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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 21.12.2006
Aktenzeichen: 12 U 160/05
Rechtsgebiete: ZPO, VOB/B


Vorschriften:

ZPO § 511
ZPO § 513
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 513
ZPO § 546
VOB/B § 16
VOB/B § 631 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 160/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 21.12.2006

Verkündet am 21.12.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 07.12.2006 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski, den Richter am Oberlandesgericht van den Bosch und die Richterin am Landgericht Dr. Scheiper

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. September 2005 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 11 O 248/02, teilweise abgeändert.

Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin 7.506,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.05.2002 als Gesamtschuldner zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Klägerin vorab die Mehrkosten zu tragen, die durch die Einreichung der Klage beim örtlich unzuständigen Landgericht Berlin entstanden sind. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin zu 60 % und die Beklagten zu 40 % zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Die Beklagten stützen ihr Rechtsmittel darauf, das Landgericht habe zwar ausweislich der Entscheidungsgründe bei der Bezifferung ihres Gegenanspruchs hinsichtlich der Entfernung von Elektroleitungen unterhalb des Estrichs der Kostenschätzung des Sachverständigen K... folgen wollen, tatsächlich jedoch nur einen Teil der vom Sachverständigen benannten Kosten berücksichtigt und daher einen um 2.670,00 € zu geringen Betrag angesetzt. Die Beklagten rügen damit eine unrichtige Beweiswürdigung und somit einen Rechtsfehler im Sinne von §§ 513, 546 ZPO, auf dem das Urteil beruhen kann. Unschädlich ist, dass die Berufungsbegründung ebenfalls die zu berücksichtigenden Positionen nicht vollständig aufzählt und auch in einer Passage irrtümlich angibt, die erforderlichen Arbeiten beträfen lediglich ein Sechstel (statt ein Fünftel) der Wohnfläche. Da sich die Beklagten zugleich ausdrücklich auf die Ausführungen des Sachverständigen K... bezogen und die von diesem ermittelten Gesamtkosten von 100,00 €/m² angegeben haben, sowie ferner in der Berufungsbegründung die betroffene Fläche der Fußböden anhand der Vorgaben des Sachverständigen rechnerisch richtig unter Angabe des zutreffenden Prozentsatzes aufgeführt ist, ist eine eindeutig Bestimmung des Umfanges und der Begründung des Rechtsmittels gewährleistet.

2. Auch in der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten auf Zahlung restlichen Werklohns besteht lediglich in Höhe von 7.506,80 € aus §§ 631 Abs. 1, 16 VOB/B in Verbindung mit dem Werkvertrag vom 09.11.2000, in den die Regelungen der VOB/B durch die entsprechende Bezugnahme in § 3 Nr. 2 des Vertrages wirksam einbezogen worden sind, da der Text der VOB/B den Beklagten bei Vertragsschluss ausgehändigt worden ist (vgl. hierzu Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Aufl., Rn. 1012). Der in der Berufungsinstanz nicht mehr in Streit stehenden Werklohnforderung der Klägerin von 18.759,30 ist über die vom Landgericht berücksichtigten Gegenforderungen in Höhe von 8.582,50 € hinaus ein weiterer Betrag von 2.670,00 € gegenzurechnen.

