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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: 12 U 187/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 256 | |
ZPO § 520 Abs. 3 | |
ZPO § 531 Abs. 2 | |
BGB § 823 Abs. 1 | |
BGB § 831 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
12 U 187/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht
Anlage zum Protokoll vom 12.07.2007
Verkündet am 12.07.2007
In dem Rechtsstreit
hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski sowie die Richter am Oberlandesgericht Beckmann und Funder
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 23. August 2006 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 13 O 538/01, wird als unzulässig verworfen, soweit das Landgericht hinsichtlich des Feststellungsbegehrens die Klage als unzulässig abgewiesen hat. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger verlangt von dem Beklagten wegen eines von ihm behaupteten Behandlungsfehlers ein Schmerzensgeld und begehrt zudem die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten für materielle und immaterielle Schäden für die Zukunft sowie materielle Schäden für die Vergangenheit. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, soweit der Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, die ihm bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung entstandenen materiellen Schäden zu ersetzen; im Übrigen hat es die Klage als unbegründet abgewiesen. Soweit es die Klage als unzulässig angesehen hat, hat es gemeint, es fehle an einem gem. § 256 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse, da nicht erkennbar sei, warum der Kläger einen etwaigen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung entstandenen Vermögensschaden nicht beziffern könne.
Ein Schadensersatzanspruch stehe dem Kläger im Übrigen nicht zu, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund des Sachverständigengutachtens feststehe, dass dem Beklagten zu 1. ein Fehler in der Höhenlokalisation nicht unterlaufen sei, mithin die Operation ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Gegenüber den zunächst erfolgten schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen, wonach es jedenfalls nicht feststehe, dass die Operation in der falschen Etage erfolgt sei, habe der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung eindrucksvoll und einleuchtend darzulegen vermocht, dass davon auszugehen sei, dass eine zutreffende Höhenlokalisation erfolgt sei. Dagegen sprächen auch nicht die Befundberichte der Praxis Dres. S... pp., da diese widersprüchlich seien. Die MRTs ließen sich zu einer weiteren Beurteilung nicht mehr heranziehen. Eine zeugenschaftliche Vernehmung der vom Kläger benannten Zeugen zum Inhalt der Aufnahmen habe nicht erfolgen müssen. Sie hätten auch dem Parteigutachter Prof. E... nicht zur Verfügung gestanden. Ausweislich der Befundberichte seien die benannten Ärzte Dr. P... und Dr. S... gerade nicht an der Auswertung der Aufnahmen beteiligt gewesen. Auch die Ausführungen des Parteigutachters Prof. Dr. E... stünden der Überzeugungsbildung der Kammer nicht entgegen, da dieser die nicht mehr auffindbaren MRTs selbst nicht habe in Augenschein nehmen können. Er setze sich auch mit den Widersprüchen in den Befundberichten der Praxis Dres. S... nicht auseinander, stütze aber seine Feststellung der angeblich fehlerhaften Höhenlokalisation ausschließlich hierauf. Die für eine ordnungsgemäße Operation sprechenden Indizien, die Dr. St... im Termin näher erläutert habe, ließe er gänzlich unerörtert.
Der Kläger hat gegen das ihm am 01.09.2006 zugestellte Urteil mit einem am 29.09.2006 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 01.12.2006 mit einem an diesem Tage eingegangenen Schriftsatz begründet.
