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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 06.08.2009
Aktenzeichen: 11 VA 6/08
Rechtsgebiete: InsO, EGGVG, RPflG, KostO


Vorschriften:

InsO § 56
InsO § 56 Abs. 1
EGGVG §§ 23 ff
EGGVG § 24
EGGVG § 24 Abs. 2
EGGVG § 25 Abs. 1
EGGVG § 26
EGGVG § 26 Abs. 1
EGGVG § 28
EGGVG § 30
EGGVG § 30 Abs. 2
RPflG § 18 Abs. 1 Nr. 1
KostO § 30 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Der Bescheid des Amtsgerichts vom 1. September 2008 wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates an das Amtsgericht Potsdam zurückverwiesen.

3. Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

4. Der Geschäftswert wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit Schreiben vom 24.01.2006, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, trat der Antragsteller an das Amtsgericht Potsdam - Insolvenzgericht - unter namentlicher Benennung der Antragsgegnerin zu 1.b) heran und bat unter Übersendung ergänzender Informationen über seine Sozietät um künftige Berücksichtigung seines Büros bei der Vergabe von Gutachtenaufträgen/Bestellung als Insolvenzverwalter/Treuhänder.

Mit Schreiben vom 07.06.2007 übersandte der Antragsgegner zu 1.a) dem Antragsteller den Fragebogen des Insolvenzgerichtes Potsdam für den Antrag vom 24.01.2006 auf Aufnahme in die Vorauswahlliste mit der Bitte um Ausfüllung und Rücksendung.

Unter dem 20.08.2007 sandte der Antragsteller den ausgefüllten Fragebogen zurück. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf Bl. 6 ff der Akten 5 AR 24/07 AG Potsdam Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 01.09.2008, teilte das Amtsgericht Potsdam durch den Richter am Amtsgericht P... [früherer Antragsgegner zu 1. c)], die Richterin am Amtsgericht S... und den Richter am Amtsgericht Dr. G...dem Antragsteller auf seine Bewerbung hin mit, dass er nach Prüfung seines Antrags zum jetzigen Zeitpunkt nicht auf die Liste aufgenommen werde. Weiter heißt es in dem Schreiben:

"Angesichts der Ihnen bereits übertragenen von mehr als 300 Regelinsolvenzverfahren, davon allein 60 im Jahre 2007 entsprechend den im Internet veröffentlichten Angaben weisen Sie eine erheblich überdurchschnittliche Belastung allein mit Regelinsolvenzverfahren auf.

Auf der Vorauswahlliste des Insolvenzgerichts Potsdam befinden sich andere Kandidaten, die keine Belastungen Ihres Umfangs ausweisen. Es kann daher prognostiziert werden, dass im Rahmen der in einem konkreten Verfahren zu treffenden Auswahlentscheidungen diese Kollegen Ihnen vorzuziehen sein müssen, um keine Nachteile für die Insolvenzverfahren aufgrund einer zu großen Belastung eines Insolvenzverwalters zu riskieren.

Bereits auf Grund Ihrer hohen Auslastungen bereits mit Regelinsolvenzverfahren rechtfertigt es nach Ansicht des Insolvenzgerichts Potsdam, Sie nicht auf die Vorauswahlliste des Insolvenzgerichtes aufzunehmen. ..."

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem zunächst gegen die Antragsgegnerin zu 2. gerichtetem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, vom 30.09.2008, der am selben Tage bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen ist.

Der Antragsteller ist der Auffassung, die Entscheidung der Antragsgegnerin stelle einen Ermessensfehlgebrauch dar und erfolge nicht willkürfrei. Die Antragstellerin definiere die "Belastungsgrenze" eines Insolvenzverwalters nicht. Auch gebe sie keine Anhaltspunkte zu ihrer Bestimmung. Die Begründung sei ohne sachlichen Hintergrund, es sei bereits nicht nachvollziehbar, welche vergleichbaren Kriterien herangezogen würden. Die Antragsgegnerin lege bei der Auswahl unterschiedliche Maßstäbe an. Er weise bei weitem nicht die "Belastungen" auf, wie andere Insolvenzverwalter, die vom Amtsgericht bestellt würden. Wegen der näheren Einzelheiten zu diesem Punkt wird auf Seite 3 der Antragsschrift Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2008 teilte der Antragsteller mit, dass sich der Antrag gegen die die Vorauswahlliste führenden Insolvenzrichter des Amtsgerichts Potsdam richten solle.

