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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.04.2007
Aktenzeichen: 12 U 193/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 296 Abs. 1
ZPO §§ 517 ff.
ZPO § 530
ZPO § 531 Abs. 2
BGB § 31
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 847 Abs. 1 a. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 193/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 19.04.2007

Verkündet am 19.04.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski, den Richter am Oberlandesgericht Funder und den Richter am Oberlandesgericht van den Bosch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 7. September 2006 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam, Az.: 11 O 215/04, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen eines behaupteten Behandlungsfehlers im Zusammenhang mit der Behandlung einer am 06.10.2001 infolge eines Unfalls in ihrem Garten erlittenen Bandläsion am rechten Sprunggelenk der Klägerin auf Schadensersatz, Schmerzensgeld sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige materielle und immaterielle Schäden in Anspruch. Die Parteien streiten darüber, ob die Gesellschafter der Beklagten bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine operative Behandlung der Bandruptur und in diesem Zusammenhang auch eine MRT-Untersuchung hätten vornehmen müssen. Die Klägerin behauptet, die bei ihr letztlich festgestellte Versteifung des rechten Sprunggelenkes sowie die eingetretene Talusnekrose sei auf die fehlerhafte Behandlung in der Praxis der Beklagten zurückzuführen. Sie macht ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 15.000,00 € sowie Verdienstausfall für einen Zeitraum von 16 Monaten geltend. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Beklagten könne weder ein Diagnose- noch ein Behandlungsfehler vorgeworfen werden. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. M... stehe fest, dass die Diagnose der Beklagten zutreffend gewesen sei. Die festgestellte Bandverletzung II. Grades könne sowohl durch eine Operation als auch konservativ behandelt werden, wobei die bevorzugte Therapie die konservative sei. Die Klägerin sei über diese Behandlungsalternativen aufgeklärt worden. Der Sachverständige habe in der Behandlung durch die Beklagte keine Abweichung vom ärztlichen Standard zu erkennen vermocht, insbesondere habe er die Verordnung eines Unterschenkelgipses für einen kurzen Zeitraum nicht für erforderlich erachtet. Der Sachverständige habe auch bestätigt, dass die Beklagte die Verletzung der Klägerin nicht bereits im Oktober/November 2001 hätte operieren lassen müssen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe verwiesen.

Die Klägerin hat gegen das ihr zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten am 13.09.2006 zugestellte Urteil (Bl. 202 GA) mit einem per Telefax am 13.10.2006 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 214 GA) und mit einem per Telefax am 13.11.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet (Bl. 228 ff GA).

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich geltend gemachten Anträge in vollem Umfang weiter. Sie rügt zunächst, das Landgericht habe fehlerhaft im unstreitigen Tatbestand wiedergegeben, dass sie zu Beginn ihrer Behandlung über operative oder konservative Behandlungsmethoden aufgeklärt worden sei, dass sie zu einem Kontrolltermin vier Tage nach der erstmaligen Behandlung am 08.10.2001 nicht erschienen sei und dass sie im Behandlungstermin am 09.11.2001 ohne Orthese erschienen sei, obwohl sie dies erstinstanzlich unter Beweisantritt bestritten habe. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht das Vorliegen eines Diagnosefehlers verneint. Das Landgericht habe sich nicht mit der Frage auseinander gesetzt, weshalb angesichts der Tatsache, dass es sich bei der festgestellten Bandverletzung II. Grades nicht mehr um eine leichte Bandverletzung handele, keine zeitnahe MRT-Untersuchung angeordnet worden sei. Eine solche Untersuchung hätte auch deshalb durchgeführt werden müssen, weil das sehr kleine Zeitfenster von 10 Tagen, welches für das Zusammenführen gerissener Bandstrukturen verbleibe, eine schnelle und zielgenaue Therapieentscheidung geboten hätte. Damit liege ein ärztlicher Diagnosefehler vor. Daraus sei auch ein Behandlungsfehler erwachsen, den das Landgericht nicht erkannt habe. Es sei nicht vorgetragen, ob im vorliegenden Fall eine Abwägung zwischen den gesundheitlichen Risiken einer Operation und den Folgen einer möglicherweise fehlschlagenden konservativen Behandlungsmethode vorgenommen worden sei. Es sei zudem nicht erörtert worden, um welche einer Operation innewohnenden Risiken es sich gehandelt habe. Das Landgericht sei demnach dem Beweisangebot, dass im vorliegenden Fall eine Operation erforderlich gewesen wäre, zu Unrecht nicht nachgegangen. Selbst nach den aus dem Sachverständigengutachten und der Anhörung des Sachverständigen gewonnenen Erkenntnissen liege ein Behandlungsfehler vor, indem der Sachverständige ausgeführt habe, dass die Verordnung einer Orthese nur dann geboten gewesen sei, wenn keine Schwellung bzw. nur eine geringe Schwellung vorliege und das Auftreten nicht sehr schmerzhaft sei, anderenfalls wäre die Ruhigstellung durch einen verordneten Gipsverband für 3 - 5 Tage Erfolg versprechender gewesen. Sie habe erstinstanzlich vorgetragen, dass ihr rechtes Sprunggelenk im Zeitpunkt der Diagnose stark angeschwollen gewesen sei. Deshalb hätten die Gesellschafter der Beklagten selbst bei konservativer Behandlungsmethode das rechte Sprunggelenk zunächst mittels eines Gipsverbandes ruhig stellen und nach 3 - 5 Tagen prüfen müssen, ob die Behandlungsmethode den gewünschten Heilungserfolg gehabt habe.

