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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.04.2007
Aktenzeichen: 12 U 136/06
Rechtsgebiete: BGB, StVG, DÜG, ZPO, PflVG, AuslandpflichtversicherungsG, StVO


Vorschriften:

BGB § 254
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
StVG § 7
StVG § 7 Abs. 1
StVG § 9
StVG § 17 Abs. 1
StVG § 17 Abs. 3
DÜG § 1
ZPO § 511
ZPO § 513
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 4
ZPO § 546
PflVG § 3 Nr. 1
AuslandpflichtversicherungsG § 6 Abs. 1
StVO § 3
StVO § 3 Abs. 1
StVO § 15
StVO § 15 Satz 1
StVO § 15 Satz 2
StVO § 15 Satz 3
StVO § 17 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 136/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 19.04.2007

Verkündet am 19.04.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 08.03.2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski, den Richter am Oberlandesgericht Beckmann und den Richter am Oberlandesgericht van den Bosch

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 8. Juni 2006 verkündete Grundurteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam, Az.: 2 O 244/03, teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 27.977,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 22. Mai 2003 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 37 % und der Beklagte 63 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Zahlung von Schadensersatz auf Grund eines Verkehrsunfalls vom 04.11.2002 um 2.22 Uhr auf der A2 zwischen Magdeburg und dem Autobahndreieck Werder in Fahrtrichtung Werder, bei dem der Lkw der Klägerin dem bereits zuvor aufgrund Schneeglätte verunglückten, über den Beklagten versicherten Fahrzeug auswich und dabei ins Schleudern geriet, mit der Mittelleitplanke kollidierte und schließlich umstürzte. Der über den Beklagten versicherte polnische Transporter war zuvor ebenfalls umgestürzt und lag infolge einer Kollision mit einem weiteren Lkw mit dem Unterboden in Richtung des Lkw der Klägerin. Die Parteien streiten in erster Linie über die vom Landgericht ausgeworfene Haftungsquote, insbesondere darüber, inwieweit dem Fahrer des klägerischen Lkw eine Geschwindigkeitsüberschreitung anzulasten ist und ob die Unfallstelle seitens des Fahrers des polnischen Transporters hinreichend abgesichert worden ist bzw. welche Auswirkungen die nicht hinreichende Absicherung auf die Haftungsquote hat.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Dieser ist dahin zu ergänzen, dass der Klägerin unstreitig infolge des Unfalles ein Schaden von jedenfalls 46.628,51 € entstanden ist. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen auf Seite 4 der Klageschrift (Bl. 4 d. A.) sowie auf die Richtigstellungen auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 11.08.2003 (Bl. 82 d. A.) verwiesen. Darüber hinaus macht die Klägerin von ihr an den Havariekommissar N.. als Bestandteil von dessen Rechnung vom 03.02.2003 gezahlte Mahnkosten von 10 € geltend und behauptet ferner für den Einsatz eines Ersatz-Lkw seien ihr - unter anderem - Kosten in Höhe von 113,79 € netto entstanden. Weiter hat die Klägerin die Ansicht vertreten, wegen der Beschädigung von Trägerfahrzeug, Hänger und Wechselbrücken, Mietkosten für diese Geräte für einen Monat in Höhe von insgesamt 1.863,50 € geltend machen zu können. Schließlich hat die Klägerin behauptet, bei dem Unfall sei es zu einem Totalverlust einer Sendung gekommen, für die sie an die A... L... (Deutschland) GmbH Schadensersatz in Höhe von 1.439,85 € geleistet habe.

