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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.10.2007
Aktenzeichen: 11 U 86/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 275 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 326
BGB § 326 Abs. 1
BGB § 326 Abs. 2
BGB § 326 Abs. 4
BGB § 346 Abs. 1
BGB § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
BGB § 347 Abs. 2
BGB § 812 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 86/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 16.10.2007

Verkündet am 16.10.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 05. Oktober 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht Pliester als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 07. März 2007 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder - Az.: 13 O 342/06 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.766,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19. November 2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger 7 % und der Beklagte 93 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 7.240,47 €

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Rückzahlung von geleisteten Kaufpreisteilbeträgen für ein Kfz. Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf die vollständige Darstellung in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat der auf Zahlung von 7.240,47 € nebst Zinsen gerichtete Klage in Höhe von 3.862,07 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:

Zwischen den Parteien sei ein wirksamer Kaufvertrag über den Lkw zu Stande gekommen. Die Vereinbarung der Parteien sei dahin zu verstehen, dass der Beklagte erst nach Zahlung der letzten Rate zur Übereignung des Lkw an den Kläger verpflichtet gewesen sei. Ein Rechtsmangel im Hinblick auf das zum Zeitpunkt der Übergabe fehlende Eigentum des Klägers liege vor diesem Hintergrund nicht vor.

Der Vertrag sei auch nicht wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten worden; es fehle schon an einem hinreichenden Vorbringen, über welche Tatsachen der Beklagte getäuscht haben sollte.

Weil der Beklagte das Fahrzeug weiter veräußert habe, sei der Rechtsgrund für die erhaltenen Kaufpreiszahlungen entfallen. Insoweit hat das Landgericht nur die - unstreitige - Anzahlung von 5.000,00 € als erlangt im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB angesehen. Die weiteren vom Kläger behaupteten Zahlungen in Höhe von 1.850,00 € (entsprechend den klägerischen Notizen auf dem Kaufbeleg vom 22. Dezember 2004; Anlage K 1; Bl. 5 d.A.) hat das Landgericht nicht für erwiesen erachtet. Es fehle insoweit an hinreichendem Vorbringen des Klägers. Auch seien die Notizen des Beklagten (Anlage zum Protokoll vom 21. Februar 2007; Bl. 69 a d.A.) nicht aussagekräftig, zumal Beträge und Daten nicht mit den Aufzeichnungen des Klägers übereinstimmten.

Von den herauszugebenden 5.000,00 € sei lediglich der Nutzungsvorteil in Höhe von 1.137,93 € abzusetzen; weitere berücksichtigungsfähige Aufwendungen seien nicht erkennbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidung wird auf die bei den Akten befindliche Leseabschrift (Bl. 86) Bezug genommen. Das Urteil wurde dem Kläger am 29. März 2007 zugestellt. Die am 26. April 2007 eingegangene Berufung hat der Kläger - nach mehrfacher Verlängerung der Begründungsfrist, zuletzt bis zum 13. Juli 2007 - am 12. Juli 2007 begründet. Dem Beklagten wurde das Urteil am 27. März 2007 zugestellt. Er hat das Rechtsmittel am 20. April 2007 eingelegt und am 22. Mai 2007 begründet.

Mit ihren Berufungen verfolgen die Parteien ihre erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiter.

Der Kläger rügt in erster Linie, dass das Landgericht die Tragweite der Notizen der Gegenseite nicht ausreichend berücksichtigt habe. Auch sei die Steuer für 2006 zu erstatten, da der Beklagte diese unstreitig erhalten habe, während er, der Kläger, keinen Nutzen aus dem Lkw habe ziehen können. Die Reparaturkosten - in Gestalt des Wertzuwachses - seien dem Beklagten letztlich ebenfalls zugeflossen und zu erstatten.

Der Beklagte bringt vor: Das Landgericht habe seinen Vortrag nicht berücksichtigt, dass es sich um ein "Strohmanngeschäft" gehandelt habe. Inhalt der vertraglichen Vereinbarung sei gewesen, dass der Beklagte den Lkw im Wege des finanzierten Kaufs erworben habe, weil der Kläger keine Möglichkeit zur Kreditbeschaffung gehabt habe. Der Kläger habe das Fahrzeug nutzen dürfen und letztlich auch das Eigentum erwerben sollen, im Gegenzug indes alle das Fahrzeug betreffenden Kosten tragen müssen. Er, der Beklagte, sei berechtigt gewesen (§ 449 BGB), vom Vertrag zurückzutreten, weil der Kläger seine Verpflichtungen aus dem Eigentumsvorbehaltskauf nicht erfüllt habe. Der Beklagte stellt sodann folgende Rechnung auf: Seine Zahlungen an die finanzierende Bank: 12.514,38 € Verkaufserlös: 8.400,00 € verbleiben: 4.114,38 € Anzahlung des Klägers: 5.000,00 € verbleiben zu Gunsten des Klägers 885,62 €; soviel habe er, der Beklagte, indes aufwenden müssen, um das Kfz verkaufsfähig zu machen.

