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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 11.04.2005
Aktenzeichen: 11 VA 3/05
Rechtsgebiete: EGGVG, InsO, ZPO, AkteneinsichtG


Vorschriften:

EGGVG § 23 Abs. 1
EGGVG § 24 Abs. 1
EGGVG § 26 Abs. 1
InsO § 4
InsO § 27 Abs. 1 S. 3
ZPO § 299 Abs. 2
AkteneinsichtG § 2 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

11 VA 3/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht 012

In dem Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richter am Oberlandesgericht ... und ... sowie den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...

am 11.04.2005

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen. Der Wert für das Antragsverfahren wird auf 1.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antrag der Antragstellerin ist gem. § 23 Abs. 1 EGGVG statthaft. Die Ablehnung des gem. § 4 InsO, 299 Abs. 2 ZPO zu beurteilenden Akteneinsichtsgesuches stellt einen Justizverwaltungsakt dar. Zulässig ist der Antrag gem. § 24 Abs. 1 EGGVG, da die Antragstellerin geltend macht, die beantragte Maßnahme verletze sie in ihren Rechten und eine solche Verletzung zumindest denkbar ist. Die gerichtliche Entscheidung ist auch rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist gem. § 26 Abs. 1 EGGVG und in der gebotenen Form beantragt worden.

II.

In der Sache bleibt der Antrag indes ohne Erfolg.

Zutreffend hat das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung dargelegt, dass die Antragstellerin ein hinreichendes rechtliches Interesse i.S.d. § 299 Abs. 2 ZPO nicht dargetan hat. Das Interesse der Antragstellerin, durch die Einsicht in die Insolvenzakten Informationen zu gewinnen, die ihr in einem beabsichtigten Schadensersatzprozess gegen den Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin nützlich sein können, rechtfertigt die Gewährung von Akteneinsicht in die Insolvenzakten nicht.

Ein Recht auf Akteneinsicht, insbesondere auch in das Gutachten des Sachverständigen im Insolvenzverfahren, steht einem Dritten nicht zu, der am Insolvenzverfahren nicht beteiligt ist und lediglich Tatsachen erfahren möchte, die er in einem besonderen Verfahren gegen einen Dritten verwenden will. Dieses Interesse ist für die Einsichtnahme kein genügendes rechtliches Interesse i.S.d. § 299 Abs. 2 ZPO.

Ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht besteht grundsätzlich nicht, wenn jemand aus der Insolvenzakte lediglich einen neuen Schuldner ermitteln will (Ganter in MüKo zur Insolvenzordnung, 2001, § 4 Rn. 65, Musielak/Huber, ZPO, 4. Aufl. § 299 Rn. 4), etwa wenn der Antragsteller über die Akteneinsicht Tatsachen zur wirtschaftlichen Situation seines Gegners zu erfahren hofft, die zur Gläubigeranfechtung dienen können (Ganter a.a.O., KG NJW 1988, S. 1738).

Nach diesen Grundsätzen ist auch das Akteneinsichtsbegehren des Gläubigers, der die Akteneinsicht lediglich deshalb begehrt, weil er einen Haftungsprozess gegen den Geschäftsführer vorbereiten will, kein rechtliches Interesse i.S.d. § 299 Abs. 2 ZPO (Entscheidung des Senates vom 10.08.2001, 11 VA 10/01, ZIP 2001, 1922; ZIP 2000, 1541; OLG Celle OLGR 2000, 58; bestätigt im Beschluss vom 05.09.2002, ZIP 2002, 2320; ähnlich Ganter a.a.O., Rn. 65 und Wienberg in Hess, InsO, 2. Aufl., § 4 Rn. 74).

Die Rechtsprechung des Senates beruht auf der Überlegung, dass das Insolvenzverfahren im Interesse einer möglichst gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger dem Geschäftsführer erhebliche Mitwirkungspflichten auferlegt und einen Verstoß gegen diese Mitwirkungspflichten mit deutlichen Sanktionen belegt, umgekehrt in § 27 Abs. 1 S. 3 InsO jedenfalls für das Strafverfahren die Verwertung der so erlangten Auskünfte ohne Zustimmung des Schuldners verbietet. Nach diesen klaren gesetzgeberischen Wertung ist das Akteneinsichtsgesuch, das allein der Vorbereitung eines Schadensersatzanspruches gegen den Geschäftsführer dienen soll, dann nicht auf ein rechtliches Interesse i.S.d. Insolvenzverfahrens gerichtet, da zwischen dem rechtlichen Ziel des Insolvenzverfahrens und dem rechtlichen Interesse, dem die begehrte Akteneinsicht dienen soll, kein innerer Zusammenhang besteht, mit dem Akteneinsichtsgesuch vielmehr allein Kenntnisse verwertet werden sollen, die gemessen am Zweck des Insolvenzverfahrens im Insolvenzverfahren nur zufällig gesammelt wurden.

Aus dem Brandenburgischen Akteneinsichtsgesetz ergibt sich dann nichts anderes.

Gem. § 2 Abs. 2 des Akteneinsichtsgesetzes gilt dieses Gesetz gegenüber Gerichten nur, soweit die Gerichte Verwaltungsaufgaben erledigen. Die Tätigkeit der Gerichte in Insolvenzsachen ist indes keine Verwaltungsaufgabe, sondern Gegenstand richterlicher Tätigkeit.

Ende der Entscheidung

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