Der Antragsteller beantragt,

die Präsidentin des Amtsgerichts Potsdam zu verpflichten, ihn in die Vorauswahlliste geeigneter Bewerber i.S.d. § 56 InsO für die Bestellung als Insolvenzverwalter/Treuhänder aufzunehmen.

Die Antragsgegner zu 1. haben mit Schreiben vom 26.11.2008 u. a. ausgeführt, sie hielten den Antrag wegen Fristversäumnisses für unzulässig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Stellungnahme Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 12.01.2009 wies der Senat die Antragsgegner zu 1. daraufhin, dass er den Antrag nicht für unzulässig halte und bat erneut, zu dem Antrag Stellung zu nehmen.

Mit ihrer Stellungnahme vom 06.02.2009 hielten die Antragsgegner zu 1. an ihrer Auffassung fest, der Antragsteller habe nicht fristgerecht seinen gegen sie gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Da die Antragsgegnerin zu 2. nicht Beteiligte des Verfahrens über die Führung einer Vorauswahlliste gewesen sei, habe für den Antragsteller keine Veranlassung bestanden, diese als Antragsgegnerin zu bezeichnen. Die Fristversäumnis könne nicht geheilt werden.

In der Sache führen sie aus:

Soweit bereits bei der Entscheidung über die Frage, ob ein Bewerber auf die Vorauswahlliste genommen werden solle, mit ausreichender Sicherheit prognostiziert werden könne, dass dieser auf Grund von Umständen, die aus seiner Person herrührten, nicht als Insolvenzverwalter oder Treuhänder bestellt werden könne, sei es nicht ermessensfehlerhaft, die Aufnahme zu versagen.

Auf Grund der überdurchschnittlichen Belastung des Antragstellers mit eröffneten Insolvenzverfahren anderer Gerichte könne bereits jetzt prognostiziert werden, dass eine zukünftige Bestellung als Insolvenzverwalter in einem konkreten Verfahren voraussichtlich nicht erfolgen werde. Wenn zu den bereits überzähligen Verfahren des Antragstellers weitere Verfahren auf Grund einer Beauftragung durch das Amtsgericht Potsdam hinzu kämen, würde das bereits bestehende Risiko von Schlechtleistungen durch eine hohe Belastung in einer durch die Insolvenzrichter nicht verantwortbaren Weise erhöht. Angesichts der Verantwortung des Insolvenzgerichtes für die Verfahren und der auch für die Insolvenzrichter verbundenen Haftungsgefahren könne mit Sicherheit prognostiziert werden, dass der Antragsteller keine Bestellungen erhalten werde. Weiter heißt es in der Stellungnahme:

"Dabei ist der vom Antragsteller vorgenommene Vergleich mit anderen Insolvenzverwaltern ungeeignet dem entgegengesetzt zu werden. Über die Aufnahme der vom Antragsteller benannten Verwalter L..., P... und Sch...-K... auf die Vorauswahlliste des Insolvenzgerichts Potsdam wurde bislang noch nicht entschieden. Bei den anderen Verwaltern ergeben sich die Beauftragungszahlen u. a. aus den Beauftragungen durch das Insolvenzgericht Potsdam. Die z. T. erhebliche Überschreitung der durchschnittlichen Belastungszahlen ist in Einzelfällen gerechtfertigt, da das Insolvenzgericht Potsdam positive Kenntnis von den besonderen Leistungsfähigkeiten dieser Insolvenzverwalter hat, welches es trotz einer hohen Auftragszahl rechtfertigt, keine Befürchtung zu haben, dass hierdurch einige Verfahren leiden könnten.

