Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 23.04.2009
Aktenzeichen: 12 U 166/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, EGBGB, AGB


Vorschriften:

ZPO § 156
ZPO § 511
ZPO § 513
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 546
BGB § 254
BGB § 254 Abs. 2
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1 Satz 2
BGB § 676 a
BGB § 676 b Abs. 1 Satz 1
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 2
AGB § 11 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 01. Juli 2008 verkündete Schlussurteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 12 O 318/07, teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, auf das bei ihr geführte Notaranderkonto der Klägerin mit der Kontonummer 890-550176284 mit Wirkung zum 18.05.2008 den Betrag von 3.243,15 € gutzuschreiben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 45 % und die Beklagte 55 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 30 % und die Beklagte zu 70 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Die Beklagte stützt ihr Rechtsmittel unter anderem darauf, das Landgericht habe zu Unrecht eine Verpflichtung ihrerseits zur kontinuierlichen Anlage des auf den Notaranderkonto befindlichen Geldes als monatliches Festgeld angenommen, obwohl es hierzu jedenfalls nach Übernahme der Verwaltung des Kontos durch die Klägerin einer erneuten ausdrücklichen Weisung bedurft hätte, die nicht erfolgt sei. Die Beklagte macht damit einen Rechtsfehler geltend, auf dem das Urteil beruhen kann, §§ 513, 546 ZPO.

2. In der Sache hat das Rechtsmittel nur teilweise Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung ihrer Vertragspflichten aus dem Vertrag betreffend das Notaranderkonto mit der Kontonummer 890-550176284 durch die Beklagte aus § 280 Abs. 1 BGB in Höhe von 3.243,15 €, wobei trotz der Eröffnung des Notaranderkontos bereits im Jahre 1996 auf die ab dem 01.01.2002 geltende Rechtslage abzustellen ist, Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB.

Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich bei der Forderung einer nachträglichen Verzinsung des auf dem Notaranderkonto befindlichen Geldbetrages allerdings nicht um einen Erfüllungsanspruch. Eine ordnungsgemäße Erfüllung der von der Beklagten zu beachtenden Weisung einer kontinuierlichen Anlage der auf dem Notaranderkonto befindlichen Gelder als monatliches Festgeld konnte nur bei einer entsprechenden Anlage der Gelder in der Zeit vom 21.03.2003 bis zum 15.11.2004 erfolgen, also bei der Transferierung der auf dem Konto befindlichen Beträge und der Anlage als Festgeld in den entsprechenden Zeiträumen. Eine solche Anlage im damaligen Zeitraum kann nicht mehr nachgeholt werden, die Klägerin kann vielmehr lediglich die nachträgliche Gutschrift von Zinsen als Schadensersatz fordern.

Eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten ist gegeben. Die Beklagte war verpflichtet die auf dem Notaranderkonto befindlichen Gelder auch im Zeitraum vom 21.03.2003 bis 15.11.2004 monatsweise als Festgeld anzulegen. Zutreffend hat das Landgericht die Weisung der Notarin M... vom 13.08.1996 dahingehend ausgelegt, dass eine kontinuierliche Anlage als monatliches Festgeld gewollt war. Bereits der Wortlaut der Weisung - "Der eingehende Betrag ist als monatliches Festgeld anzulegen" - beinhaltet nicht lediglich die Anlage als Festgeld für einen Monat, sondern weist zu einer dauerhaften Anlage als monatliches Festgeld an. Die sonstigen Umstände des Schreibens enthalten ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass lediglich eine einmalige Anlage als Festgeld für einen Monat gewollt gewesen ist, insbesondere enthält das Schreiben keinerlei Hinweis auf eine beabsichtigte zeitnahe Auszahlung der Beträge. Auch die Höhe des eingezahlten Betrages (1.965.400,00 DM) spricht für die gegenüber dem Belassen des Geldes auf dem Konto wirtschaftlichere Vorgehensweise einer kontinuierlichen monatlichen Festlegung. Die Parteien sind zudem von einer kontinuierlichen Anlage der Gelder als monatliches Festgeld ausgegangen. Die Beklagte hat nämlich in der Folgezeit das Geld jeweils monatlich neu als Festgeld angelegt, auch ist die Notarin M... dieser Vorgehensweise nicht entgegengetreten, obwohl ihr entsprechende Belege monatlich übersandt worden sind. Entgegen der Auffassung der Beklagten, bedurfte es nach der Übernahme der Kontenverwaltung durch die Klägerin nicht einer ausdrücklichen Weisung der Klägerin für die Fortsetzung der monatsweisen Festlegung der Gelder. Allein der Wechsel in der Verwaltung des Kontos - ein Wechsel der Kontoinhaberschaft erfolgte erst im Januar 2005 - führt nicht dazu, dass die zuvor getroffenen vertraglichen Vereinbarungen bzw. die erteilten Weisungen nicht mehr bindend sind. Die Beklagte war auch nicht berechtigt, vertragliche Vereinbarungen einseitig abzuändern. Die Beklagte hat ferner nicht nachgewiesen, dass sie die ihr in der Zeit vom 21.03.2003 bis 15.11.2004 anzulastende Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das Unterlassen der monatsweisen Festlegung der Gelder von der Klägerin nicht nach Nr. 7 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten genehmigt worden ist. In Nr. 7 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird eine Genehmigung des Kontoinhabers fingiert, wenn Einwendungen wegen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit eines Rechnungsabschlusses nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Zugang des Abschlusses geltend gemacht werden, wobei die Bank bei Erteilung des Rechnungsabschlusses auf diese Folgen nochmals besonders hinzuweisen hat. Aus dem der Klägerin übersandten Kontoauszug vom 31.03.2003 ergibt sich jedoch weder, dass bis zu einem bestimmten Zeitpunkt die Gelder als monatliches Festgeld angelegt worden sind, noch dass dies ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr erfolgen würde. Eine Genehmigung der entsprechenden Vorgehensweise der Beklagten kann schon von daher aus dem Schweigen der Klägerin auf diesen Kontoauszug nicht gefolgert werden.

