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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 08.06.2009
Aktenzeichen: 11 Wx 84/08
Rechtsgebiete: VBVG, BGB, KostO


Vorschriften:

VBVG § 2
VBVG § 2 S. 1
VBVG § 2 Abs. 2
VBVG § 4 Abs. 2
VBVG § 9
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 1
KostO § 131 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 17. November 2008 - Az.: 19 T 262/08 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert.

Zu Gunsten der weiteren Beteiligten zu 1 wird für den Zeitraum vom 7. September 2005 bis 6. Oktober 2005 eine Vergütung von 154,00 € gewährt.

Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren, soweit das Rechtsmittel zurückgewiesen wird: bis 1.000,00 €.

Gründe:

I.

Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist ein nach Auffassung der Beteiligten zu 1 offener Anspruch auf restliche Betreuervergütung. Wegen des Sachstandes im Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht wird zunächst auf die Darstellung in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Das Landgericht hat die Vergütung der Beteiligten zu 1 für die einzelnen Zeiträume wie folgt festgesetzt:

1. 14. Juni 2005 bis 30. Juni 2005

Die Ansprüche für diesen Zeitraum hat das Landgericht als erloschen angesehen. Die Vergütung sei nach der damaligen Rechtslage (§§ 1908i, 1835 f. BGB) nach Ablauf von 15 Monaten nach ihrem Entstehen erloschen. Die Beteiligte zu 1 habe diese Frist durch die erst am 9. bzw. 12. Januar 2007 eingegangenen Abrechnungen nicht gewahrt.

2. 1. Juli 2005 bis 6. Oktober 2005

Da die Beteiligte zu 1 am 06. Juni 2005 formell wirksam zur Betreuerin bestellt worden sei, seien die Abrechnungsquartale wie folgt zu bestimmen: 7. Juni 2005 bis 6. September 2005; 7. September 2005 bis 6. Dezember 2005 usw. Für das Erlöschen des Anspruchs gemäß § 2 VBVG sei zunächst zu berücksichtigen, dass der Vergütungsanspruch jeweils mit Ablauf des einzelnen Betreuungsmonats entstehe (im Anschluss an den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 28. Mai 2008; VII ZB 53/08). Dies sei auch jeweils der maßgebliche Zeitpunkt für den Beginn der Ausschlussfrist des § 2 VBVG. Soweit § 9 VBVG bestimme, dass die Geltendmachung nur nach Ablauf der Betreuungsquartale erfolgen dürfe, sei dies getrennt von der Anspruchsentstehung zu betrachten. Demgemäß sei der Eingang des Vergütungsantrags beim Amtsgericht Charlottenburg am 9. Januar 2007 und beim Amtsgericht Bad Freienwalde am 12. Januar 2007 verspätet.

Die im Verwaltungswege erfolgten Anweisungen seien weder bindend, noch stellten sie eine Grundlage für einen Vertrauensschutz der Beteiligten zu 1. dar.

3. 7. Oktober 2005 bis 6. Juni 2006

Für diesen Zeitraum hat das Landgericht der Beteiligten zu 1. einen Vergütungsanspruch von 1.100,00 € zugebilligt und berücksichtigt, dass die mittellose Betroffene zu dieser Zeit in einem Heim gelebt hat.

4. 7. Juni 2006 bis 6. Juni 2007

Für diesen Zeitraum hat das Landgericht eine Vergütung von insgesamt 1.056,00 € festgesetzt. Die begehrte anteilige Erhöhung der Mehrwertsteuer sei nicht erstattungsfähig, weil nach § 4 Abs. 2 VBVG die jeweilige Umsatzsteuer in der gesetzlichen Vergütung enthalten sei.

Gegen diesen Beschluss, der ihr am 25. November 2008 zugestellt worden ist, wendet sich die Beteiligte zu 1 mit ihrer vom Landgericht zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde, beim Landgericht eingegangen am 1. Dezember 2008. Sie macht im Wesentlichen geltend: Der Fehler des verspäteten Eingangs der Berechnung habe ausschließlich beim Amtsgericht Bad Freienwalde gelegen, welches sich erstmals am 18. Januar 2007 bei ihr gemeldet habe.

Das Tätigwerden des Rechtspflegers sei als verbindlich zu verstehen gewesen. In Absprache mit diesem habe sie, die Beteiligte zu 1, wie bei einem Vergleich teilweise auf Auslagen und Aufwendungen verzichtet. Im Übrigen sei die Zeitspanne von 16 Monaten durchaus geeignet, ein Vertrauen auf das Behaltendürfen zu wecken, wie auch der Vergleich mit der gesetzlichen Frist des § 2 S. 1 VBVG zeige.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist auf Grund der Zulassung (§ 56g Abs. 5 S. 2 FGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

