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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 26.06.2008
Aktenzeichen: 12 U 236/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 280 Abs. 1
BGB § 281 Abs. 1
BGB § 284
BGB § 286
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291 Satz 1
BGB § 311 a
BGB § 346
BGB § 434 Abs. 1 S. 1
BGB § 437 Nr. 2
BGB § 437 Nr. 3
BGB § 440
BGB § 442 Abs. 1 S. 1
BGB § 443 Abs. 1
BGB § 444
BGB § 459 Abs. 2 a. F.
BGB § 531 Abs. 2
ZPO § 287
ZPO § 511
ZPO § 513
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 524 Abs. 2 S. 2
ZPO § 529
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 546
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 236/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 26.06.2008

Verkündet am 26.06.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski, den Richter am Oberlandesgericht Beckmann und den Richter am Oberlandesgericht van den Bosch

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das am 15. November 2007 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam, Az.: 3 O 152/05, teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, 24.973,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 22.490,40 € ab dem 25.10.2005, aus weiteren 1.357,82 € ab dem 26.04.2007, aus weiteren 286,44 € seit dem 18.06.2007 und aus weiteren 838,44 € seit dem 26.03.2008 an die L... AG, H ... zu zahlen Zug um Zug gegen Rücknahme des Kraftfahrzeuges VW T 4 Bus (Fahrzeugidentifizierungsnummer: WV2ZZZ70Z2H069504).

Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Kraftfahrzeuges VW T 4 Bus (Fahrzeugidentifizierungsnummer: WV2ZZZ70Z2H069504) im Annahmeverzug befindet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Anschlussberufung und die Berufung des Beklagten werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger bzw. die Streithelferin zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

I.

Der unter seiner Firma klagende Kläger nimmt den Beklagten im Wesentlichen auf Rückzahlung des Kaufpreises sowie auf Verwendungsersatz Zug um Zug gegen Rückgabe des von ihm mit Kaufvertrag vom 15.09.2005 erworbenen Fahrzeuges (VW T 4 Bus) wegen eines nicht angegebenen Unfallschadens in Anspruch. Die Parteien streiten in erster Linie über das Vorliegen eines Unfalles sowie über Erstattungsansprüche des Klägers im Hinblick auf die von ihm vorgenommenen Verwendungen auf den Bus. Wegen des erstinstanzlichen Sachverhalts wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Mit am 15.11.2007 verkündeten Urteil hat das Landgericht der Klage stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von 24.453,92 € nebst Zinsen an die Streithelferin Zug um Zug gegen Rücknahme des Kraftfahrzeuges verurteilt sowie festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, ein Anspruch des Klägers bestehe aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 281 Abs. 1, 311 a BGB. Im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass die zugesicherte Unfallfreiheit des Fahrzeuges nicht gegeben sei. Der Sachverständige habe dargelegt, dass die rechte Schiebetür im hinteren Bereich des Fahrzeuges eine großflächige und tiefe Eindellung aufweise, was mit der zugesicherten Unfallfreiheit nicht in Einklang zu bringen sei. Nach dem Empfängerhorizont sei der Begriff der Unfallfreiheit dahin auszulegen, dass das Fahrzeug keine substanziellen Schäden habe. Unerheblich sei hingegen, ob die Schäden durch Fremdeinwirkung entstanden seien. Angesichts der festgestellten Reparaturkosten von 2.730,54 € brutto sei auch nicht von einem Bagatellschaden auszugehen. Der Schadensersatzanspruch umfasse neben dem gezahlten Kaufpreis die verfehlten Aufwendungen für Transport und Zulassung des Fahrzeuges, die Sachverständigenkosten sowie die vorgerichtlich entstandenen Kosten der Rechtsverfolgung und die Kosten der notwendigen Verwendungen auf die Sache. Im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass der Kläger zur Herstellung der Fahrtüchtigkeit des Fahrzeuges neue Sommerreifen zum Preis von 738,04 € netto habe erwerben müssen und Reparaturkosten wegen eines Motorschadens sowie eines Schadens am Klimakompressor in Höhe von 826,83 € und 769,02 € netto gehabt habe. Die Notwendigkeit des Einbaus einer Alarmanlage zu einem Wert von 320,00 € netto und der Anschaffung von Winterreifen in Höhe von 381,60 € sei nicht bestritten worden. Gebrauchsvorteile müsse sich der Kläger in Höhe von 1.307,68 € anrechnen lassen. Wegen der weitergehenden Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 22.11.2007 zugestellte Urteil mit am 21.12.2007 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel innerhalb verlängerter Frist mit am 22.02.2008 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Beklagte bezieht sich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag einschließlich der Beweisantritte. Er ist weiterhin der Auffassung, die festgestellten Beschädigungen seien nicht als Unfallschaden zu bewerten. Es liege lediglich ein geringfügiger Bagatellschaden vor, bei dem es sich nicht um einen offenbarungspflichtigen Unfallschaden handele. Auch sei dem Kläger im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung zur Unfallfreiheit der Schaden bereits bekannt gewesen. Zudem könne der Kläger Ersatz für die notwendigen Verwendungen auf die Sache nicht verlangen. Die geltend gemachten Kosten beruhten auf dem Umstand, dass der Kläger mit dem Fahrzeug am Straßenverkehr teilgenommen habe und stünden nicht mit der Erklärung zur Unfallfreiheit im Zusammenhang, sondern wären auch bei Bestandskraft des Kaufvertrages entstanden und seien daher nicht zu ersetzen. Im Übrigen habe der Zeuge B... die Notwendigkeit der Aufwendungen nicht bestätigt, sondern lediglich die Vornahme der entsprechenden Arbeiten bekundet. Offensichtlich habe der Kläger als Inhaber einer Reparaturwerkstatt versucht, sich über den Kaufpreis hinaus noch durch unnütze Aufwendungen auf das Fahrzeug zu bereichern.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 15.11.2007, Az.: 3 O 152/05, abzuändern, die Klage abzuweisen und die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger, dem eine Frist zur Berufungserwiderung bis zum 31.03.2008 gesetzt worden ist, hat mit am 20.03.2008 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz die Klage erweitert. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 05.06.2008 hat der Kläger den Rechtsstreit hinsichtlich eines Teilbetrages von 129,00 € in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt im Übrigen, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 15.11.2007, Az.: 3 O 152/05, zurückzuweisen und den Beklagten zu verurteilen, weitere 953,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Zustellung der Berufungserwiderung an die L... AG, H... zu zahlen.