Mit am 08.06.2006 verkündeten Grundurteil hat das Landgericht den Klageantrag dem Grunde nach in Höhe eines Anteils von 37,5 % unter Klageabweisung im Übrigen für gerechtfertigt erklärt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Beklagte sei der Klägerin aus §§ 823 Abs. 1, 254 Abs. 1 BGB, 7 Abs. 1, 9 StVG zum Ersatz von 30 % des bei dem Verkehrsunfall entstandenen Schadens verpflichtet, wobei bei dem Urteilsausspruch zu berücksichtigen gewesen sei, dass lediglich 80 % des Schadens von der Klägerin geltend gemacht worden seien. Der Beklagte habe den ihm obliegenden Beweis für eine ordnungsgemäße Absicherung der Unfallstelle nicht führen können. Kein Zeuge habe bestätigen können, dass ein Warndreieck in der vorgeschriebenen Entfernung von 100 Metern vor dem liegen gebliebenen Fahrzeug aufgestellt worden sei. Angesichts der gegenteiligen Aussage der Polizeibeamten Sch... und F... sei auch nicht den Angaben des Zeugen Z... zu folgen, er habe die Unfallstelle bereits durch Pylone mit Blitzleuchten abgesichert gehabt. Schließlich hätten sowohl die Polizeibeamten als auch der Zeuge Z... bestätigt, dass der polnische Transporter nicht beleuchtet gewesen sei. Auf der anderen Seite habe der Fahrer des klägerischen Fahrzeuges ebenfalls zur Unfallverursachung beigetragen. Er habe fahrlässig den polnischen Transporter zu spät gesehen, obwohl er bei aufmerksamer Beobachtung des vor ihm liegenden Straßenraumes jedenfalls die von der Polizei bereit gestellte Sicherungstechnik habe bemerken und sein weiteres Fahrverhalten darauf habe einstellen müssen. Aufgrund der Zeugenaussagen stehe fest, dass die Polizeibeamten jedenfalls damit beschäftigt gewesen seien von der gegenüberliegenden Straßenseite Sicherungstechnik zu dem verunfallten polnischen Transporter zu schaffen. So habe selbst der Fahrer des klägerischen Lkws bestätigt, dass er am linken Fahrbahnrand Lichter wahrgenommen habe. Der Fahrer des klägerischen Fahrzeuges habe unter diesen Umständen nicht mit unverminderter Geschwindigkeit weiter fahren dürfen, sodass das von ihm dann vorgenommene Ausweichmanöver maßgeblich auf die unaufmerksame und zu schnelle Fahrweise des klägerischen Lkw zurückzuführen sei. Zu berücksichtigen seien insoweit auch die schlechten Wetterverhältnisse und die durch den Fahrtenschreiber belegte Geschwindigkeitsüberschreitung von 17 Stundenkilometern. Wegen der Begründung im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 12.06.2006 zugestellte Grundurteil mit am 07.07.2006 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel innerhalb verlängerter Frist mit am 14.09.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin bezieht sich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag einschließlich der Beweisantritte. Sie wendet sich gegen die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung und die daraus folgende Haftungsquote. So sei dem Fahrer bzw. den Insassen des polnischen Transporters vorzuwerfen, dass keine weiteren Sicherungsmaßnahmen ergriffen worden seien, obwohl alle Personen zum Unfallzeitpunkt das Fahrzeug bereits verlassen hatten. Auch gehe das Landgericht zu Unrecht davon aus, dass der unbeleuchtete, ungesicherte sowie quer zur Fahrbahn liegende Transporter bereits aus einer Entfernung von 1.300 Metern habe wahrgenommen werden können. Es könne vielmehr nicht davon ausgegangen werden, dass der Fahrer ihres Lkws den polnischen Transporter zu spät bemerkt habe. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass der Fahrer die von der Polizei bereitgestellte Sicherungstechnik habe bemerken können und sein weiteres Verhalten habe darauf einstellen müssen. Ohnehin seien die Aussagen der Zeugen Sch... und F... zum Stand der Absicherung widersprüchlich. Es stehe nicht fest, dass in einem Umfang Sicherungstechnik vorhanden gewesen sei, um die Aufmerksamkeit des Fahrers ihres Lkws gezielt auf einen Unfall auf seiner Fahrbahn hinzulenken. Vielmehr sei der Fahrer von dem liegen gebliebenen Transporter abgelenkt worden. Auch sei ihr Vortrag nicht widerlegt, nach den Umständen der Geschehnisse könne die Antriebsachse ihres Fahrzeuges nach dem Umstürzen durchgedreht und so die auf dem Fahrtenschreiber festgehaltene Geschwindigkeit von 97 km/h verursacht haben.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 41.401,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes hieraus seit dem 15.01.2003 zu zahlen,

den Beklagten zu verurteilen, weitere 1.863,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

