
den Beklagten zu verurteilen, gesamtschuldnerisch mit R... und L... Ko..., S... L..., L... Kr..., G... S..., S... Sch..., S... Sc..., E... R..., D... F..., M... S... sowie der Fa. W... S..., einen Betrag in Höhe von 30.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2003 zu zahlen.
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt im Wesentlichen noch aus: Aus dem schlüssigen Verhalten des Beklagten ergebe sich, dass dieser zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Er habe erst eine gewisse Frist (drei Wochen) versreichen lassen, bevor er der Lastschrift widersprochen habe. Gerade der Umstand, dass die Anleger auf jeden Fall ihre Geldbeträge zurückerhalten würden, habe den Beklagten bewogen, seine Geldbeträge wegen des Erhaltes hoher Rendite zur Verfügung zu stellen. Es sei allgemein bekannt, dass Anlagegeschäfte, die hohe Erträge versprächen, als eher risikoreiche Geschäfte einzustufen seien. Da der Beklagte als Immobilienmakler tätig sei, sei er in finanziellen Belangen nicht unbedarft. Es habe sich diesem förmlich aufdrängen müssen, dass an einer derartigen Geldanlage mit einer zudem hohen Gewinnspanne etwas nicht mit "rechten Dingen" zugehe, diese mithin unseriös sei.
Ein etwaiges Mitverschulden könne ihr nicht zur Last gelegt werden. Der Kontostand der Zeugin sei keinesfalls plötzlich ins Soll geraten, da fortlaufend neue Lastschriftbeträge eingezogen worden seien. Durch diesen Umstand habe sich der Kontostand über einen Zeitraum von ca. einem Monat hinweg relativ konstant gehalten. Erst mit Einsetzen der "Widerspruchsfälle" sei sie überhaupt in der Lage gewesen, auf den eingetretenen Schaden aufmerksam zu werden.
Der Senat hat den Beklagten persönlich angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 28.03.20088 Bezug genommen.
B.
I.
Die Berufung des Beklagten ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig.
II.
In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg, da die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 ZPO).
Die Klägerin kann vom Beklagten weder aus Vertrag noch aus § 826 BGB Zahlungen erlangen.
1.
Direkte vertragliche Beziehungen zwischen den Parteien bestehen nicht:
Das Lastschriftverfahren stellt ein Instrument des bargeldlosen Zahlungsverkehrs dar, das im Gegensatz zur Giroüberweisung nicht vom Zahlenden, sondern vom Zahlungsempfänger in Gang gesetzt wird (vgl. Canaris BankvertragsR in Staub Großkomm. z. HGB, 4. Aufl., Rn. 528 ff.). Zahlungsempfänger ist der Gläubiger, der den "Lastschriftauftrag" seinem kontoführenden Kreditinstitut zum Einzug herein gibt. Zahlungspflichtiger ist der Schuldner, von dessen Konto der Lastschriftbetrag eingezogen werden soll. Erste Inkassostelle ist das Kreditinstitut, das als kontoführendes Institut des Gläubigers diesen zum Lastschriftverfahren zugelassen hat (Gläubigerbank). Zahlstelle ist das Kreditinstitut des Schuldners, das dessen Konto mit dem Lastschriftbetrag belastet (Schuldnerbank). Einzugsermächtigung ist die vom Schuldner seinem Gläubiger grundsätzlich schriftlich erteilte "Ermächtigung", Forderungen im Lastschriftwege einzuziehen. Rücklastschriften sind Lastschriften, die nicht eingelöst wurden bzw. denen, soweit als Einzugsermächtigungs-Lastschriften gekennzeichnet, vom Schuldner widersprochen wurde. Rückrechnungslastschriften sind Lastschriften, mit denen die Zahlstelle das Konto der ersten Inkassostelle auf Grund der im Lastschriftabkommen enthaltenen Ermächtigung bei Vorliegen von Rücklastschriften belastet (vgl. hierzu im Einzelnen van Gelder in Schimansky/Bunte/Lwowski Bankrechts-Hdb., 2.Aufl., § 56 Rn. 17 - 24).