In Höhe des Betrages von (weiteren) 2.670,00 € besteht der im Schriftsatz vom 21.10.2002 geltend gemachte Anspruch der Beklagten auf Zahlung eines Kostenvorschusses zur Beseitigung der unter dem Estrich verlegten Elektroleitungen aus §§ 8 Nr. 3 Abs. 2, Abs. 1, 4 Nr. 7 VOB/B. Die Leistung der Klägerin ist insoweit mangelhaft. Die Klägerin schuldete die Verlegung der Elektroleitungen in Leerrohren in den Wänden des Hauses der Beklagten bereits aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag, sodass es nicht darauf ankommt, dass die im Zeitpunkt der Durchführung der Arbeiten zu beachtenden Regeln der Technik sowohl nach Ansicht des Sachverständigen K... in seinem Gutachten vom 27.01.2004 als auch des von den Beklagten herangezogenen Sachverständigen S... in seinem Gutachten vom 18.08.2005 eine Verlegung der Leitungen in Leerrohren nicht erforderten. Dabei kann dahinstehen, ob eine Verlegung in Leerohren in der in den Vertrag einbezogenen Bau- und Leistungsbeschreibung, die die Klägerin entgegen ihrer Ankündigung nicht zu den Akten gereicht hat, nicht enthalten war. Eine entsprechende Konkretisierung der Leistung ist nämlich jedenfalls durch das Protokoll der Endbesprechung vom 12.07.2001 erfolgt, in dem ausdrücklich eine werkseitige Verlegung der Elektroleitungen in Leerrohren festgehalten ist. Dem steht nicht entgegen, dass zu Beginn des Protokolls festgestellt wird, dass dieses kein Vertragsbestandteil ist. Diese Ausführung bezieht sich nämlich ersichtlich allein auf die dem Protokoll aufgeführten Zusatzvereinbarungen, die einer entsprechenden Beauftragung bedürfen. Die Verlegung der Leitungen in Leerrohren war jedoch nicht Gegenstand einer Zusatzvereinbarung, sondern von der Klägerin vorgegeben und ist von den Beklagten in der Verhandlung akzeptiert worden, sodass diese Art der Ausführung entsprechend dem übereinstimmenden Willen der Parteien in diesem Zeitpunkt Gegenstand des zwischen ihnen bestehenden Vertrages geworden ist. Schließlich ergibt sich die vertragliche Absprache zwischen den Parteien auch aus der von der Architektin Kl... gefertigten Baubeschreibung.

Die weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs aus §§ 8 Nr. 3 Abs. 2, Abs. 1, 4 Nr. 7 VOB/B liegen ebenfalls vor. Der Mangel ist bereits vor Abnahme erkannt worden - jedenfalls hat die Klägerin weder eine Gesamtabnahme der Leistungen noch die von ihr behauptete Abnahme der Elektrofeininstallation vom 11.12.2001 nachgewiesen. Die Beklagten haben des Weiteren mit Schreiben vom 18.12.2001 unter anderem wegen des Mangels an den Elektroleitungen der Klägerin eine Frist zur Mangelbeseitigung sowie eine Nachfrist unter Androhung des Auftragsentzuges gesetzt und schließlich mit Schreiben vom 22.01.2002, das trotz missverständlicher Formulierung den Willen der Beklagten zu einer Kündigung hinreichend erkennen lässt, der Klägerin den Auftrag insoweit entzogen.

Auch im Hinblick auf die Höhe des Anspruchs folgt der Senat der Berufung und den Ausführungen des Sachverständigen K..., der nachvollziehbar und überzeugend den von ihm angegebenen Quadratmeterpreis für das Entfernen der Elektroleitungen von 100 € dahingehend differenziert hat, dass sich die Kosten für das Öffnen des Estrichs auf 13,00 €/ m², für die Fliesen auf 50,00 €/m², für den neuen Estrich auf 34,00 €/ m², für Dämmstoffe auf 1,00 €/m² und für Folie auf 2,00 €/m² belaufen. Auch die Klägerin ist diesen Ausführungen ebenso wenig entgegengetreten, wie sie die Angaben des Sachverständigen in Zweifel gezogen hat, betroffen sei ein Bereich von 1/5 der Gesamtfläche von 153 m². Damit errechnet sich ein Gesamtbetrag von 3.060,00 €, von dem der vom Landgericht bereits berücksichtigte Betrag von 390,00 € abzuziehen ist, sodass die geltend gemachte Position von 2.670,00 € verbleibt.