Der Kläger bezieht sich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag nebst Beweisantritten und verteidigt - ebenso wie die Streithelferin - das landgerichtliche Urteil. Er stellt klar, dass er Ansprüche aus Rücktritt vom Kaufvertrag sowie Aufwendungsersatz und Schadensersatzansprüche neben der Leistung geltend macht. Darüber hinaus trägt der Kläger unbestritten vor, dass ihm für den Wechsel der ausgefallenen Batterie, die Beseitigung eines Steinschlagschadens, den Tausch der Glühkerzen, den Wechsel des Öls und Ölfilters nebst Dichtring, die Erneuerung der Bremsbelege und den Austausch der Servopumpe weitere Kosten in Höhe von 1.151,37 € entstanden seien. Hierauf sei für die weiter zurückgelegten 630 km ein Betrag von 69,30 € in Abzug zu bringen, sodass sich zunächst eine weitere Forderung von 1.082,07 € zu seinen Gunsten ergebe. Zwischenzeitlich betrage der Kilometerstand - ebenfalls unstreitig -72.678 km, sodass weitere Nutzungsvorteile von 129,00 € anzurechnen seien.

II.

1.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Der Beklagte stützt sein Rechtsmittel unter anderem darauf, die Beschädigung des verkauften Fahrzeuges stelle lediglich einen Bagatellschaden dar, der nicht als offenbarungspflichtiger Unfallschaden einzuordnen sei, sodass ein Sachmangel bzw. ein Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung nicht vorliege. Der Beklagte zeigt damit einen Rechtsfehler auf, auf dem das Urteil beruhen kann, §§ 513, 546 ZPO.