Das Lastschriftverfahren richtet sich nach dem "Abkommen über den Lastschriftverkehr", das zwischen den Spitzenverbänden des Kreditgewerbes vereinbart wurde. Das Lastschriftabkommen (LSA v. 12.12.1995; vgl. van Gelder a.a.O., Anh. §§ 56 - 59) trifft u. a. folgende Regelungen:
Im Rahmen des Lastschriftverfahrens wird zu Gunsten des Zahlungsempfängers über sein Kreditinstitut (1. Inkassostelle) von dem Konto des Zahlungspflichtigen bei demselben oder einem anderen Kreditinstitut (Zahlstelle), der sich aus der Lastschrift ergebende Betrag eingezogen und zwar auf Grund einer Einzugsermächtigung (LSA I Nr. 1). Die 1. Inkassostelle nimmt Aufträge zum Einzug fälliger Forderungen, für deren Geltendmachung nicht die Vorlage einer Urkunde erforderlich ist, mittels Lastschrift herein (LSA I Nr.1). Bei Lastschriften, die als Einzugsermächtigungen gekennzeichnet sind, haftet die 1. Inkassostelle der Zahlstelle für jeden Schaden, der dieser durch unberechtigt eingereichte Lastschriften entsteht (LSA I Nr. 5). Lastschriften sind zahlbar, wenn sie bei der Zahlstelle eingehen (LSA I Nr. 6). Die 1. Inkassostelle ist - auch bei Verletzung dieses Abkommens und unbeschadet etwaiger Schadensersatzansprüche - verpflichtet, nicht eingelöste bzw. wegen Widerspruchs des Zahlungspflichtigen zurückgegebene Lastschriften zurückzunehmen und wieder zu vergüten; sie darf diese Lastschrift nicht erneut zum Einzug geben (LSA II Nr. 3). Lastschriften, die als Einzugsermächtigungslastschriften gekennzeichnet sind, kann die Zahlstelle auch zurückgeben und deren Wiedervergütung verlangen, wenn der Zahlungspflichtige der Belastung widerspricht. Die Zahlstelle hat unverzüglich, nachdem sie von dem Widerspruch Kenntnis erlangt hat, die Lastschrift zurückzurechnen (LSA III Nr. 1). Die Rückgabe und Rückrechnung ist ausgeschlossen, wenn der Zahlungspflichtige nicht binnen 6 Wochen nach Belastung widerspricht. Schadensersatzansprüche im Sinne der Regelung im Abschn. I Nr. 5 bleiben hiervon unberührt (LSA III Nr.2). Dieses Abkommen begründet Rechte und Pflichten nur zwischen den beteiligten Kreditinstituten (LSA IV Nr. 1).
Zwischen dem Zahlungsempfänger und seiner Bank (1. Inkassostelle) wird formularmäßig eine Vereinbarung über den Einzug von Forderungen durch Lastschriften getroffen (vgl. van Gelder a.a.O. §§ 56 - 59 Anh.) nach deren Nr. 1 das Lastschriftverfahren nur dazu dient, fällige Forderungen, für deren Geltendmachung nicht die Vorlage einer Urkunde erforderlich ist, mittels Lastschrift einzuziehen. Nach Nr. 7 (betr. das Einzugsermächtigungsverfahren) werden nicht eingelöste Lastschriften mit der Einreichungswertstellung zurückbelastet; dies gilt auch für die Rückbelastung von Lastschriften, für die der Zahlungspflichtige nach Belastung des Einzugsbetrags auf seinem Konto Wiedergutschrift verlangt, weil er die Belastung des Einzugsbetrags nicht anerkennt (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 15.06.2005, 2 StR 30/05 m.w.N., BGH, Urt. v. 28.05.1979, II ZR 219/77 = BGHZ 74, 309 - 316).
2.
Der Beklagte hat auch keinen Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten der Klägerin abgeschlossen. Von der Interessenlage her besteht kein Anlass, die Klägerin in den Schutzbereich des zwischen dem Beklagten und seiner Hausbank geschlossenen Girovertrages einzubezie-hen (vgl. BGH WM 1979, 689 = NJW 1979, 1652; OLG Hamm, Urt. vom 27.09.1983, WM 1984, 300 ff)
3.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat die Klägerin gegen den Beklagten keinen Anspruch gemäß § 826 BGB. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte durch den Widerruf der Einzugsermächtigungen der Klägerin in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt hat.