Solche Erfahrungen liegen hinsichtlich des Antragstellers nicht vor. Das Insolvenzgericht Potsdam ist auch nicht in der Lage, den Antragsteller diesbezüglich zu testen. In den einzelnen Insolvenzverfahren können die dortigen Beteiligten erwarten, dass das Insolvenzgericht einen für diese Verfahren geeigneten und den entsprechenden Aufgaben gewachsenen Verwalter bestellt. Die Verfahrensbeteiligten müssen es nicht hinnehmen, dass ein Bewerber quasi sein Gesellenstück in einem Verfahren erarbeitet.

In einer solchen Situation ist es ermessensfehlerfrei, den Antragsteller so zu bescheiden, wie es der zu erwartenden Bestellungspraxis entspricht. Zwar könnte theoretisch eine Aufnahme auf eine Vorauswahlliste erfolgen, doch wäre diese für den Antragsteller ohne Interesse, wenn sie nicht mit der konkreten Möglichkeit verbunden wäre, auch tatsächlich als Insolvenzverwalter bestellt zu werden. ..."

Wegen der weiteren Einzelheiten der Stellungnahme wird auf das Schreiben vom 06.02.2009 wegen der Erwiderung des Antragstellers hierauf auf seinen Schriftsatz vom 24.03.2009 Bezug genommen.

Zwischenzeitlich hatte sich die personelle Situation in der Insolvenzabteilung des Amtsgerichts Potsdam geändert: Richter am Amtsgericht P... ist nicht mehr als Insolvenzrichter tätig. Hinzugekommen sind die Richter am Amtsgericht K... und P.... Diese teilten dem Senat mit Schreiben vom 12.02.2009 mit, nicht an dem angefochtenen Ablehnungsbeschluss beteiligt gewesen zu sein und sich diesen auch nicht zu eigen zu machen.

II.

1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig, §§ 23 ff EGGVG.

a) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung (gerichtet auf die Aufnahme in die Vorauswahlliste) ist statthaft. Die Antragsgegner zu 1. haben durch Nichtaufnahme des Antragstellers in die Vorauswahlliste der Insolvenzverwalter als Justizbehörde im funktionellen Sinn gehandelt, ohne dass es sich dabei um einen Rechtsprechungsakt gehandelt hätte [vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.08.2004, Az.: 1 BvR 135/00; 1 BvR 1086/01; BGH, Beschluss vom 19.12.2007, Az.: IV AR (VZ) 6/97]. Zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG steht es dem Antragsteller offen, gegen die Ablehnung einer Aufnahme in die Vorauswahlliste über §§ 23 ff EGGVG eine Entscheidung des zuständigen Oberlandesgerichts gegen die Ablehnung der Aufnahme zu erwirken (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 28.11.2006, Az.: 12 VA 3/06); Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Graeber, 2. Auflage, § 56 InsO, Rnr. 104; Wolf, DStR 2006, 1769).

Das Begehren des Antragstellers in die Vorauswahlliste der Antragsgegner zu 1. aufgenommen zu werden, ist als gegen diese Antragsgegner gerichteter Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23, 24, 26 und 28 EGGVG auszulegen und zulässig.

Die Antragsgegner zu 1. sind verfahrensrechtlich und materiell-rechtlich die richtigen Antragsgegner. Dass der Antrag ursprünglich allein gegen die Antragsgegnerin zu 2. gerichtet war, führt nicht zur Unzulässigkeit oder Verfristung, wie die Antragsgegner zu 1. meinen, da er seinem Sinn, gegen den oder die richtigen Antragsgegner gerichtet zu sein, entsprechend auszulegen ist (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 08.10.2008, Az.: 2 VA 4/07).

