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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 05.02.2009
Aktenzeichen: 12 U 119/08
Rechtsgebiete: InsO, BGB, ZPO


Vorschriften:

InsO § 22 Abs. 2
BGB § 138
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 334
BGB § 398
BGB § 417
BGB § 812
BGB § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt.
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
StGB § 240
StGB § 253
StGB § 263
ZPO § 138
ZPO § 156
ZPO § 156 Abs. 1
ZPO § 156 Abs. 2
ZPO § 296 a
ZPO § 511
ZPO § 513
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 546
ZPO § 707
ZPO § 758
ZPO § 758 a
ZPO § 939
ZPO § 945
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 20. Mai 2008 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Neuruppin, Az.: 3 O 298/07, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger war im Jahr 2004 mit einem Herrn S. Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften, u. a. der w... GmbH (Schuldnerin) und der V. mbH (V. GmbH), ihrerseits persönlich haftende Gesellschafterin der Entwicklungsgesellschaft für w... Technologien mbH & Co KG (Entwicklungsgesellschaft).

Der Beklagte wurde mit Beschluss vom 30.01.2004 zunächst zum vorläufigen Insolvenzverwalter gem. § 22 Abs. 2 InsO über das Vermögen der Schuldnerin bestellt, nachdem diese ihre geschäftliche Tätigkeit zum Ende des Jahre 2003 beendet hatte. Wegen der ihm insoweit übertragenen Pflichten wird auf die Ablichtung des Bestellungsbeschlusses K 26 (Bl. 98 d. A.) Bezug genommen. Nach seiner Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter beauftragte der Beklagte das Auktionshaus B. mit der Ermittlung der Vermögensverhältnisse der Schuldnerin und erteilte insoweit Vollmacht, für deren Inhalt auf die Anlage K 3 Bezug genommen wird. Am 03.03.2004 besichtigten Mitarbeiter des Auktionshauses die Räumlichkeiten und das Mobiliar der Schuldnerin und fotografierten dieses. Am 11.03.2004 inventarisierten Mitarbeiter des Auktionshauses in den Geschäftsräumen der Schuldnerin das bewegliche Anlagevermögen im Auftrag und auf Rechnung des Klägers unter Bezugnahme auf die Vollmacht des Beklagten. Aufgrund des Inventars wurde das bewegliche Anlagevermögen mit einem Liquidationswert von 35.560,00 € bewertet, die Eigentumsverhältnisse der inventarisierten Gegenstände wurden ausdrücklich nicht festgestellt.

Am gleichen Tag ließ die Schuldnerin durch ihren Prozessbevollmächtigten gegenüber dem Beklagten ankündigen, dass die inventarisierten Gegenstände nach B. verschafft werden sollten. Hintergrund war ein von der Schuldnerin in dem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Neuruppin, Az.: 2 O 74/04, geschlossener Vergleich, in dem sich die Schuldnerin gegenüber der dortigen Verfügungsbeklagten, ihrer bisherigen Vermieterin, verpflichtet hatte, die von ihr genutzten Geschäftsräume in der O. Chaussee in G. zum 15.03.2004 zu räumen.

Obwohl der Beklagte der Verbringung der Gegenstände nach B. noch am 11.03.2004 widersprach, erfolgte der Umzug, woraufhin der Beklagte unter dem 22.04.2004 vor dem Landgericht B., Az.: 8 O 178/04, eine einstweilige Verfügung gegenüber der Entwicklungsgesellschaft erwirkte, die inventarisierten Gegenstände herauszugeben. Diese einstweilige Verfügung wurde am 12.05.2004 durch den Gerichtsvollzieher zugestellt, der zum Abtransport der Gegenstände einen Möbelwagen bei sich führte. Außerdem war ein Vertreter des Auktionshauses zugegen, der einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Beklagten vorlegte. Zu einer Einstellung der Zwangsvollstreckung kam es mangels Leistung einer Sicherheit nicht. Nach mehrstündigen Verhandlungen wurde auf der Basis des vorbereiteten Textes ein Vergleich, für dessen Inhalt auf die Anlage K 19 Bezug genommen wird, unter Beteiligung der Schuldnerin, des zustimmenden Beklagten sowie der Entwicklungsgesellschaft geschlossen, mit dem die Gegenstände, die im Inventarverzeichnis der V. GmbH zugeordnet waren, als im Eigentum der Schuldnerin stehend zum Preis von 29.000,00 € an die Entwicklungsgesellschaft verkauft wurden. Auf den Betrag zahlte der Kläger aus seinem Privatvermögen 10.000,00 € in bar. Die Restzahlung leistete die Entwicklungsgesellschaft.