Zutreffend ist der Ausgangspunkt der erstinstanzlichen Entscheidung, dass in bestimmten Konstellationen der Widerruf einer Lastschrift durch den Schuldner (Zahlungspflichtigen, Erteiler der Einzugsermächtigung) seine Schadensersatzpflicht gemäß § 826 BGB gegenüber der Bank des Gläubigers (erste Inkassostelle) begründen kann. Diese Voraussetzungen liegen hier angesichts der Besonderheiten des Falles jedoch nicht vor.
a)
Von der Klägerin ist - auch wenn sie diesen Begriff verwendet - nicht vorgetragen worden, dass sich der Beklagte an einer "Lastschriftreiterei" im eigentlichen Sinne beteiligt hat. Dies ergibt sich auch nicht aus den übrigen Umständen. Bei einer Lastschriftreiterei reichen Zahlungsempfänger und - pflichtiger wechselseitig Lastschriften zum Einzug vom "gegnerischen Konto" ein, um sich über die Gutschriften kurzfristige Kredite zu verschaffen. Der Widerspruch des Zahlungspflichtigen gegen die Belastung seines Kontos ist im Verhältnis zur Gläubigerbank wegen des kollusiven Zusammenwirkens von Zahlungsempfänger und -pflichtigen sittenwidrig und führt dann zu einem Anspruch der jeweiligen Gläubigerbank aus § 826 BGB (Schimansky/Bunte/Luwoski, Bankrechts-Handbuch § 56, Rn. 39). Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, noch ist sonst ersichtlich, dass der Beklagte an der an W... ausgezahlten Summe partizipiert hat bzw. teilhaben sollte.
Vielmehr sind vorliegend aus objektiver Sicht so genannte Kreditlastschriften erteilt worden. Bei der Kreditlastschrift nimmt der Schuldner die Belastung seines Kontos durch eine Einzugsermächtigungslastschrift des Gläubigers hin und kann bei drohenden finanziellen Schwierigkeiten des Schuldners den so gewährten Betrag risikolos durch Widerspruch wieder an sich ziehen (Schimansky/Bunte/Luwoski, Bankrechts-Handbuch § 56, Rn. 38).
b)
Der Beklagte hat, wie eine Würdigung der Gesamtumstände ergibt, das Lastschriftverfahren und den Widerspruch nicht vorsätzlich zu einer risikolosen Darlehensgewährung zu Gunsten W... auf Kosten der Klägerin missbraucht.
W... sind, wie sie es nach dem unstreitigem Parteivortrag auch gewollt hatte, faktisch durch die beschriebene Verfahrensweise Darlehen gewährt worden.
In der Regel trägt der Darlehensgeber das Risiko, ob der Darlehensnehmer das Darlehen zurückzahlen kann. Kann er dies nicht, trägt der Darlehensgeber den Schaden. Anders ist es im Fall der Erteilung von Kreditlastschriften. Infolge des Widerspruchs erhalten die Darlehensgeber die abgebuchten Darlehensbeträge auf ihren Girokonten wieder gutgeschrieben; sie bekommen die Darlehen also zurückbezahlt, obwohl der Darlehensnehmer zahlungsunfähig ist. Dies ist nur deshalb möglich, weil die 1. Inkassostelle nach dem oben näher beschriebenen Lastschriftverfahren verpflichtet war, den Lastschriftbetrag den Kreditinstituten der Lastschriftgeber wieder zu vergüten, auch wenn der Darlehnsnehmer die Beträge nicht zurückzahlen konnte.
Durch seinen Widerspruch wälzt der Lastschriftschuldner das ihn mit der Darlehenshingabe treffende Risiko auf die 1. Inkassostelle ab. Eine solche Vorgehensweise ist mit dem Sinn und Zweck des Lastschriftverfahrens nicht zu vereinbaren. Dieses ist zur erleichterten Abwicklung des massenhaften Zahlungsverkehrs geschaffen worden. Zu diesem Zweck sind die Kreditinstitute genötigt und bereit, mit dem Verfahren zwangsläufig verbundene Risiken auf sich zu nehmen. Es ist aber nicht Sinn des Lastschriftverfahrens, eine risikolose Darlehensgewährung des Lastschriftschuldners an den Lastschriftgläubiger zu ermöglichen. Dies aber wäre der Fall, wenn der Darlehensgeber (Lastschriftschuldner) durch Widerspruch die Darlehensgewährung jederzeit rückgängig machen könnte, sofern er sieht, dass der Rückzahlungsanspruch gefährdet ist. Auf diese Weise könnten mit Rücksicht auf die Sechswochenfrist von Abschnitt III Nr. 2 des Lastschriftabkommens Darlehen ohne jedes Risiko gewährt werden. Der Darlehensgeber müsste lediglich darauf achten, dass er den Belastungen vor Ablauf von sechs Wochen widerspricht, wenn das Darlehen nicht inzwischen zurückbezahlt worden ist. Die erste Inkassostelle würde - ohne dass sie es wüsste - die Funktion eines Bürgen für ihren Kunden, den Darlehensnehmer, übernehmen. Dass dies nicht gewollt ist, ist offensichtlich. Deshalb missbraucht ein Darlehensgeber den Widerspruch in sittenwidriger Weise, wenn dieser dazu führt, dass sich das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Darlehensnehmers anstatt beim Darlehensgeber bei der ersten Inkassostelle verwirklicht (BGH II ZR 253/78, Urt. v. 25.06.1979, Palandt-Sprau, a.a.O., Rn. 31 m.w.N.) Denn das Lastschriftverfahren dient als Instrument des bargeldlosen Zahlungsverkehrs nicht der Kreditbeschaffung.