Der Beklagte beantragt,

die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die angefochtene Entscheidung abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere 3.378,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19. November 2006 zu zahlen.

Beide Parteien beantragen jeweils,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

II.

Die selbstständigen Berufungen beider Parteien sind zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Frist (§§ 517, 519, 520 ZPO) eingelegt und begründet worden.

Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet; diejenige des Beklagten unterliegt der Zurückweisung als unbegründet.

1.

Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass zwischen den Parteien ein wirksamer Kaufvertrag zu Stande gekommen ist, wobei der Beklagte zur Übereignung des Fahrzeugs erst nach vollständiger Bezahlung des Kaufpreises verpflichtet sein sollte. Auch nach dem Vorbringen des Beklagten ist ein dahingehender Vertrag zu Stande gekommen. Da der Beklagte eingesteht, dass der Kläger mit Zahlung der gesamten Summe, die der Beklagte seinerseits finanziert hat, das Eigentum an dem Fahrzeug erhalten sollte, kommt dem Bestreiten des Kaufvertragsabschlusses (Klageerwiderung S. 1) keine Bedeutung zu.

2.

Wie das Landgericht weiter mit Recht ausführt, liegt in dem fehlenden Eigentum des Beklagten zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses kein Rechtsmangel; auch eine hierauf gestützte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung scheidet aus. Die Parteien haben sich in der Berufungsinstanz auch nicht mehr hierauf bezogen.

3.

Schließlich geht das Landgericht zutreffend davon aus, dass dem Beklagten die Erfüllung des Kaufvertrages dadurch unmöglich geworden ist, dass er das Kfz wirksam an einen Dritten übereignet hat.

4.

Rechtsfolge dieser Unmöglichkeit ist gem. § 275 I BGB zunächst, dass die Verpflichtung des Beklagten zur Übereignung des Kfz entfällt. Im Gegensatz zu der Auffassung des Landgerichts richtet sich Berechtigung des Beklagten, den gezahlten Kaufpreisteil zu behalten und ggfs. den Restkaufpreis fordern zu dürfen, nicht nach Bereicherungsrecht, sondern nach der Vorschrift des § 326 BGB.

Nach § 326 Abs. 1 BGB entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung, den ausstehenden Kaufpreis. Das bereits Geleistete kann dann gemäß § 326 Abs. 4 nach Rücktrittsrecht zurückgefordert werden. Dies würde im Streitfall gem. § 326 Abs. 2 BGB dann nicht gelten, wenn der Kläger den Eintritt der Unmöglichkeit ganz oder weit überwiegend vertreten müsste. Das ist aber nicht der Fall; insbesondere ist der Beklagte vor Eintritt der Unmöglichkeit nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten.

Eine Rücktrittserklärung kann zwar konkludent in dem Verhalten des Beklagten erblickt werden, hat er doch durch die rechtswidrige Veranlassung der Beschlagnahme und den Verkauf des Kfz zum Ausdruck gebracht, den Kaufvertrag nicht erfüllen zu wollen. Doch ist ein Rücktrittsgrund gem. § 323 Abs. 1 BGB, der hier allein in Betracht kommt, nicht gegeben. Es fehlt, auch nach dem Vorbringen des Beklagten, an der notwendigen Fristsetzung. Weder in dem Schreiben vom 23. Mai 2006 (Bl. 27 d.A.) noch in demjenigen vom 06. Juni 2006 (Bl. 28 d.A.) ist eine solche Fristsetzung zur Leistung enthalten. Die geäußerte Bitte an den Kläger, sich bis zum 08. Juni 2006 in schriftlicher Form über die Vorgehensweise zu äußern, ersetzt eine Fristsetzung zur Leistung (Zahlung) nicht. Die Voraussetzungen des § 323 Abs. 2 BGB, unter denen ausnahmsweise eine Fristsetzung entbehrlich sind, werden vom Beklagten nicht geltend gemacht.

5.

Der Kläger kann sonach dasjenige, was er zur Erfüllung des Vertrages an den Beklagten geleistet hat, vom Beklagten herausverlangen (§§ 326 Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB). Neben der unstreitig geleisteten Anzahlung von 5.000,00 € hat der Beklagte zur Überzeugung des Gerichts auf den Kaufpreis im Jahre 2005 weitere 1.850,00 € und im Jahre 2006 weitere 900,00 € vom Kläger erhalten. Der Kläger hat die Zahlung dieser Beträge schon in der Klageschrift (Anlage K 1; Bl. 5 d.A.) im Einzelnen dargelegt, auch wenn nähere Umstände über die Zahlungsart nicht mitgeteilt worden sind. Die Beträge decken sich mit den Aufzeichnungen (Anlage zum Protokoll vom 21. Februar 2007), die der Beklagte eingestandenermaßen selbst gefertigt hat. Die Spalte dieser Aufzeichnungen links oben enthalten schon dem äußeren Bild nach erhaltene Zahlungen. Dies wird insbesondere nach Vorlage des Originals im Termin deutlich; ganz oben links (in der Kopie Bl. 69 a nicht zu ersehen) ist die Anzahlung von 5.000,00 € enthalten. Zudem sind die vom Kläger an den Beklagten unstreitig gezahlten Steuern ohne Differenzierung in diese Aufstellung übernommen worden.

