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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: 12 U 207/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 278
BGB § 538 Abs. 1
BGB § 538 Abs. 1 Nr. 4
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 831
BGB § 831 Abs. 1
BGB § 831 Abs. 1 S. 2
BGB § 847
ZPO § 516 Abs. 3
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 538 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 207/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 12.07.2007

Verkündet am 12.07.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski sowie die Richter am Oberlandesgericht Beckmann und Funder

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten zu 2. gegen das am 28. September 2006 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam, Az.: 11 O 229/01, wird zurückgewiesen und die Sache wird zur Entscheidung über die Höhe des geltend gemachten Anspruchs an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Beklage zu 3. wird des eingelegten Rechtsmittels für verlustig erklärt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu 2. zu tragen, hinsichtlich der Gerichtskosten zu 1/4 und hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten zu 1/2 als Gesamtschuldner mit der Beklagten zu 3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte zu 2. kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund von ihr behaupteter Behandlungsfehler und Aufklärungspflichtverletzungen. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt erster Instanz wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.

Das Landgericht hat durch Teilgrund- und Teilendurteil die Klage gegen den Beklagten zu 1. abgewiesen und hat hinsichtlich der Beklagten zu 2. und 3. die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und zugleich festgestellt, dass die Beklagten zu 2. und 3. verpflichtet sind, sämtliche künftigen Schäden im Zusammenhang mit der Operation vom 23.07.1998 zu ersetzen. Das Landgericht hat hinsichtlich sämtlicher Beklagten einen Behandlungsfehler nicht für erwiesen erachtet, hat aber hinsichtlich der Beklagten zu 2. und 3. einen Aufklärungsfehler als gegeben festgestellt, wobei nach Rücknahme der Berufung durch die Beklagte zu 3. Gegenstand des Berufungsverfahrens nur noch der Anspruch gegen den Beklagten zu 2. ist. Der Beklagte zu 2. habe die Pflicht gehabt, die Klägerin darüber aufzuklären, dass er sie im Falle eines positiven Krebsbefundes durch die Schnellschnittuntersuchung in ein Krankenhaus zur Nachoperation überweisen werde und habe weiter darüber aufzuklären gehabt, dass als Alternative zu dieser Vorgehensweise auch die Möglichkeit bestehe, das Ergebnis der weiteren pathologischen Untersuchung abzuwarten, um in Ruhe die weitere Vorgehensweise zu überlegen. Ausweislich der Gutachten des Dr. A... und des Prof. Dr. M... sei die hier an den Tag gelegte Eile nicht geboten gewesen. Die erforderliche Aufklärung habe der hierfür darle-gungs- und beweispflichtige Beklagte zu 2. nicht bewiesen. Ein Aufklärungsbogen liege nicht vor. Der als Zeuge vernommene Dr. Sch... habe sich an Einzelheiten nicht erinnern können. Insbesondere habe er nicht mehr gewusst, ob im vorliegenden Fall Aufklärungsgespräche durchgeführt worden seien, sondern habe nur allgemein bekundet, dass Aufklärungsgespräche in der Regel vorher durchgeführt würden. Ein solcher Hinweis auf die ständige Übung genüge jedoch nicht, wenn die Tatsache eines Gespräches als solchem zwischen den Parteien streitig sei. Darüber hinaus habe die Klägerin auch nachvollziehbar einen Entscheidungskonflikt dargelegt. Sie habe plausibel erklärt, sie hätte sich zunächst Gedanken darüber gemacht, an welche Ärzte und Kliniken sie sich wenden würde. Für etwaige Versäumnisse des Herrn Dr. Sch... als Vertreter des Beklagten zu 2. sei Letztgenannter nach § 278 BGB bzw. § 831 BGB verantwortlich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.

Die Beklagten zu 2. und 3. haben gegen das ihnen am 26.09.2006 bzw. 27.09.2006 zugestellte Urteil mit einem am 06.11.2006 bzw. 26.10.2006 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die der Beklagte zu 2. mit einem am 05.01.2007 nach entsprechender Fristverlängerung eingegangenen Schriftsatz begründet hat, während der Beklagte zu 3. seine Berufung mit Schriftsatz vom 05.01.2007 zurückgenommen hat.