Es bestehen auf Grund des Parteivorbringens erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass das vom Beklagten gezeichnete "Anlagemodell", so wie es sich nach den zu den Akten gereichten Unterlagen (K 5), auf die Bezug genommen wird, dem Senat darstellt, im Ergebnis von seinen Initiatoren entwickelt wurde, um das Lastschriftverfahren missbräuchlich, in einer sittenwidrigen Weise in Anspruch zu nehmen.
Dies führt allerdings nicht dazu, dass das Verhalten des Beklagten als vorsätzlich sittenwidrig zu beurteilen wäre.
Sittenwidrig handelt dabei nicht nur, wer die haftungsbegründenden Umstände positiv kennt, sondern auch, wer sich einer solchen Kenntnis bewusst verschließt. Hiefür genügt, das starke Verdachtsmomente für die Umstände bestehen, der Handelnde aber eine sich bietende Möglichkeit der Aufklärung bewusst nicht wahrnimmt (BGH NJW 1994, 2289). Zum Vorsatz gehört und genügt, das der Schädiger spätestens im Zeitpunkt des Schadenseintritts Art und Richtung des Schadens und die Schadensfolgen vorausgesehen und gewollt oder jedenfalls, mag er ihn auch nicht wünschen, billigend in Kauf genommen hat (BGH NJW 2000, 2896, 2004, 446 und 2664, Palandt-Sprau a.a.O., Rn. 10). Diese Voraussetzungen hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin gerade nicht vorzutragen vermocht; sie ergeben sich auch nicht aus den sonstigen Umständen, die der Senat bei der Gesamtwürdigung gemäß § 286 ZPO berücksichtigt hat. Vielmehr ergibt sich aus dem Vortrag des Beklagten, insbesondere aus seiner persönlichen Anhörung durch den Senat, dass er der Auffassung war, zum Widerruf berechtigt gewesen zu sein. Seinen Ausführungen ist die Klägerin nicht in substanziierter Weise entgegen getreten. Der für einen Anspruch gemäß § 826 BGB erforderliche Vorsatz fehlt aber, wenn der Handelnde der redlichen Überzeugung war, er dürfe in Verfolgung eines erlaubten Interesses handeln (BGH ZIP 99, 2158). Dies ist vorliegend der Fall.
In diesem Zusammenhang sind zunächst die Gesamtumstände, die nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten zu seiner Beteiligung an dem Anlagemodell zu würdigen:
Zu berücksichtigen ist, dass der für die Fa. W... handelnde Vermittler L... dem Beklagten das Anlagemodell dahin erklärt hatte, dass erst dann eine Abbuchung von seinem Konto erfolgen werde, wenn alle Dinge "in Ordnung seien". L... stellte - so die Darstellung des Beklagten, der die Klägerin nicht in erheblicher Weise entgegengetreten ist - insoweit eine mehrfache Prüfung in Aussicht: So sollte nach Eingang des Anlagebetrages ein eventuell vorliegender Antrag eines Factoringnehmers von der Fa. W... daraufhin überprüft werden, ob die Rechnung werthaltig sei und ob der Factoringnehmer von seiner Bank zum Lastschriftverfahren zugelassen war. Aus Letzterem - so die Erläuterungen L... gegenüber dem Beklagten - ergebe sich die Bonität des Factoringnehmers. Nur Factoringverträge mit solventen Firmen kämen in Betracht. Nach den Angaben des Beklagten, denen die Klägerin auch insoweit nicht im gebotenen Maße entgegengetreten ist, sollte ihm während die Fa. W... die vorstehend dargelegte Überprüfung durchführte die Einzugsermächtigung zugefaxt werden. Diese sollte der Beklagte erst dann unterzeichnen und zurückfaxen; erst zu diesem Zeitpunkt sollte das Geschäft durchgeführt werden.
