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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 24.04.2008
Aktenzeichen: 12 U 194/07
Rechtsgebiete: VVG, ZPO, AKB, GKG


Vorschriften:

VVG § 1
VVG § 12
VVG § 12 Abs. 3
VVG § 12 Abs. 3 S. 2
VVG § 39
VVG § 39 Abs. 1
VVG § 39 Abs. 2
VVG § 39 Abs. 3
ZPO § 156
ZPO § 167
ZPO § 511
ZPO § 513
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 546
AKB § 8 Abs. 1
AKB § 8 Nr. 1
AKB § 10 Abs. 1
GKG § 14 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 194/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 24.04.2008

Verkündet am 24.04.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 03.04.2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski, den Richter am Oberlandesgericht Funder und den Richter am Oberlandesgericht van den Bosch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 23. August 2007 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 17 O 363/06, wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung von Deckungsschutz aus einem mit der Beklagten abgeschlossenen Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrag hinsichtlich eines Unfallereignisses vom 15.09.2004. Die Beklagte beruft sich auf Leistungsfreiheit wegen der Versäumung der Klagefrist sowie wegen nicht rechtzeitiger Zahlung einer Folgeprämie trotz qualifizierter Mahnung, wobei zwischen den Parteien im Streit steht, ob das Mahnschreiben vom 09.08.2004 dem Kläger zugegangen ist, und ein weiteres Schreiben vom 30.08.2004 als qualifizierte Mahnung anzusehen ist. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit am 23.08.2007 verkündeten Urteil hat das Landgericht unter Klageabweisung im Übrigen festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger für das Unfallereignis vom 15.09.2004 Versicherungsschutz zu gewähren hat. Zwar habe sich der Kläger jedenfalls mit der Zahlung der Folgeprämie für den Monat Juli 2004 in Verzug befunden. Auch genüge das Schreiben vom 09.08.2004 den Anforderungen an eine Fristsetzung und Belehrung im Sinne von § 39 Abs. 2, Abs. 3 VVG. Der Zugang dieses Schreibens beim Kläger sei indes - durch die Aussage der Zeugin R... - nicht nachgewiesen. Das Schreiben der Beklagten vom 30.08.2004 genüge den Anforderungen an eine qualifizierte Mahnung im Sinne von § 39 VVG nicht. So werde in dem Schreiben schon die erforderliche Zahlungsfrist von mindestens zwei Wochen nicht gesetzt, sondern ein Zahlungsverzug lediglich festgestellt. Schließlich sei auch die Klagefrist des § 12 VVG gewahrt. Der Kläger habe innerhalb von 6 Monaten nach Ablehnung der Leistung durch die Beklagte und Belehrung über die hieraus resultierenden Rechtsfolgen Klage erhoben und zugleich einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt. Er habe die Begründung der Klageforderung innerhalb von 2 Wochen beim Amtsgericht eingereicht. Der lange Zeitablauf bis zur Bewilligung der Prozesskostenhilfe sei nicht ihm, sondern dem Amtsgericht anzulasten. Dem Kläger sei auch nicht vorzuwerfen, dass er nicht auf ordnungsgemäße Bearbeitung seitens des Amtsgerichts gedrängt habe, da er das Verfahren zu diesem Zeitpunkt ohne anwaltliche Vertretung geführt habe. Zudem sei ein Verzicht der Beklagten auf Einhaltung der Klagefrist dadurch erfolgt, dass sie sich im Streitverfahren auf das Fristversäumnis nicht berufen habe. Wegen der weitergehenden Begründung wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 28.08.2007 zugestellte Urteil mit einem am 27.09.2007 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel mit einem am 26.10.2007 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte bezieht sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen nebst Beweisantritten. Sie ist der Auffassung, Leistungsfreiheit bestehe bereits nach § 12 Abs. 3 VVG. Das Landgericht habe zu Unrecht die Versäumung der Klagefrist von Amts wegen geprüft. Fehlerhaft sei auch die Auffassung, sie - die Beklagte - habe auf die Geltendmachung des Fristversäumnisses verzichtet. Ein Verzicht sei ihrem bisherigen Verhalten nicht zu entnehmen. Es könne offen bleiben, ob nicht bereits in ihren Hinweisen in den erstinstanzlichen Schriftsätzen vom 07.07. und 14.11.2006 darauf, dass eine wirksame Klagezustellung weiterhin nicht vorliege, ein Berufen auf das Fristversäumnis zu sehen sei. Jedenfalls berufe sie sich nunmehr ausdrücklich auf den Ablauf der Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die Klage ihr nicht demnächst im Sinne von § 167 ZPO zugestellt worden. Eine förmliche Zustellung der Klageschrift sei vielmehr überhaupt nicht erfolgt. Ihr sei lediglich erstmalig 4 Monate nach dessen Einreichung der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers zur Stellungnahme zugesandt worden. Ein Prozesskostenhilfeantrag wirke jedoch nur dann fristwahrend, wenn das Gesuch vor Ablauf der Klagefrist in ordnungsgemäßer Form, d. h. zusammen mit dem ausgefüllten Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Gericht eingehe. Hiervon sei vorliegend nicht auszugehen. Das auf der Rechtsantragsstelle beim Amtsgericht Bad Freienwalde am 25.04.2005 gefertigte Protokoll enthalte nämlich den Hinweis, dass ein Bescheid vom 18.12.2004 nachgereicht werde. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe sei auch erst mehr als ein Jahr nach Antragstellung im Juni 2006 erfolgt. Auch habe der Kläger aktiv auf die größtmögliche Beschleunigung hinwirken müssen, so hätte er durch regelmäßige Nachfragen und Aufforderungen das Verfahren fördern müssen. Verfehlt sei insoweit die Differenzierung des Landgerichts zwischen einer anwaltlich vertretenen und einer anwaltlich nicht vertretenen Partei. Auch einem anwaltlich nicht vertretenen Kläger sei zumutbar, sich bei Gericht nach dem Verfahrensstand zu erkundigen und erforderlichenfalls auf eine zügige Bearbeitung zu drängen. Weiterhin habe das Landgericht zu Unrecht eine Leistungsfreiheit nach § 39 VVG verneint. Insoweit sei die Beweiswürdigung fehlerhaft. Der Aussage der Zeugin R..., das Schreiben vom 09.08.2004 sei nicht zugegangen, könne nicht gefolgt werden. Schließlich handele es sich auch bei dem Schreiben vom 30.08.2004 in Zusammenschau mit dem beigefügten Formblatt um eine qualifizierte Mahnung. Das Schreiben sei als letzte Mahnung überschrieben und habe auf eine vorangegangene Erinnerung Bezug genommen. Zugleich sei der Kläger in dem Schreiben zur Zahlung aufgefordert worden. Im Formblatt sei er schließlich auf die Rechtsfolgen einer ausbleibenden Zahlung nach Ablauf der Zweiwochenfrist hingewiesen worden.