Die Antragsgegnerin zu 2. ist als Behördenleiterin nicht verpflichtet, ggf. mit Hilfe der Insolvenzrichter, sachgerechte Kriterien für ein Vorauswahlverfahren zu bestimmen, danach eine Vorauswahlliste für mögliche Insolvenzverwalter anzulegen und aufgrund der entwickelten Kriterien einen bestimmten Antragsteller zu bescheiden (anders noch die zwischenzeitlich aufgegebene Rechtsprechung des OLG Düsseldorf, vgl. insoweit Beschluss vom 15. 08.2008, I-3 VA 4/07).

Als materiell richtigen Antragsgegner und demnach entscheidungszuständig für einen Antrag auf Aufnahme in die Vorauswahlliste als Insolvenzverwalter ist bzw. sind - im Anschluss an die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Hamm [Beschluss vom 02.08.2007, Az.: 27 VA 1/07) und Köln (Beschluss vom 27.09.2006, Az.: 7 VA 9/05)] - der oder die Insolvenzrichter, der einzeln oder die gemeinsam die Entscheidung über die Aufnahme getroffen hat/haben, anzusehen. Dieses Ergebnis beruht auf der Erwägung, dass die betreffende Entscheidung zwar kein Akt der Rechtsprechung ist, aber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes in richterlicher Unabhängigkeit erfolgt; dann jedoch unterliegt sie nicht dem Einfluss eines Behördenleiters und ist deshalb von diesem weder zu verantworten noch zu treffen.

Diese Überlegungen zum materiellen Recht führen zugleich dazu, den oder die Insolvenzrichter, verstanden als Richter der mit den Funktionen des Insolvenzgerichtes betrauten Abteilung oder Abteilungen des Amtsgerichts (also als Funktionsbezeichnungen), als verfahrensrechtlich richtige(n) Antragsgegner anzusehen. Anders lässt sich dem der Entscheidung über jenen Antrag nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zukommenden Charakter als in richterlicher Unabhängigkeit zu treffenden Nicht-Rechtsprechungsakt verfahrensrechtlich nicht effektiv und praktikabel Rechnung tragen (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Denn nur der oder die Insolvenzrichter können die von ihm oder ihnen getroffenen Entscheidungen zu Lasten eines Antragstellers wieder ändern und diesen damit gegebenenfalls klaglos stellen, wohingegen der Behördenleiter des Gerichts insoweit keine Möglichkeit der Einwirkung hat.

b) Die Monatsfrist des § 26 Abs. 1 EGGVG wurde eingehalten. Wie ausgeführt hat die ursprüngliche Angabe der Antragsgegnerin zu 2. nicht zur Folge, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung verfristet wäre, da der Antrag als gegen die richtigen Antragsgegner gerichtet auszulegen war.

c) Der Antragsteller macht zu Recht geltend, die ablehnende Entscheidung der genannten Insolvenzrichter des Amtsgerichts Potsdam verletze ihn unmittelbar in eigenen Rechten. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Entscheidung vom 03.08.2004 (a.a.O.) darauf hingewiesen, die Vorauswahl habe einen nicht unerheblichen Einfluss auf die beruflichen Betätigungsmöglichkeiten der Interessenten. Auch wenn der Insolvenzrichter von Rechts wegen an eine abschlägige Vorauswahlentscheidung bei der späteren Auswahl von Sachverständigen oder Insolvenzverwaltern nicht gebunden sei, werde der abgelehnte Interessent hierdurch in seinen Rechten aus Artikel 12 Abs. 1 GG berührt.

d) Ein Vorschaltverfahren im Sinne von § 24 Abs. 2 EGGVG sieht die Insolvenzordnung nicht vor.

e) Das Brandenburgische Oberlandesgericht ist gemäß § 25 Abs. 1 EGGVG zur Entscheidung über den Antrag zuständig.

2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist im tenorierten Umfang auch begründet.

Der Bescheid der Antragsgegner zu 1. vom 01.09.2008, mit dem die Aufnahme des Antragstellers in die Vorauswahlliste der Insolvenzverwalter abgelehnt wurde, ist rechtswidrig.

a) Nach § 56 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) ist zum Insolvenzverwalter eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere kundige und von den Gläubigern unabhängige natürliche Person zu bestellen. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RPflG behält dem Richter die Zuständigkeit für das Eröffnungsverfahren einschließlich der Entscheidung über den Eröffnungsantrag und die Person des Insolvenzverwalters vor.

