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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 14.09.2006
Aktenzeichen: 12 U 21/06
Rechtsgebiete: ZPO, VVG, AKB, PflVG, BGB, StGB


Vorschriften:

ZPO § 167
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
VVG § 1
VVG § 6 Abs. 3
VVG § 12 Abs. 3
VVG § 12 Abs. 3 S. 2
AKB § 12 Abs. 1
AKB § 2 II e
AKB § 2 III
AKB § 7 I Abs. 2
AKB § 7 V Abs. 4
PflVG § 3 Ziffer 9
BGB § 242
BGB § 426
StGB § 142
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 21/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 14.09.2006

Verkündet am 14.09.2006

in dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. August 2006 durch

den Richter am Oberlandesgericht Beckmann, den Richter am Oberlandesgericht Funder und die Richterin am Landgericht Dr. Scheiper

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6. Januar 2006 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 11 O 174/05, abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gem. den §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistung in Höhe von 9.223,45 € aus § 1 VVG i.V.m. dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherungsvertrag und § 12 Abs. 1 AKB nicht zu.

1.

Der Anspruch des Klägers ist allerdings nicht bereits wegen Versäumung der Klagefrist gem. § 12 Abs. 3 VVG ausgeschlossen. Voraussetzung für den Beginn der Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG ist, dass dem Versicherungsnehmer ein entsprechendes Ablehnungsschreiben zugegangen ist, das mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbelehrung gem. § 12 Abs. 3 S. 2 VVG versehen ist, wodurch die Sechsmonatsfrist in Lauf gesetzt wird. Im Streitfall hat die Sechsmonatsfrist erst mit Zugang des Schreibens der Beklagten vom 26.10.2004 (Bl. 66 GA) zu laufen begonnen. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg für den Beginn der Sechsmonatsfrist auf den Zugang des Schreibens vom 01.09.2004 (Bl. 55 f GA) berufen. Zwar hat die Beklagte bereits in dem Schreiben vom 01.09.2004 eine Ablehnung des Versicherungsschutzes bis zu einem Betrag von 5.000,00 € ausgesprochen und auf die Frist des § 12 Abs. 3 VVG hingewiesen. Wird jedoch - wie hier - eine Ablehnung mehrfach unter Hinweis auf § 12 Abs. 3 VVG ausgesprochen, ist es grundsätzlich eine Frage der Auslegung, ob nach bereits erfolgter Ablehnung durch eine erneute Bescheidung eine neue Klagefrist zu laufen beginnt. Dies wird jedenfalls im Allgemeinen dann zu verneinen sein, wenn die Ablehnung auf dieselben Gesichtspunkte gestützt wird (vgl. OLG Hamm VersR 1990, 1344, 1345), während bei einer im Vergleich zu der vorangegangenen Ablehnung abweichenden Begründung die Annahme nahe liegt, dass damit eine neue Frist gesetzt werden soll oder dies von einem mit dem Versicherungsvertragsrecht nicht vertrauten Laien jedenfalls so verstanden werden kann (vgl. OLG Hamm VersR 1991, 50, 51; Prölss in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 12 Rn. 29). Hier ergibt die Auslegung, dass für den Beginn der Klagefrist auf den Zugang des Schreibens vom 26.10.2004 abzustellen ist, weil sich allein dieses Schreiben zu den streitgegenständlichen Ansprüchen aus der Kaskoversicherung verhält, die Ablehnung also auf eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gestützt wird, während das Schreiben vom 01.09.2004 ersichtlich Ansprüche zum Gegenstand hat, die die Beklagte aus der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung gegenüber geschädigten Dritten zu befriedigen verpflichtet ist. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Hinweis in dem Schreiben vom 01.09.2004 auf die Leistungsfreiheit bis zu einem Betrag von 5.000,00 € und dem Verweis auf die angeführten Vorschriften der §§ 2 II e, 2 III AKB, 3 Ziffer 9 PflVG und § 426 BGB. Nur hinsichtlich dieser Ansprüche und dem damit angekündigten Regress der Beklagten für den Fall der Inanspruchnahme begann die Klagefrist bereits mit Zugang des Schreibens vom 01.09.2004 zu laufen. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Ansprüche aus der Kaskoversicherung gilt hingegen das an den Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichtete Schreiben gleichen Datums (Bl. 56 GA), mit dem die Beklagte mitgeteilt hat, dass das Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei und deswegen eine Regulierungszusage noch nicht abgegeben werden könne. Diesbezüglich ist eine Ablehnung der geltend gemachten Versicherungsleistung aus dem Kaskoversicherungsvertrag endgültig erst mit dem Schreiben vom 26.10.2004 erfolgt. Die Beklagte hat zugleich mit dem weiteren Schreiben vom 01.09.2004 den Anschein gesetzt, dass die Überprüfung der Einstandspflicht noch nicht abgeschlossen ist, so dass insoweit widersprüchliche Erklärungen des Versicherers vorliegen und die Beklagte ohnehin nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB daran gehindert wäre, sich auf eine Leistungsfreiheit wegen Versäumung der Klagefrist nach Zugang des Schreibens vom 01.09.2004 zu berufen.