Die Beklagte beantragt,

das am 23.08.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 17 O 363/06, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger nimmt ebenfalls Bezug auf sein erstinstanzliches Vorbringen nebst Beweisantritten. Er wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag, dass er bereits am 25.04.2005 ausdrücklich eine Klage erhoben und nicht lediglich einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt habe. Weiterhin ist der Kläger der Ansicht, die Beklagte sei nunmehr an einer Berufung auf die Versäumung der Klagefrist gehindert, da sie mit Schriftsatz vom 03.04.2007 auf eine förmliche Zustellung der im Prozesskostenhilfeverfahren vorgelegten Schriftsätze und Anlagen verzichtet habe. Diese Erklärung beinhalte auch einen Verzicht auf die Geltendmachung der Versäumung der Klagefrist.

II.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Die Beklagte stützt ihr Rechtsmittel unter anderem darauf, das Landgericht habe zu Unrecht das Schreiben vom 30.08.2004 in Verbindung mit dem beigefügten Formblatt nicht als qualifizierte Mahnung im Sinne von § 39 VVG angesehen und deshalb nicht erkannt, dass sie jedenfalls aufgrund dieses Schreibens von ihrer Verpflichtung zur Gewährung von Versicherungsschutz frei geworden sei. Die Beklagte zeigt damit einen Rechtsfehler auf, auf dem das Urteil beruhen kann, §§ 513, 546 ZPO.

2. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung des Bestehens von Versicherungsschutz für das Unfallereignis vom 15.09.2004 aus § 1 VVG, § 10 Abs. 1 AKB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherungsvertrag mit der Versicherungs-Nr.: 0781544.

a) Dem Anspruch des Klägers steht nicht die Versäumung der Ausschlussfrist des § 8 Abs. 1 AKB bzw. § 12 Abs. 3 VVG entgegen, nach der der Versicherungsnehmer innerhalb von 6 Monaten nach Versagung des Versicherungsschutzes Klage erheben muss.

Allerdings ist es der Beklagten nicht versagt sich auf die Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG zu berufen. Grundsätzlich steht das Geltendmachen des Fristablaufs zur Disposition des Versicherers, ist vom Gericht mithin nur auf den ausdrücklichen Einwand des Versicherers zu beachten (BGH NJW 2006, S. 298; a. A. Prölls in Prölls/Martin, VVG, Kommentar, 27. Aufl., § 12 VVG, Rn. 45). Der Versicherer kann sich dabei auch erstmals in zweiter Instanz auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG berufen, jedenfalls wenn - wie vorliegend - sowohl der Umstand des Berufens auf den Fristablauf als auch die für die Beurteilung der Fristversäumnis maßgeblichen Umstände unstreitig sind (so BGH a. a. O.). Auch ein Verzicht der Beklagten auf die Einhaltung der Klagefrist liegt nicht vor. Das Unterlassen der Geltendmachung der Fristversäumnis in erster Instanz begründet für sich genommen keinen Verzicht des Versicherers auf die sich aus § 12 Abs. 3 VVG ergebenden Rechte. Ein Verzicht setzt vielmehr einen in einer Erklärung zum Ausdruck kommenden Verzichtswillen voraus, bei dessen Feststellung zu beachten ist, dass eine günstige Rechtsposition üblicherweise nicht ohne weiteres wieder aufgegeben werden soll (BGH a. a. O.). Dementsprechend müssen besondere Umstände vorliegen, aus denen der Wille zu entnehmen ist, sich seines Rechts zu begeben (ebenda). Vorliegend sind solche Umstände nicht gegeben. Insbesondere dem Schriftsatz der Beklagten vom 03.04.2007 lässt sich nicht entnehmen, dass die Beklagte über den Verzicht auf die förmliche Zustellung der bislang eingereichten Schriftsätze und Anlagen weitere Rechte aufgeben wollte. Der Schriftsatz bezweckte lediglich eine Vereinfachung des Verfahrens, nachdem das zunächst mit der Sache befasste Amtsgericht zu keinem Zeitpunkt eine förmliche Zustellung der Klageschrift veranlasst hatte. Das Berufen auf die Nichteinhaltung der Klagefrist in der Berufungsinstanz ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Es fehlt bereits an einem schützenswerten Vertrauen des Klägers in ein Verhalten der Beklagten. Die Beklagte hat sowohl vorgerichtlich als auch im Rechtsstreit erster Instanz deutlich gemacht, dass sie sich nicht zur Leistung verpflichtet sieht. Ein schutzwürdiges Interesse des Klägers dahin, dass neben dem Berufen auf Leistungsfreiheit wegen des Vorliegens einer qualifizierten Mahnung keine weiteren Einwendungen von der Beklagten erhoben würden, ist nicht ersichtlich und auch sachlich nicht gerechtfertigt.

Die Frist der §§ 8 Nr. 1 AKB, 12 Abs. 3 VVG ist vorliegend jedoch gewahrt. Der Kläger hat seinen Anspruch rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht. Die gerichtliche Geltendmachung setzt dabei neben der Einreichung einer Leistungs- oder Feststellungsklage auch deren Zustellung voraus, wobei die Zustellung "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgen muss (Prölss, a. a. O., § 12 VVG, Rn. 59). Zwar ist es vorliegend zu keinen Zeitpunkt zu einer förmlichen Zustellung einer Klage gekommen. Dem Zeitpunkt der Zustellung einer Klage ist jedoch nach Ansicht des Senats der Zeitpunkt des Verzichts auf eine förmliche Zustellung seitens der Beklagten gleichzustellen, der im Schriftsatz vom 03.04.2007 erfolgt ist und mit dem Eingang dieses Schriftsatzes bei Gericht am gleichen Tage wirksam geworden ist. Damit ist auch die Vorschrift des § 167 ZPO auf diesen Zeitpunkt entsprechend anzuwenden. Auch die übrigen Voraussetzungen einer rechtzeitigen gerichtlichen Geltendmachung sind erfüllt.