Diesem ihm vorgestellten System hat der Beklagte, wie sich den Gesamtumständen entnehmen lässt, im Ergebnis auch Vertrauen geschenkt, nachdem er sich zuvor in seinem Bekanntenkreis, zu dem auch der Prokurist einer Bank gehörte, hatte bestätigen lassen, dass die Angaben, in den ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen hinsichtlich des Lastschriftverfahrens, das der Beklagte nach seiner Darlegung in dieser Form bis dahin nicht gekannt hatte, zutreffend seien. Auch zeichnete der Beklagte die Anlage erst, nach dem er sich über das Factoring näher informiert hatte. Nach seinen Ausführungen war er danach zu der Überzeugung gelangt, dass das Factoring eine Möglichkeit für Unternehmen darstelle, sich kurzfristig finanzielle Mittel zu beschaffen. Er habe dabei erfahren, dass es gar nicht so selten sei, dass Unternehmen " ins Factoring" gingen, da Banken relativ restriktiv bei der Vergabe von Betriebsmittelkrediten verführen. Da er bei seinen Erkundigungen auch darauf gestoßen sei, dass das Factoring auch anderswo auf ähnlichen Wegen wie bei der ihm von L... empfohlenen Anlage abgewickelt würde, habe er das ihm präsentierte System als absolut plausibel eingestuft. Erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte dem ihm vorgestellten Anlagemodell misstraut haben könnte, hat die Klägerin nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
Auch kann der Senat nicht feststellen, dass sich der Beklagte der Kenntnis sittenwidriger Umstände bewusst verschlossen hätte. Zuzugeben ist der Klägerin allerdings, dass sich ein Verdachtsmoment dafür, der Beklagte könnte eine sich bietende Möglichkeit der Aufklärung bewusst nicht wahrgenommen haben, daraus ergeben könnte, dass - aus objektiver Sicht - bei dem Anlagemodell eine Garantieausschüttung in einer eher unrealistischen Höhe (4,8 % für sechs Wochen) in Aussicht gestellt wurde, woraus sich die rechtliche und wirtschaftliche Fragwürdigkeit des Anlagemodells durchaus hätte erschließen können. Der Beklagte hat jedoch seine damalige subjektive Sicht bei seiner persönlichen Anhörung durch den Senat näher erläutert. Auch diesen Ausführungen ist die Klägerin nicht in prozessual beachtlicher Weise entgegengetreten. Im Ergebnis der Anhörung kann nicht davon ausgegangen werden, der Beklagte habe sich aufdrängende Bedenken und dabei das dargestellte Risiko der Klägerin als erster Inkassostelle bewusst ignoriert. Der Beklagte hat geschildert, L... darauf angesprochen zu haben, dass "in den Unterlagen ja hohe Zinsen versprochen würden". Seine hierin zum Ausdruck kommenden Bedenken gegenüber der auch schriftlich dargestellten Anlagemöglichkeit sind indes, wie sich den weiteren Erläuterungen des Beklagten entnehmen lässt, von L... erfolgreich zerstreut worden: Dieser relativierte gegenüber dem Beklagten den in Aussicht gestellten außergewöhnlichen Zinssatz durch den Hinweis, der Zinsertrag könne nicht "hochgerechnet" werden. Da nur Factoringverträge mit solventen Unternehmen in Betracht kämen, sei die Nachfrage nicht so hoch. Es könne maximal mit einer drei- bis viermaligen Anlage pro Jahr gerechnet werden
Auch wenn der Beklagte auf Grund seiner als Ausbildung als Betriebswirt und seiner beruflichen Tätigkeit als Immobilienmakler über gewisse wirtschaftliche Kenntnisse verfügen dürfte, wie die Klägerin nicht zu Unrecht ausgeführt hat, folgt hieraus angesichts der dargestellten Gesamtumstände nicht, dass sich der Beklagte der Kenntnis sittenwidriger Umstände bewusst verschlossen hätte. Seine Ausführungen belegen deutlich, dass er die ihm vorgestellte Geldanlagemöglichkeit nicht ohne weiteres kritiklos übernommen hat. Vielmehr hat er sich auch bei Bekannten und seiner Bank rückversichert, dass die ihm erteilten Auskünfte richtig waren, so dass er für sich zum maßgeblichen Zeitpunkt zu dem - aus objektiver Sicht falschen - Ergebnis gelangen konnte, die von ihm gezeichnete Geldanlage sei seriös und führe auch nicht zu einer sittenwidrigen Schädigung der jeweiligen 1. Inkassostelle. Maßgeblich ist dabei, dass er das Anlagemodell zum Zeitpunkt seiner Beteiligung, insbesondere aber zum Zeitpunkt des Widerrufs der Einzugsermächtigung berechtigterweise für plausibel hielt. Dies ist nach den Feststellungen des Senates zu bejahen.