Der Kläger verlangt nunmehr von dem Beklagten auf Grundlage der §§ 812, 826, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 253 StGB die Rückzahlung der Gesamtsumme von 29.000,00 € sowie der im einstweiligen Verfügungsverfahren dem Beklagten erstatteten Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 3.312,50 € und der für die Zustellung der einstweiligen Verfügung gezahlten Gerichtsvollzieherkosten in Höhe von 137,50 €.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe seine Aktivlegitimation weder dargelegt noch unter Beweis gestellt. Auch diese unterstellt, sei die Klage unbegründet. Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung bestehe nicht, weil die Leistung an den Beklagten nicht ohne Rechtsgrund, sondern auf Grundlage des Vergleichs vom 12.05.2004 erfolgt sei. Dieser sei weder angefochten worden noch als sittenwidrig zu bewerten. Der Beklagte habe sich nicht unter Ausbeutung einer Zwangslage Vermögensvorteile versprechen lassen, die in einem auffälligen Missverhältnis zu seiner Leistung stünden. Auch bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände, insbesondere des Zustandekommens, der Auswirkungen sowie der subjektiven Beweggründe sei eine Sittenwidrigkeit nicht anzunehmen. Eine Zwangslage sei nicht hinreichend dargetan. Der Kläger habe bis zum Vergleichsabschluss die Möglichkeit gehabt, gegen die einstweilige Verfügung mit Rechtsmitteln vorzugehen oder Sicherheit für die Einstellung der Zwangsvollstreckung zu leisten. Eine Zwangslage ergebe sich auch nicht daraus, dass die Entwicklungsgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb ohne die herausverlangten Gegenstände nicht hätte aufrechterhalten können, weil dieser offensichtlich bereits vor Verbringung der Gegenstände nach B. bestanden habe. Schließlich habe der Kläger das Eigentum der V. GmbH an den herausverlangten Gegenständen nicht substanziiert dargelegt. Hinsichtlich der Ansprüche aus §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 253 StGB sowie eines Anspruchs aus § 945 ZPO fehle ausreichender Sachvortrag.

Gegen das dem Kläger am 29.05.2008 zugestellte Urteil hat er mit einem am 23.06.2008 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist mit am 29.08.2008 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger ist der Ansicht, aktivlegitimiert zu sein, weil er bereits aufgrund seines Schuldbeitritts gem. §§ 417, 334 BGB analog aus eigenem Recht vorgehen könne. Der Beklagte habe die Aktivlegitimation nur unsubstanziiert bestritten, so dass das Gericht auf etwaige Bedenken hätte hinweisen müssen (§ 139 ZPO). Im Übrigen legt er eine Abtretungsvereinbarung zwischen ihm und der Entwicklungsgesellschaft vom 31.05.2004 vor, aus der er, wie er in der mündlichen Verhandlung vom 15.01.2009 erklärt hat, vorrangig vorgeht. Er trägt dazu vor, die Entwicklungsgesellschaft habe ihm den von ihm in bar an den Beklagten geleisteten Betrag in Höhe von 10.000,00 € erstattet.