Der Klägerin ist für die Zeit vom 01.02. bis 15.11.2004 ein Mitverschulden in Höhe von 50 % anzurechnen, § 254 Abs. 2 BGB. Der Klägerin ist für diesen Zeitraum sowohl ein Verstoß gegen Nr. 11 Abs. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (Benachrichtigungspflicht beim Ausbleiben von Mitteilungen) als auch ein Verstoß gegen § 11 Abs. 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Prüfungspflicht hinsichtlich der übersandten Kontoauszüge) anzulasten. Der Mitteilungspflicht nach Nr. 11 Abs. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist dabei vorgeschaltet eine Kontrollpflicht betreffend den Eingang von entsprechenden Belegen, an die jedoch keine überspannten Erwartungen gestellt werden dürfen. Ein Verstoß gegen die Kontrollpflicht setzt ein auffälliges Ausbleiben von Kontoauszügen voraus, dem der Kontoinhaber eine Bedeutung beimessen muss und das ihm Veranlassung geben muss bei der Bank nach dem Grund des Ausbleibens nachzufragen (OLG Düsseldorf WM 1987, S. 1215; Bunte, AGB-Banken und Sonderbedingungen, Rn. 271; derselbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 16, Rn. 32; Hopt in Baumbach/ Hopt, HGB, Kommentar, 32. Aufl., § 11 AGB Banken, Rn. 10; Kümpel, Bank- u. Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Rn. 2.267). Dabei kann die Verletzung der Mitteilungspflicht bzw. der Kontrollpflicht einen Verstoß gegen § 254 BGB begründen (Bunte, AGB-Banken und Sonderbedingungen, a. a. O., Rn. 273; derselbe in Bankrechts-Handbuch, a. a. O., Rn. 33; Kümpel a. a. O.; Hopt, a. a. O.). Auch die Verletzung der in Nr. 11 Abs. 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltenen Prüfungspflicht kann einen Mitverschuldensvorwurf begründen (vgl. BGH NJW 1968, S. 742; LG Lübeck WM 1993, S. 1131). Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Mitverschuldensvorwurf unabhängig davon, ob durch die Verletzung der Kontroll- und Mitteilungspflicht nach Nr. 11 Abs. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. der Prüfungspflicht nach Nr. 11 Abs. 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Fehler der Bank oder Unterschlagungen oder ähnliches durch Dritte nicht auffallen. Die Kontrollpflichten dienen allgemein der ordnungsgemäßen Abwicklung der Geschäftsbeziehung zwischen Bankkunden und Banken, gleich ob Beeinträchtigung des Kunden durch interne Fehler der Bank oder externe Manipulationen erfolgen. Ebenso führt es nicht zu einer Herabsetzung des für die Klägerin geltenden Sorgfaltsmaßstabes, dass sie mehrere Notaranderkonten verwaltet und zur Überwachung bzw. zur Kontoführung Hilfspersonen eingesetzt hat (vgl. nur § 278 BGB). Im vorliegenden Fall stellt es allerdings noch keinen Verstoß der Klägerin gegen die Kontroll- und Mitteilungspflicht nach Nr. 11 Abs. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dar, dass sie das Ausbleiben der zuvor regelmäßig übersandten drei Belege für jede monatliche Anlage der Gelder als Festgeld nicht bemerkt hat. Die Klägerin hatte erst kurz zuvor - nämlich zum Jahresbeginn 2003 - die Kontoführung übernommen, sodass eine ordnungsgemäße Übersendung von Unterlagen lediglich hinsichtlich der in die Zeit vom 01.01. bis 21.03.2003 fallenden Festlegungszeiträume von der Klägerin registriert werden konnte. Da dieser Zeitraum in die der Klägerin zuzugestehenden Einarbeitungszeit hinsichtlich der Übernahme des Notariats M... mit den entsprechenden Akten und Konten fiel, begründet es keinen Obliegenheitsverstoß, dass der Klägerin das Unterbleiben der Übersendung von Buchungsunterlagen in der Folge nicht auffiel. Bei dieser Situation blieb es bis zum Ende des Jahres 2003, da auch im Rahmen einer ordnungsgemäßen Notariatsverwaltung nicht verlangt werden kann, in kurzen Fristen Kontenakten zu überprüfen, obwohl eine konkrete Veranlassung hierzu - etwa infolge eines Posteingangs - nicht besteht. Eine turnusmäßige Prüfung war jedoch zum Ende des Kalenderjahres bzw. zum zeitgleichen Ende des ersten Jahres der Verwaltung des Notariats vorzunehmen, um eine ordnungsgemäße Betreuung der verwalteten Gelder sicherzustellen, zumal üblicherweise von den Geldinstituten spätestens zum Ende des Kalenderjahres Kontoauszüge übersandt werden. Bei einer ordnungsgemäßen Überprüfung der Kontounterlagen zum Jahresende hätte die Klägerin bemerken müssen, dass die vorherige regelmäßige Festgeldanlage über einen längeren Zeitraum unterblieben ist. Dies wäre schon deshalb auffällig gewesen, weil über einen Zeitraum von rund 6 1/2 Jahren monatlich 3 Kontobelege übersandt worden sind, während nunmehr über einen Zeitraum von 9 Monaten kein einziger Beleg zu den Akten gelangt war. Zugleich hat die Klägerin auch ihrer Prüfungspflicht nach Nr. 11 Abs. 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht genügt, da sie auch auf die Übersendung des Kontoauszuges vom 09.01.2004 nichts veranlasst hat. Bei einer ordnungsgemäßer Prüfung des Kontoauszuges hätte der Klägerin auffallen müssen, dass bei einem Guthaben von 251.317,50 € in neun Monaten wegen der anfallenden Gebühren ein Minderbetrag von 15,00 € erwirtschaftet worden war. Angesichts der Höhe des Kontoguthabens und der Länge des Zeitraumes wäre eine Überprüfung anhand der Akten erforderlich gewesen, ob tatsächlich eine wirtschaftlichere Geldanlage von den Auftraggebern nicht gewünscht war. Unter Berücksichtigung der der Klägerin zuzubilligenden Zeitspanne zur Überprüfung der Unterlagen und Abklären der Geschehnisse mit der Beklagten hätte die Klägerin bei ordnungsgemäßen Vorgehen für eine monatliche Anlage der auf dem Konto eingezahlten Summe als Festgeld ab dem 01.02.2004 sorgen müssen.

