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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 07.05.2009
Aktenzeichen: 11 Wx 33/09
Rechtsgebiete: FEVG, AufenthG


Vorschriften:

FEVG § 3 Satz 1
AufenthG § 62 Abs. 2 Nr. 2
AufenthG § 62 Abs. 2 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin (5 T 53/09) vom 03. April 2009 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Betroffene wurde am 11.03.2009 in N. aufgegriffen. Zuvor war unter dem Datum vom 28.04.2008 sein Asylantrag zurückgewiesen und ihm die Ausreise auferlegt worden. Bis zum 09.05.2008 hielt er sich in der Aufnahmeeinrichtung der Beteiligten zu 2. auf, die er an diesem Tag mit unbekanntem Ziel verließ. Ermittlungen ergaben, dass der von ihm erstellte Passantrag falsche Angaben enthielt. Am 01.12.2008 leitete die Staatsanwaltschaft Berlin gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen die Abgabenordnung ein. Ihm wird Zigarettenschmuggel vorgeworfen.

Der Betroffene soll im Laufe des Monats Mai 2009 der vietnamesischen Botschaft vorgestellt und danach voraussichtlich abgeschoben werden. Am 12.03.2009 beantragte die Zentrale Ausländerbehörde die Anordnung der Sicherungshaft für die Dauer von drei Monaten zum Zwecke des Vollzugs der Abschiebung mit der Begründung, der Betroffene sei vollzugsfähig ausreiseverpflichtet, es bestehe aber die Gefahr, dass er sich dem durch Untertauchen entziehen werde. Dem Antrag hat das Amtsgericht Neuruppin mit Beschluss vom selben Tag stattgegeben.

Hiergegen hat der Betroffene sofortige Beschwerde zum Landgericht Neuruppin eingelegt. In dem Termin zur Anhörung vor der Kammer hat er angegeben, in Wahrheit erst am 01.06.1992, nicht bereits im Jahre 1989, geboren und zu sein und sich seit September 2008 in N. aufzuhalten. Zur Ausreise nach Vietnam sei er nicht freiwillig bereit. Die Kammer hat die sofortige Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Auf die Sachverhaltsdarstellung im Rahmen ihrer Entscheidung wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 06.04.2009, eingegangen beim Oberlandesgericht am 17.04.2009, hat der Betroffene sofortige weitere Beschwerde eingelegt und sie - nach entsprechender Aufforderung - mit Schriftsatz vom 22.04.2009, eingegangen am selben Tag, begründet. Die Beteiligten zu 2. und 3. hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft (§ 7 Abs. 1 FEVG in Verbindung mit § 27 Abs. 1 FGG) sowie frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 22, 29 FGG).

In der Sache bleibt das Rechtsmittel des Betroffenen indessen ohne Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts Neuruppin lässt entgegen der mit der Beschwerdebegründung vertretenen Auffassung Rechtsfehler nicht erkennen.

Jedenfalls der Beteiligte zu 3., der sich im Rahmen der Anhörung des Betroffenen durch das Landgericht dem zuvor von der Beteiligten zu 2. gestellten Haftantrag angeschlossen hat, ist hierfür sachlich und örtlich zuständig im Sinne der Vorschrift des § 3 Satz 1 FEVG. Davon ist die Kammer auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden - hinreichenden - Erkenntnisse zu Recht ausgegangen. Die Angriffe des Beschwerdeführers dagegen überzeugen nicht. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die von ihm protokollierte Aussage des Betroffenen, er halte sich "seit" September 2008 in N. auf, wörtlich genommen hat. Es ist nicht zu erkennen, dass diese Einlassung, die von einem Dolmetscher übersetzt worden ist, auf einem Missverständnis beruht. Ihr Wortlaut ist eindeutig. In diesem Zusammenhang kann mithin offen bleiben, ob, wie die Beteiligte zu 2. in ihrer Stellungnahme auf die Begründung der sofortigen weiteren Beschwerde geltend macht, weiter (auch) von ihrer eigenen Zuständigkeit auszugehen ist, weil der Betroffene die Aufnahmeeinrichtung unerlaubt verließ.