Das Landgericht habe nicht gewürdigt, dass die einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin mit unlauteren Mitteln erlangt worden sei, indem der hiesige Beklagte dort unrichtigerweise behauptet habe, die herausverlangten Gegenstände durch den Auktionator B. in Besitz genommen zu haben. Darin liege nicht nur ein Verstoß gegen § 138 ZPO, sondern ein betrügerisches Verhalten gem. § 263 StGB, das Schadensersatzansprüche gem. § 823 Abs. 2 BGB begründe. Seinen Beweisantritt dafür, dass die vom Gerichtsvollzieher herausverlangten Gegenstände im Eigentum der Fa. V. GmbH gestanden hätten, habe das Landgericht fehlerhaft übergangen.

Ferner habe das Landgericht die Situation, in der es zum Vergleichsabschluss gekommen sei, nicht richtig gewürdigt. Aus dem Erscheinen des Gerichtsvollziehers mit Möbelwagen und einem Vertreter des Auktionshauses mit vorbereitetem Vergleichsvertrag habe sich eine Drucksituation ergeben, insbesondere, da sich trotz der Intervention der Entwicklungsgesellschaft weder der Gerichtsvollzieher noch der Vertreter des Beklagten von der Vollstreckung hätten abhalten lassen und sämtliche Mitarbeiter die Situation verfolgt hätten. Anträge gem. § 707 ZPO bzw. auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung seien nur in Ausnahmefällen erfolgreich. Bereits der Abschluss des Vergleichsvertrages erfülle den Tatbestand des § 253 StGB und führe zu einer Schadensersatzverpflichtung gem. § 823 Abs. 2 BGB.

Schließlich sei das Landgericht weder auf seinen Schriftsatz vom 21.04.2008 noch auf seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung eingegangen. Aufgrund seines erläuternden Schriftsatzes vom 30.04.2008 habe die mündliche Verhandlung gem. § 156 ZPO wiedereröffnet werden müssen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 22.04.2008 den Beklagten zu verurteilen, an ihn 32.450,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält sein Bestreiten der Aktivlegitimation des Klägers aufrecht und wiederholt insoweit sein erstinstanzliches Vorbringen. Die erst zweitinstanzlich vorgelegte Abtretungsurkunde lasse vermuten, dass das Schriftstück nachträglich gefertigt worden sei. Ihre Vorlage in zweiter Instanz sei verspätet. Ein Anspruch des Klägers scheitere darüber hinaus daran, dass kein Schaden entstanden sei, denn ein Eigentum Dritter an den herausverlangten Gegenständen sei nicht bewiesen. Der Vergleich vom 12.05.2004, den er lediglich genehmigt, nicht jedoch abgeschlossen habe, sei nicht sittenwidrig, weil weder ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung anzunehmen sei, noch eine Drucksituation bestanden habe. Aus dem Vergleich des Vereinbarungsentwurfs mit dem schließlich abgeschlossenen Text ergebe sich, dass das Schriftstück nicht als unverhandelbar präsentiert worden sei. Vielmehr sei es zu Verhandlungen gekommen. Wäre die einstweilige Verfügung mit unlauteren Mitteln erlangt worden, hätte der Kläger Rechtsmittel einlegen können.

Die Akten des Landgerichts Berlin, Az.: 8 O 178/04, und des Landgerichts Neuruppin, Az.: 2 O 79/04, waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Der Kläger stützt sein Rechtsmittel u. a. darauf, das Landgericht habe das Vorliegen einer die Sittenwidrigkeit des Vergleichs begründenden Zwangslage verkannt. Der Kläger macht damit einen Rechtsfehler geltend, auf dem das Urteil beruhen kann, §§ 513, 546 ZPO.

2. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

a) Zwar ist der Kläger, soweit er - vorrangig - aus abgetretenem Recht der Entwicklungsgesellschaft klagt, aktivlegitimiert. Bedenken gegen die Wirksamkeit des Abtretungsvertrages vom 31.05.2004 bestehen nicht. Soweit der Beklagte bestreitet, dass das Schriftstück tatsächlich am angegebenen Datum gefertigt und unterschrieben worden ist, kommt es darauf nicht an. Denn entscheidend für die Begründetheit der Klage ist die Lage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 253 Rn. 25 a), so dass auch die Vereinbarung einer Abtretung im Verlaufe des Prozesses noch ausreichte. Da der Beklagte lediglich das Datum der Abtretungsvereinbarung in Zweifel zieht, ist die Abtretung als solche unstreitig und in der Berufungsinstanz noch zu berücksichtigen (vgl. BGH MDR 2005, 527).

b) Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch gegenüber dem Beklagten auf Herausgabe des an ihn auf der Grundlage des Vergleichs vom 12.05.2004 gezahlten Betrages sowie auf Erstattung der von der Entwicklungsgesellschaft gezahlten Rechtsanwalts- und Gerichtsvollzieherkosten aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt., 398 BGB.

aa) Unstreitig hat zwar der Beklagte insgesamt einen Betrag in Höhe von 29.000,00 €, davon einen Teilbetrag von 10.000,00 € vom Kläger persönlich und weitere 19.000,00 € von der Entwicklungsgesellschaft, und damit "etwas" erlangt. Es fehlt jedoch nicht an einem Rechtsgrund für diese Leistung; Rechtsgrund ist vielmehr der zwischen der Entwicklungsgesellschaft und der Schuldnerin geschlossene Vertrag vom 12.05.2004. Die Annahmeerklärung zu diesem Vertrag ist durch die Entwicklungsgesellschaft nicht angefochten worden. Entgegen der Ansicht des Klägers ist der Vertrag aber auch nicht gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig, was voraussetzt, dass er entweder aufgrund seines Inhalts oder aufgrund einer Gesamtwürdigung des Inhalts, Beweggrundes, Zwecks und Zustandekommens des Geschäfts gegen die guten Sitten verstieße (vgl. Larenz/Wolf, BGB, Allg. Teil, 9. Aufl. 2004, § 41 Rn. 17). Dass der Vertrag bereits aufgrund seines Inhaltes sittenwidrig sei, trägt auch der Kläger nicht vor. Aufgrund des Gesamtcharakters des Rechtsgeschäfts kann ein Verstoß gegen die guten Sitten aber ebenfalls nicht angenommen werden. Dies wäre der Fall, wenn sich nach den gesamten Umständen aus dem Vorgehen des Beklagten eine nicht zu billigende Benachteiligung der Entwicklungsgesellschaft ergeben hätte, die einer Ausbeutung, Knebelung oder Existenzvernichtung gleichzustellen wäre (vgl. Larenz, a.a.O., Rn. 20), wobei nicht nur der objektive Gehalt des Geschäfts, sondern auch die Umstände, die zu seiner Vornahme geführt haben, sowie die Absichten und Motive der Partei (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 68. Aufl. 2009, § 138 Rn. 8) zu berücksichtigen sind. Die danach vorzunehmende Gesamtabwägung führt nicht zu einer Bewertung als sittenwidrig. Zwar beschreibt der Kläger eine nicht unerhebliche Drucksituation, soweit er vorträgt, der Gerichtsvollzieher sei ohne Vorankündigung mit einem Möbelwagen zum Abtransport der inventarisierten Gegenstände in den Geschäftsräumen erschienen und habe ihm die Anordnung des Gerichts, diese herauszugeben, präsentiert, woraufhin er sich in dem Bemühen, die anwesenden Mitarbeiter nicht zu verunsichern und den Geschäftsbetrieb, zu dem die herausverlangten Gegenstände erforderlich gewesen seien, aufrechtzuerhalten, gezwungen gesehen habe, etwaigen Vorschlägen zur Abwendung des Abtransportes des Inventars zuzustimmen. Dass sich diese Situation für die Entwicklungsgesellschaft aber zu einer Zwangslage verdichtet habe, ist nicht nachvollziehbar. Denn die zum Nachweis der Verunsicherung der Mitarbeiter vorgelegte Anlage K 18 bezieht sich nicht auf die Entwicklungsgesellschaft, sondern auf eine der weiteren Firmen des Klägers, die offenbar in den gleichen Geschäftsräumen tätig war, belegt damit eine Zwangssituation für den Kläger als Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft gerade nicht. Außerdem präzisiert der Kläger nicht, inwiefern und welche der herausverlangten Gegenstände zum Geschäftsbetrieb erforderlich waren, ob noch weiteres Computerzubehör vorhanden war und von welchen der offensichtlich in den Geschäftsräumen tätigen verschiedenen Firmen es genutzt wurde. Er räumt auch nicht den Einwand aus, bereits vor der Verbringung des Inventars der Schuldnerin hätte die Entwicklungsgesellschaft in den Geschäftsräumen ihren Geschäftsbetrieb aufgenommen und entsprechend über eigenes Inventar verfügen müssen. Sollte eine Nutzung statt durch die Entwicklungsgesellschaft nur durch die anderen am Geschäftssitz niedergelassenen Firmen erfolgt sein, wäre eine Zwangslage der Entwicklungsgesellschaft durch das Verhalten der Beklagten nicht nachzuvollziehen, ebenso in dem Fall, dass die anwesenden Arbeitnehmer nicht bei der Entwicklungsgesellschaft, sondern bei Drittfirmen angestellt waren.