Die Beklagte hat Leistungen aufgrund des Unfalles vom 15.09.2004 mit Schreiben vom 22.10.2004 abgelehnt und zugleich auf die Sechsmonatsfrist zur gerichtlichen Geltendmachung hingewiesen, sodass der Belehrungspflicht des § 12 Abs. 3 S. 2 VVG genügt ist. Das Schreiben ist dem Kläger nach seinem unbestrittenen Vorbringen am 24.10.2004 zugegangen. Da der 24.04.2005 auf einen Sonntag fiel, lief die Klagefrist am 25.04.2005 ab. An diesem Tage hat der Kläger zu Protokoll der Rechtsantragsstelle des Amtsgerichts Bad Freienwalde erklärt, dass er Klage auf Feststellung unter anderem hinsichtlich der Deckungspflicht der Beklagten für den Schadensfall vom 15.09.2004 erhebe, und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.

Dahinstehen kann, ob das Vorgehen des Klägers so zu verstehen ist, dass eine Klageerhebung von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht werden sollte oder ob eine unbedingte Klageerhebung neben einem Antrag auf Prozesskostenhilfe erfolgen sollte. Grundsätzlich reicht die Einreichung eines Prozesskostenhilfegesuchs zur Wahrung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG aus, wenn das Gesuch vor Fristablauf in ordnungsgemäßer Form bei Gericht eingeht und der Antragsteller auch in der Folge alles ihm Zumutbare unternimmt, um eine Zustellung "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO herbeizuführen (BGH a. a. O.; NJW 1978, S. 938; NJW 1987, S. 255; NJW-RR 1989, S. 675; Prölls a. a. O., § 12 VVG, Rn. 64). Aus Sicht des Senates ist es nicht gerechtfertigt, die Fälle einer bedingten und einer unbedingten Klageerhebung unterschiedlich zu behandeln. In beiden Fällen kann der Antragsteller - sofern er einen hinreichenden Prozesskostenhilfeantrag eingereicht hat - zunächst davon ausgehen, dass dieser vom Gericht beschieden wird, bevor ein Kostenvorschuss angefordert wird. Auch erscheint es dem Senat nicht gerechtfertigt, im Falle einer unbedingten Klageeinreichung vom Kläger zugleich zu verlangen einen Antrag nach § 14 Nr. 3 GKG auf Zustellung der Klageschrift ohne Einforderung eines Kostenvorschusses zu stellen, da er hierdurch ungerechtfertigt gegenüber demjenigen benachteiligt würde, der die Klageerhebung von vornherein von der Gewährung der Prozesskostenhilfe abhängig gemacht hat.

Der Kläger hat am Tage des Ablaufs der Klagefrist einen Prozesskostenhilfeantrag in ordnungsgemäßer Form gestellt. Nicht erforderlich ist insoweit die Einreichung einer Klagebegründung, es genügt vielmehr, wenn diese eingereicht wird, sobald über das Prozesskostenhilfegesuch entschieden worden ist (BGH NJW-RR 1989, a. a. O.). Entgegen der Annahme der Beklagten besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, dass dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 25.04.2005 nicht die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt gewesen ist. In der gefertigten Niederschrift ist lediglich festgehalten, dass ein Bescheid vom 18.12.2004 nachgereicht wird. Bereits hieraus folgt, dass andere Unterlagen, insbesondere auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, am Tage der Antragstellung bereits vorgelegen haben.