Der Betroffene ist vollziehbar ausreisepflichtig. Ebenso liegen die Haftvoraussetzungen des § 62 Abs. 2 Nrn. 2 und 5 AufenthG vor. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen der Kammer Bezug, die auch mit der Rechtsmittelbegründung nicht wirksam in Frage gestellt werden.

Denn der aktenkundige Sachverhalt lässt - zum einen - den Schluss zu, dass der Betroffene sich in der Vergangenheit nachhaltig der Abschiebung entzog, indem er sich verborgen hielt. Es besteht daher der begründete Verdacht, dass er dies auch in Zukunft tun wird. Dem kann wirksam nur durch Zwang in Form der Freiheitsentziehung begegnet werden. Auf die von der Kammer in diesem Zusammenhang zitierte höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung, der sich auch der Senat anschließt, wird Bezug genommen.

Zum anderen enthalten die Passantragsformulare des Betroffenen Personalangaben, die offenbar nicht zutreffen, also die Feststellung seiner Identität erschweren, wie die Kammer in nicht zu beanstandender Weise ebenfalls festgestellt hat.

Von der Möglichkeit einer Abschiebung innerhalb der gesetzlichen Hafthöchstdauer ist auszugehen. Insbesondere soll der Betroffene noch im Laufe des Monat Mai der vietnamesischen Botschaft vorgestellt werden.

Schließlich ist die Anordnung der Abschiebungshaft auch nicht unverhältnismäßig, insbesondere nicht vor dem Hintergrund, dass der Betroffene nunmehr - im Laufe des gerichtlichen Haftverfahrens - behauptet, erst am 01.06.1992 geboren zu sein. Dafür spricht außer seiner nicht näher erläuterten Einlassung, das Geburtsdatum 31.12.1989 sei "von der Behörde genannt" worden, nichts. Im Gegenteil lassen sowohl seine persönlichen Aussagen vor den Gerichten als auch der Inhalt seiner Beschwerdebegründung den Schluss zu, dass das im Beschlussrubrum genannte Geburtsdatum zutrifft, der Betroffene also bereits 19 Jahre alt ist. Die Begründung der Kammer, der Betroffene wirke bereits wie ein 20 Jahre alter Mann, dürfte - für sich betrachtet - allerdings die daran sich anschließende rechtliche Folge nicht hinreichend tragen. Auf sie kommt es nach Auffassung des Senats jedoch nicht entscheidend an.

Denn der Betroffene hat bislang in keiner Weise dargelegt, in welchem Zusammenhang und wann welche "Behörde" ihm - wahrheitswidrig - ein zu frühes Geburtdatum "genannt" haben solle. Auch in der Begründung seiner sofortigen weiteren Beschwerde unternimmt der Betroffene es nicht ansatzweise, diese Behauptung zu verifizieren, sondern begnügt sich mit der Formulierung, seine Einlassung sei in diesem Punkt unwiderlegt. Der Akteninhalt bietet indessen keinen Anhaltspunkt für ihre Richtigkeit.

Hinzu kommt, dass der Betroffene zu Beginn seiner Anhörung vor der Kammer spontan angab, am 31.12.1989 geboren zu sein. Erst auf den Einwurf seines Verfahrensbevollmächtigten hin kehrte er zu der abweichenden Angabe zurück, die er bereits bei der Anhörung vor dem Amtsgericht gemacht hatte. Letztere ist schon deshalb ganz erheblichen Zweifeln unterworfen, weil der Betroffene beim Amtsgericht unmittelbar im Anschluss an die Nennung des Geburtsdatums 01.06.1992 angab, "18 Jahre alt" zu sein, was ganz offensichtlich falsch wäre. Denn er wäre zu diesem Zeitpunkt, träfen seine Angaben im Übrigen zu, erst 16 Jahre alt gewesen - und wäre es jetzt noch.

Ende der Entscheidung

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