In der Sache ist nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes [Beschluss vom 19.12.2007, Az.: IV AR (VZ) 6/97] zu unterscheiden zwischen dem gerichtlich voll überprüfbaren Beurteilungsspielraum, der dem Entscheidungsträger zuzubilligen ist, wenn er einen Bewerber um Aufnahme in die Vorauswahlliste an den allgemeinen Kriterien für die fachliche und persönliche Eignung misst, und dem nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessensspielraum des einzelnen Insolvenzrichters, der aus den gelisteten Bewerbern einen für ein einzelnes Verfahren bestimmt.

Zwar steht dem Richter bei der Insolvenzverwalterbestellung ein weites Auswahlermessen zu, doch kann dies angesichts der weitreichenden Entscheidung für oder gegen bestimmte Berufsangehörige nicht ohne Bindung an Art. 3 Abs. 1 GG geschehen. Eine Chance auf eine Einbeziehung in ein konkret anstehendes Auswahlverfahren und damit auf Ausübung des Berufs hat ein potentieller Insolvenzverwalter nur bei willkürfreier Einbeziehung in das Vorauswahlverfahren. Die Chancengleichheit der Bewerber ist gerichtlicher Überprüfung zugänglich. Alleine sie gewährt insoweit die Beachtung subjektiver Rechte (BVerfG a.a.O. und Beschluss vom 19.07.2006, Az.: 1 BvR 1351/06).

Für das Vorauswahlverfahren steht die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der persönlichen und fachlichen Eignung im Vordergrund. Ein dem konkreten Insolvenzverfahren vorgelagertes allgemeines Vorauswahlverfahren darf sich nicht nur auf das Erstellen einer Liste mit Namen und Anschriften des Personenkreises beschränken, der bereit ist, als Insolvenzverwalter tätig zu werden. Es ist vielmehr Aufgabe des Gerichts, Kriterien für die Feststellung der Eignung eines Bewerbers sowie für eine sachgerechte Ausübung des Auswahlermessens zu entwickeln. Das Modell einer "geschlossenen Liste", nach dem die Zahl der aufgenommenen Bewerber begrenzt ist und nur bei Ausscheiden einer bereits geführten Person ein neuer Bewerber in den Kreis möglicher Insolvenzverwalter aufgenommen wird, trägt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Chancengleichheit der Bewerber nicht hinreichend Rechnung (BVerfG a.a.O.). Eine Liste ist daher so zu führen, dass in sie jeder Bewerber aufgenommen wird, der die grundsätzlich zu stellenden Anforderungen an eine generelle, von der Typizität der einzelnen Insolvenzverfahren gelöste Eignung für das Amt des Insolvenzverwalters erfüllt. Dabei ist sicherzustellen, dass eine mit Blick auf die Eigenheiten des konkreten Verfahrens und die spezielle Eignung der Bewerber sachgerechte und damit pflichtgemäße Ermessensausübung erfolgt (BVerfG a.a.O.; Graeber, NJW 2004, 2715). Erfüllt der Bewerber die nach diesen Grundsätzen aufgestellten persönlichen und fachlichen Anforderungen für das Amt des Insolvenzverwalters, so kann ihm die Aufnahme in die Liste nicht versagt werden. Ein weitergehendes Auswahlermessen besteht nicht (BGH, a.a.O.).

b) Dem so formulierten Anspruch des Antragstellers wird die ablehnende Entscheidung der Antragsgegner zu 1. vom 01.09.2008 nicht gerecht.

Die Nichtaufnahme des Antragstellers in die Vorauswahlliste wird nicht mit fehlender persönlicher oder fachlicher Qualifikation für das Amt des Insolvenzverwalters begründet, sondern damit, dass er eine erheblich überdurchschnittliche Belastung allein mit Regelinsolvenzen aufweise.