Der Beklagte zu 2. vertritt in Bezug auf das Vorliegen eines Aufklärungsfehlers eine andere als die vom Landgericht dargestellte Rechtsauffassung und nimmt in diesem Zusammenhang im Wesentlichen Bezug auf seine Ausführungen in erster Instanz. Es sei nicht richtig, dass eine korrekte regelmäßige Aufklärung nur dann anzunehmen sei, wenn die Tatsache des Aufklärungsgespräches zwischen den Parteien außer Streit stehe. Die in diesem Zusammenhang vom Landgericht zitierte Entscheidung des "OLG Brandenburg" sei auf den vorliegenden Fall nicht uneingeschränkt anwendbar. An die Beweisführung des Arztes dürften hinsichtlich einer erfolgten Aufklärung keine zu hohen oder unbilligen Anforderungen gestellt werden, sondern den Angaben des Arztes sei grundsätzlich Glauben zu schenken, wenn sie schlüssig seien. Unabhängig von einer Dokumentation könne sich ein Indiz für die Vornahme einer Aufklärung auch aus anderen Umständen ergeben, die bereits in erster Instanz umfangreich vorgetragen worden seien. Darüber hinaus habe der Eingriff in der Praxis des Beklagten zu 2. keine schädigenden Folgen gehabt, sondern erst der Eingriff bei der Beklagten zu 3., der aber nicht dem Beklagten zu 2. zugerechnet werden könne. Im Übrigen sei eine Aufklärung auch nicht notwendig gewesen, da bereits eine Voraufklärung durch die in Sachen Krebs spezialisiertere Gynäkologin erfolgt sei. Außerdem habe es sich um einen einfachen Eingriff gehandelt, bei dem lediglich allgemeine OP-Risiken bestanden hätten, über die nicht hätte aufgeklärt werden müssen. Schließlich könne auch eine hypothetische Einwilligung angenommen werden. Der erstinstanzliche Vortrag des Beklagten zu 2. hierzu sei substanziiert und von der Klägerin nicht entkräftet worden.

Der Beklagte zu 2. beantragt,

das Urteil vom 28.09.2009 (gemeint ist 2006) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen sowie die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne von einer hinreichenden Aufklärung nicht ausgegangen werden. Eine etwaige - zu bestreitende -Voraufklärung durch die überweisende Gynäkologin entpflichte den Beklagten zu 2. nicht zu einer seinerseits vorzunehmenden Aufklärung. Hinsichtlich der Ausführungen des Beklagten zu 2. zur fehlenden Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den bei der Klägerin eingetretenen Schaden sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 2. bzw. sein Vertreter die sofortige Einweisung zur Nachresektion im Hause der Beklagten zu 3. veranlasst habe. Da die Schnellschnitt-OP mangels aufgeklärter Einwilligung rechtswidrig gewesen sei, hafte der Beklagte zu 2. konsequenterweise auch für die aufgrund der unterlassenen Aufklärung bei der Beklagten zu 3. aufgetretenen Schäden.

II.

Soweit die Beklagte zu 3. die Berufung zurückgenommen hat, war sie gem. § 516 Abs. 3 ZPO des eingelegten Rechtsmittels für verlustig zu erklären mit der Folge, dass ihr auch die Kosten der Berufung aufzuerlegen waren.

Die zulässige Berufung des Beklagten zu 2. hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 2. ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung des Behandlungsvertrages sowie aus §§ 823 Abs. 1, 831, 847 BGB dem Grunde nach zu.

1.

