Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 11.10.2007
Aktenzeichen: 12 U 231/06
Rechtsgebiete: ZPO, VVG, AKB, BGB


Vorschriften:

ZPO § 141
ZPO § 448
ZPO §§ 517 ff
VVG § 1
VVG § 49
AKB § 12 Abs. 1 I a
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 231/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 11.10.2007

Verkündet am 11.10.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski, den Richter am Oberlandesgericht Funder und die Richterin am Landgericht Kyrieleis

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 3. November 2006 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Neuruppin, Az.: 1 O 403/04, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die zulässige, insbesondere gem. den §§ 517 ff ZPO form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Versicherungsleistung in Höhe von 9.000,00 € gem. §§ 1, 49 VVG, § 12 Abs. 1 I a AKB i.V.m. dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Teilkaskoversicherungsvertrag.

Der Kläger hat den Eintritt eines Versicherungsfalles i.S.d. § 12 Abs. 1 I a AKB sowie eines dadurch resultierenden Schadens in Höhe des Wiederbeschaffungswertes des Motorrades von 11.500,00 € nachgewiesen. Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass das Motorrad des Klägers am 31.07.2004 auf der BAB ... in Brand geraten ist und damit der Versicherungsfall "Brand" eingetreten ist. Durch diesen Versicherungsfall ist dem Kläger ein Schaden in der geltend gemachten Höhe entstanden. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht es zur Überzeugung des Senates fest, dass das Motorrad bereits vor dem Sturz des Klägers in Brand geraten ist. Dies folgt aus den glaubhaften Bekundungen des Klägers im Rahmen seiner nach § 448 ZPO durchgeführten Vernehmung als Partei. Der Kläger hat bekundet, er sei mit dem Motorrad auf der linken Spur auf der Autobahn in Richtung B... gefahren. Die Autobahn sei sehr voll gewesen, der Verkehr sei jedoch einigermaßen flüssig gelaufen. Er habe sodann plötzlich etwas Heißes zwischen den Beinen bemerkt und eine Stichflamme auf der rechten Seite des Motorrades gesehen, worauf er abgebremst habe und das Motorrad weggebrochen sei. Es sei ihm zwar noch einmal gelungen, das Motorrad wieder einzufangen, er habe jedoch das Bein wegen der Stichflamme abgespreizt und habe sich dann aus Angst vor weitergehenden Verletzungen von dem Motorrad gelöst. Das Motorrad sei brennend weitergeschleudert und hinter einem grauen Fahrzeug liegen geblieben. Die Bekundungen des Klägers sind glaubhaft. Sie stimmen mit der von ihm gegenüber der Polizei abgegebenen Unfallschilderung sowie den Angaben in der Schadensmeldung gegenüber der Beklagten und den von ihm im Rahmen seiner persönlichen Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 13.01.2005 gemachten Angaben überein. Für die Richtigkeit der Angaben des Klägers spricht insbesondere, dass er diese Unfallschilderung von Anfang an sowohl gegenüber der Polizei als auch gegenüber der Beklagten abgegeben hat, und zwar zu einem Zeitpunkt, als ihm die in diesem Fall eine Rolle spielende versicherungsrechtliche Problematik der Abgrenzung zwischen dem durch den Brand als versichertes Ereignis entstandenen Schaden und den durch den Unfall als nicht versichertem Ereignis entstandenen Schäden noch nicht bekannt war. Die Angaben des Klägers werden darüber hinaus bestätigt durch die Bekundungen des vom Landgericht vernommenen Zeugen H..., der bekundet hat, dass ihm von anderen Verkehrsteilnehmern vor Ort mitgeteilt worden sei, dass der Kläger mit seinem Motorrad quasi als "brennende Fackel" angekommen sei. Auch hat der Sachverständige Dipl.-Ing. Ha... in seinem Gutachten vom 26.10.2005 die Unfallschilderung des Klägers als möglich erachtet.

Die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung des Klägers von Amts wegen nach § 448 ZPO lagen vor. Die Vernehmung der beweisbelasteten Partei nach § 448 ZPO ist auch ohne Einverständnis des Beweisgegners möglich, sofern im Zeitpunkt der Vernehmung für die zu beweisende Tatsache eine gewisse Anfangswahrscheinlichkeit besteht (vgl. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 448 Rn. 2). Eine solche Anfangswahrscheinlichkeit war im Streitfall aufgrund der Angaben des Zeugen H... in Verbindung mit den Angaben des Klägers im Rahmen der persönlichen Anhörung gem. § 141 ZPO gegeben. Zwar hat der Zeuge H... lediglich Angaben vom Hörensagen machen können. Gegen die Glaubhaftigkeit seiner Angaben bestehen jedoch keine Bedenken. Die Bestätigung des Zeugen, wonach das Motorrad des Klägers bereits brennend angekommen sei, spricht dafür, dass Ursache des Brandes nicht der Zusammenstoß mit dem vorausfahrenden Fahrzeug oder der Sturz als solcher gewesen ist. Auch wenn die Angaben des Zeugen allein nicht ausreichen, um den Beweis des Versicherungsfalles als geführt anzusehen, da offen bleibt, ob beispielsweise der Brand zu dem Sturz geführt hat oder das Motorrad erst nach dem Sturz gebrannt hat, reichen sie aus, um eine erforderliche Anfangswahrscheinlichkeit i.S.d. § 448 ZPO zu begründen.

Infolge des Brandes ist dem Kläger auch ein Schaden in Höhe des Wiederbeschaffungswertes von 11.500,00 € entstanden. Für den Senat bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert des Motorrades vor dem Brand übersteigen. Bereits der von der Beklagten beauftragte Schadensgutachter L... ist in seinem Schadensgutachten vom 26.09.2004 von Reparaturkosten oberhalb des Wiederbeschaffungswertes ausgegangen (Bl. 8 GA). Der Sachverständige Dipl.-Ing. Ha... hat in seinem Gutachten vom 28.10.2005 ebenfalls bestätigt, dass für den Fall, dass der Brand des Motorrades bereits während der Fahrt eingetreten ist, der durch den Brand entstandene Schaden den Wiederbeschaffungswert von 11.500,00 € übersteigt (Bl. 76 GA). Schließlich hat auch der Sachverständige S... festgestellt, dass die allein durch den Brand entstandenen Schäden den Wiederbeschaffungswert des Motorrades von 11.500,00 € überschreiten. Abzüglich der von der Beklagten geleisteten Zahlung in Höhe von 2.200,00 € und der vereinbarten Selbstbeteiligung des Klägers in Höhe von 300,00 € ergibt sich somit noch ein restlicher Anspruch des Klägers in Höhe der geltend gemachten 9.000,00 €.

Es kann somit dahinstehen, inwieweit für den Fall, dass der Brand erst durch den vorausgegangenen Unfall verursacht worden ist, zwischen den durch den Brand und durch den Unfall entstandenen Schäden zu differenzieren ist, da ein solcher Fall hier nicht vorliegt.

Die geltend gemachte Zinsforderung beruht auf §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch aufgrund des Umstandes, dass der Senat bei der Entscheidung nicht von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abweicht, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Entscheidungen des OLG Celle (VRS 110, 410 ff) und des OLG Nürnberg (NJW-RR 1995, 862) sind für den hier zu entscheidenden Fall nicht einschlägig, da in den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Fällen der Brand erst infolge des Unfalls ausgebrochen war.

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 3 ZPO i.V.m. § 47 Abs. 1 S. 1 GKG auf 9.000,00 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück