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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 08.03.2007
Aktenzeichen: 11 Wx 8/07
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

11 Wx 8/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Betreuungsverfahren

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Goebel und die Richter am Oberlandesgericht Hütter und Pliester

am 8. März 2007

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Landgerichts Neuruppin vom 30. Januar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Neuruppin zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Mit Schreiben vom 15.02.2006 regte der Betreuer W... für den Betroffenen, der sich seit dem 27.09.2005 im Maßregelvollzug befindet, die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes im Bereich der Vermögenssorge an. Nach Anhörung des Betroffenen und Einholung eines psychiatrischen Gutachtens vom 09.05.2006 der Klinik für Forensische Psychiatrie, ... (Chefärztin S... und Assistenzarzt Dr. W...) ordnete das Amtsgericht Neuruppin durch Beschluss vom 16.06.2005 für den Aufgabenbereich Vermögenssorge einen Einwilligungsvorbehalt an. Wegen des weiteren Inhalts der Entscheidung wird auf den Beschluss Bl. 1202, 1203 d. A. Bezug genommen. Gegen diesen Beschluss hat der Betroffene Rechtsmittel eingelegt. Die Beschwerdekammer des Landgerichts hat das Verfahren auf den Einzelrichter übertragen, der den Betroffenen in Gegenwart seines Betreuers, der Verfahrenspflegerin, des für den Betroffenen zuständigen Sozialarbeiters H... und des stellvertretenden Stationsleiters und Bezugstherapeuten des Betroffenen Herrn D... angehört hat und die Beschwerde durch Beschluss vom 30.01.2007 zurückgewiesen hat. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, Bl. 275 f d. A., verwiesen. Gegen diesen ihr am 01.02.2007 zugestellten Beschluss hat die Verfahrenspflegerin des Betroffenen mit einem am 09.02.2007 beim Landgericht Neuruppin eingegangenen Schriftsatz weitere Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den angeordneten Einwilligungsvorbehalt für den Bereich Vermögenssorge aufzuheben, hilfsweise die Wirkung des vom Amtsgericht Neuruppin angeordneten Einwilligungsvorbehaltes auf Dauerschuldverhältnisse und Ratenverträge und/oder lediglich bis zum 31.12.2008 zu beschränken. Der Betroffene meint, der Einwilligungsvorbehalt sei nicht zulässig, da eine Gefahr für sein Vermögen nicht bestehe. Er könne seine Vermögensverhältnisse auch unter Berücksichtigung des notwendigen Abbaus von Schulden überblicken, ohne sich erneut zu verschulden, im Übrigen habe er das Recht frei zu entscheiden, ob er eine Weiterbildungsmaßnahme im Fernstudium ergreife. Die von ihm geplanten Maßnahmen würden sein Monatseinkommen nur geringfügig belasten. Im Rahmen der weiteren Beschwerde sei zu prüfen, inwieweit unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes der Einwilligungsvorbehalt auf den Abschluss von Dauerschuldverhältnissen oder Verträgen mit Ratenzahlungen zu beschränken sei. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb ein solcher beschränkter Einwilligungsvorbehalt in der Praxis nicht realisierbar sein solle.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und zur Zurückverweisung der Sache an dieses. Die angefochtene Entscheidung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht zunächst aufgrund der ärztlichen Begutachtung festgestellt, dass der Betroffene aufgrund seiner Erkrankung in seiner freien Willensbildung eingeschränkt ist, seine Erkrankung zu einer eingeschränkten Steuerungsfähigkeit führen kann und der Einwilligungsvorbehalt im Bereich der Vermögenssorge aus ärztlich-psychiatrischer Sicht krankheitsbedingt indiziert sei. Auch die sorgfältigen Ausführungen des Landgerichts, mit denen es die erhebliche Gefährdung des Vermögens des Betroffenen und die Erforderlichkeit eines Einwilligungsvorbehaltes begründet, halten rechtlicher Nachprüfung stand.

Auch für den Einwilligungsvorbehalt gilt jedoch - wie das Landgericht nicht verkennt - der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. BayObLG NJW-RR 2003, 871, 872 m.w.N.). Unter diesem Gesichtspunkt hat das Landgericht selbst erwogen, den Einwilligungsvorbehalt nur auf den Abschluss von Dauerschuldverhältnissen oder Verträgen mit Ratenzahlung zu beschränken. Es hat diese Überlegung "im Hinblick auf die Praktikabilität einer solchen Regelung und wegen des darüber hinausgehend erforderlichen Schutzes des Betreuten" fallen gelassen. Diese Begründung ist dem Senat, ebenso wie der weiteren Beschwerde, nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Nach den Feststellungen des Landgerichts beruht die Gefährdung des Vermögens des Betroffenen nahezu ausschließlich auf solchen Geschäften, die Dauerschuldverhältnisse bzw. Ratenzahlungsvereinbarungen enthalten. Eine solche - zulässige - Beschränkung des Einwilligungsvorbehaltes würde daher ausreichen, die Gefahr abzuwenden. Welche praktischen Erwägungen einer solchen Beschränkung entgegenstehen, erschließt sich dem Senat nicht. Soweit das Landgericht auf den "darüber hinausgehend erforderlichen Schutz" des Betroffenen abstellt, fehlt es hierfür bisher an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen. Da im Zusammenhang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch weitere Ermittlungen erforderlich sind, ist die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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