Zu Recht ist das Landgericht von einem Aufklärungsfehler in Bezug auf den Behandlungsvertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2. ausgegangen. Durch die vom Arzt vorzunehmende Aufklärung soll der Patient Art und Schwere des Eingriffs erkennen. Dazu müssen ihm die Risiken nicht in allen denkbaren Erscheinungsformen dargestellt werden, sondern es genügt ein allgemeines Bild von der Schwere und Richtung des konkreten Risikos (vgl. Steffen/Dressler, Arzthaftungsrecht, 9. Aufl., Rn. 580 ff; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 5. Aufl., C II Rn. 4 ff). Dabei verlangt bereits eine ordnungsgemäße Behandlungsaufklärung die Erläuterung der Tragweite des Eingriffs, wozu auch vorhersehbare Operationserweiterungen gehören (vgl. Geiß/Greiner, a.a.O., Rn. 20). Zu Recht ist das Landgericht in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 2. die Pflicht zur Aufklärung der Klägerin darüber hatte, dass je nach Befund der Schnellschnittuntersuchung auch eine sofortige Einweisung in ein Krankenhaus zur Nachoperation erforderlich werden kann. Davon geht auch der Beklagte zu 2. aus, der im Rahmen seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 16.12.2004 angegeben hat, dass im Falle der Diagnostizierung einer bösartigen Erkrankung eine zweite OP in Betracht kommt, die nicht mehr in seiner Praxis durchgeführt wird, wenn in der Nähe großer Blutgefäße operiert werden müssen. Für diese Fälle bestehe eine Absprache mit der Beklagten zu 3. Dies werde den Patienten auch so mitgeteilt. Dass eine solche gebotene Aufklärung im vorliegenden Fall aber tatsächlich erfolgt ist, kann nicht festgestellt werden. Unabhängig davon, dass die Operation letztendlich von dem Streitverkündeten Dr. Sch... vorgenommen wurde, fand am 13.07.1998 eine Voruntersuchung statt, die unstreitig noch der Beklagte zu 2. selbst vorgenommen hat und der die Schnellschnittuntersuchung für sachgerecht erachtet hat, weil der Befund nicht eindeutig war. Bereits den Angaben des Beklagten zu 2. in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht kann nicht hinreichend klar entnommen werden, dass die Klägerin über die mögliche zweite Operation in einer Klinik aufgeklärt wurde, wobei sich der Beklagte zu 2. auch nicht mit Erfolg darauf berufen kann, eine solche Aufklärung entspreche der Üblichkeit. Der Senat verkennt nicht, dass an den dem Arzt obliegenden Beweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung des Patienten keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen (BGH NJW 1985, 1399). Es bedarf zur Nachweisführung auch nicht zwingend einer Dokumentation des Aufklärungsgespräches in den Patientenunterlagen, wobei in Fällen, in denen die Tatsache eines Gespräches zwischen den Parteien unstreitig ist, es nicht unbedingt darauf ankommt, ob der Arzt sich noch an den Patienten und an die konkreten Inhalte des einzelnen Gespräches erinnern kann, sondern es kann auch genügen, auf eine so genannte ständige Praxis zu verweisen (vgl. dazu auch der 1. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, NJW-RR 2000, 398, 400). Ist aber streitig, ob überhaupt ein Aufklärungsgespräch stattgefunden hat und existieren auch keine sonstigen Unterlagen wie z. B. ein Fragebogen über die Durchführung eines Aufklärungsgespräches, so können sich Zweifel daran ergeben, ob vorliegend tatsächlich eine hinreichende Aufklärung der Klägerin stattgefunden hat. Solche Zweifel bestehen auch hier. Der Beklagte zu 2. räumt selbst ein, dass der Umfang der Aufklärung nicht immer gleich ist, sondern die Gespräche auch nach dem Alter und der Verständnismöglichkeit der Patienten ausgerichtet werden und auch die Besorgnis der Patienten die Ausführlichkeit des Gespräches mitbestimmt. Daraus wird deutlich, dass es eine generelle Übung in Bezug auf den Umfang der Aufklärung nicht gibt. Der Beklagte zu 2. hat erklärt, auf die diversen Möglichkeiten der Diagnose und Therapie werde hingewiesen, vielleicht aber auch nicht so detailliert, wie er dies zuvor geschildert habe, sondern ausgerichtet an der Patientin selbst. Sollte sich nach der Untersuchung - so der Beklagte zu 2. - keine Bösartigkeit des Gewebes herausstellen, werde die Nachsorge und die Versorgung der Patientin selbst vorgenommen, was auch erklärt werde. Daraus folgt aber nicht, dass der Patientin auch erklärt wird, dass im Falle eines positiven Befundes eine sofortige Weiterleitung an eine Klinik zur Nachoperation notwendig werden kann. Dass dahingehende Hinweise offenbar nur mit größerer Zurückhaltung erteilt werden, folgt auch daraus, dass nach den Angaben des Beklagten zu 2. ein erläuterndes Gespräch, das zu einer Verunsicherung der Patientin führen könnte, zunächst nicht angeboten wird. Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 2. nach dem Abtasten davon ausgegangen ist, dass der Knoten nicht auf eine bösartige Erkrankung zurückzuführen ist. Auch vor diesem Hintergrund erscheint es gut möglich, dass eine Aufklärung in Bezug auf die Folgen eines andersartigen Befundes nur oberflächlich oder möglicherweise auch gar nicht erfolgt ist, weil aus der Sicht des Beklagten zu 2. mit einem solchen Befund eigentlich kaum zu rechnen war. Eine "Panikmache" kann in einer Aufklärung zu den Folgen eines positiven Befundes nicht gesehen werden, sondern es kann der Patientin durchaus sachlich vermittelt werden, was auf sie zukommt, wenn sich ein positiver Befund ergibt, so dass sich die Patientin entsprechend vorbereiten kann und sich u. a. auch Gedanken darüber machen kann, in welches Krankenhaus sie eingewiesen werden möchte, wenn es zu einer für sie ungünstigen Diagnose kommt und überdies Zeitdruck bestehen sollte.