Der Senat sieht ferner trotz des langen Zeitraums zwischen dem Tag der Einreichung des Prozesskostenhilfegesuchs (25.04.2005) und dem Tag des Verzichts auf eine förmliche Zustellung (03.04.2007) die Anforderungen des § 167 ZPO noch als erfüllt an. Ob eine Zustellung noch "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO erfolgt ist, kann nicht aus einer rein zeitlichen Betrachtungsweise bestimmt werden, die Vorschrift will die Parteien vor Nachteilen durch eine verzögerte Zustellung von Amts wegen bewahren, die innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebes liegen und von den Parteien nicht beeinflusst werden können, sodass einer Partei nur solche Verzögerungen zurechenbar sind, die sie oder ihr Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können (BGH NJW 2005, S. 1194; NJW 1991, S. 1745; Häublein in MüKo, 3. Aufl., § 167 ZPO, Rn. 12). Dabei ist der Partei das Unterlassen einer Handlung nur vorzuwerfen, wenn feststeht, dass diese zu einer Verkürzung des Verfahrens geführt hätte (BGH VersR 2007, S. 221). Grundsätzlich ist es dem Antragsteller in diesem Zusammenhang auch zuzumuten, nach dem Sachstand des Verfahrens nachzufragen, insbesondere auch im Hinblick auf die schutzwürdigen Belange der Gegenpartei, die möglichst frühzeitig von der im Klagewege geltend gemachten Forderung Kenntnis erlangen muss, um sich entsprechend einrichten zu können (vgl. BGH NJW 1978, S. 215; ; Roth in Stein/Jonas, ZPO, Kommentar, 22. Aufl., § 167, Rn. 12 f). Zwar hält es der Senat nicht für unbedenklich, dass der Kläger einen Zeitraum von mehr als drei Monaten hat verstreichen lassen, ohne nach dem Sachstand beim Amtsgericht nachzufragen, das erstmals durch Verfügung vom 14.08.2005 von sich aus in der Sache tätig geworden ist, indem es eine Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Karlsruhe angeregt und zugleich die Übersendung von Prozesskostenhilfeantrag und zwischenzeitlich eingegangener Klagebegründung an die Beklagte veranlasst hat. Es ist nach den Besonderheiten des vorliegenden Falles jedoch nicht anzunehmen, dass das Amtsgericht über den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers bei einer vorhergehenden Nachfrage schon vor dem 14.08.2005 entschieden hätte. Zwar mag bei einer Verzögerung bei der Anforderung des Kostenvorschusses oder bei der Zustellung der Klageschrift eine Nachfrage regelmäßig zu einer Beschleunigung führen. Es erscheint indes schon zweifelhaft, ob es den von der Beklagten insoweit in Bezug genommenen "normalen Geschäftsablauf" auch bei der Bearbeitung des Prozesskostenhilfeantrages gibt, da dieser eine umfassende Prüfung der Sach- und Rechtslage erfordert. Vorliegend hat das Amtsgericht jedoch ohnehin nach der Verfügung vom 14.08.2005 noch einen weiteren Zeitraum von knapp 10 Monaten benötigt, bis es über den Prozesskostenhilfeantrag - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - entschieden hat. Es lässt sich danach nicht annehmen, dass das Amtsgericht aufgrund einer einfachen oder auch wiederholten Sachstandsanfrage im Zeitraum bis zum 14.08.2005 seine Entscheidung innerhalb der dreieinhalb Monate bis zum Tage seiner ersten Verfügung getroffen und damit den schützenswerten Interessen der Beklagten Rechnung getragen hätte. Es ist insoweit zu beachten, dass die Beklagte von dem gegen sie betriebenen Klageverfahren durch die formlose Übersendung der Unterlagen aufgrund der richterlichen Verfügung vom 14.08.2005 Kenntnis erhalten hat und sich ab diesem Zeitpunkt auf eine Inanspruchnahme einrichten konnte, sodass zu einem späteren Zeitpunkt eine Nachfrage zur Beschleunigung des Verfahrens zur Wahrung der berechtigten Belange des Gegners nicht mehr erforderlich war und dem Kläger das Unterlassen weiterer Nachfragen nach diesem Zeitpunkt entsprechend dem Schutzzweck des § 167 ZPO nicht mehr anzulasten ist.