Ebenfalls zulässig ist die vom Kläger eingelegte Anschlussberufung. Der Schriftsatz vom 18.03.2008, in dem der Kläger eine Klageerweiterung vorgenommen und diese zugleich begründet hat, ist vor Ablauf der Berufungserwiderungsfrist eingegangen, § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO. Unschädlich ist, dass die Anschlussberufung des Klägers nicht als solche bezeichnet ist. Es genügt, wenn aus einem Schriftsatz eindeutig der Wille zum Ausdruck kommt, eine Änderung des erstinstanzlichen Urteils zugunsten des Rechtsmittelbeklagten zu erreichen (BGH NJW 1990, S. 447; Gummer/Heßler in Zöller, ZPO, Kommentar, 26. Aufl., § 524, Rn. 6). Da die Anschlussberufung eine Beschwer des Rechtsmittelführers nicht voraussetzt, kann die Anschlussberufung zudem allein zum Zwecke der Klageerweiterung erfolgen (Gummer/Heßler, a. a. O., Rn. 33). Der Kläger hat in seinem Schriftsatz vom 18.03.2008 schon durch den insoweit angekündigten Antrag zu 3. deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu seinen Gunsten erstrebt, mithin eine Anschlussberufung einlegen will. Schließlich genügt auch die Begründung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Der Kläger stützt die Anschlussberufung darauf, dass ihm weitere notwendige Aufwendungen auf das Fahrzeug entstanden seien, deren Erstattung er vom Beklagten verlangen könne. Der Kläger trägt dabei ausdrücklich vor, dass die entsprechenden Aufwendungen erst nach Verkündung des landgerichtlichen Urteils angefallen sind, mithin entsprechender Vortrag erstinstanzlich nicht erfolgen konnte, §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Zugleich stützt der Kläger damit sein Begehren auf eine abgeänderte Tatsachengrundlage im Sinne von §§ 513, 529 ZPO.

2.

In der Sache hat die Anschlussberufung teilweise Erfolg. Das Rechtsmittel des Beklagten ist hingegen unbegründet.

a) Die Klage ist zulässig. Der Kläger klagt in gewillkürter Prozessstandschaft. Der Senat geht dabei davon aus, dass entsprechend den allgemein bekannten Gepflogenheiten im Leasingverkehr das vom Kläger erworbene Fahrzeug an die L... AG im Rahmen des von dieser mit dem Kläger geschlossenen Leasingvertrages sicherungsübereignet worden ist. Zugleich ist damit ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Klägers an der Rückabwicklung des Vertrages infolge der behaupteten Sachmängelhaftung zu bejahen (vgl. Vollkommer in Zöller, a. a. O., vor § 50 Rn. 49). Unstreitig ist der Kläger auch zur Geltendmachung der Rechte aus dem Vertrag von der L... AG ermächtigt worden. Schließlich hat der Kläger die Prozessstandschaft bereits in der Klageschrift offen gelegt.

b) In der Sache besteht ein Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des Kaufpreises von 22.000,00 € Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeuges aus §§ 346, 437 Nr. 2, 440 BGB. Der Kläger hat insoweit im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt, dass er nunmehr Ansprüche aus Rücktritt vom Kaufvertrag sowie Aufwendungsersatz und Schadensersatzansprüche neben der Leistung geltend mache. Ein solcher Wechsel vom Schadensersatzanspruch zum Rücktritt ist möglich (vgl. Weidenkaff in Palandt, BGB, Kommentar, 67. Aufl., § 437, Rn. 27).