Eine die freie Willensbetätigung der Entwicklungsgesellschaft in anstößiger Weise beeinflussende Zwangslage ist auch vor dem Hintergrund, dass es entgegen der Darstellung des Klägers offensichtlich durchaus zu Verhandlungen über den abzuschließenden Vergleich gekommen ist, nicht anzunehmen. Zwar ergibt sich aus der Anlage K 32 (Bl. 131 d. A.), dass bereits am 11.05.04 und damit am Vortag der Zustellung der einstweiligen Verfügung ein vorbereiteter Vergleichstext an das Auktionshaus B. gefaxt worden ist. Jedoch zeigt sich bei einem Vergleich dieses Textes mit der schließlich unterschriebenen Fassung vom 12.05. (Anlage K 19), dass entgegen der Darstellung des Klägers nicht nur die Zahlungsmodalitäten verändert worden sind, sondern auch inhaltliche Regelungen. Seitens des Beklagten ist zunächst auf die Zahlung einer nach dem ursprünglichen Text verlangten Nutzungsentschädigung in Höhe von 5.000,00 € zugunsten einer Erhöhung des Verkaufspreises um etwa 1.800,00 € verzichtet worden. Darüber hinaus hat der Beklagte seine ursprüngliche Forderung zurückgenommen, dass das Auktionshaus die Kaufgegenstände bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung in Verwahrung nimmt und sich mit einer Anzahlung von 10.000,00 € einverstanden erklärt, was die Entwicklungsgesellschaft in die Lage versetzte, ihren Geschäftsbetrieb ohne Unterbrechung weiter aufrechtzuerhalten. Auch der Schuldbeitritt des Klägers ist erst im Laufe der Verhandlungen, die sich über mehrere Stunden hinzogen, aufgenommen worden.