Der Kläger meint, der Klageantrag zu 2. sei zulässig, denn die Beklagten hätten bereits nach der Operation mit Schreiben vom 06.08.1997 eine weitere Operation empfohlen, die aber bisher noch nicht erfolgt sei. Im Übrigen habe das Landgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen, denn das Gutachten des Sachverständigen Dr. St... sei nicht objektiv, unzureichend und beantworte die vom Gericht gestellten Fragen nicht, weshalb die Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens erforderlich sei. Der Sachverständige Dr. St... habe die umfangreichen Unterlagen der behandelnden Ärzte Dr. P... und Prof. Dr. E... nicht gewürdigt. Eine gewissenhafte Auswertung der vorhandenen Unterlagen sei nicht erfolgt. Gerade weil einige Original-MRT-Unterlagen gefehlt hätten, habe der Sachverständige die anderen Unterlagen, Befunde und Berichte, Erläuterungen, Gutachten und Bilder nicht unberücksichtigt lassen dürfen. So sei anhand von CT und Myelographie festzustellen, dass die Operation nicht in der Etage L5/S1 erfolgt sei, sondern in der Etage L4/L5. Entscheidend für die Indikationsstellung der Operation sei, dass eine computertomografische Untersuchung im Krankenhaus ... am 28.02.1997 angefertigt worden sei. In diesem werde das Segment L4/L5 bzw. die Bandscheibe mit nur einer geringen Protusion angesprochen, der Hauptbefund werde auf das Niveau L5/S1 zentriert, hier sei ein rechtseitiger medio-lateraler kräftiger Bandscheibenprolaps zu sehen. Es sei dann der operative Eingriff auf dem falschen Niveau L4/L5 erfolgt, weshalb der Kläger weitere Beschwerden gehabt habe, die in den Gutachten von Prof. Dr. E... spezifiziert worden seien. Wegen Persistenz der Beschwerden sei am 08.07.1997 ein lumbales MRT im Ärztezentrum ... angefertigt worden, worin bekundet worden sei, dass auf Höhe L4/L5 postoperative Weichteilveränderungen zu sehen seien, also auf dem falschen Niveau. Beurteilungskriterium könne nur der vor der Operation und der unmittelbar nach der Operation dokumentierte MRT-Befund sein, während der Sachverständige nur einen Vergleich der MRT-Bilder vom 04.07.1997 und des radiologischen Befundberichtes vom 27.04.1998 vornehme und zu dem Ergebnis komme, dass sich die beiden Berichte widersprechen würden. Der Sachverständige gehe auch unrichtig davon aus, dass eine deutliche Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers zu verzeichnen gewesen sei. Außerdem habe der Sachverständige seine in der mündlichen Verhandlung dargestellten weitreichenderen Schlussfolgerungen nicht begründen können. Schließlich habe das Landgericht zu Unrecht die benannten Zeugen nicht angehört.
Der Kläger beantragt,
das Urteil das Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 23.08.2006 wie folgt abzuändern:
1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld für die Folgen der Fehlbehandlung während der Zeit vom 11.05.1997 bis 23.05.1997 zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.03.1998.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche weiteren immateriellen Schäden der Zukunft sowie sämtliche materiellen Schäden der Vergangenheit und Zukunft, die ihm als Folgen der Operation vom 12.05.1997 entstehen bzw. bereits entstanden sind,
zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und meinen, entgegen den Ausführungen der Berufung habe der Sachverständige sämtliche ihm zur Verfügung stehenden ärztlichen Unterlagen ausgewertet und gewürdigt. Auch der Befundbericht über ein lumbales MRT vom 08.07.1997 sei gewürdigt worden. Einer zeugenschaftlichen Vernehmung der Ärzte Dr. P... und Dr. S... habe es in der Tat nicht bedurft, wobei der als Zeuge benannte Dr. P... als praktischer Arzt in einer vertragsärztlichen Niederlassung der hausärztlichen Versorgung nicht in der Lage sei, die Aussagen des Sachverständigen Dr. St... zu erschüttern. Herr Dr. P... würde sich im Rahmen einer Aussage zu den fraglichen MRT-Bildern zu Fragestellungen aus einem fachfremden Gebiet äußern.
II.
1.