Der Vortrag der Klägerin, sie habe gewusst, dass das Gewebe entfernt und zur Sicherheit pathologisch untersucht werden sollte, von einer möglichen weiteren Operation sei aber nichts gesagt worden, ist nicht nur nicht durch die Angaben des Beklagten zu 2. widerlegt worden, sondern auch nicht durch die Bekundungen des als Zeugen vernommenen Streitverkündeten Dr. Sch..., der zu den Vorgesprächen nichts hat sagen können, andererseits aber klar angegeben hat, dass eine Aufklärung unmittelbar vor der Operation durch ihn nicht erfolgt ist, da zu diesem Zeitpunkt hierfür keine Zeit mehr war. Unabhängig von dem vom Zeugen beschriebenen Zeitproblem dürfte eine Aufklärung zu diesem Zeitpunkt ohnehin zu spät gewesen sein. Demgegenüber wird aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M... deutlich, dass er Versäumnisse in einer sachgerechten Aufklärung sieht, und zwar auch bereits beim Beklagten zu 2. und nicht erst im Hause der Beklagten zu 3. Der Sachverständige führt aus, dass die Klägerin einer ungewöhnlichen Belastung ausgesetzt gewesen sei, jedenfalls nach der OP, nachdem ihr, noch unter den Nachwirkungen der Narkose, mitgeteilt worden sei, sie habe Brustkrebs. Das sei nur vertretbar, wenn eine ausführliche Aufklärung vorweg in der Praxis des Beklagten zu 2. erfolgt wäre. Daraus ist zu entnehmen, dass der Sachverständige die Einwilligung zur Folge-OP nur dann als akzeptabel betrachtet, wenn die Klägerin zuvor über die Möglichkeiten einer solchen OP aufgeklärt worden wäre. Hierfür sieht er, für den Senat gut nachvollziehbar, den Beklagten zu 2. als verantwortlich. Wie ausgeführt, konnte der Beklagte zu 2. den Nachweis einer solchen Aufklärung nicht führen.