Das Mitverschulden der Klägerin bewertet der Senat mit 50 %. Der Klägerin ist zwar vorzuwerfen, dass sie das fortgesetzte Fehlverhalten der Beklagten nicht erkannt und beanstandet hat. Das Fehlverhalten ging jedoch weiterhin von der Beklagten aus, der es ebenfalls zuzumuten war, für eine Überprüfung der von ihr geführten Konten Sorge zu tragen und ein eigenmächtig abgeändertes Anlageverhalten zu bemerken.

Ausgehend von dem unstreitigen Schadensbetrag von 4.625,34 € zum 18.05.2008 und den nach der Berechnung der Klägerin auf den Zeitraum von März 2003 bis Ende Januar 2004 entfallenden Zinsschaden von 1.860,96 € ergibt sich für die Zeit ab dem 01.01.2004 ein Restbetrag von 2.764,38 €, der in Höhe von 50 % von der Klägerin selbst zu tragen ist, also hinsichtlich eines Betrages von 1.382,19 €. Die Klage hat damit in Höhe von 3.243,15 € Erfolg.

Ein weitergehender Schadensersatzanspruch besteht entgegen den Ausführungen der Klägerin in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 01.04.2009 auch nicht aus § 676 b Abs. 1 Satz 1 BGB. In Bezug auf die monatliche Festgeldanlage haben die Parteien keinen Überweisungsvertrag im Sinne von § 676 a BGB geschlossen. Die Gelder sind im Rahmen der Anlage als Festgeld auch nicht auf ein gesondertes Konto der Klägerin bei der Beklagten überwiesen worden, wie sich bereits aus dem von der Klägerin eingereichten - beispielhaften - Bestätigungsschreiben der Beklagten vom 20.02.2003 betreffend die Festgeldanlage im Zeitraum vom 20.01. bis 20.02.2003 ergibt.

3. Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 01. und 06.04.2009 geben keinen Anlass die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, § 156 ZPO.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 4.625,34 € festgesetzt, § 47 Abs. 1 GKG.

Wert der Beschwer für die Klägerin: 1.382,19 €,

Wert der Beschwer für die Beklagte: 3.243,15 €.

Ende der Entscheidung

Zurück