Unschädlich ist schließlich auch, dass der Kläger nicht nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe auf eine Zustellung der Klageschrift ausdrücklich hingewirkt hat. Es ist schon nicht ersichtlich, dass es für den Kläger erkennbar war, dass die Zustellung der Klageschrift nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht erfolgt ist. Er durfte vielmehr darauf vertrauen, dass das Amtsgericht die erforderlichen Handlungen von sich aus vornehmen würde. Zwar hat die Beklagte im weiteren Verfahrensverlauf auf die nach wie vor fehlende förmliche Zustellung hingewiesen. Auch auf diesen Hinweis hin durfte der Kläger aber davon ausgehen, dass das Amtsgericht nunmehr die Zustellung der Klage veranlassen würde.

b) Die Beklagte ist von ihrer Verpflichtung zur Leistung auch nicht nach § 39 Abs. 2 VVG frei geworden ist.

Die Beklagte hat den Zugang einer qualifizierten Mahnung im Sinne von § 39 Abs. 1 VVG beim Kläger nicht bewiesen. Zutreffend hat das Landgericht den Nachweis des Zugangs der Mahnung vom 09.08.2004 nach Durchführung der Vernehmung der Zeugin R... nicht als geführt angesehen. Die Zeugin hat bekundet, der Kläger (und sie) hätten lediglich das Mahnschreiben vom 30.08.2004, nicht aber das Schreiben vom 09.08.2004 erhalten. Auch aus dem Schreiben vom 30.08.2004 folgt jedoch bereits, dass ein Versicherungsschutz wegen eines vorhandenen Beitragsrückstandes nicht besteht, sodass sich auch hieraus die Angaben der Zeugin in ihrem Schreiben vom 14.02.2005 an die Beklagte erklären lassen, sie - die Zeugin -habe ihren Mitfahrern mitgeteilt, dass zurzeit kein Versicherungsschutz existiere. Die Zeugin hat zudem nachvollziehbar dargelegt, dass sie den Passus in dem Schreiben vom 30.08.2004, in dem auf eine vorangegangene Erinnerung hingewiesen wird, nicht als überraschend empfunden habe, weil sie üblicherweise an jedem Monatsanfang eine Zahlungsaufforderung bekommen habe.

Das Schreiben der Beklagten vom 30.08.2004 ist schließlich nicht als qualifizierte Mahnung im Sinne von § 39 Abs. 1 VVG anzusehen. Voraussetzung einer solchen Mahnung ist, dass der Versicherungsnehmer umfassend über die ihm drohenden Säumnisfolgen sowie die ihm offen stehenden Möglichkeiten belehrt wird, wobei eine Verweisung auf den auf der Rückseite befindlichen Gesetzeswortlaut nicht reicht, wenn dieser im Widerspruch zu der auf der Vorderseite befindlichen unvollständigen Belehrung steht oder wenn auf der Rückseite eine Vielzahl von Belehrungen, die den konkreten Vertrag nicht betreffen, aufgeführt ist (BGH VersR 1999, S. 1525; Knappmann in Prölls/Martin, a. a. O., § 39 VVG, Rn. 20). Das Schreiben vom 30.08.2004 ist schon deshalb nicht hinreichend im vorgenannten Sinne, weil es nicht auf erst noch eintretende Rechtsfolgen, nämlich den Verlust des Versicherungsschutzes, hinweist, sondern schon vom Fehlen des Versicherungsschutzes ausgeht. Im Schreiben wird lediglich nochmals die Zahlung angemahnt.

c) Weitere Gründe, die einer Leistungspflicht der Beklagten entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich.

3. Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 08.04.2008 gibt keinen Anlass die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, § 156 ZPO.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 2 ZPO.

Im Hinblick auf die - soweit ersichtlich - bislang höchstrichterlich nicht geklärte analoge Anwendung des § 167 ZPO im Falle eines Verzichts auf die förmliche Zustellung der Klageschrift war die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Der Streitwert für den Rechtsstreit wird auf 42.584,99 € festgesetzt, §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO (80 % der von der Beklagten bislang beglichenen Forderungen von 40.731,24 € zzgl. 10.000,00 € für die weiteren gegenüber der Beklagten angezeigten Forderungen). Der vom Landgericht für das erstinstanzliche Verfahren festgesetzte Streitwert war gem. § 63 Abs. 3 GKG abzuändern.

Wert der Beschwer für die Beklagte: 42.584,99 €.

Ende der Entscheidung

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