Nicht von der Forderung der Beklagten abzusetzen ist der Betrag von 1.200,00 € netto, den das Landgericht für die Neuverlegung der Elektroleitungen in Leerrohren berücksichtigt hat, obwohl es insoweit einen Mangel - wie gezeigt unzutreffend - verneint hat. Die Kosten für die Neuverlegung der Leitungen, hinsichtlich derer ebenfalls ein Kostenvorschussanspruch der Beklagten besteht, sind von den Kosten für das Entfernen der alten Leitungen zu trennen. Auch hält der Senat die Höhe des Kostenansatzes des Sachverständigen K... für diese Position, die die Klägerin ebenfalls nicht beanstandet hat, jedenfalls nicht für überhöht.

Ferner kann dahinstehen, ob die Klägerin hinsichtlich der Entfernung der Elektroleitungen eine Mangelbeseitigung wegen eines unverhältnismäßig hohen Aufwandes hätte verweigern können (zur Zulässigkeit einer solchen Verweigerung im Rahmen des § 4 Nr. 7 VOB/B vgl. Ingenstau/Korbion-Oppler, VOB, Kommentar, 15. Aufl., § 4 Nr. 7 VOB/B, Rn. 20). Die Klägerin hat von dieser Möglichkeit, die Gegenstand der Erörterung im Termin zur mündlichen Verhandlung gewesen ist, jedenfalls keinen Gebrauch gemacht.

Schließlich rechtfertigen auch die Ausführungen der Klägerin, das Landgericht habe zu Unrecht zu Gunsten der Beklagten Gegenforderungen in Höhe von 261,00 € netto für den Einbau eines Leerrohres für die Telefonleitung und von 308,00 € netto für die Beseitigung der fehlerhaften Montage der Potentialausgleichsschiene berücksichtigt, ein anderes Ergebnis nicht. Beide Gegenansprüche sind im Berufungsverfahren nicht zu überprüfen. Der Streitgegenstand des Berufungsverfahrens bestimmt sich nach den Anträgen und Ausführungen des Rechtsmittelführers in der Berufungsbegründung (BGH NJW-RR 2005, S. 1659; Zöller-Gummer/Heßler, ZPO, Kommentar, 26. Aufl., § 528, Rn. 1). Dabei stellen unterschiedliche Mängel eines Bauwerkes und die aus ihnen resultierenden Forderungen jeweils eigenständige prozessuale Ansprüche dar (BGH BauR 1998, S. 332). Gegenstand des Rechtsmittels der Beklagten sind mithin die Gegenforderungen betreffend das Leerrohr für die Telefonleitung sowie die fehlerhafte Montage der Potentialausgleichschiene nicht. Eine Anschlussberufung wegen dieser Positionen hat die Klägerin nicht eingelegt, wie ihr Prozessbevollmächtigter im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt hat. Dabei folgt der Senat der Auffassung der Klägerin nicht, eine Anschlussberufung sei vorliegend schon deshalb nicht möglich, weil es im Ergebnis bei der Berücksichtigung von Gegenforderungen wenigstens in dem vom Landgericht angenommenen Umfang verbleiben würde. Dies hätte einer Anschlussberufung nicht entgegengestanden. Es war der Klägerin unbenommen etwa die Gegenforderungen wegen der beiden genannten Mängel nur hilfsweise für den Fall einer Berufungsstattgabe zur Überprüfung durch den Senat zu stellen (vgl. hierzu Zöller-Gummer/Heßler, a.a.O., § 524, Rn. 17), insbesondere setzt die Zulässigkeit der Anschlussberufung, die kein Rechtsmittel ist, auch eine Beschwer des Anschlussrechtsmittelführers nicht voraus (BGH NJW 1980, S. 702; BGHZ 4, S. 234).

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 281 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 2.670,00 € festgesetzt, §§ 47 Abs. 1 Satz GKG.

Wert der Beschwer für die Klägerin: 2.670,00 €.

Ende der Entscheidung

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