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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 23.02.2007
Aktenzeichen: 11 W 12/07
Rechtsgebiete: ZPO, GKG, RVG


Vorschriften:

ZPO § 3
ZPO § 319
ZPO § 321
GKG § 62
GKG § 62 S. 1
GKG § 63 Abs. 2
GKG § 63 Abs. 2 S. 1
GKG § 66 Abs. 6 S. 1
GKG § 68
GKG § 68 Abs. 1
GKG § 68 Abs. 1 S. 5
RVG § 33 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Richter am Oberlandesgericht Pliester als Einzelrichter

am 23. Februar 2007

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Streitwertbeschluss des Landgerichts Cottbus vom 31. August 2006 - Az.: 4 O 132/06 - aufgehoben.

Das Landgericht wird - nach Erledigung des Verfahrens - erneut über den für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwert zu entscheiden haben.

Gründe:

I.

Der Kläger hat den Beklagten im Wege der Stufenklage auf Auskunft und Rechnungslegung sowie Zahlung in Anspruch genommen. Das zunächst angerufene Amtsgericht Bad Liebenwerda hat den Streitwert gem. § 3 ZPO durch Beschluss vom 22. Dezember 2005 auf 8.000,00 € festgesetzt. Das Landgericht Cottbus hat die hiergegen eingelegte Beschwerde als unzulässig verworfen (Beschluss vom 28. Februar 2006; nach Bl. 26 d. A.) und zur Begründung ausgeführt: Der amtsgerichtliche Streitwertbeschluss sei als solcher gem. § 62 GKG zur Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwerts aufzufassen. Gegen einen solchen Beschluss könne man keine Beschwerde einlegen.

Nach Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht hat der Kläger im Termin vom 31. August 2006 die Anträge auf Auskunft und Rechnungslegung sowie auf die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gestellt. Das Landgericht hat sodann aus nicht aktenkundigen Gründen von dem Erlass eines Teilurteils abgesehen, sondern ein Anerkenntnisurteil einschließlich Kostenentscheidung gefällt. Weiterhin hat das Landgericht den Streitwert auf 8.000,00 € festgesetzt und zur Begründung auf den Beschluss des Amtsgerichts Bad Liebenwerda vom 22. Dezember 2005 Bezug genommen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beklagte mit seinem als "sofortige Beschwerde" bezeichneten Rechtsmittel vom 4. Oktober 2006, mit der er die Festsetzung auf nur 1.000,00 € begehrt. Zur Begründung hat der Beklagte angeführt, der zu erwartende Zahlbetrag sei geringer; außerdem sei der Gebührenstreitwert für die erledigte Auskunftsstufe noch geringer anzusetzen. Das Landgericht hat mit Verfügung vom 29. Dezember 2006 zunächst mitgeteilt, dass eine Abänderung des Streitwerts auf 2.000,00 € beabsichtigt sei, der Beschwerde am 8. Februar 2007 dann jedoch "aus den nach wie vor zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung" nicht abgeholfen.

II.

Zur Entscheidung ist der Einzelrichter des Senats berufen, §§ 66 Abs. 6 S. 1, 68 Abs. 1 S. 5 GKG.

Das Rechtsmittel ist ungeachtet seiner untechnischen Bezeichnung als einfache fristgebundene Beschwerde gem. § 68 Abs. 1 GKG anzusehen. Das Landgericht hat offenbar beabsichtigt, den Streitwert für die Gerichtsgebühren gem. § 63 Abs. 2 S. 1 GKG festzusetzen. Eine Festsetzung gem. § 33 Abs. 1 RVG, die daneben einzig noch in Betracht kommen könnte, liegt ersichtlich schon mangels dahingehenden Antrags nicht vor.

Die Beschwerde ist demgemäß statthaft gem. § 68 GKG; der Beschwerdewert wird offenkundig erreicht. Die Beschwerdefrist (§ 68 Abs. 1 S. 3 in Verbindung mit § 63 Abs. 3 S. 2 GKG) ist gewahrt.

In der Sache führt das Rechtsmittel zu einer Aufhebung der landgerichtlichen Festsetzung.

Der Festsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG steht allerdings nicht schon eine etwaige Bindungswirkung des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 22. Dezember 2005 entgegen, wie der Kläger meint. Die Voraussetzungen von § 62 S. 1 GKG sind nicht gegeben; denn die Wertvorschriften für die sachliche Zuständigkeit und diejenigen für die Gerichtsgebühren weichen nämlich im Streitfall voneinander ab: Der Streitwert für die Zuständigkeit einer Stufenklage bemisst sich nach der Summe der Anträge, wie bereits das Amtsgericht Bad Liebenwerda in dem Nichtabhilfebeschluss vom 10. Januar 2006 zutreffend ausgeführt hat. Dagegen ist für den Gebührenstreitwert der höchste geltend gemachte Anspruch, demgemäß der Leistungsanspruch maßgeblich (§ 44 GKG). Ungeachtet hiervon richtet sich die Terminsgebühr der Rechtsanwälte jeweils nur nach der verhandelten Stufe, wobei es den Rechtsanwälten freisteht, Anträge gem. § 33 Abs. 1 RVG zu stellen.

Es ist nach dem Verfahrensverlauf erster Instanz nicht festzustellen, ob das Landgericht bereits befugt war, den Gebührenstreitwert endgültig festzusetzen. Nach § 63 Abs. 2 GKG ist Voraussetzung hierfür, dass eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

Vordergründig betrachtet, scheint das Landgericht nach der äußeren Form der Entscheidung davon auszugehen, dass das Verfahren sich endgültig erledigt habe. Hätte das Landgericht die ersten beiden Stufen durch Teilurteil erledigen wollen, hätte es die Bezeichnung "Anerkenntnisteilurteil" gewählt und von einer Kostenentscheidung ebenso abgesehen wie von einer Streitwertfestsetzung gem. § 63 Abs. 2 GKG. Dies scheint auch die Geschäftsstelle des Landgerichts, die das Verfahren als erledigt vermerkt hat, so verstanden zu haben.

Auf der anderen Seite steht ohne weiteres fest, dass der gesamte Rechtsstreit nicht erledigt ist. Die Leistungsstufe der Stufenklage, das wirtschaftliche Ziel des Prozesses, ist noch nicht erreicht. Hiervon gehen offenbar auch beide Parteien aus (Schriftsatz des Klägers vom 16. Oktober 2006 einerseits; Schriftsatz des Beklagten vom Beklagten vom 4. Oktober 2006 andererseits).

Ob die Möglichkeit besteht, den Prozess vor dem Landgericht fortzusetzen, wenn der Kläger sich nach der Erteilung der Auskunft entschließt, einen bezifferten Zahlungsantrag zu stellen, ist zweifelhaft. Es obliegt der Entscheidung des Landgerichts, ob es eine Berichtigung gem. § 319 ZPO für statthaft hält oder ob es § 321 ZPO für einschlägig erachtet. In letzterem Falle könnte die nicht fristgerecht erfolgte Stellung eines Ergänzungsantrags problematisch werden. Es ist nicht die Funktion des Streitwertfestsetzungsverfahrens, diese Frage zu entscheiden.

Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts ist deshalb aufzuheben. Das Landgericht wird den Streitwert erneut festzusetzen haben, sobald sich der Rechtsstreit - unzweifelhaft - erledigt hat.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren ist gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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