Die Argumente der Antragsgegner tragen ihre ablehnende Entscheidung nicht. Die (momentane) Belastungssituation des Antragsgegners stellt bereits kein taugliches Kriterium dar, den Antragsgegner nicht auf die Vorauswahlliste aufzunehmen. Eine besondere Be- bzw. Überlastungssituation mag allenfalls dazu führen, dass im Rahmen der Ausübung des pflichtgemäßen Auswahlermessens bei einer Bestellungsentscheidung dieser Umstand berücksichtigt werden könnte. Dies ist aber erst im konkreten Bestellungsfall zu prüfen.

Es verbietet sich jedenfalls, die anstehenden Prüfungen auf Grund der momentanen Belastungssituation prognostisch für die Zukunft vorwegzunehmen und die Aufnahme des Antragstellers auf die Vorauswahlliste aus diesem Grund zu versagen.

Zutreffend weist der Antragsteller im Übrigen daraufhin, dass sich die Antragsgegner zu 1. mit ihren Argumenten in Widerspruch zu ihrer eigenen Aufnahme- und Bestellpraxis setzen. Wie diese in ihrer Stellungnahme vom 06.02.2009 ausführen, werden Insolvenzverwalter bestellt, die z. T. erheblich die durchschnittlichen Belastungszahlen überschreiten. Gerade dies belegt aber, dass die Frage der Belastungssituation, die im Übrigen einem ständigen Wandel unterliegt, für die Antragsgegner kein für die Aufnahme auf die Vorauswahlliste entscheidendes Kriterium darstellt, vielmehr erst im Rahmen der konkreten Auswahlentscheidung darüber zu befinden ist, ob die Belastungssituation einer Bestellung entgegensteht.

Davon abgesehen führt der Umstand, dass dem Antragsteller von den Antragsgegnern zu 1. keine Gelegenheit gegeben werden soll, seine Belastungsfähigkeit unter Beweis zu stellen im Ergebnis dazu, dass es neuen Bewerbern, die eine Belastungssituation wie der Antragsteller aufweisen, unmöglich gemacht wird, auf die Vorauswahlliste aufgenommen zu werden. Dies bedeutet, dass sich auf Grund der Bestellpraxis der Antragsgegner zu 1. deren Vorauswahlliste insoweit als eine sogenannte "geschlossene" Liste darstellt. Eine solche trägt - wie ausgeführt - der Chancengleichheit der Bewerber nicht hinreichend Rechnung, da vom Kreis der überdurchschnittlich belasteten Bewerber nur die bislang bekannten Personen von den Antragsgegnern zu 1. berücksichtigt werden.

Der Senat kann allerdings nicht die Verpflichtung der Antragsgegner zu 1. aussprechen, die Aufnahme in die Liste vorzunehmen (vgl. § 28 Abs. 2 Satz 1 EGGVG), da die Antragsgegner zu 1. grundsätzlich einen eigenen (überprüfbaren) Beurteilungsspielraum haben. Grundsätzlich ist nämlich, die Aufstellung konkret beschriebener sachgerechter Mindestanforderungen und die Beurteilung, ob ein Antragsteller diese Kriterien ausfüllt, zunächst Sache der Insolvenzrichter. Ausnahmen, die es vorliegend rechtfertigen würden, dem Antrag des Antragstellers in vollem Umfang zu entsprechen, sind nicht ersichtlich.

Daher war unter Aufhebung des Bescheides vom 01.09.2008 die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates an das Amtsgericht Potsdam zurückzuverweisen.

III.

Gerichtsgebühren fallen nicht an, weil der Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Wesentlichen erfolgreich ist. Soweit der Antragsteller mit seinem Begehren unterlegen ist, fällt dies vorliegend kostenmäßig nicht gesondert ins Gewicht. Billigkeitsgesichtspunkte gebieten keine Kostenerstattung zugunsten des Antragstellers, § 30 Abs. 2 EGGVG.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 30 EGGVG in Verbindung mit § 30 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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