Die mit Zugang des Schreibens vom 26.10.2004 zu laufen beginnende Klagefrist ist rechtzeitig durch Klageerhebung mit dem am 26.04.2005 beim Landgericht per Telefax eingegangenen Schriftsatz unterbrochen worden. Die Zustellung der Klageschrift an die Beklagte am 09.05.2005 ist auch noch "demnächst" i.S.d. § 167 ZPO erfolgt, da der Kläger den Gerichtskostenvorschuss bereits am 13.04.2005 eingezahlt hat, so dass Verzögerungen bei der Zustellung der Klageschrift ihm nicht zugerechnet werden können.

2.

Die Beklagte ist im Streitfall jedoch wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers gem. § 6 Abs. 3 VVG i.V.m. § 7 V Abs. 4, I Abs. 2 AKB von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei geworden. Der Kläger hat seine ihm gem. § 7 I Abs. 2 AKB obliegende Aufklärungsobliegenheit verletzt, indem er sich unerlaubt vom Unfallort entfernt und damit objektiv und subjektiv den Tatbestand des § 142 StGB verwirklicht hat.

Die Verwirklichung des Tatbestandes des § 142 StGB erfüllt auch in der Kaskoversicherung eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit gem. § 7 I Abs. 2 S. 3 AKB. Durch die Vorschrift des § 142 StGB wird das Aufklärungsinteresse des Versicherers gewissermaßen durch eine Reflexwirkung geschützt, weil die Strafvorschrift auf dem Wege über die polizeilichen Ermittlungen mittelbar auch dem Versicherer zugute kommt, indem er das Ergebnis dieser Ermittlungen verwerten kann (vgl. BGH NJW 1987, 2374, 2375). Das Verlassen der Unfallstelle stellt daher stets eine Verletzung der Aufklärungs- und Obliegenheit in der Kaskoversicherung dar, wenn dadurch der objektive und subjektive Tatbestand des § 142 StGB erfüllt wird, und zwar auch bei eindeutiger Haftungslage. Auch in diesem Fall besteht ein schutzwürdiges Aufklärungsinteresse des Versicherers, da es in der Kaskoversicherung dem Versicherer darum geht zu prüfen, ob er nach § 61 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei geworden ist, weil der Versicherungsnehmer den Unfall durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat, etwa wenn alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit für den Unfall ursächlich war (vgl. BGH NJW-RR 2000, 553, 554 entgegen der Auffassung des OLG Saarbrücken NVersZ 1999, 382; ebenso OLG Köln NVersZ 1999, 170, OLG Hamm r+s 1999, 493; Knappmann in Prölss/Martin, a.a.O., § 7 AKB, Rn. 17, 24; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 142 StGB, Rn. 76 jeweils m.w.N.). Die Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit entfällt in der Fahrzeugversicherung lediglich dann, wenn es sich um einen so genannten "Alleinunfall" oder einen Unfall mit einem völlig belanglosen Fremdschaden handelt. Ein solcher ist gegeben, wenn mit der Geltendmachung von Ersatzansprüchen vernünftigerweise nicht zu rechnen ist, wobei die Obergrenze für solche Bagatellschäden in der Regel bei etwa 20,00 € angesetzt wird (vgl. Knappmann, a.a.O., Rn. 25; Hentschel, a.a.O., Rn. 27 jeweils m.w.N.).