den Beklagten zu verurteilen, weitere 1.439,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise:

festzustellen, dass die Klage gegen den Beklagten in Höhe von weiteren 42,5 %, mithin zu 80 %, dem Grunde nach gerechtfertigt ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte wiederholt ebenfalls seinen erstinstanzlichen Vortrag nebst Beweisantritten und macht sich die Urteilsbegründung des Landgerichts zu Eigen, soweit sie ihm günstig ist. Er hält die Hauptanträge der Berufung bereits für unzulässig und ist der Auffassung, das Berufungsgericht habe nur eingeschränkt die landgerichtliche Beweiswürdigung zu überprüfen. Der Beklagte sieht einen der Klägerin anzulastenden Verstoß darin, dass der Fahrer ihres Lkw trotz der wahrgenommenen Lichtzeichen seine Geschwindigkeit nicht verringert habe, sondern mit überhöhter Geschwindigkeit weiter gefahren sei. Insoweit sei im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme davon auszugehen, dass jedenfalls drei Pylone mit Blink- bzw. mit Blitzlichtern zum Unfallzeitpunkt im Bereich der Mittelleitplanke eingeschaltet gewesen seien.

II.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Die Klägerin stützt ihr Rechtsmittel unter anderem darauf, das Landgericht sei im Rahmen der Beweiswürdigung zu Unrecht insbesondere den Angaben des Polizeibeamten Sch... gefolgt, obwohl diese im Widerspruch zu den Ausführungen seines Kollegen F... gestanden hätten. Die Klägerin rügt damit eine Rechtsverletzung im Sinne der §§ 513, 546 ZPO, auf der das Urteil beruhen kann. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist auch nach der Neufassung des Berufungsrechtes durch das Gesetz zur Reform der Zivilprozesses vom 27.07.2001 eine Beweiswürdigung vom Rechtsmittelgericht darauf zu überprüfen ist, ob das zutreffende Ergebnis gefunden worden ist (BGH NJW 2005, Seite 1583).

Zutreffend hat sich die Klägerin bei der Antragstellung auch nicht auf den Anspruchsgrund beschränkt, sondern umfassende Sachanträge gestellt. Dies war vorliegend schon deshalb erforderlich, da der Senat an einer auf den Anspruchsgrund beschränkten Überprüfung schon deshalb gehindert war, weil keine Partei den für eine Zurückverweisung des Rechtsstreits nach Maßgabe des § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO erforderlichen Antrag gestellt hat (vgl. hierzu BGH MDR 2004, S. 1429).

2. In der Sache hat das Rechtsmittel nur teilweise Erfolg. Die Klägerin kann von dem Beklagten aufgrund des Verkehrsunfalls vom 04.11.2002 aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 StVG, 3 Nr. 1 PflVG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (Auslandpflichtversicherungsgesetz) die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 27.977,11 € verlangen, wobei für das Unfallgeschehen auf die Rechtslage nach Inkrafttreten des 2. Gesetzes zur Änderung schadensersatz rechtlicher Vorschriften vom 19.07.2002 mit Wirkung zum 01.08.2002 abzustellen ist, da sich der Unfall nach der Gesetzesänderung ereignet hat.

Der Anwendungsbereich des § 7 StVG ist eröffnet. Der Unfall des klägerischen Fahrzeuges ereignete sich beim Betrieb des polnischen Transporters, auch wenn das Fahrzeug im Unfallzeitpunkt nicht mehr fortbewegt wurde. Die Gefährdungshaftung des § 7 StVG greift ein, wenn sich die dem Kfz-Betrieb typisch innewohnende Gefährlichkeit adäquat verwirklicht hat, sich also die von einem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren bei der Schadensentstehung ausgewirkt haben (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 38. Auflage, § 7 StVG, Rn. 4). Es genügt dabei ein zeitlich und örtlich ursächlicher Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung eines Kraftfahrzeuges, der bei einem verunfallten Fahrzeug solange anzunehmen ist, wie eine durch den Betrieb des Kfz verursachte Gefahrenlage fortbesteht, mithin im Regelfall solange es im Verkehrsraum verbleibt (BGH NJW 1982, Seite 2669; Hentschel, a. a. O., Rn. 8). Dies ist vorliegend der Fall. Die von dem umgestürzten Transporter weiterhin ausgehende Betriebsgefahr hat zu dem - missglückten - Ausweichversuch des Fahrers des klägerischen Lkw geführt.