Mit einem im Termin zur mündlichen Verhandlung überreichten Schriftsatz vom 15.03.2007 trägt die Klägerin unter Bezugnahme auf eine Äußerung eines Dr. med. O... T..., Facharzt für Chirurgie, Sportmedizin und Chirotherapie, in K..., vor, dass die im März 2002 nachgewiesene Talusnekrose durch eine adäquate Bildgebung früher hätte nachgewiesen werden müssen und eine Stabilisierungsoperation, gegebenenfalls ein Anbohren des Talus hätte erfolgen müssen, wodurch eine Versteifung des rechten Sprunggelenkes in Spitzfuß- und Varusstellung hätte vermieden werden können, so dass ein Behandlungsfehler der Beklagten vorliege. Zudem teile der Gutachter Dr. T... nicht die Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen, dass eine Operation nur innerhalb von 10 Tagen nach der Verletzung möglich gewesen wäre.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 07.09.2006 (11 O 215/04) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, welches in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens in Höhe von 15.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (17.12.2004);

die Beklagte zu verurteilen, an sie 16.310,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (17.12.2004) zu zahlen;

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche weiteren zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, welche ihr aus der fehlerhaften Behandlung in der Zeit vom 08.10.2001 bis 07.05.2002 in der Gemeinschaftspraxis Dr. med. R. G... und Dr. med. F. G. M..., St..., ... R..., entstanden sind und/oder noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. M... sei belegt, dass eine echte Behandlungsalternative gerade nicht bestanden habe, da ein chirurgischer Eingriff keine signifikant größeren Heilungschancen im Vergleich zur Stabilisierung mittels Orthese biete. Es liege auf der Hand, dass jeder chirurgische Eingriff ein wesentlich größeres Risiko von Folgeschäden wie z. B. Infektionen, Thrombosen oder Nervschäden berge als eine konservative Stabilisierung. Es sei nicht ersichtlich, woraus die Klägerin einen medizinischen Standard dergestalt herleite, dass die Gesellschafter der Beklagten umgehend eine sofortige Operation hätten veranlassen müssen. Es sei auch nicht zwingend angezeigt gewesen, zunächst für 3 - 5 Tage einen Gipsverband anzulegen. Der Sachverständige habe auch überzeugend dargelegt, weshalb weitere diagnostische Maßnahmen nicht erforderlich gewesen seien.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß §§ 517 ff. ZPO eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Der Klägerin stehen weder vertragliche Ansprüche auf Schadensersatz aus positiver Forderungsverletzung des mit der Beklagten abgeschlossenen Behandlungsvertrages noch deliktische Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aus den §§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB a. F. i.V.m. § 31 BGB analog zu. Auf den zugrunde liegenden Sachverhalt ist das bis zum 31.12.2001 geltende Recht anzuwenden (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB). Die Klägerin hat nicht den Nachweis zu führen vermocht, dass die Behandlung in der Gemeinschaftspraxis der Beklagten fehlerhaft war.

1. Nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme ist der Beklagten weder ein Diagnose- noch ein Behandlungsfehler vorzuwerfen. Ein Diagnosefehler liegt nicht vor. Wie sich aus dem von der Beklagten überreichten Krankenunterlagen ergibt (vgl. Bl. 87 GA), wurde durch die Beklagte bereits am 08.10.2001 eine Bandläsion des rechten Sprunggelenkes diagnostiziert. Unter Bandläsion versteht man, wie der Sachverständige Dr. M... bei seiner Erläuterung des Gutachtens erklärt hat und zwischen den Parteien auch nicht im Streit steht, jede Art von Bandverletzungen, insbesondere auch eine Bandruptur. Eine solche Bandruptur sei bereits anhand des Röntgenbildes aufgrund des Talusvorschubes von etwa 5 mm erkennbar gewesen. Die Behandlung dieser Bandverletzung ist nach den schlüssigen, nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. M..., an dessen Sachkunde zu zweifeln für den Senat kein Anlass besteht, auch fehlerfrei erfolgt. Eine Operation war danach nicht zwingend geboten, weil zum einen eine Operation lediglich bei Sportlern, die auf eine schnelle Heilung angewiesen seien, durchgeführt werde und zum anderen eine Operation auch bereits deshalb nicht möglich gewesen sei, weil der Fuß dazu entzündungsfrei hätte sein müssen, was nicht der Fall gewesen sei. Grundsätzlich ist die Wahl der Diagnostik oder Therapiemethode primär Sache des Arztes (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 5. Aufl., Rn. B 34 m.w.N.). Im Streitfall ist die Wahl der konservativen Behandlungsmethode somit nicht als fehlerhaft anzusehen, da eine Operation nicht zwingend geboten war. Der Senat hat keine Veranlassung, die in sich schlüssigen und eingehend begründeten Feststellungen des Sachverständigen, die dieser anhand einer eingehenden Untersuchung der Klägerin gewonnen hat, in Zweifel zu ziehen. Soweit der Sachverständige Dr. M... in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt hat, dass die empfohlene Therapie in der Anlegung eines Unterschenkelspaltgipses für 3 - 5 Tage, einer Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin, Hochlagerung, Antiphlogistikagabe, Eiskühlung sowie danach Anlegen einer Orthese mit Vollbelastung bei Schmerzfreiheit besteht (Bl. 133 GA), hat er im Rahmen der Erläuterung des Gutachtens eingeschränkt, dass die Anlegung eines Unterschenkelspaltgipses nicht zwingend erforderlich ist, sondern von Anfang an eine Orthese verordnet werden kann, wenn keine oder nur eine geringe Schwellung vorliegt und das Auftreten nicht sehr schmerzhaft ist (Bl. 183 GA). Selbst wenn man zugunsten der Klägerin in Betracht zieht, dass in ihrem Fall die Anlegung eines Unterschenkelgipses indiziert gewesen wäre, weil ihr rechtes Sprunggelenk zum Zeitpunkt der Diagnose stark angeschwollen gewesen war, ist nicht ersichtlich, dass die in diesem Fall erfolgte Verordnung einer Orthese an der Stelle eines Unterschenkelspaltgipses für die von der Klägerin geltend gemachten dauerhaften Folgen der Versteifung des Sprunggelenkes und der Talusnekrose ursächlich geworden ist. Insofern hat der gerichtliche Sachverständige Dr. M... überzeugend ausgeführt, dass es sich bei der Talusnekrose um eine zwar seltene, jedoch in 7 % derartiger Sprunggelenkdistorsionen vorkommende Nebenfolge handelt, die auf die Ursprungsverletzung, das Ausrutschen auf einem Pfirsich, zurückzuführen ist. Damit befindet sich der gerichtliche Sachverständige in Übereinstimmung mit dem für die Unfallversicherung erstellten Gutachten des die Klägerin weiterbehandelnden Dr. med. S... vom 20.12.2002 (Bl. 15 ff. GA), mit dem dieser ausgeführt hat, dass die Versteifung des rechten Sprunggelenkes und die Schädigung des Talus ursächlich auf das Unfallereignis, d. h. des Umknickens mit dem rechten Fuß am 06.10.2001, zurückzuführen sind. Da entscheidend nach den Feststellungen des Sachverständigen die Ruhigstellung des Sprunggelenkes ist, die auch durch eine Orthese erfolgen kann, fehlt es an dem Nachweis der Kausalität eines etwaigen, in dem Unterlassen der Anlegung eines Unterschenkelspaltgipses zu sehenden Behandlungsfehlers für die von der Klägerin geltend gemachten eingetretenen Dauerschäden. Eine Beweislastumkehr kommt der Klägerin dabei nicht zugute, insbesondere liegen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers, der zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich der Kausalität führen könnte, vor.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Gesellschafter der Beklagten hätten innerhalb der 10-Tages-Frist prüfen müssen, ob die konservative Behandlungsmethode den gewünschten Heilungserfolg gehabt hätte und ggf. eine Operation in Erwägung ziehen müssen. Eine solche Prüfung wäre im Streitfall schon deshalb nicht möglich gewesen, weil die Klägerin den angeordneten Kontrolltermin vier Tage nach der ersten Behandlung nicht wahrgenommen hat. Das in zweiter Instanz erstmals erfolgte Bestreiten dieses erstinstanzlich unstreitig gebliebenen Sachverhalts ist gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen. Erstinstanzlich hatte die Klägerin lediglich bestritten, dass sie über die Wahl zwischen konservativer und operativer Behandlungsmethode aufgeklärt worden sei und dass sie bei der Wiedervorstellung am 09.11.2001 keine Orthese getragen habe (vgl. Bl. 161 GA). Dementsprechend hat das Landgericht auch zutreffend im unstreitigen Teil des Tatbestandes wiedergegeben, dass die Klägerin den vier Tage nach dem 08.10.2001 angeordneten Kontrolltermin nicht wahrgenommen hat.