Ein Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der weiteren Umstände. Dabei kann dahinstehen, ob der Beklagte die einstweilige Verfügung vor dem Landgericht Berlin rechtmäßig erwirkt hat. Selbst wenn diese durch unrichtige Angaben zu den Besitzverhältnissen am Inventar erschlichen worden sein sollte, reichte dies - auch in Zusammenschau mit der aufgezeigten Drucksituation - für die Annahme einer Sittenwidrigkeit des Vergleiches i.S.d. § 138 BGB nicht aus. Der Kläger war der Situation als versierter Geschäftsmann nicht ausgeliefert, sondern ihm standen Rechtsmittel gegen die einstweilige Verfügung und damit Handlungsalternativen zur Verfügung. Da er bereits zum Zeitpunkt der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters anwaltlich vertreten war, war er auch in der Lage, sich über seine rechtlichen Möglichkeiten kurzfristig zu informieren. So hätte der Kläger als Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft seine Zustimmung zur Durchsuchung der Geschäftsräume durch den Gerichtsvollzieher verweigern können, mit der Folge, dass dieser die Durchsuchung nach § 758 ZPO nicht hätte durchführen können. Dass er den Gerichtsvollzieher zum Verlassen der Räumlichkeiten aufgefordert hat, ist nicht vorgetragen. In diesem Fall hätte auf Antrag des Beklagten eine richterliche Durchsuchungsanordnung erwirkt werden müssen, denn der Richtervorbehalt des § 758 a ZPO erstreckt sich auch auf Geschäftsräume (vgl. Zöller-Stöber, ZPO, § 758 a Rn. 4). Eine solche richterliche Durchsuchungsanordnung lag bei Zustellung der einstweiligen Verfügung nicht vor; vielmehr hatte das Landgericht Berlin den entsprechenden ergänzenden Antrag des Beklagten im einstweiligen Verfügungsverfahren zurückgewiesen. Durch ein solches Vorgehen hätte der Kläger jedenfalls ausreichend Zeit gewonnen, um Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung einzulegen oder Vollstreckungsschutzmaßnahmen zu beantragen. Soweit er darauf verweist, dass die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung gem. § 939 ZPO nur in Ausnahmefällen gegen Sicherheitsleistung zulässig ist, ist er der Darstellung der Beklagtenseite, dass eine solche Sicherheit nicht angeboten worden ist, nicht entgegengetreten.

Im Ergebnis erscheint deshalb unter Würdigung aller Gesamtumstände eine mit dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden nicht zu vereinbarende Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit des Klägers als Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft hier nicht gegeben.

Darüber hinaus fehlt es aber auch an einem nicht zu rechtfertigenden wirtschaftlichen Ungleichgewicht zugunsten des Beklagten, das dieser nach dem Vortrag des Klägers durch das Ausnutzen einer Zwangslage gegenüber der Entwicklungsgesellschaft erlangt haben soll. Dieses könnte sich manifestieren in einem übermäßigen Vorteil des Beklagten, auf den er nicht oder nicht in dieser Weise Anspruch hat, oder in einer die Entwicklungsgesellschaft erheblich belastenden Überforderung, woran es hier fehlt.

Dass der Beklagte mit dem Kaufpreis für die inventarisierten Gegenstände einen außergewöhnlichen Vorteil erhalten hätte, ist nicht erkennbar. Der Kläger behauptet nicht, dass der vom Auktionshaus ermittelte und von der Entwicklungsgesellschaft gezahlte Kaufpreis den tatsächlichen Wert der inventarisierten Gegenstände übersteigt. Ebenso wenig ist nachvollziehbar, dass die Entwicklungsgesellschaft mit der Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 29.000,00 €, zu dem sie durch den Vergleich bestimmt worden ist, krass überfordert worden wäre. Zwar befanden sich nach Darstellung des Klägers am 12.05.2004 nur etwa 640,00 € auf dem Konto der Entwicklungsgesellschaft, jedoch hat sie später die noch ausstehende Restforderung in Höhe von 19.000,00 € bezahlt, wie auch die Rechtsanwalts- und Gerichtsvollzieherkosten. Von einer langfristigen, die Existenz gefährdenden wirtschaftlichen Überforderung der Entwicklungsgesellschaft, wie sie etwa in den Fällen sittenwidriger Bürgschaften mittelloser Angehörige angenommen wird, kann deshalb vorliegend nicht ausgegangen werden.