Der Beklagte haftet der Klägerin für die ihr entstandenen Schäden in Höhe von 60 %. Beide Parteien tragen keine Tatsachen vor, aus denen sich das Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG ergeben könnte. Zutreffend hat das Landgericht daher eine Abwägung der Verursachungsbeiträge gemäß § 17 Abs. 1 StVG vorgenommen, wobei zu Lasten jeder Partei jeweils nur nachgewiesene Verkehrsverstöße zu berücksichtigen sind, die dann zur Erhöhung der Verursachungsbeiträge bzw. der Betriebsgefahren führen (BGH VersR 1967, S. 132; KG NZV 2002, S. 230 m. w. N.).

Zum Nachteil des Beklagten sind dabei zunächst Verstöße des Fahrers des polnischen Transporters gegen § 15 Satz 1 StVO sowie gegen § 15 Satz 3 StVO in Verbindung mit § 17 Abs. 4 StVO zu berücksichtigen. Die Klägerin hat vorgetragen, dass der polnische Transporter weder das Warnblinklicht eingeschaltet hatte noch sonst beleuchtet war, ohne dass dies vom Beklagten in Abrede gestellt worden ist. Der Beklagte hat auch nicht behauptet, dass infolge des vorangegangenen Unfalls die Elektrik des Transporters ausgefallen war, wogegen im Übrigen auch die Aussage des Zeugen H... Z... spricht, der im Rahmen seiner Vernehmung durch das Landgericht ausgeführt hat, dass einer der anwesenden Polizisten die Zündung des Transporters betätigt habe, worauf dessen Licht angegangen sei. Weiterhin ist dem Beklagten ein Verstoß des Fahrers des Transporters gegen § 15 Satz 2 StVO anzulasten. Im Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senates fest, dass der Fahrer des Transporters - der Zeuge M... J... - ein Warndreieck nicht aufgestellt hat. Sowohl der im Unfallzeitpunkt bereits anwesende Polizeibeamte U... Sch... als auch der Fahrer des Lkw der Klägerin S... Schn... und dessen Mitfahrerin T... Sp... haben ausdrücklich bestätigt, dass die Unfallstelle nicht durch ein Warndreieck abgesichert gewesen ist. Gleiches ergibt sich aus den Bekundungen des Zeugen Z..., der selbst die Unfallstelle - durch Aufstellen von Pylonen - abgesichert haben will. Der Senat hält die jeweils sehr detaillierten Bekundungen der vier Zeugen jedenfalls in diesem Punkt für glaubhaft. So hat der Zeuge Sch... als Unbeteiligter bereits keinerlei Veranlassung zu einer unrichtigen Darstellung der Ereignisse. Auch die übrigen Zeugen, die zwar in den Unfall mehr oder weniger verwickelt waren - der Zeuge Z... durch seine vorangegangene Kollision mit dem bereits verunfallten polnischen Transporter -, haben kein wirtschaftliches Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreits, zumal der Zeuge Schn... bei der Klägerin nicht mehr beschäftigt ist. Die nach Angaben des Beklagten entgegenstehende Schilderung des Fahrers des Transporters J... in der - zwischenzeitlich vernichteten - polizeilichen Ermittlungsakte ist nicht geeignet, ein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Da es insoweit um ein Versäumnis des Zeugen bei der Absicherung geht, ist es denkbar und nicht unwahrscheinlich, dass der Zeuge unzutreffende Angaben gemacht hat, um sein Fehlverhalten nicht einräumen zu müssen. Der Beklagte hat auch nicht behauptet, dass dem Fahrer des Transporters das Aufstellen des Warndreiecks nicht möglich gewesen ist. Dies ist aufgrund der unstreitigen Unfallumstände auch nicht anzunehmen. Der Transporter war ausweislich der polizeilichen Unfallaufnahme bereits um ca. 2.00 Uhr verunglückt, während der Unfall des Lkws der Klägerin erst um 2.22 Uhr stattfand. Auch ist nicht vorgetragen, dass der Fahrer des Transporters verletzt gewesen ist und Sicherungsmaßnahmen nicht hätte ergreifen können. Vielmehr beruft sich der Beklagte darauf, dass der Fahrer versucht habe, den nachfolgenden Verkehr anzuhalten bzw. mittels Lichtzeichen zu warnen. Eine Absicherung der Unfallstelle mittels Warndreieck war schließlich auch nicht unnötig. Zwar hat der Zeuge Z... bekundet, er habe eine Absicherung der Unfallstelle vor der Kollision des Lkw der Klägerin mit der Mittelleitplanke durch das Aufstellen von Pylonen vorgenommen. Die Beklagte hat sich diese Bekundungen des Zeugen jedoch nicht zu eigen gemacht. Auch folgt der Senat insoweit der Beweiswürdigung des Landgerichtes, dass den Bekundungen des Zeugen Z... keine höhere Glaubhaftigkeit als den Aussagen der Zeugen Sch... und des weiteren Polizeibeamten G... F... beigemessen hat, sodass insoweit der Nachweis der Unterbrechung des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Verstoß gegen § 15 Satz 2 StVO und dem Unfall des Lkw der Klägerin von der Beklagten ohnehin nicht geführt wäre.