Die Berufung ist zum Teil unzulässig, und zwar insoweit, als das Landgericht die Feststellungsklage als unzulässig abgewiesen hat, worauf der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen wurde. Die Berufung wurde zwar insgesamt form- und fristgerecht eingelegt und auch fristgerecht begründet. Die Berufungsbegründung genügt jedoch hinsichtlich der Abweisung der Klage als unzulässig nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO, da sich die Berufungsbegründung mit den tragenden Erwägungen des Landgerichts hierzu nicht auseinandersetzt. Zwar wird auf die Zulässigkeit des Klageantrages zu 2. kurz eingegangen; es wird jedoch verkannt, dass dieser nicht insgesamt für unzulässig erachtet wurde, sondern ausschließlich hinsichtlich bereits entstandener materieller Schäden. Der Feststellungsantrag differenziert zwischen zukünftigen immateriellen Schäden sowie materiellen Schäden für die Vergangenheit und die Zukunft. Dies wirft in der Tat die Frage auf, welche materiellen Schäden dem Kläger entstanden sein sollen, die er nicht im Wege der Leistungsklage, sondern nur über eine Feststellungsklage geltend machen kann. Auf diesen Gesichtspunkt hat das Landgericht die Klageabweisung als unzulässig gestützt, da, sofern die Forderung beziffert werden kann, vorrangig Leistungsklage zu erheben ist, während die Feststellungsklage nur subsidiär ist. Hierzu verhält sich die Berufungsbegründung nicht. Es wird ausschließlich darauf abgestellt, dass dem Kläger eine mögliche operative Therapie empfohlen worden sei, die aber aufgrund der mit dem Kläger erörterten Komplikationen noch nicht durchgeführt worden sei. Die Operation stehe noch aus. Mit dieser Argumentation lässt sich aber ausschließlich das Entstehen eines möglichen zukünftigen Schadens begründen und nicht, warum ein bisher bereits entstandener materieller Schaden nicht beziffert und im Wege einer Leistungsklage geltend gemacht werden kann. Mithin geht die Argumentation des Klägers an der Urteilsbegründung vorbei. Im Übrigen genügt die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO.
2.
Soweit die Berufung zulässig ist, hat sie in der Sache keinen Erfolg. Ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 1, 831 BGB bzw. aus positiver Vertragsverletzung besteht nicht. Da sich die vom Kläger behauptete fehlerhafte Behandlung bereits im Jahre 1997 ereignete, ist abzustellen auf die Rechtslage vor Inkrafttreten des 2. Schadensänderungsgesetzes vom 19.07.2002.
Zwar erscheint es nicht ausgeschlossen, dass dem Beklagten zu 1. ein Fehler in der Höhenlokalisation unterlaufen ist, frei von vernünftigen Zweifeln kann ein solcher Fehler jedoch nicht als erwiesen angesehen werden (§ 286 ZPO). Das Landgericht hat Beweis erhoben über die Fragen, ob die Beklagtenseite den Kläger in Höhe L5/S1 an der Wirbelsäule operiert habe, ob die intraoperative Höhenfeststellung ordnungsgemäß erfolgt ist und ob die Beklagtenseite die Operation so durchgeführt hat, wie sie von einem gewissenhaften und aufmerksamen Arzt aus berufsfachlicher Sicht seines Fachbereiches erwartet werden konnte. Diese Beweisfragen wurden in dem eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr. St..., Chefarzt der Klinik für Neurochirurgie im Klinikum B..., zunächst nicht in jeder Hinsicht zufrieden stellend beantwortet. Das Gutachten zeigt aber immerhin einen Widerspruch auf zwischen der Befundbeschreibung vom 08.07.1997 und dem radiologischen Befundbericht vom 27.04.1998, wobei die widersprüchlichen Angaben nach Auffassung des Sachverständigen nicht den Schluss zuließen, dass der Operateur in der falschen Bandscheibenhöhe operiert habe. Die dem Gutachter vorliegenden MRT-Bilder vom 09.11.1998, mithin 1 1/2 nach der Operation, seien nicht geeignet, die im Beweisbeschluss formulierte Frage nach der Durchführung der Operation in L5/S1 plausibel zu beantworten. Eine Auseinandersetzung mit den Äußerungen des Hausarztes Dr. P..., der in verschiedenen Stellungnahmen die Auffassung vertreten hat, dass