Vor dem dargestellten Hintergrund für die Beteiligung des Beklagten an dem Anlagemodell ist auch sein Widerruf der Einzugsermächtigungen zu sehen.
Nach den auch insoweit unwidersprochen gebliebenen Darlegungen des Beklagten stellte sich der tatsächliche im Unterschied zu dem ihm mitgeteilten geplanten Ablauf so dar, dass W... entgegen dem ihm (Beklagten) in Aussicht gestellten Ablauf die Abbuchung vornahm, obwohl der Beklagte noch keine Mitteilung darüber erhalten hatte, dass ein Factoringvertrag zustande gekommen war und er dementsprechend die aus seiner Sicht erforderliche Einzugsermächtigung noch nicht wirksam erteilt hatte.
Auf die Nachfragen des Beklagten, wie es zu dieser vertragswidrigen Verfahrensweise habe kommen können, wurde diesem - wie die Klägerin nicht bestritten hat - von der Fa. W... bzw. L... mitgeteilt, die Einzugsermächtigung sei bereits an W... mit der Verpflichtung weitergegeben worden, hiervon erst Gebrauch zu machen, wenn das Factoringgeschäft zustande gekommen sei bzw. wenn er (der Beklagte) es gegengezeichnet hätte. Hieran habe sich W... nicht gehalten. Die von W... eingereichten Rechnungen seien im Übrigen gefälscht gewesen. Wenn der Beklagten angesichts dieses sich ihm darstellenden Hintergrundes auf entsprechendes Anraten L... hin nunmehr die Einzugsermächtigung - die er aus seiner Sicht für W... gerade (noch) nicht erteilt hatte - widerrief, musste er von seinem hier allein maßgeblichen Standpunkt davon ausgehen, dass er für den Widerruf einen anerkennenswerten Grund hatte.
Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Klägerin durch den Widerruf des Beklagten ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte angesichts der ihm von der Fa. W... und dem Vermittler L... nach der - aus Sicht des Beklagten absprachewidrigen - Abbuchung mitgeteilten Information wusste, dass die Forderungen W... "gefälscht" waren. Zwar hätte der Beklagte nunmehr erkennen können, dass hier keine Forderungen als Sicherungsmittel zur Verfügung standen. Ihm war aber, wie dargelegt, auch aus seiner Sicht glaubhaft versichert worden, dass die Bonität der beteiligten Firmen jeweils geprüft worden sei, so dass er nicht davon ausgehen musste, sein Widerruf führe im Ergebnis zu einer Schädigung der 1. Inkassostelle, weil W..., die er nicht kannte, insolvent war, wovon er zum damaligen Zeitpunkt keine Kenntnis hatte.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte nicht umgehend nachdem er die Abbuchung W... bemerkt hatte, die Einzugsermächtigung widerrief. Dem Beklagten war angesichts des Umstandes, dass er W... und nähere Hintergründe zu den vertraglichen Hintergründen zwischen den Initiatoren der Anlage (Fa. W...) und W... nicht kannte, eine entsprechende Überprüfungszeit zuzubilligen, wobei zu berücksichtigen ist, dass er die hierzu benötigten Informationen nicht sofort von L... bzw. der Fa. W... erhalten hat.