Selbst wenn der Vergleich als sittenwidrig zu bewerten wäre, scheitert ein Anspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten aus § 812 BGB hinsichtlich der an die Entwicklungsgesellschaft gezahlten 29.000,00 € schließlich daran, dass die Leistung an den Beklagten nicht auf Kosten der Entwicklungsgesellschaft erfolgt ist. Dieses setzt voraus, dass dem Vermögensvorteil des Beklagten unmittelbar ein Vermögensnachteil der Entwicklungsgesellschaft als Entreicherten gegenüberstünde, dass also in ihrer Position eine wirtschaftliche Schlechterstellung eingetreten wäre. Eine solche ist hinsichtlich der von dem Kläger persönlich verauslagten 10.000,00 € bereits deshalb nicht erkennbar, weil der Beklagte bestritten hat, dass ihm die Entwicklungsgesellschaft diesen Betrag erstattet hat, ohne dass der Kläger insoweit Beweis angeboten hat. Er trägt jedoch für die seinen Anspruch tragenden Tatbestandsmerkmale die Beweislast. Aber auch hinsichtlich der von der Entwicklungsgesellschaft unmittelbar an den Beklagten geleisteten 19.000,00 € fehlt es an einem Vermögensnachteil der Entwicklungsgesellschaft, weil die Zahlung des Kaufpreises im Gegenzug für die Übereignung der inventarisierten Gegenstände erfolgte, von deren Werthaltigkeit, wie gezeigt, auszugehen ist. Diese Übereignung erfolgte rechtswirksam, insbesondere ist nach den Gesamtumständen nicht davon auszugehen, dass die Schuldnerin insoweit nicht verfügungsbefugt war. Denn in Ziffer 8 des Vergleichs hat der Kläger selbst als Geschäftsführer der Schuldnerin erklärt, dass die Schuldnerin Eigentümerin der zu übereignenden Gegenstände wäre. Auch im Prozess hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt, dass die Eigentumsverhältnisse andere waren, als im Vergleichstext bezeichnet. Zwar ist im Inventarverzeichnis des Auktionators B. die V. GmbH als Eigentümerin der hier maßgeblichen Gegenstände angegeben. Diese Angabe hat jedoch keinen Beweiswert, weil gleichzeitig ausdrücklich festgehalten worden ist, dass die Eigentumsverhältnisse nicht geprüft worden sind. Hinzu kommt, dass sich aus dem Vergleich vor dem Landgericht Neuruppin, Az.: 2 O 74/04, ergibt, dass die Computeranlage, die jedenfalls auch zu den inventarisierten Gegenständen gehörte, von der Schuldnerin geleast oder jedenfalls ihr zuzurechnen war. Anderenfalls hätte die damalige Vermieterin ein Vermieterpfandrecht insoweit nicht geltend machen können. Hinsichtlich der hier betroffenen Gegen-stände bietet der Kläger auch einen Beweis für seine Behauptung, Eigentümerin sei die V. GmbH gewesen, nicht an. Angaben in den Bilanzen, auf die sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung bezogen hat - die im Übrigen aber auch nicht vorliegen - reichen dazu nicht aus. Soweit er sich auf die schriftliche Erklärung der Frau S. (Anlage K 12) bezieht und sie als Zeugin für die Richtigkeit dieser Angaben benennt, bezieht sich dieser Beweisantritt nur auf die Gegenstände, die nach dem Inventarverzeichnis des Auktionators B. in ihrem Eigentum stehen. Diese sind aber von dem Vergleichsvertrag nicht betroffen. Damit ist der Kläger für seine Behauptung, die inventarisierten Gegenstände hätten im Eigentum der V. GmbH gestanden, beweisfällig geblieben. Standen sie aber im Eigentum der Schuldnerin, konnten sie durch diese mit Zustimmung des Beklagten der Entwicklungsgesellschaft übereignet werden. Der Entwicklungsgesellschaft ist entsprechend ein Vermögensnachteil nicht entstanden.

bb) Soweit der Kläger darüber hinaus die Erstattung der von der Entwicklungsgesellschaft gezahlten Rechtsanwaltskosten aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren und der Gerichtsvollzieherkosten verlangt, fehlt es für die Leistung dieser Beträge seitens der Entwicklungsgesellschaft ebenfalls nicht an einem Rechtsgrund. Gemäß Ziffer 11 des Vergleichs vom 12.05.2004 hatte sich die Entwicklungsgesellschaft zur Übernahme der gesamten Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens, d. h. der Anwalts- wie auch der Gerichtskosten verpflichtet. Dies entsprach der Kostenentscheidung in Ziffer 2 der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Berlin vom 22.04.2004, Az.: 8 O 178/04, gegen die kein Rechtsmittel eingelegt worden ist, so dass die Kostenentscheidung bestandskräftig geworden ist.