Weiterhin ist dem Fahrer des polnischen Transporters ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 StVO anzulasten. Gerät jemand auf eis- oder schneeglatter Straße ins Schleudern und verunfallt, so spricht der Beweis der ersten Anscheins dafür, dass er mit unangepasster Geschwindigkeit gefahren ist (BGH VersR 1963, S. 585; OLG Hamm NZV 1998, S. 115; Hentschel, a. a. O., § 3 StVO, Rn. 66 m. w. N.). Dies ist vorliegend der Fall. Der Beklagte hat eingeräumt, dass der Transporter ins Schlingern geriet, während er wegen eines stärker werdenden Schneetreibens versuchte, seine Geschwindigkeit zu verringern. Hieraus ergibt sich zugleich, dass der Transporter zuvor mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren ist. Diese Einschätzung wird zudem gestützt durch die Angaben des Zeugen Sch..., der bestätigt hat, dass es an der Unfallstelle glatt gewesen ist. Schließlich ist durch den Verstoß gegen § 3 Abs. 1 StVO eine gefährliche Lage in Form eines Hindernisses auf der Autobahn geschaffen worden, die bis zum Unfall des Lkws der Klägerin fortwirkte und sich in diesem realisiert hat (vgl. hierzu auch BGHZ 43, Seite 178 ff.; OLG Nürnberg Versicherungsrecht 1971, Seite 481).