Abgesehen davon, dass die im Übrigen für die Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung darlegungs- und beweispflichtige Klägerin den Ausführungen des Beklagten bei seiner Anhörung (mit Ausnahme des von diesem angegebenen Zeitpunkts, wann er die Kontoauszüge erhalten haben will) nicht konkret entgegengetreten ist, ergeben sich auch aus den objektive Umständen - wie den zu den Akten gereichten Unterlagen der Parteien - keine Anhaltspunkte, die gegen die dargelegten Erläuterungen des Beklagten insbesondere zu seinen subjektiven Vorstellungen bei Zeichnung der Anlage und Widerruf der Einzugsermächtigung sprächen.
Soweit die Klägerin sich im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18.04.2006 darauf beruft, hinsichtlich des Vortrags des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat werde Verspätung gerügt, kann sie hiermit nicht gehört werden. Nach der Anhörung des Beklagten durch den Senat hat die Klägerin nicht in der mündlichen Verhandlung die Verspätung des Vorbringens gerügt und auch keinen Schriftsatznachlass beantragt. Gemäß § 296 a ZPO können nach Schluss der mündlichen Verhandlung Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden Davon abgesehen stellen die Ausführungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung lediglich nähere Erläuterungen zu seinem bisherigen Vorbringen dar, wie sich aus Abschnitt "A." der Gründe ergibt. Die persönliche Anhörung und Befragung des Beklagten war zudem im Hinblick auf die Gewährung des rechtlichen Gehörs geboten. Dem Protokoll der erstinstanzlichen Verhandlung vom 27.01.2005 kann nicht entnommen, dass die erforderliche persönliche Anhörung des Beklagten erfolgt wäre.
Es kommt nach alledem nicht mehr entscheidend darauf an, ob eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung seitens des Beklagten gegebenenfalls schon deshalb zu verneinen wäre, weil dieser dem Informationsmaterial der Fa. W... bzw. der Fa. C... K... SL vertraut haben könnte. Die Informationsmaterialien sollten nach ihrer Aufmachung/ Fassung - trotz der völlig unrealistischen angeblichen "Garantieausschüttung" in Höhe von hier 4,8 % für sechs Wochen" - Seriosität vorspiegeln, um "Anleger" für diese Modell zu gewinnen. Das System dürfte den "Produktgebern" dazu gedient haben, Dritte zur Zeichnung der Anlage zu bewegen, um selbst bei den so genannten "Factoringkunden", die tatsächlich nicht bonide Interessenten für Darlehen waren, Provisionen zu erzielen. Der eigentliche Zweck der "Anlage", die Darlehensverschaffung allein auf Risiko der 1. Inkassobank, sollte wohl bereits dadurch verschleiert werden, dass plakativ darauf hingewiesen wurde, die Anlage diene u. a. auch der "Absicherung" im Krankheitsfall. Überdies sollte die Broschüre den Eindruck einer längerfristigen Anlage (Vertragslaufzeit mindestens ein Jahr/"mittelfristige Anlage") mit Depot vermitteln, dem auch nicht ohne weiteres Zinsen entnommen werden durften. Hierdurch sollte der Eindruck eines spekulativen Geschäftes vermieden werden, was im Übrigen an anderer Stelle (Stichwort "Sicherheit") nochmals betont wird. Auch die "Steuerhinweise" sollten offensichtlich den Eindruck erwecken, dass es sich um eine ordnungsgemäße Anlagemöglichkeit handelte. Etwaige Bedenken bei Anlageinteressenten versuchten die Informationsblätter dadurch zu beseitigen, dass es unter dem Stichwort "Sicherheit" weiter heißt: "Die Hausbank des Factoringkunden prüft die Liquidität ihres Kunden. Ein Lastschrifteinzugverfahren muss von der Hausbank erst genehmigt werden, diese wird der Factoringgesellschaft zum Nachweis überreicht. Erst dann erfolgt die Freigabe Ihres Anlagebetrages!" Ein potentieller Kunde sollte gerade im Hinblick auf diese Passage den Eindruck gewinnen - wenn er sich insoweit überhaupt Gedanken gemacht hatte - dass jedenfalls die Hausbank des Kunden (= 1. Inkassostelle) mit dem gesamten Ablauf einverstanden war und alles entsprechend überprüft wurde, so dass aus seiner Sicht für alle Beteiligten kein Risiko bestand. Auch der im "Kleingedruckten" enthaltene Hinweise: "Diese Kundeninfo wie die Darstellungen schließt die Absicht oder Aufforderung des Missbrauchs von Lastschrifteinzugsverfahren aus. Der Grundgedanke liegt im Bestreben einer ordnungsgemäßen Rückzahlung des Sicherungsbetrages durch den Verkäufer (Kunde) an den Faktor (Käufer) bzw. Investor (Käufer), um prinzipiell den Widerruf nicht in Anspruch nehmen zu müssen. Bietet aber die Möglichkeit, bei Nichteinhaltung von Rückzahlungsfristen das Widerrufsrecht zu nutzen, um Verluste und einen Schaden für die Partner auszuschließen" diente dem Zweck, jegliche Bedenken eines potentiellen Anlegers zu zerstreuen. Die mit "Merksprüchen" versehene Berechnung zielte darauf ab, den Anleger von den wesentlichen Fragen, wie sich ein solches Geschäft mit völlig überzogenen Zinssätzen für einen Factoringverkäufer überhaupt rechnen sollte, abzulenken.