c) Ein Anspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten ergibt sich auch nicht aus §§ 826, 823 Abs. 2, 398 BGB i.V.m. §§ 240, 263, 253 StGB.

aa) Hinsichtlich des Kaufpreises für das Inventar in Höhe von 29.000,00 € scheitern Ansprüche aus unerlaubter Handlung bereits daran, dass ein Schaden der Entwicklungsgesellschaft durch den Abschluss des Vergleiches nicht eingetreten ist, nachdem der Kläger nicht dargetan hat, dass die übereigneten Gegenstände im Wert hinter dem gezahlten Kaufpreis zurückbleiben oder dass die Übereignung durch die Schuldnerin nicht wirksam erfolgt ist.

bb) Hinsichtlich der von der Entwicklungsgesellschaft gezahlten Rechtsanwalts- und Gerichtsvollzieherkosten aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren kann dahinstehen, ob der Vorwurf des Klägers berechtigt ist, das einstweilige Verfügungsverfahren sei mit falschen Angaben des Beklagten, der als Rechtskundiger offensichtlich nicht bestehende Ansprüche habe durchsetzen wollen, sittenwidrig und mit Schädigungsvorsatz geführt worden (vgl. dazu OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 566), woraus sich Ansprüche aus § 826 BGB ergeben könnten. Denn jedenfalls fehlt es insoweit an der für die Zuerkennung eines Anspruches erforderlichen haftungsbegründenden Kausalität. Selbst wenn der Beklagte die einstweilige Verfügung durch falsche Angaben erschlichen haben sollte, hat sich die Entwicklungsgesellschaft in dem Vergleich vom 12.05.2004 zur Tragung der Kosten aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren nochmals gesondert verpflichtet und damit einen selbständigen Schuldgrund geschaffen. Der Vergleich ist, wie gezeigt, auch wirksam. Die von der Entwicklungsgesellschaft zu tragenden Rechtsanwalts- und Gerichtsvollzieherkosten sind damit (auch ) Folge des Vergleichs und damit nicht mehr ursächlich auf das möglicherweise in sittenwidriger Weise geführte einstweilige Verfügungsverfahren zurückzuführen. Auch insoweit kann die Berufung des Klägers damit keinen Erfolg haben.

d) Soweit der Klägerin - hilfsweise - Ansprüche aus eigenem Recht herleitet, kann dahinstehen, ob eine dahingehende Berechtigung hier überhaupt in Betracht kommt, da auch insoweit etwaige denkbare Ansprüche aus den vorgenannten Gründen nicht bestehen.

e) Schließlich ist dem Landgericht auch kein Verfahrensfehler vorzuhalten. Dass es auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 30.04.2008 die mündliche Verhandlung nicht gem. § 156 ZPO wiedereröffnet hat, ist nicht zu beanstanden. Gem. § 296 a ZPO hat das Gericht grundsätzlich Angriffsmittel, die nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden, nicht mehr zu berücksichtigen. Entsprechend können sie auch nicht in jedem Falle einen Grund zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bieten. Im Übrigen steht die Wiedereröffnung, solange - wie hier - kein zwingender Grund i.S.d. § 156 Abs. 2 ZPO vorliegt - gem. § 156 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Gerichts. Dass ein Absehen von der Wiedereröffnung ermessensfehlerhaft gewesen wäre, ist auch unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrages nicht erkennbar. Schließlich fehlen auch Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht, wie der Kläger rügt, sein Vorbringen im Schriftsatz vom 21.04.2008 wie auch in der mündlichen Verhandlung unberücksichtigt gelassen hätte.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 2 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 32.450,00 €

Ende der Entscheidung

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