Zu Lasten der Klägerin ist ebenfall ein Verstoß gegen § 3 StVO anzunehmen. Der Senat hält dabei mit dem Landgericht eine Geschwindigkeit des Lkw der Klägerin von 97 km/h aufgrund der Auswertung des Fahrtenschreibers für nachgewiesen. Zwar ist es denkbar, dass bei einem umgestürzten Fahrzeug infolge des Wegfalls des Rollwiderstandes die Räder schneller drehen und hierdurch auch der Fahrtenschreiber eine erhöhte Geschwindigkeit aufzeichnet. Die von der Klägerin hierzu benannten Zeugen konnten jedoch ihren diesbezüglichen Vortrag nicht bestätigen. Der Zeuge Schn... hat angegeben, er wisse nicht, ob sich die Räder schneller gedreht hätten. Auch die Zeugin Sp... konnte die Behauptung der Klägerin nicht bestätigen. Im Übrigen hat der Zeuge Schn... eine Geschwindigkeitsüberschreitung selbst eingeräumt. Der Zeuge hat bekundet, mit einer Geschwindigkeit von 88/89 km/h gefahren zu sein und den Tempomat auf 89 Stundenkilometer eingestellt zu haben. Bereits bei 88 km/h wäre jedoch eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 8 km/h gegeben. Hinzu kommt, dass es an der Unfallstelle schneeglatt war, sodass die Höchstgeschwindigkeit nicht hätte ausgenutzt werden dürfen. Des Weiteren darf auch auf der Autobahn nur so gefahren werden, dass auf unbeleuchtete Hindernisse (wie liegen gebliebene Fahrzeuge) auf der Fahrbahn, mit denen zu rechnen ist, reagiert werden kann (Hentschel, a. a. O., § 3 StVO, Rn. 27 und § 18 StVO, Rn. 19). Wiederum spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass derjenige, der bei Dunkelheit auf ein verunfalltes Fahrzeug auffährt, zu schnell gefahren ist oder zu spät reagiert hat (Hentschel, a. a. O., § 3, Rn. 32). Entsprechendes gilt im vorliegenden Fall, auch wenn der Lkw der Klägerin nicht auf den Transporter aufgefahren ist. Denn der Zeuge Schn... hätte so fahren müssen, dass er nicht zu einem Ausweichmanöver gezwungen gewesen wäre, welches dann mit einem Kontrollverlust und dem Unfall endete. Dabei kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, der Zeuge Schn... sei durch die Lichtsignale von der Unfallstelle abgelenkt worden. Sowohl der Zeuge Schn... als auch die Zeugin Sp... haben bestätigt, dass sie zwar ein Licht wahrgenommen haben, dieses aber nicht so stark gewesen sei, dass es sie ernsthaft geblendet hätte. Hieraus ergibt sich jedoch zugleich, dass der Zeuge Schn... die gezielten Lichtsignale ihm gegenüber als Warnzeichen hätte registrieren und jedenfalls durch eine Reduzierung der Geschwindigkeit reagieren müssen, selbst wenn er die genaue Gefahrenstelle nicht ausmachen konnte.

Im Ergebnis der Abwägung der Verursachungsbeiträge hält der Senat eine Haftungsverteilung von 40 % zu 60 % zu Lasten des Beklagten für geboten. Zu berücksichtigen war insoweit, dass beiden Seiten eine Geschwindigkeitsüberschreitung vorzuwerfen ist, zusätzlich der Beklagtenseite aber die Bereitung des den Folgeunfall erst verursachenden Hindernisses und die unzureichende Absicherung der Unfallstelle anzulasten ist, mithin der überwiegende Teil der Haftung vom Beklagten zu tragen ist. Andererseits ist jedoch auch die der Klägerseite vorzuwerfende Geschwindigkeitsüberschreitung gerade im Hinblick auf das Fehlen einer Verringerung der Geschwindigkeit trotz der wahrgenommen Warnzeichen in erheblichen Umfang mit zu berücksichtigen.

Der Klägerin ist ein Schaden von 46.628,51 € entstanden, sodass sich angesichts der Mithaftungsquote von 40 % ein Schadensersatzanspruch von 27.977,11 € errechnet. Der Beklagte ist der Schadensberechnung in der Klageschrift über einen Betrag von 46.752,30 € nachdem die Klägerin ihre Ausführungen mit Schriftsatz vom 11.08.2003 teilweise richtig gestellt hat, nur noch hinsichtlich geforderter Mahnkosten des Havariekommissars N... in Höhe von 10,00 € sowie der Position Anmietung eines Ersatz-Lkw über 113,79 € entgegengetreten. Wegen dieser Positionen ist ein Ersatzanspruch der Klägerin auch nicht gegeben. Hinsichtlich der vom Havariekommissar in Rechnung gestellten Mahnkosten von 10,00 € ist ein Verstoß der Klägerin gegen ihre Schadensminderungsobliegenheit gegeben, weil sie die Rechnung nicht rechtzeitig ausgeglichen hat, § 254 BGB. Die Klägerin hat insbesondere nicht dargetan, dass ihr eine rechtzeitige Zahlung mangels zur Verfügung stehender Mittel nicht möglich gewesen wäre. Bezüglich der behaupteten Anmietung eines Ersatz-Lkw laut Rechnung vom 26.11.2002 über netto 113,79 € hat der Beklagte das Fehlen eines entsprechenden Nachweises beanstandet. Gleichwohl hat die Klägerin diese Position nicht weiter belegt oder sonst nachgewiesen. Bei dem vorgelegten Beleg, der einen Nettobetrag von 132 € ausweist, handelt es sich um eine von der Klägerin selbst ausgestellte und nicht streitgegenständliche Abrechnung über den Arbeitsaufwand zur Entsorgung (Beräumung der Wechselbrücken).