Letztlich brauchen auch die Fragen, ob die Informationsmaterialien für sich genommen vor allem angesichts der völlig unrealistischen "Gewinnausschüttungsgarantie" überhaupt geeignet waren, schützenswertes Vertrauen bei den Anlegern zu begründen und ob diese nicht vielmehr bei jedermann Misstrauen hinsichtlich der Seriosität der Anlage erwecken mussten, angesichts der zuvor erörterten Besonderheiten des vorliegenden Falles keiner Entscheidung mehr: Jedenfalls auf Grund der mündlichen Erläuterungen hat der Beklagte - wie dargelegt -an die Seriosität des Anlagemodells und seine Berechtigung zum Widerruf geglaubt.
4.
Auch die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Klägerin ein Mitverschulden an der Schadensentstehung trifft, bedarf nach alledem keiner Entscheidung durch den Senat. Allerdings spräche einiges dafür, dass die Klägerin verpflichtet war, ihre Kundin W... auf ausreichende Bonität hin zu prüfen, bevor sie W... die Beträge - wie auch in den weiteren vom Senat entschiedenen Fällen - bar abheben ließ. Dies könnte wiederum dazu führen, der Klägerin wegen nicht (ordnungsgemäß) durchführter Bonitätsprüfung ein nicht unerhebliches Mitverschulden anzulasten, wobei ihr Vortrag im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18.04.2006, die technischen Voraussetzungen für eine solche Kontrolle hätten zum fraglichen Zeitpunkt nicht bestanden, kaum entlastend wirken dürfte.
Auch soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, ein Mitverschulden im Sinne von § 254 Abs. 1 BGB könne ihr bereits aus rechtlichen Gründen nicht zur Last gelegt werden, erscheint dies - ohne dass es hier noch entscheidend darauf ankäme - fraglich. Sie ist der Ansicht, selbst wenn sie den Schaden mit verursacht habe, weil sie nach den gesamten Umständen hätte bemerken müssen, dass eine im Ergebnis insolvente Kundin ihr noch nicht sicher zustehende Gelder im erheblich Umfang abgehoben habe, so falle ihre Fahrlässigkeit gegenüber dem vorsätzlichen Verhalten der Beklagten nicht ins Gewicht. Hiergegen könnten Bedenken bestehen: Die Schadensverteilung nach § 254 BGB unterliegt gemäß § 287 ZPO einem weiten tatrichterlichen Beurteilungsspielraum (BGH, Urt. v. 08.07.1986 - VI ZR 47/85 - = BGHZ 98, 148 ff m.w.N.). Dass fahrlässiges Verhalten des Geschädigten gegenüber vorsätzlichem Handeln grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben hat, entspricht zwar ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH a.a.O., m.w.N.). Diese Abwägungsregel ist jedoch nicht im Sinne einer Automatik zu verstehen; sie darf nicht etwa zu einem Freibrief für jeden Leichtsinn des Geschädigten führen. Vielmehr ist stets darauf abzustellen, ob es nach den Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gerechtfertigt ist, es bei der genannten Abwägungsregel zu belassen (vgl. BGH a.a.O.).
Die weiteren Ausführungen im nicht nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 18.04.2006 bieten keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO, was der Senat geprüft hat, zumal sie lediglich Rechtsausführungen enthalten.
III.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs.1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht. Der Senat weicht nicht von höchstrichterlicher oder anderer obergerichtlicher Rechtsprechung ab. Die Entscheidung beruht im Wesentlichen auf der Würdigung von Einzelfallgesichtspunkten.
Ende der Entscheidung
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