Darüber hinaus hätte bereits der Beklagte zu 2. bei dem im Rahmen der Voruntersuchung mit der Klägerin geführten Gespräch, spätestens aber der Streitverkündete Dr. Sch... nach Erhalt des positiven Befundes die Klägerin darauf hinweisen müssen, dass neben einer sofortigen Einweisung in ein Krankenhaus noch am selben Tag auch die Möglichkeit besteht, das Ergebnis der weiteren pathologischen Untersuchung abzuwarten. Sowohl der Sachverständige Dr. A... als auch der Sachverständige Prof. Dr. M... haben zum Ausdruck gebracht, dass sie das Vorgehen für übereilt erachteten, wobei sie in letzter Konsequenz in der sofortigen Weiterbehandlung keinen Behandlungsfehler gesehen haben, sondern das Vorgehen als "grenzwertig" verantwortbar angesehen haben (so ausdrücklich der Sachverständige Prof. Dr. M...). War danach die Durchführung der Folgeoperation nicht nachweisbar medizinisch fehlerhaft, so war in ihr aber auch nicht die einzig in Betracht kommende Behandlungsalternative zu sehen, worüber die Klägerin hätte aufgeklärt werden müssen. In diesem Zusammenhang überzeugt es nicht, wenn der Beklagte zu 2. meint, er habe keinen Einfluss darauf gehabt, dass noch am selben Tag im Krankenhaus eine Operation durchgeführt werden würde. Mit dieser Möglichkeit musste zumindest gerechnet werden, zumal er bzw. der Streitverkündete offenbar gegenüber der Klägerin und gegenüber der Beklagten zu 3. deutlich signalisiert hatte, dass aufgrund des vorliegenden Befundes die Klägerin an Brustkrebs erkrankt sei. Dass dies eine ihm nicht vorwerfbare Fehldiagnose war, führt dazu, dass ihm kein Behandlungsfehler vorzuwerfen ist. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass er der Klägerin hätte vermitteln müssen, dass es neben einer sofortigen Einweisung jedenfalls mit der Möglichkeit einer sofortigen Operation auch noch die Möglichkeit des Abwartens gibt und er hätte in diesem Zusammenhang der Klägerin die jeweiligen Risiken vermitteln müssen, damit sie in die Lage versetzt wird zu entscheiden, ob sie sich einer sofortigen Operation unterzieht oder nicht noch ein oder zwei Tage abwartet, bis das endgültige Ergebnis vorliegt. Es hätte der Klägerin vor Augen geführt werden müssen, dass eine sofortige Einweisung in eine Klinik zur Nachresektion nicht die einzig in Betracht kommende Behandlungsalternative zu der erstellten Diagnose war, anstatt, wie hier geschehen, die Dringlichkeit zu dramatisieren. Dass dies hier so war, ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M... hierzu.

Der Hinweis des Beklagten zu 2. auf eine bereits von der überweisenden Gynäkologin vorgenommene Voraufklärung überzeugt nicht. Eine etwaige Voraufklärung der Gynäkologin entpflichtete den Beklagten zu 2. nicht von einer Aufklärung in Bezug auf die Folgen eines für die Klägerin positiven Befundes. Der Vorwurf der mangelnden Aufklärung steht nicht in Beziehung zur Durchführung der Behandlung selbst, sondern es geht um eine Aufklärung in Bezug auf das weitere Prozedere nach der Durchführung einer Schnellschnittuntersuchung. Der Beklagte zu 2. hat nicht plausibel vorgetragen, aus welcher Erkenntnis er ableitet, dass die Gynäkologin Dr. W... eine dahingehende Aufklärung vorgenommen haben soll. Im Gegenteil ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M..., dass diese sich gar nicht sicher war, was überhaupt zu tun sei, wie sich aus dem Überweisungsschein der Gynäkologin an den Beklagten zu 2. ergebe. Unabhängig davon kann dem Vortrag des Beklagten zu 2. jedenfalls nicht entnommen werden, dass die Gynäkologin darauf hingewiesen haben soll, dass im Falle eines positiven Befundes zwar eine sofortige Nachresektion in Betracht kommen kann, diese aber nicht die einzige Möglichkeit darstellt, jedenfalls nicht zwingend noch am gleichen Tag. Da es an hinreichend plausiblem Vortrag des Beklagten zu 2. zu einer bereits von der Gynäkologin vorgenommenen Aufklärung in der Weise, wie sie hier zu fordern ist, gekommen ist, fehlt, bedurfte es auch einer Vernehmung der Gynäkologin als Zeugin nicht, und zwar unabhängig von der Frage, ob der erstmals mit Schriftsatz vom 04.04.2007 erfolgte Beweisantritt überhaupt noch gem. § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen wäre, was zu verneinen sein dürfte, da seitens des Beklagten zu 2. bereits in erster Instanz Veranlassung bestanden hätte, hierzu substanziiert und unter Beweisantritt vorzutragen. Dass das Landgericht auf diesen Gesichtspunkt in den Entscheidungsgründen nicht detailliert eingegangen ist, entpflichtete den Beklagten zu 2. nicht, zu dieser Fragestellung bereits in erster Instanz vollständig und unter Beweisantritt vorzutragen.

2.