Ein Behandlungsfehler ist schließlich auch nicht darin zu sehen, dass seitens der Gesellschafter der Beklagten nicht bereits zu Beginn der Behandlung eine MRT-Untersuchung angeordnet worden ist. Eine MRT-Untersuchung zur Bestimmung der Diagnose war nicht erforderlich, da die zutreffende Diagnose bereits anhand der am 08.10.2001 veranlassten Röntgenbilder getroffen wurde. Der Sachverständige hat im Übrigen nachvollziehbar ausgeführt, dass im Jahre 2001 derartige MRT-Untersuchungen noch nicht zum ärztlichen Standard gehörten und er selbst ebenfalls noch am 09.11.2001 eine MRT-Untersuchung nicht angeordnet hätte (Bl. 183 GA). Es ist auch nicht ersichtlich, zu welchem Zweck die MRT-Untersuchung bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätte durchgeführt werden sollen. Eine Operation innerhalb der ersten 10 Tage wäre ohnehin nicht möglich gewesen, da das Sprunggelenk während dieser Zeit noch entzündet war. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zudem nicht fest, dass bei einer MRT-Untersuchung die Versteifung des Sprunggelenkes und die eingetretene Talusnekrose bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätten erkannt werden können, da nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Folgen darauf zurückgeführt werden können, dass die Orthese nicht konsequent getragen worden ist.

