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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 29.01.2009
Aktenzeichen: 11 Wx 8/09
Rechtsgebiete: BbgPolG, FEVG, FGG


Vorschriften:

BbgPolG § 17 Abs. 1 Nr. 1
BbgPolG § 18 Abs. 2
FEVG § 3
FEVG § 5 Abs. 1
FEVG § 7
FGG § 22
FGG § 27
FGG § 29
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 09.01.2009 - 7 T 7/09 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Der Betroffene wurde am 07.01.2009 um 07:45 Uhr in polizeilichen Gewahrsam genommen, auf Antrag des Antragstellers ordnete das Amtsgericht Cottbus nach Anhörung des Betroffenen durch Beschluss vom 07.01.2009 an, ihn weiter bis zum 09.01.2009, 18:00 Uhr in Gewahrsam zu nehmen. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Betroffenen wies das Landgericht Cottbus mit Beschluss vom 09.01.2009 zurück. Wegen des dem zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf die den Beteiligten bekannten Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts Bezug genommen. Gegen den ihm am 09.01.2009 zugestellten Beschluss des Landgerichts hat der Betroffene am 10.01.2009 zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Cottbus weitere Beschwerde eingelegt, auf deren Inhalt verwiesen wird.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist gem. §§ 18 Abs. 2 BbgPolG, §§ 3, 7 FEVG, §§ 22, 27, 29 FGG statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Dabei ist es im Hinblick auf das bestehende Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Betroffenen unschädlich, dass das Rechtsmittel in Folge der Beendigung des Polizeigewahrsams zeitlich überholt ist.

III.

Die weitere Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

In der Sache hat das Rechtsmittel vorläufigen Erfolg, weil das Landgericht den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt hat (§ 12 FGG). Dabei kann offen bleiben, ob es verfahrensfehlerhaft war, dass das Landgericht von der gem. § 5 Abs. 1 FEVG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren gebotenen mündlichen Anhörung des Betroffenen abgesehen hat. Ob die Begründung des Landgerichts dies rechtfertigt, erscheint dem Senat durchaus zweifelhaft (zur Bedeutung der Anhörung in derartigen Verfahren vgl. Bundesverfassungsgericht NJW 1991, 1283 ff., OLG München, Beschluss vom 28.10.2005, Az.: 34 Wx 124/05; OLG Köln, Beschluss vom 28.07.1999, Az.: 16 Wx 97/99 zitiert nach Juris). Der Senat hält aus anderen Gründen den maßgeblichen Sachverhalt für nicht hinreichend geklärt.

Aufgrund der bisherigen Feststellungen hat das Landgericht allerdings seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt, dass der Betroffene aufgrund der bestandskräftigen Ordnungsverfügung des Amts für Forstwirtschaft P... vom 29.10.1997 deren Vollstreckung zu dulden hatte, nachdem gegen den Betroffenen - wie dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 29.12.2008 - 3 L 380/08 - zu entnehmen ist (vgl. Bl. 12 f. d. A.) - mit Schreiben vom 17.12.2008 die mit Bescheid vom 26.05.2008 angedrohte Ersatzvornahme festgesetzt, der Antrag des Betroffenen, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, abgelehnt und die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus eingelegte Beschwerde durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 02.01.2009 - 11 S 1/09 - verworfen worden war. Zu Recht hat das Landgericht auch den Einwand des Betroffenen, Eigentümer des zu räumenden Grundstücks der mit Genehmigung errichteten Baulichkeiten und der darauf befindlichen Sachen zu sein, als nicht geeignet angesehen, die Widerstandshandlungen des Betroffenen gegen die Durchführung der Räumung zu rechtfertigen. Denn der Betroffene durfte sich der im Vollzug einer rechtmäßigen Vollstreckung stattfindenden Räumungsarbeiten jedenfalls nicht mit Gewalt gegen Personen und Sachen widersetzen. Nach den bisherigen Feststellungen des Amts- und Landgerichts hat der Betroffene Bretter mit Nägeln ausgelegt, um das Anfahren der Transportfahrzeuge zu verhindern, am 06.01.2009 war dadurch ein Fahrzeug bereits beschädigt worden. Auch hat der Betroffene die Mitarbeiter der mit der Räumung beauftragten Baufirma mit einem Knüppel bedroht und sie zum Rückzug gezwungen. Angesichts der Äußerung des Betroffenen, sich auch weiterhin gegen die Räumungsmaßnahmen zur Wehr setzen zu wollen, hat das Landgericht auch zu Recht angenommen, dass die unmittelbar bevorstehende Begehung von Straftaten des Betroffenen (Körperverletzung, Sachbeschädigung) zu befürchten war, die nach Art und Dauer geeignet waren, den Rechtsfrieden nachhaltig zu beeinträchtigen (§ 17 Abs. 1 Nr. 2 c) BbgPolG), ferner dass gegen den Betroffenen am 07.01.2009 rechtmäßig durch den PHK Kunde ein Platzverweis ausgesprochen worden war, dem er trotz mehrfacher Wiederholung nicht nachgekommen ist (§§ 16, 17 Abs. 1 Nr. 3 BbgPolG). In Übereinstimmung mit den Vorinstanzen hält der Senat es für gerechtfertigt, den Betroffenen unter diesen Umständen jedenfalls für den Zeitraum in Polizeigewahrsam zu nehmen, in dem die Räumungsarbeiten tatsächlich stattfanden. Der Senat geht mangels anderweitiger Anhaltspunkte allerdings davon aus, dass diese Arbeiten nur tagsüber und nicht auch nachts durchgeführt worden sind. Ob es unerlässlich war, den Betroffenen auch über Nacht in Gewahrsam zu belassen, erscheint dem Senat zweifelhaft. Hinreichende Feststellungen für eine solche Annahme fehlen. Wäre der Betroffene jeweils abends zum dem Zeitpunkt, in dem die Räumungsarbeiten eingestellt wurden, aus dem Gewahrsam entlassen worden und hätte er - wie zu vermuten ist - am nächsten Tag zu Beginn der Arbeiten erneut versucht, diese mit Gewalt zu verhindern, hätte erneut ein Platzverweis ausgesprochen und bei Erfolglosigkeit der Betroffene in Gewahrsam genommen werden können. Der Senat hält es nicht für ausgeschlossen, dass Umstände vorgelegen haben mögen, die es rechtfertigen, den Betroffenen auch während der Nacht in Polizeigewahrsam zu belassen. Solche sind aber bisher nicht festgestellt und, da der Senat als Rechtsbeschwerdeinstanz zu Ermittlungen nicht befugt ist, vom Landgericht mit Hilfe des Antragstellers zu ermitteln. Dass der Betroffene durch die Räumungsarbeiten seiner Unterkunft beraubt ist und die kalte Witterung vermögen es nicht zu rechtfertigen, den Betroffenen gegen seinen Willen über Nacht in Polizeigewahrsam festzuhalten. Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Nr. 1 BbgPolG sind nicht festgestellt.

Das Landgericht wird danach nach weiteren Ermittlungen erneut über die Rechtmäßigkeit des Polizeigewahrsams des Betroffenen zu befinden haben.

Ende der Entscheidung

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