Auch hinsichtlich der klageerweiternd geltend gemachten Schadenspositionen kann die Klägerin eine Erstattung nicht verlangen. Soweit die Klägerin einen Nutzungsausfallschaden von 1.863,50 € anhand von Mietrechnungen betreffend die Anmietung eines Trägerfahrzeuges, eines Hängers und von Wechselbrücken mit der Begründung geltend macht, die Wiederbeschaffung der zerstörten Gegenstände habe mindestens einen Monat in Anspruch genommen, verkennt sie, dass bei einem gewerblich genutzten Kraftfahrzeug der Schaden nach dem entgangenen Gewinn, den Vorhaltekosten für ein Reservekraftfahrzeug oder der tatsächlich durchgeführten Anmietung zu berechnen ist (Palandt-Heinrichs, BGB, Kommentar, 66. Aufl., Vorbemerkung vor § 249, Rn. 24). Nicht abzustellen ist hingegen auf die - nach den Angaben der Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz vom 29.03.2007 hier vorliegenden - weiter laufenden Kosten einer bereits zuvor erfolgten Anmietung, die der Klägerin ohnehin entstanden wären.

Soweit die Klägerin schließlich einen Betrag von 1.439,85 € wegen einer entsprechenden Inanspruchnahme durch die A... L... (Deutschland) GmbH infolge des Totalverlust einer Sendung, die sich in dem Unfallfahrzeug befunden haben soll, geltend macht, fehlt es am Nachweis eines entsprechenden Schadens. Die Klägerin hat sich insoweit auf die Ausführungen zur Schadensermittlung des Havariekommissars N... bezogen und mit dem nachgelassenen Schriftsatz vom 29.03.2007 das Havariegutachten vom 03.12.2002 zu den Akten gereicht. Eine Beschädigung der im Schreiben der Deutschen Bahn vom 17.12.2002 aufgeführten Gegenstände ergibt sich aus dem Gutachten jedoch nicht. Auch ist dem Gutachten nicht zu entnehmen, dass die komplette Ladung des Lastzuges der Klägerin zerstört worden ist. Vielmehr hat der Havariekommissar festgehalten, dass ein Teil der auf den Anhänger verstauten Ladungsteile zwecks Überprüfung erst an die jeweiligen Versender zurückgeschickt worden sei. Ein weitergehender Beweisantritt der Klägerin ist nicht erfolgt.

Aus den vorgenannten Gründen besteht ein weitergehender Anspruch aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, 3, 15 StVO, 3 Nr. 1 PflVG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Auslandpflichtversicherungsgesetz nicht.

Eine Schriftsatzfrist war dem Beklagten nicht einzuräumen. Einer Stellungnahme zu den Ausführungen der Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz vom 29.03.2007 bedurfte es schon deshalb nicht, weil auch hiernach die klageerweiternd geltend gemachten Schadenspositionen nicht zu berücksichtigen waren. Auch im Übrigen ist das rechtliche Gehör des Beklagten durch die Entscheidung des Senates auch zur Höhe des Anspruchs nicht verkürzt, da lediglich Schadenspositionen zugesprochen worden sind, die vom Beklagten nicht (mehr) in Abrede gestellt worden sind.

Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz kann die Klägerin aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB ab dem 22.05.2003 verlangen, da sich der Beklagte ab diesem Tage aufgrund der Mahnung der Klägerin vom 06.05.2003 mit Fristsetzung zum 21.05.2003 in Verzug befand. Ein weitergehender Zinsanspruch besteht nicht. Die Klägerin hat nicht dargetan, den Beklagten vor diesem Zeitpunkt in Verzug gesetzt zu haben. Die Schreiben der Klägerseite vom 27.12.2002 sowie vom 19.02. und 12.03.2003 schlüsseln die begehrte Forderung lediglich auf.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 S. 1, 2 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchstgerichtlichen oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 44.705,19 € festgesetzt, § 47 Abs. 1 GKG.

Wert der Beschwer für die Klägerin: 16.728,08 €;

Wert der Beschwer für den Beklagten: 27.977,11 €.

Ende der Entscheidung

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