Von einer mutmaßlichen Einwilligung der Klägerin, für deren Vorliegen der Beklagte zu 2. beweispflichtig ist, kann nicht ausgegangen werden. Die Klägerin hat plausible Gründe dafür dargelegt, dass sie sich in einem echten Entscheidungskonflikt befunden hätte, wenn es zu einer sachgerechten Aufklärung gekommen wäre. Die Anforderungen an die Plausibilität dürfen nicht zu streng ausgerichtet sein und sind am verständigen Patienten auszurichten (Steffen/Dressler, a.a.O., Rn. 443 m.w.N.). Es reicht deshalb aus, wenn plausibel dargestellt werden kann, der Patient hätte sich die Sache noch einmal überlegt, mit einem anderen Arzt oder mit Verwandten gesprochen oder auch eine andere Klinik aufgesucht (vgl. auch BGH VersR 1996, 1239 ff). Konkrete Angriffe in Bezug auf die Feststellungen des Landgerichts zum Vorliegen eines Entscheidungskonfliktes enthält die Berufungsbegründung nicht. Es wird lediglich Bezug genommen auf die Angaben im Schriftsatz vom 14.07.2006, mit dem ausgeführt wurde, dass die Patientinnen in Fällen des Verdachtes auf einen bösartigen Tumor auf eine Operation in der Regel drängen würden, weshalb es bei lebensnaher Betrachtung nahe liege, dass eine Entfernung des Knotens dem Wunsch der Klägerin entsprochen habe. Die im Nachhinein erfolgte Fehldiagnose müsse bei dieser Bewertung unberücksichtigt bleiben. Letzteres mag so sein; es bleibt aber dabei, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen ist, dass das schnelle Handeln übereilt war und deshalb durchaus Raum war für eine Aufklärung durch die behandelnden Ärzte. Von vornherein zu unterstellen, jede Patientin, die mit der Diagnose eines bösartigen Tumors konfrontiert wird, wird sich ohne jede weitere Überlegung sofort dafür entscheiden, noch wenige Stunden später, ohne dass sämtliche Untersuchungsergebnisse vorliegen, eine weitere Operation durchzuführen, ist nicht veranlasst. Trotz des steigenden Infektionsrisikos ist nach den Angaben des Sachverständigen eine Nachoperation noch am gleichen Tag nicht zwingend veranlasst. Deshalb hätten der Klägerin die jeweiligen Risiken in Bezug auf ein vorläufiges Unterlassen der Nachresektion einerseits und in Bezug auf ein sofortiges Handeln andererseits vor Augen geführt werden müssen, um ihr die Möglichkeit zu geben, sich mit ihrer Familie zu besprechen und zu überlegen, ob sie die Operation in dem vom Arzt vorgeschlagenen Krankenhaus durchführen lassen möchte, oder möglicherweise in einem anderen Krankenhaus. Insbesondere hätte sich die Klägerin in Ruhe dahingehend Gedanken machen können, wenn sie bereits im Rahmen der Voruntersuchung darauf hingewiesen worden wäre, dass es überhaupt zu einer solchen Situation kommen kann.

3.

Für die diesbezüglichen Versäumnisse haftet der Beklagte zu 2. sowohl aus Vertrag als auch aus Delikt selbst, da die Versäumnisse der Voruntersuchung auf sein eigenes Verhalten zurückgehen. Nur soweit zusätzlich ein weiterer Aufklärungsfehler im Zeitpunkt des Vorliegens der Diagnose in Betracht kommt, ist Raum für die Heranziehung von § 831 BGB, da insoweit der Streitverkündete Dr. Sch... gehandelt hat. Insoweit können die Voraussetzungen des § 831 Abs. 1 BGB als gegeben erachtet werden. Für das dafür erforderliche Weisungsrecht ist ausreichend, dass der Geschäftsherr die Tätigkeit des Handelnden jederzeit beschränken, untersagen oder nach Zeit und Umfang bestimmen kann (Palandt-Sprau, 66. Aufl., § 831 Rn. 6). Dass der Streitverkündete in Bezug auf die Behandlung der Patientin eigenverantwortlich gehandelt hat und in diesem Zusammenhang seine Entscheidungen weisungsunabhängig getroffen hat, ändert nichts daran, dass der Beklagte zu 2. die Tätigkeit des Streitverkündeten jederzeit hätte beenden können. Entscheidend ist, dass der Streitverkündete in der Praxis des Beklagten zu 2. zwar möglicherweise faktisch selbständig war, jedoch nicht als selbständiger Arzt dort tätig geworden ist (vgl. dazu auch OLG Oldenburg VersR 2003, 375). Dafür spricht auch, dass nicht etwa der Streitverkündete eine Abrechnung für die durchgeführte Schnellschnittuntersuchung vorgenommen hat, sondern der Beklagte zu 2. die Leistungen gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet hat, wie die Klägerin unstreitig vorgetragen hat.