der Kläger in der falschen Etage operiert wurde, findet in dem Gutachten nicht statt. Der Sachverständige hat aber, worauf auch das Landgericht abgestellt hat, in seiner Erläuterung in der mündlichen Verhandlung vom 12.07.2006 nachvollziehbar dargestellt, welche Indizien für eine Operation im richtigen Segment sprechen. Er hat in seinem Gutachten Bezug genommen auf den Bericht der Klinik vom 23.05.1997, in dem eine diskrete Plantarflexionsschwäche rechts attestiert wurde. Diese Situation sei typisch für eine motorische Einschränkung bei der S1-Wurzel. Diese werde bei einem Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1geschädigt. Außerdem sei in dem Bericht eine Lasegue rechts bei 50° und links bei 70° aufgeführt, woraus sich ergebe, dass eine deutliche Besserung gegenüber dem vorherigen Wert von 20° festzustellen sei. Es erfolge damit eine Entlastung der Nervenwurzel, was intraoperativ oder durch die Operation erfolgt sei und sich sicher dem Bereich L5/S1 zuordnen lasse. Auch hätten vorher Sensibilitätsstörungen vorgelegen, die hinterher nicht mehr gegeben gewesen seien. Im OP-Bericht sei festgehalten, dass die Venen koaguliert worden seien, also mit einer Pinzette geschrumpft wurden. Auch dies spreche dafür, dass im Bereich L5/S1 operiert worden sei, da diese S1-Wurzel bei einem Schnitt L4/L5 nicht zu erreichen gewesen wäre. Zweifel an der Richtigkeit der vom Sachverständigen in Bezug genommenen Unterlagen ergeben sich nicht. Ohne das Vorliegen anders lautender Anhaltspunkte kann davon ausgegangen werden, dass die im OP-Bericht aufgeführten Angaben sowie der in der Epikrise dargestellte Behandlungsverlauf den Tatsachen entspricht. Dass der Kläger, wie er mit der Berufung betont, nach der Operation nicht beschwerdefrei gewesen sei, lässt die Angaben in den Unterlagen nicht von vornherein als falsch erscheinen. Das ungeachtet der durchgeführten Operation im Niveau L5/S1 ein Bandscheibenvorfall vorhanden ist, ist nach den Angaben des Sachverständigen Dr. St... nicht ungewöhnlich, da Rezidive durchaus vorkommen können. Sie könnten bereits innerhalb des stationären Aufenthaltes auftreten, aber auch erst nach Jahren in Erscheinung treten. Einen solchen Rezidivprolaps hat auch der Beklagte zu 1. in seiner Mitteilung vom 23.07.1997 an den Hausarzt für möglich gehalten. Soweit sich aus dem im Juli durchgeführten MRT ein Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1 entnehmen lässt, kann daraus nicht rückgeschlossen werden, dass damit nicht in diesem Bereich, sondern im Segment L4/L5 operiert wurde, da es sich durchaus um ein Rezidiv gehandelt haben kann.
An dieser Bewertung ändert sich auch nichts dadurch, dass intraoperativ keine Röntgenuntersuchung vorgenommen wurde, die sowohl der Sachverständige Dr. St... als auch der Sachverständige Prof. Dr. E... in seinem Privatgutachten für sinnvoll erachtet haben. Während der Operation besteht nach Freiliegen der Wirbelsäule die Möglichkeit, eine Röntgenuntersuchung vorzunehmen, um die Möglichkeit einer falschen Höhenlokalisation auszuschließen, wobei beide Sachverständige eine solche Röntgenuntersuchung ausdrücklich befürworten. Dr. St... hat in seiner Anhörung angegeben, selbst so vorzugehen, sieht dies aber letztlich nur als Empfehlung an, während man aus einem Unterlassen einer solchen Untersuchung keinen Fehler ableiten kann. Vielmehr folgt daraus nur, dass seitens der Beklagten möglicherweise nicht alle Maßnahmen ergriffen wurden, die einen Irrtum hinsichtlich der Höhe des betroffenen Segments ausschließen konnten. Ein starkes Indiz dafür, dass dann auch tatsächlich im falschen Segment operiert worden sein muss, folgt daraus jedoch nicht. Hinsichtlich der Angaben des Dr. P... in seinen schriftlichen Stellungnahmen schließt der Sachverständige Dr. St... nicht aus, dass dieser als Allgemeinmediziner möglicherweise nicht hinreichend in der Lage war, die Bilder richtig zu interpretieren, da man für die Deutung von MRT-Bildern eine besondere Sachkunde benötige.