Im Streitfall ist von einem Unfall mit einem nicht ganz belanglosen Fremdschaden auszugehen. Ein Bagatellschaden scheidet zwar nicht schon deswegen aus, weil das Kraftfahrzeug, mit dem der Kläger verunfallt war, an die finanzierende Bank sicherungsübereignet war. Abzustellen ist auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise, so dass der Sicherungseigentümer nicht als Dritter i.S.d. § 142 StGB anzusehen ist (vgl. OLG Nürnberg NJW 1977, 1543; ebenso OLG Hamm VersR 1998, 311 für den Fall eines Leasingfahrzeuges). Ein nicht ganz belangloser Fremdschaden liegt jedoch in der Beschädigung der beiden Kiefern bei dem Unfall vor. Unstreitig sind bei dem Unfall eine Kiefer von 20 cm Durchmesser zerbrochen und eine weitere Kiefer stark beschädigt worden. Die auf den Angaben in der Verkehrsunfallanzeige beruhende Behauptung der Beklagten, der Schaden durch die Beschädigung der Kiefern betrage ca. 200,00 €, ist von dem Kläger nicht hinreichend bestritten worden. Soweit er lediglich eingewandt hat, ein Schaden liege deshalb nicht vor, weil der Eigentümer des Grundstücks keine Schadensersatzansprüche gestellt habe und die beschädigten Kiefern bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung "in den nächsten Jahrzehnten" ohnehin hätten entfernt werden müssen, rechtfertigt es diese Sichtweise nicht, hier einen Schaden zu verneinen. Zunächst ist festzustellen, dass bei einer Beschädigung von Bäumen im Rahmen eines Unfalls üblicherweise nicht damit gerechnet werden kann, dass Schadensersatzansprüche nicht geltend gemacht werden. Selbst wenn der Eigentümer bislang keine Ansprüche gegenüber der Beklagten erhoben haben sollte, ist nicht ausgeschlossen, dass dies in Zukunft noch der Fall sein wird, zumal der Kläger auch keine Umstände oder Erklärungen des Eigentümers vorgetragen hat, nach der dieser definitiv auf Entschädigungsansprüche verzichtet hat. Letztlich kann dies auch dahinstehen, da entscheidend das Feststellungsinteresse des Geschädigten zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls ist und ein Verzicht des Geschädigten auf entsprechende Feststellungen zum Zeitpunkt des unerlaubten Entfernens vom Unfallort nicht ersichtlich ist. Demnach kann der Tatbestand des § 142 StGB auch dann erfüllt sein, wenn durch den Geschädigten später keine Schadensersatzansprüche erhoben werden. Auch die Behauptung des Klägers, es handele sich bei den beschädigten Bäumen um Kiefern, die ohnehin hätten entfernt werden müssen, vermag die Verneinung eines Schadens nicht zu rechtfertigen. Zum einen liegt damit kein konkretes Bestreiten des von der Beklagten vorgetragenen Wertes der Bäume vor, zum anderen ist unerheblich, ob die Bäume in den nächsten Jahrzehnten ohnehin hätten entfernt werden müssen, da dadurch ein tatsächlich eingetretener Schaden zum Zeitpunkt des Unfalls nicht ausgeschlossen wird. Das erstmals mit dem Schriftsatz vom 01.08.2006 erfolgte pauschale Bestreiten des Klägers, dass es sich um einen belanglosen Fremdschaden unterhalb der Wertgrenze von 25,00 € handele (Bl. 186 GA), wird bereits dadurch widerlegt, dass nach dem in der Ermittlungsakte enthaltenen Aktenvermerk gemäß der Auskunft der Försterei E... für eine Kiefer mit einem Durchmesser von 20 cm in der Regel ein Betrag von 20,00 € veranschlagt wird (Bl. 31 BA).