1. In der Sache hat die sofortige weitere Beschwerde nur insoweit Erfolg, als der weiteren Beteiligten zu 1 für den Betreuungsmonat vom 7. September 2005 bis zum 6. Oktober 2005 eine Vergütung zuzusprechen ist. Im Gegensatz zu der Rechtsauffassung des Landgerichts beginnt die Ausschlussfrist des § 2 VBVG mit Ablauf des jeweiligen Betreuungsquartals und nicht mit Ablauf des jeweiligen Betreuungsmonats. Der Senat folgt im Ergebnis und in der Begründung der bereits vom Landgericht zitierten Rechtsprechung des OLG Dresden (Beschluss vom 2. Januar 2008; 3 W 1439/07). Dieses hat - zusammengefasst - ausgeführt:

Es widerspräche dem wohlverstandenen Interesse des Betreuers, wenn für die Anspruchsentstehung weiterhin an die Ausübung der vergütungspflichtigen Tätigkeit angeknüpft würde, da dann die Ausschlussfrist schon laufen würde, bevor die Vergütung überhaupt beansprucht werden könne. Diese Sichtweise korrespondiere auch mit der vergleichbaren Rechtslage bei der Verjährung von Ansprüchen: Die Verjährungsfrist beginne gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB regelmäßig mit dem Zeitpunkt, an welchem der Anspruch erstmalig geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden könne. Schließlich spreche für einen an § 9 VBVG orientierten Beginn der Ausschlussfrist die Regelung des § 2 Abs. 2 VBVG, nach der die Frist auf bis zu zwei Monate gekürzt werden könne. Würde von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, könne dies dazu führen, dass der Betreuer für einen Monate gar keine Vergütung verlangen könne.

Auch dem Senat erscheint es sachgerecht, § 2 und § 9 VBVG dahin gehend zu harmonisieren, dass die "Entstehung des Anspruchs" im Sinne des § 2 VBVG mit der Berechtigung zur Geltendmachung im Sinne des § 9 VBVG zusammenfällt. Auf diese Weise wird vermieden, dass einfache, wiederkehrende Abrechnungen mit einer Überfülle von Geltendmachungs- und Ausschlussfristen belastet werden, die dem Interesse der Betreuer und der Gerichte zuwider laufen. Die vom Senat vorgenommene Auslegung hat den Vorzug, dass Unzuträglichkeiten, die bei einer Fristverkürzung gemäß § 2 Abs. 2 VBVG entstehen könnten, von vornherein vermieden werden und nicht mit dem in der Anwendung unscharfen Instrument der Treuwidrigkeit korrigiert werden müssen.

Nach der der Höhe nach zutreffenden Berechnung des Landgerichts (S. 12 des Beschlussumdrucks) steht der Beteiligten zu 1 für den Betreuungsmonat vom 7. September 2005 bis zum 6. Oktober 2005 eine Vergütung von 154,00 € zu.

2. Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde nicht begründet; zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen. Zur Klarstellung ist lediglich zu ergänzen:

Für die Abrechnungsquartale bis zum 6. September 2005 verbleibt es bei der angefochtenen Entscheidung, weil die Ausschlussfrist insoweit auch nach der vom Senat vertretenen Rechtsauffassung schon abgelaufen war, als die Betreuerin ihren Vergütungsantrag eingereicht hat. Die Betreuerin kann sich nicht darauf berufen, sie sei im Zweifel über die Zuständigkeit des Gerichts gewesen. Nachdem das Amtsgericht Charlottenburg mit Schreiben vom 21. Oktober 2005 (Bl. 79 der Betreuungsakten) nur die Absicht mitgeteilt hatte, das Verfahren abzugeben, hat es zwar knapp ein Vierteljahr gedauert, bis das Amtsgericht Bad Freienwalde die Betreuerin angeschrieben hat (Bl. 87 der Betreuungsakten). Bis zu diesem Zeitpunkt war es der Betreuerin jedoch ohne weiteres möglich und zumutbar, den Antrag bei dem Amtsgericht Charlottenburg einzureichen.

Zu Unrecht beruft sich die Rechtsbeschwerde auf den Gesichtspunkt der Verwirkung, soweit die früheren Zeiträume betroffen sind. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, der Zeitraum von einem Jahr und vier Monaten reiche nicht aus, um ein schutzwürdiges Vertrauen der Betreuerin in das Behaltendürfen der zu Unrecht ausgezahlten Vergütung begründen zu können. Eine andere Betrachtungsweise folgt auch nicht daraus, dass § 2 S.1 VBVG eine nur 15monatige Frist vorsieht. Die Ausschlussfrist des § 2 VBVG bezweckt den Schutz der Staatskasse vor der Inanspruchnahme für längst vergangene Betreuungsquartale. Dieser Gesetzeszweck ist mit dem Institut der Verwirkung von Rückzahlungsansprüchen bei zu Unrecht gewährter Vergütung nicht zu vergleichen.

III.

Gemäß § 131 Abs. 2 KostO ist der Geschäftswert insoweit festzusetzen, als der Senat das Rechtsmittel zurückweist (vgl. BayObLG FamRZ 1990, 907).

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