Auch die Ausführungen des Privatgutachters Prof. Dr. E... sind nicht geeignet, die Feststellungen des Sachverständigen Dr. St... in Frage zu stellen, wobei sich ohnehin aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. E... nicht ohne weiteres der Rückschluss ziehen lässt, dass er von einer Operation im falschen Segment ausgeht. Seine Feststellungen sind nicht aussagekräftig, sondern enthalten im Wesentlichen nur eine Wiedergabe fremder Feststellungen und Untersuchungsergebnisse und er äußert sich dabei u. a. dahin, dass dem lumbalen MRT aus der radiologischen Gemeinschaftspraxis in ... im Ergebnis zu entnehmen sei, dass die Operation auf dem Niveau L4/L5 stattgefunden habe und bei L5/S1 noch ein Massenprolaps vorliege. Die Möglichkeit eines Rezidivs erörtert er in diesem Zusammenhang nicht. Aus eigener Anschauung ist der Sachverständige im Übrigen zu seinen Erkenntnissen nicht gelangt, sondern er meint im Rahmen der Würdigung des ärztlichen Handelns, dass in Kenntnis der Möglichkeit eines Irrtums in der Höhenlokalisation anlässlich der Bandscheibenoperation durch den Operateur nicht alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden seien, nämlich keine Röntgenuntersuchung nach Freiliegen der Wirbelsäule. Wie ausgeführt, führt aber dieses Versäumnis nicht zwingend zu dem Rückschluss, dass dann mit großer Wahrscheinlichkeit im falschen Segment operiert wurde. Es ergibt sich auch keine Beweislastumkehr zulasten des Arztes dahin, dass dieser nunmehr beweisen muss, im richtigen Segment operiert zu haben. Soweit Prof. Dr. E... von einem Irrtum in der Höhenlokalisation auszugehen scheint, bezieht er sich auf die MRT-Untersuchung vom 04.07.1997, kann aber hierzu aus eigener Anschauung keine Feststellungen treffen. Dieses sowie das weitere MRT vom 17.04.1998 konnten dem Sachverständigen Dr. St... nicht zur Verfügung gestellt werden, was letztlich zulasten des beweispflichtigen Klägers geht.
Soweit in der Berufungsbegründung auf ein CT und Myelographie Bezug genommen wird und in dem Zusammenhang auf ein Schreiben des Stationsarztes B... an Dr. P... vom 13.05.1998, so befinden sich die entsprechenden Unterlagen nicht bei den Akten. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, das CT befinde sich bei ihr im Büro. Warum dieses sowie insbesondere auch das Schreiben des Stationsarztes B... nicht zu einem früheren Zeitpunkt zu den Akten gereicht wurden, ist unklar. Richtig ist, dass der Sachverständige Dr. St... in seinem Gutachten entsprechend der Aufstellung auf Seite 2 seines Gutachtens ein CT vom 07.05.1998 vorliegen hatte und hierauf in seinen gutachterlichen Feststellungen nicht näher eingegangen ist. Insoweit hätte es aber dem Kläger oblegen, dies rechtzeitig zu rügen, sofern er hierin ein Versäumnis sieht, denn für eine dahingehende Erkenntnis bedarf es keiner besonderen Sachkunde. Dem Kläger hätte bei sorgfältigem Studium des Gutachtens auffallen können, dass das CT, welches er scheinbar für maßgeblich hielt, in dem Gutachten keine Berücksichtigung fand. Stattdessen wollte der Kläger aber ausweislich seines Schriftsatzes vom 16.02.2006 lediglich den Widerspruch in der Befundbeschreibung vom 08.07.1997 und im radiologischen Befundbericht vom 27.04.1998 vom Sachverständigen näher erläutert wissen. Vor diesem Hintergrund ist der erstmals mit der Berufung erfolgte Einwand, der Sachverständige habe das CT nicht berücksichtigt, gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zuzulassen, zumal der in diesem Zusammenhang in Bezug genommene Bericht des Stationsarzt B... weder mit der Berufungsbegründung noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurde. Soweit der Bericht des Stationsarztes B... dahin zitiert wird, dass Befunde bei Lbk5/Swk1, aber auch in der operierten Etage Lwk4/5 festzustellen seien, ergibt sich daraus nicht zwingend, dass die Operation im