Der Kläger hat unstreitig den Unfallort verlassen, bevor er die Feststellungen seiner Person und die sonstigen Angaben ermöglicht hat. Ungeachtet dessen, dass der Versicherer die Beweislast für das Vorliegen einer Unfallflucht trägt, hat der Versicherungsnehmer plausibel darzustellen, dass er eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen (§ 142 Abs. 1 Nr. 2 StGB). Daran fehlt es. Sein Vortrag, "einige Zeit" gewartet zu haben (Bl. 94 GA), ist unzureichend. Soweit der Klägervertreter auf den Hinweis des Senates in der mündlichen Verhandlung ersichtlich ohne Absprache mit seinem Mandanten behauptet hat, der Kläger habe insgesamt bis zu einer Dreiviertelstunde am Unfallort gewartet, hält der Senat dies für nicht glaubhaft. Hätte der Kläger tatsächlich eine Dreiviertelstunde lang an der Unfallstelle gewartet, ohne das jemand bereit gewesen wäre, die erforderlichen Feststellungen zu treffen, liegt es nahe, dass der Kläger dies sowohl in dem gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren als auch gegenüber der Beklagten angegeben hätte. Tatsächlich hat der Kläger nicht nur im Ermittlungsverfahren sich nicht darauf berufen, die Wartefrist eingehalten zu haben, sondern er hat noch mit der Klageschrift das Geschehen damit zu erklären versucht, dass er einen Unfallschock erlitten habe, während die vermeintliche Einhaltung der Wartefrist bei der Unfallschilderung in der Klageschrift mit keinem Wort erwähnt wird. Die Behauptung in der Klageschrift, infolge des Unfallgeschehens einen Unfallschock erlitten zu haben, steht jedoch im Widerspruch zu der nunmehr in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Behauptung, der Kläger habe bis zu einer Dreiviertelstunde an der Unfallstelle gewartet. Diese nunmehr behauptete Verhaltensweise lässt sich nicht mit dem noch in der Klageschrift behaupteten Unfallschock in Einklang bringen, so dass der Senat davon ausgeht, dass es sich dabei um eine reine Schutzbehauptung handelt.

Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger berechtigt oder entschuldigt von der Unfallstelle entfernt hat (§ 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB), liegen nicht vor. Die ebenso pauschale Angabe des Klägers, er habe einen Unfallschock erlitten, reicht hierfür nicht aus. Die Beweislast für eine Schuldunfähigkeit liegt nicht beim Versicherer, sondern beim Versicherungsnehmer, der sich darauf beruft (vgl. BGH VersR 1972, 339; OLG Hamm NJW-RR 1998, 1183). Hier hat der Kläger bereits seiner Darlegungslast nicht genügt, so dass dem angebotenen Beweisantritt auf Einholung eines Sachverständigengutachtens (Bl. 36 GA) nicht nachzugehen war. Ein Schock von derartigem Ausmaß, dass damit eine die Willensfreiheit ausschließende Bewusstseinsstörung verbunden war mit der Folge, dass der Kläger schuldunfähig oder vermindert schuldfähig i.S.d. §§ 20, 21 StGB war, ist auch unter Berücksichtigung der in der Ermittlungsakte befindlichen Fotos des Unfallfahrzeuges und des daraus ersichtlichen Ausmaßes der infolge des Unfalls eingetretenen Beschädigungen nicht dargelegt. Vielmehr spricht eher die Schilderung des Klägers über sein Verhalten nach dem Unfall in dem Schriftsatz vom 05.12.2005, wonach der Kläger in der Lage gewesen sein soll, sich den Schaden zu besehen, die in seinem Fahrzeug befindlichen Gegenstände zu ordnen und festzustellen, dass er sein Handy nicht dabei hatte, gegen das Vorliegen eines Unfallschocks. Dieses Verhalten spricht gerade dafür, dass der Kläger noch bei klarem Bewusstsein und in der Lage war, konkrete Entscheidungen zu treffen. Eigene Verletzungen hat der Kläger bei dem Unfall offensichtlich nicht erlitten. Für die Annahme einer verminderten Schuldfähigkeit oder gar einer Schuldunfähigkeit i.S.d. § 20 StGB liegen keine Anzeichen vor. Der mit der Unfall verbundene Schaden und die damit einhergehende Aufregung genügen dafür nicht (vgl. OLG Hamm a.a.O.).