Der starken indiziellen Beweiskraft der vom Beklagten notierten Zahlen steht nicht entgegen, dass die Beträge mit den in der Klageschrift genannten Einzelbeträgen nicht in vollem Umfang übereinstimmen. Die Diskrepanz ist zu vernachlässigen, betrifft sie doch nur den genannten Betrag von 400,00 € in der Aufstellung des Beklagten, die in derjenigen des Klägers auf zwei Beträge (300,00 € und 100,00 €) aufgeteilt ist.

Wenn der Beklagte geltend macht, die Spalte oben links in der Aufstellung enthalte keine Zahlungen - was nach dem Ausgeführten teilweise schon nicht stimmt -, so hätte er näher darlegen müssen, was die Aufstellung denn dann beinhalten sollte. Die Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 05. Oktober 2007, dass es sich um die Aufstellung derjenigen Beträge handelt, die nach Auffassung des Beklagten vom Kläger hätten bezahlt werden müssen (und nicht gezahlt worden sind), ist unplausibel und findet deshalb nicht den Glauben des Gerichts. So hat der Beklagte nicht erklären können, auf welche Weise er die Beträge je Monat ermittelt hat. Sollte er die Auffassung vertreten, der Kläger hätte mindestens so viel leisten müssen, dass dasjenige, was er, der Beklagte, der Bank zahlen musste, so ist die Schwankung der Beträge zwischen 150,00 € und 500,00 € nicht zu erklären.

Auch ohne das Vorliegen weiterer Beweismittel gelangt das Gericht deshalb zu der Überzeugung, dass die vom Kläger behaupteten Zahlungen auch tatsächlich geflossen sind.

Der Beklagte schuldet mithin zunächst den Betrag von 7.750,00 €.

6.

Der Kläger hat seinerseits die gezogenen Nutzungen, die der Höhe nach mit 1.137,93 € unstreitig sind, an den Beklagten gemäß § 346 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB herauszugeben.

7.

Grundsätzlich hätte der Kläger einen weiteren Anspruch auf Ersatz der notwendigen Verwendungen aus § 347 Abs. 2 BGB. Hierzu würden auch gezahlte Steuern und die Aufwendungen für die Reparatur gehören.

Eine Ersatzpflicht scheidet hier indes aus, weil der Berechnung der gezogenen Nutzungen nach der Darstellung in der Klageschrift lediglich die Restlebensdauer des Kfz zu Grunde gelegt worden sind. Zu dem wirtschaftlich vom Kläger als Nutzer selbst zu tragenden Kosten gehören neben der kalkulatorischen Abschreibung des Erwerbspreises auch die gewöhnlichen Erhaltungsaufwendungen (wie die hier erfolgte verschleißbedingte Reparatur) sowie die Kfz-Steuer. Dies entspricht auch dem Willen der Parteien; so musste der Kläger nach den vertraglichen Vereinbarungen im Innenverhältnis ohnehin allein tragen (vgl. hierzu Palandt/ Grüneberg § 347 RN 4).

Dieses gilt allerdings nicht für die Kfz-Steuer, soweit sie auf den Zeitraum ab dem 23. Juli 2007 entfällt, mithin in Höhe von 154,00 €, da dem Kläger seit dem Entzug des Kfz keine Nutzungen mehr möglich waren. Der Beklagte hatte nach der Beschlagnahme des Kfz ohnehin die Möglichkeit, das Auto abzumelden und sich die Steuer für das Restjahr erstatten zu lassen.

8.

Weitere Abzüge wegen der Verschlechterung des Fahrzeugs oder weiterer Aufwendungen sind vom Beklagten nicht hinereichend dargetan; insoweit greift der Beklagte die erstinstanzliche Entscheidung nicht tauglich an; die Berufungsbegründung setzt sich nicht mit den diesbezüglichen Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung (S. 9 des Urteilsumdrucks) auseinander.

9.

Der Anspruch des Klägers berechnet sich demgemäß wie folgt:

geleistete Zahlungen auf den Kaufpreis: 7.750,00 € anteilige Erstattung der Kfz-Steuer für 2006: 154,00 € abzüglich Nutzungsersatz: 1.137,93 € verbleiben: 6.766,07 €

III.

Der Zinsausspruch entspricht § 291 BGB. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Das Urteil ist gemäß § 708 Nr. 10 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Anordnung einer Abwendungsbefugnis (§ 711 ZPO) hat gemäß § 713 ZPO zu unterbleiben. Die Revision ist nicht zuzulassen (§ 543 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung; die Entscheidung beruht vielmehr auf einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Auch ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Der Streitwert entspricht demjenigen erster Instanz (Berufung des Klägers: 3.378,40 €; Berufung des Beklagten: 3.862,07 €).

Ende der Entscheidung

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