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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 19.04.2005
Aktenzeichen: 11 VA 5/04
Rechtsgebiete: EGGVG, ZPO


Vorschriften:

EGGVG § 23 Abs. 1
EGGVG § 28 Abs. 2 S. 2
ZPO § 299 Abs. 2
ZPO § 903
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

11 VA 5/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Justizverwaltungssache

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...

am 19.04.2005

beschlossen:

Tenor:

Die Entscheidung des Präsidenten des Landgerichts Potsdam vom 20. September 2004 wird aufgehoben.

Dem Antragsgegner wird aufgegeben, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senates über das Auskunftsbegehren des Antragstellers erneut zu entscheiden.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Der Gegenstandswert für das Verfahren wird auf 500,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gem. § 23 Abs. 1 EGGVG statthaft.

Das Begehren des Antragstellers, die Anschriften seiner Schuldner sowie der Parteien, gegen die diese Klage führen, zu erfahren, stellt sich, wenn die Anschrift nur durch Einsicht in die Verfahrensakte ermittelt werden kann, als Antrag eines Dritten auf beschränkte Akteneinsicht gem. § 299 Abs. 2 ZPO und ansonsten als das Begehren auf Einsicht in bei dem Gericht geführte Register dar. In beiden Fallgestaltungen obliegt die Entscheidung dem Behördenvorstand und ist Justizverwaltungsakt.

II.

Der Antrag hat auch vorläufigen Erfolg.

1. Der Antragsteller hat ein rechtliches Interesse an der begehrten Auskunft.

Wie der Senat bereits entschieden hat ( Beschluss vom 15. 7. 2004, 11 VA 3 / 04) hat der Antragsteller dem Grunde nach gegenüber dem Antragsgegner einen Anspruch auf Auskunft über die bei dem Landgericht anhängigen Aktivprozesse seiner Vollstreckungsschuldner.

Nachdem der Antragsgegner die Auskunft, zu der er nach der Entscheidung des Senates verpflichtet war, zumindest teilweise erteilt hat, können dem Antragsteller die erbetenen ergänzenden Auskünfte nicht mit der Begründung verweigert werden, es fehle am rechtlichen Interesse.

a) Für sein Begehren, die derzeitige Anschrift der Frau M... S... zu erfahren, ergibt sich dieses bereits daraus, dass er gegen diese unter dem 04.11.1999 ein rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Potsdam über insgesamt 183.809,56 DM erwirkt hat. Er will die Vollstreckung aus diesem Urteil betreiben. Das Interesse an der Vollstreckung eines Titel ist ohne weiteres ein rechtliches Interesse (OLG Bamberg JurBüro 1989, 1746; Schleswig-Holsteinisches OLG JurBüro 1990, 337; LG Hamburg RPfleger 1990, 27; AG Itzehoe RPfleger 1990, 27). Für die Vollstreckung bedarf er der Kenntnis der derzeitigen Anschrift seiner Schuldnerin. Auch sein Interesse, unter Berücksichtigung der dargelegten erheblichen Vollstreckungsschwierigkeiten sich der aktuellen Anschrift seiner Schuldnerin zu versichern, ist ein rechtliches Interesse.

b) Für sein Begehren, die Anschrift des Herrn J... B... aus etwaigen beim Landgericht Potsdam anhängigen Verfahren zu erfahren, ergibt sich das rechtliche Interesse aus der glaubhaft gemachten Absicht des Antragstellers, Ansprüche gegenüber Herrn J... B... gerichtlich geltend zu machen. Die Erhebung der Klage erfordert grundsätzlich die Bezeichnung der Beklagten mit ihrer ladungsfähigen Anschrift (BGHZ 102, 332, NJW 1977, 1686). Insoweit mag der Präsident des Landgerichts im Rahmen seiner Ermessensentscheidung berücksichtigen, dass den Antragsteller zunächst eine eigene Nachforschungspflicht trifft. Wenn der Antragsteller aber glaubhaft macht, dass er mit eigenen zumutbaren Mitteln, insbesondere durch Nachfrage bei den Meldebehörden, die Anschrift nicht oder nicht sicher ermitteln kann, kann ihm gerichtliche Hilfe nicht verweigert werden, jedenfalls soweit diese durch Mitteilung einer in den Akten befindlichen Anschrift ohne weiteres gewährt werden kann.. (Zu der Möglichkeit, gerichtliche Hilfe zu erbitten, um für die Zustellung der Klageschrift Zugang zu Informationsquellen zu erhalten, die einer Privatperson verschlossen sind, auch Kammergericht KGR 1975, 273; bestätigt in KGR 1997, 237 für die öffentliche Zustellung).

Dem Antragsteller mag aufgegeben werden, die Erfolglosigkeit seiner Bemühungen darzulegen. Geschieht dies, kann die begehrte Auskunft nicht mit dem Hinweis auf ein fehlendes rechtliches Interesse des Antragstellers verweigert werden.

c) Das weitere Interesse, in den Aktivprozessen seiner Schuldnerin die Anschriften der dortigen Beklagten zu erfahren und sich über den Prozessgegenstand zu informieren, ist ebenfalls rechtliches Interesse. Der Antragsteller bedarf der Kenntnis, um in die rechtshängigen Forderungen die Zwangsvollstreckung durch Pfändung betreiben oder weiteren Vermögenserwerb i.S.d. § 903 ZPO glaubhaft machen zu können.

Ob Geheimhaltungsinteressen der Beklagten dieser Rechtsstreitigkeiten der Bekanntgabe der Anschriften entgegensteht, mag der Präsident des Landgerichts entscheiden, wenn auch allgemein entgegenstehende Interessen entsprechend der Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten des Landes Brandenburg, der sich der Senat insoweit anschließt, nicht erkennbar sind.

d) Nur soweit der Antragsteller begehrt, auch die Namen der Parteien aus den Aktivprozessen des Herrn J... B... in vor dem Landgericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten zu erfahren, ist ein rechtliches Interesse des Antragstellers nicht gegeben. Der Antragsteller verfügt, jedenfalls nach seinen bisherigen Darlegungen gegenüber Herrn J... B... über keinen Titel, so dass, in soweit anders als im Verhältnis zu seiner Schuldnerin Frau M... S..., eine unmittelbare Zwangsvollstreckung nicht in Betracht kommt. Das dann allein denkbare Interesse des Klägers, bereits vor einem Verfahren gegen Herrn J... B... sich vorsorglich einen Überblick über die Vollstreckungsaussichten eines erst noch zu erwirkenden Urteils zu verschaffen, ist kein hinreichend verfestigtes rechtliches Interesse i.S.d. § 299 Abs. 2 ZPO.

2. In welcher Form dem Antragsteller Akteneinsicht gewährt wird mag der Präsident des Landgerichts entscheiden. Wie Akteneinsicht gewährt wird, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (OLG Bamberg Jur. Büro 1989, 1744) In Betracht kommt etwa die Übersendung von Abschriften oder die Gewährung von Akteneinsicht in der Geschäftsstelle (OLG Schleswig MDR 1990, 254; LG Hamburg Rpfl. 1990, 27; AG Itzehoe Rpfl. 1990, 27)

III.

Gem. § 28 Abs. 2 S. 2 EGGVG war danach die Verpflichtung des Antragsgegners auszusprechen, über das Begehren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates erneut zu entscheiden.

IV.

Eine Kostenentscheidung nach § 30 Abs. 2 EGGVG ist noch nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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