Auch der subjektive Tatbestand des § 142 StGB ist erfüllt. Die Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 VVG hat der Kläger nicht widerlegt. Selbst bei Vorliegen eines Unfallschocks, der gemäß den vorstehenden Ausführungen bereits nicht substanziiert dargelegt ist, wäre der Vorsatz nicht ausgeschlossen. Anhaltspunkte für einen den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtums des Klägers liegen nicht vor. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass er davon ausgegangen sei, ein Fremdschaden sei nicht entstanden.

Die danach feststehende Obliegenheitsverletzung des Klägers ist auch von versicherungsrechtlicher Relevanz. In diesem Zusammenhang rügt die Beklagte zu Recht, dass das Landgericht auf das Vorliegen einer besonders schwerwiegenden Pflichtverletzung gem. § 7 I Abs. 2 AKB abgestellt hat, die jedoch nur in der Kraftfahrzeughaftplichtversicherung von Bedeutung ist. Die vom Landgericht zitierte Entscheidung des OLG Karlsruhe (r+s 1993, 203) betraf einen Haftpflichtversicherungsfall und nicht einen Kaskoversicherungsfall. Allerdings ist auch im Rahmen der Kaskoversicherung die "Relevanzrechtsprechung" des Bundesgerichtshofs zu berücksichtigen, wonach bei einer vorsätzlichen, jedoch folgenlosen Obliegenheitsverletzung eine Leistungsfreiheit des Versicherers nur dann eintritt, wenn der Verstoß generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden und dem Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden zur Last fällt (vgl. BGH VersR 1984, 228, 229). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Dabei kann dahinstehen, ob die Obliegenheitsverletzung tatsächlich folgenlos geblieben ist, weil durch das unerlaubte Entfernen vom Unfallort und den anschließenden Nachtrunk die Möglichkeit der Beklagten erschwert worden ist, sich auf Leistungsfreiheit wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles gem. § 61 VVG zu berufen. Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort ist jedenfalls generell geeignet, die Interessen des Versicherers zu gefährden, da der Versicherer ein Interesse daran hat, zu prüfen, ob er nach § 61 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei geworden ist; eine konkrete Gefährdung der Interessen des Versicherers im speziellen Fall ist nicht erforderlich. Es ist auch von einem erheblichen Verschulden des Klägers auszugehen. Kein erhebliches, sondern nur geringes Verschulden des Versicherungsnehmers liegt vor, wenn es sich nach den Umständen um ein Fehlverhalten handelt, das auch einem ordentlichen Versicherungsnehmer leicht unterlaufen kann und für das ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermag. Die Beweislast dafür, dass ihn kein erhebliches Verschulden trifft, trägt der Versicherungsnehmer (vgl. BGH VersR 1993, 830; Prölss a.a.O., § 6 VVG, Rn. 101 m.w.N.). Derartige Umstände, nach denen von einem nur geringen Verschulden des Klägers auszugehen ist, sind nicht dargelegt. Eine Unfallflucht braucht auch ein einsichtiger Versicherer nicht hinzunehmen. Einen Unfallschock mit der Folge, dass ein erhebliches Verschulden des Klägers ausscheidet, hat der Kläger nicht substanziiert dargelegt. Auch ein Fall des § 142 Abs. 4 StGB ist nicht gegeben, da es sich nicht um einen Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs handelt (vgl. Hentschel a.a.O., Rn. 69).

Der Kläger hat somit auch keinen Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer bei Nachweis der Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges, so dass auch der geltend gemachte Feststellungsantrag nicht begründet ist.

3.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Der Rechtsstreit ist weder von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert wird auf bis zu 10.000,00 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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