Segment L4/L5 stattgefunden hat. Der vom Kläger in der Berufungsbegründung wiedergegebene Auszug aus dem Bericht lässt nicht erkennen, inwieweit bei der Auswertung von CT und Myelographie überprüft wurde, in welchem Bereich die Operation tatsächlich durchgeführt wurde. Vielmehr spricht die Formulierung "in der operierten Etage" dafür, dass dem Arzt eine Operation in diesem Bereich vorgegeben worden ist. Ähnlich verhält es sich auch in dem Kurzbefund zur lumbalen Myelographie vom 11.05.1998 (Bl. 46 d. A.). Darin heißt es in der Spalte "Klinik bzw. Fragestellung": "BSP Lwk5/Skw1, Vor-OP bei Lwk4/5". Dies lässt den Schluss zu, dass es sich hierbei um Vorgaben gehandelt hat, die nicht auf einer Auswertung der durchgeführten Untersuchungen beruhen. Dementsprechend hat der Sachverständige Dr. St... in einer Anhörung vor dem Landgericht angegeben, dass bereits ein konkreter klinischer Verdacht nach Operation L4/L5 vorgegeben wurde und damit dem Radiologen schon eine falsche Fährte "untergejubelt" worden sei. Überdies hat der Sachverständige eine Erklärung für die Feststellung des Radiologen dahingehend gegeben, dass bei einer starken Blutung im Bereich L5/S1 lagerungsbedingt ein Teil des Blutes weiter nach oben in den Bereich L4/L5 gelaufen sein kann und die Blutungen können dann vom Körper abgebaut worden sein und zu narbigen Veränderungen geführt haben. Mit diesen Erwägungen setzt sich die Berufungsbegründung ebenso wenig auseinander wie mit den Feststellungen des Sachverständigen, aus denen er herleitet, dass die Operation im richtigen Segment durchgeführt wurde, obwohl das Landgericht seine Entscheidung hierauf maßgeblich gestützt hatte.
Ein Bedürfnis zur weiteren Aufklärung besteht nach alledem nicht. Der Kläger bemüht sich nicht, das Erfordernis einer weiteren Beweisaufnahme näher zu begründen. Er hat in seinem Schriftsatz vom 16.02.2006, mit dem er sich zum Gutachten des Sachverständigen Dr. St... äußerte, lediglich darum gebeten, zu dem Termin den Radiologen, den Hausarzt und den Gutachter zu laden. Näher begründet wurde dies nicht. Es wurde lediglich ausgeführt, da der Sachverständige in seinem Gutachten feststelle, dass es sich hier um eine Beweisfrage handele, sei es sinnvoll, die behandelnden Ärzte anzuhören. Vorsorglich würden sie auch als Zeugen benannt. Zu welchem Beweisthema sie aber als Zeugen hätten vernommen werden sollen, bleibt unklar. Daran hat sich auch mit der Berufung nichts geändert.
Unabhängig davon sei ergänzend angemerkt, dass eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Klägers hinsichtlich der Frage der Kausalität eines etwaigen Behandlungsfehlers zum eingetretenen Schaden sehr unwahrscheinlich erscheint, weil von einem hierfür erforderlichen groben Behandlungsfehler nicht auszugehen sein dürfte. Gegen einen solchen groben Behandlungsfehler spricht bereits das vom Kläger selbst vorgelegte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. E..., der aufgrund des Krankheitsbildes im Segment L4/L5 es als nachvollziehbar angesehen hat, dass der Beklagte zu 1. davon ausgegangen ist, das richtige Segment vor sich zu haben. Selbst wenn man also hier zu dem Ergebnis gelangen würde, dass der Beklagte zu 1. im falschen Segment operiert haben sollte, ergibt sich schon aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen, dass ein solcher Behandlungsfehler nicht als schwerwiegend anzusehen ist.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Es handelt sich um eine Entscheidung, die unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles ergeht und deshalb nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist. Soweit ersichtlich, weicht sie auch nicht von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung ab.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 15.338,76 €
Ende der Entscheidung
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