Die auf die gutachterlichen Äußerungen eines Dr. T... gestützten Einwände der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 15.03.2007 vermögen die Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. M... nicht in Frage zu stellen. Denn wie der Klägervertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert hat, beruhen die in dem Schriftsatz vom 15.03.2007 wiedergegebenen Ansichten des Dr. T... nicht auf einer von ihm vorgenommenen Untersuchung der Klägerin, auch ist danach nicht ersichtlich, dass der Gutachter von dem Inhalt der Behandlungsunterlagen im Einzelnen Kenntnis gehabt hat. Hingegen hat der gerichtliche Sachverständige Dr. M... seine Feststellungen anhand einer eingehenden Untersuchung der Klägerin getroffen und die von ihm ermittelten Ergebnisse, dass im Streitfall weder eine Operation noch eine MRT-Untersuchung zu einem früheren Zeitpunkt erforderlich waren, eingehend und nachvollziehbar begründet. Abgesehen davon ist das Vorbringen der Klägerin gem. den §§ 530, 296 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückzuweisen. Durch die Zulassung dieses Vorbringens würde der ansonsten entscheidungsreife Rechtsstreit verzögert, da in diesem Fall die Anberaumung eines neuen Verhandlungstermins erforderlich würde, zu dem der Sachverständige Dr. M... geladen werden müsste. Die Klägerin hat auch keine Gründe dafür angegeben, warum diese gegen das gerichtliche Sachverständigengutachten gerichtete Einwände nicht bereits innerhalb der gegebenenfalls verlängerten Berufungsbegründungsfrist hätten vorgebracht werden können. In diesem Fall hätte der Sachverständige Dr. M... bereits vorbereitend geladen werden können.

2. Ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht ist ebenfalls nicht gegeben. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin vor Beginn der Behandlung über die Wahlmöglichkeit zwischen konservativer und operativer Behandlung aufgeklärt worden ist. Im Streitfall bestand über die Möglichkeit einer operativen Behandlung ohnehin keine Aufklärungspflicht. Voraussetzung für eine Aufklärungspflicht ist, dass es sich um eine echte Behandlungsalternative handelt, d.h. die alternative Methode hätte bei gleichwertiger Heilungs- und Erfolgsaussicht eine geringere Risikobelastung aufweisen oder bei nach Art und Richtung gleichwertigen Belastungen und Risiken eine höhere Heilungs- bzw. Erfolgsaussicht versprechen müssen (vgl. Geiß/Greiner, a.a.O., Rn. C 29). Aufgrund der mit der Durchführung einer Operation verbundenen allgemeinen Risiken, die bei der Klägerin als bekannt vorausgesetzt werden können, ist nicht ersichtlich, dass eine Operation gegenüber der durchgeführten konservativen Behandlung eine geringere Risikobelastung aufgewiesen hätte. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass sie eine höhere Heilungs- bzw. Erfolgsaussicht versprochen hätte als die konservative Behandlung. Einer Aufklärung über eine anderweitige, gleichfalls medizinisch indizierte Methode bedarf es dann nicht, wenn die gewählte standardgemäße Therapie hinsichtlich ihrer Heilungsaussichten einerseits und ihrer Belastungen und Risiken für den Patienten andererseits der Behandlungsalternative gleichwertig oder vorzuziehen ist (vgl. Geiß/Greiner, a.a.O., Rn. C 22). Dies ist hier hinsichtlich der konservativen Behandlungsmethode der Fall. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen die operative Methode als Behandlungsalternative auch deshalb nicht in Betracht kam, weil das Sprunggelenk zum Behandlungszeitpunkt noch angeschwollen war. Nur vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass selbst bei Annahme einer Aufklärungspflicht und einer fehlenden Aufklärung ein Entscheidungskonflikt der Klägerin nicht plausibel dargelegt ist, da nicht glaubhaft ist, dass sich die Klägerin bei einer Wahl zwischen konservativer und operativer Behandlung für die operative Behandlung entschieden hätte, auch wenn sie darauf hingewiesen worden wäre, dass in 90 % aller Fälle auch die konservative Behandlung zu einer kompletten Ausheilung der Sprunggelenksverletzung führt.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 S. 1, 709 S. 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 3 ZPO i.V.m. § 47 Abs. 1 S. 1 GKG auf 36.310,07 € festgesetzt (Antrag zu 1. 15.000,00 €, Antrag zu 2. 16.310.07 €, Antrag zu 3. 5.000,00 €).

Ende der Entscheidung

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