Dem Beklagten zu 2. ist auch eine Exkulpation i.S.v. § 831 Abs. 1 S. 2 BGB nicht gelungen. Im Rahmen des Entlastungsbeweises muss der Geschäftsherr darlegen und beweisen, dass er eine Tätigkeit einem Gehilfen übertragen hat, von dem eine gefahrlose Durchführung der Tätigkeit erwartet werden kann und er muss sich von seiner Fähigkeit, Eignung und Zuverlässigkeit überzeugen und es ist schließlich eine fortgesetzte Überprüfung dahin geboten, inwieweit der Gehilfe zu den Verrichtungen befähigt ist (Palandt-Sprau, a.a.O., Rn. 13 und 14). Bei einer gefahrvollen Arbeit wie zum Beispiel der eines Arztes sind neben der Sachkunde auch moralische Eigenschaften wie Charakterstärke, Besonnenheit und Verantwortungsgefühl zu prüfen, wobei der Geschäftsherr umso sorgfältiger prüfen muss, je verantwortungsvoller und schwieriger die Tätigkeit ist. Der Beklagte zu 2. hat ausgeführt, der Streitverkündete sei ehemals leitender Chefarzt bei der Beklagten zu 3. gewesen und sei zum Zeitpunkt der Tätigkeitsaufnahme der einzige Arzt in der Umgebung mit der erforderlichen Qualifikation gewesen. Es habe sich bei dem Streitverkündeten auch um den ehemaligen Ausbildungsarzt des Beklagten zu 2. gehandelt. Über die eigentliche Zuverlässigkeit des Streitverkündeten teilt der Beklagte zu 2. jedoch nichts mit. Allein der Umstand, dass er Chefarzt bei der Beklagten zu 3. war und der Beklagte zu 2. dem Streitverkündeten zum Teil zur Ausbildung unterwiesen war, qualifiziert den Streitverkündeten nicht ohne weiteres für die Ausführung der Vertretungstätigkeit. Dass der Beklagte zu 2. neben der Sachkunde auch die zuvor beschriebenen moralischen Eigenschaften geprüft hat, ist ebenso wenig erkennbar, wie eine Überprüfung der Tätigkeit des Streitverkündeten.

4.

Nach alledem ist die Berufung des Beklagten zu 2. zurückkzuweisen und die Sache an da Landgericht gem. § 538 Abs. 1 Nr. 4 BGB zurückzuverweisen. Sofern man der aus Sicht des Senats nicht in jeder Hinsicht überzeugenden Auffassung des BGH zur Frage des Erfordernisses eines entsprechenden Zurückverweisungsantrages folgt (MDR 2004, 1429), ist diesem Erfordernis durch die entsprechende Antragstellung seitens der Klägerin Rechnung getragen. Entgegen dem Wortlaut des § 538 Abs. 1 BGB kommt aber neben der Zurückverweisung eine Aufhebung des angefochtenen Urteils nicht in Betracht, da dies mit den Grundsätzen der Bedeutung eines Grundurteils nicht vereinbar wäre. Die Unbegründetheit der Berufung führt dazu, dass dieses Urteil Bestand haben muss. Vor diesem Hintergrund überzeugt es nicht ohne weiteres, in Bezug auf das Antragserfordernis allein auf den Wortlaut des § 538 Abs. 2 ZPO abzustellen, wenn ansonsten der Wortlaut der Norm ersichtlich nicht vollumfänglich berücksichtigt werden kann. Wie erwähnt, bedarf es einer abschließenden Bewertung dieser Frage aufgrund des gestellten Zurückverweisungsantrages nicht.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 S. 1, 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Die Entscheidung ergeht unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles und hat deshalb keine grundsätzliche Bedeutung. Soweit ersichtlich wird auch nicht von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abgewichen, so dass eine höchstrichterliche Entscheidung zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich erscheint.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 85.450,41 €

Ende der Entscheidung

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