Das verkaufte Fahrzeug weist einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB auf, da es das vereinbarte Kriterium der Unfallfreiheit nicht erfüllt. Zwar ist die Erklärung des Beklagten, das Fahrzeug sei unfallfrei, erst nach Gefahrübergang erfolgt, gleichwohl wirkt die Bekundung auf den Zeitpunkt des Gefahrüberganges zurück, da sie Angaben zu einer Eigenschaft des Fahrzeuges in diesem Zeitpunkt enthält. Unstreitig weist das Fahrzeug Beschädigungen auf, nämlich eine Eindellung der rechten Schiebetür sowie reparierte Vorschäden an den hinteren Seitenwänden links und rechts. Dabei ist eine Sachmängelhaftung entgegen der Ansicht des Beklagten nicht deshalb ausgeschlossen, weil - nach seiner Behauptung - diese Beschädigungen durch das Umfallen eines Gegenstandes in seiner Garage verursacht worden sind. Zutreffend hat das Landgericht insoweit auf das Verständnis eines objektiven Empfängers einer entsprechenden Erklärung abgestellt. Danach ist die Angabe "Unfallfreiheit" so zu verstehen, dass das Fahrzeug keine (substanziellen) Schäden durch ein Vorereignis erlitten hat. Auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist hingegen Voraussetzung eines Unfalles nicht, dass ein weiteres Fahrzeug mit dem beschädigten Fahrzeug kollidiert ist. So wird im allgemeinen Sprachgebrauch auch das Fahren gegen ein unbewegliches Hindernis als Unfall angesehen. Gleiches gilt für den Sturz eines Objektes - etwa eines Baumes - auf ein Fahrzeug. Das Umstürzen eines Gegenstandes in der heimischen Garage stellt kein qualitativ abweichendes Ereignis dar.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist eine Unfreiheit auch nicht deshalb anzunehmen, weil lediglich ein Bagatellschaden vorliegt. Dabei kann dahinstehen, ob als nicht offenbarungspflichtige Bagatellschäden nur ganz geringfügige äußere Lackschäden nicht dagegen Blechschäden anzusehen sind, selbst wenn diese keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war, wobei ohne Bedeutung ist, ob das Fahrzeug fachgerecht repariert worden ist (so BGH Urteil v. 12.03.2008, 8 ZR 253/05; zitiert nach Juris; BGH ZfS 2008, S. 329), oder ob auch geringfügige Blechschäden wie Kratzer, Schrammen, kleine Beulen oder Dellen lediglich als Bagatellschaden anzusehen sind (so OLG Karlsruhe DAR 2002, S. 167; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rn. 1248). Nach beiden Auffassungen ist vorliegend nicht von einem Bagatellschaden auszugehen. Der Senat folgt den Angaben des Sachverständigen R... M..., der in seinem Gutachten vom 01.03.2007 überzeugend ausgeführt hat, dass die rechte Schiebetür des verkauften Fahrzeuges erheblich deformiert worden und - durch Auftrag von Spachtelmasse - nur unsachgemäß repariert worden ist, wobei eine fachgerechte Reparatur Kosten von 2.737,54 € brutto erfordert. Diese Beeinträchtigungen sind in keiner Weise als lediglich leichte Delle einzuordnen, ohne dass es noch darauf ankommt, ob ein Blechschaden überhaupt als Bagatellschaden angesehen werden kann.

Die Gewährleistungsansprüche des Klägers sind auch nicht aufgrund vertraglicher Vereinbarung ausgeschlossen. Zwar haben die Parteien in Ziffer 1 des Kaufvertrages vereinbart, dass der Verkäufer eine Sachmängelhaftung nicht übernimmt. Der Beklagte hat für die Eigenschaft der Unfallfreiheit durch das Schreiben vom 10.10.2005 jedoch eine selbständige Garantie im Sinne von § 443 Abs. 1 BGB übernommen, sodass er sich auf den Sachmängelausschluss nicht berufen kann, § 444 BGB. Unschädlich ist, dass in dem Schreiben das Wort Garantie nicht verwendet worden ist. So ist eine Garantie auch dann anzunehmen, wenn eine Eigenschaft einer Sache gem. § 459 Abs. 2 BGB a. F. zugesichert wird (BGH NJW 2007, S. 1346; Heinrichs in Palandt, a. a. O., § 276, Rn. 29). Eine solche Zusicherung im Sinne von § 459 Abs. 2 BGB a. F. stellt die Erklärung des Beklagten vom 10.10.2005 dar. Gerade die isolierte Angabe der Unfallfreiheit zeigt, dass sich der Beklagte durchaus im Klaren über die Bedeutung dieser Angabe für den Kläger sein musste und sich deshalb an der Erklärung auch in dem Sinne festhalten lassen muss, dass er für deren Richtigkeit einstehen wollte.

Eine Sachmängelhaftung ist auch nicht nach § 442 Abs. 1 S. 1 BGB ausgeschlossen. So behauptet der Beklagte bereits nicht, dass der Kläger schon bei Vertragsschluss den Unfallschaden erkannt hatte. Zudem ist der Beklagte für seine - ohnehin erstmals in zweiter Instanz ohne Darlegung der Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 BGB erhobene - Behauptung beweisfällig geblieben, der Kläger habe zu dem Zeitpunkt, in dem er die Garantieübernahme gefordert habe, bereits Kenntnis von den Schäden gehabt.

Auch die übrigen Voraussetzungen eines jedenfalls im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat konkludent erklärten Rücktritts sind gegeben. Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung gem. § 440 BGB bedurfte es dabei schon deshalb nicht, weil eine Nacherfüllung nicht möglich war. Die unfallbedingte Vorschädigung steht der angegebenen Unfallfreiheit endgültig entgegen (vgl. zu diesem Fall: Weidenkaff, a. a. O., § 440, Rn. 9).

c) Anrechnen lassen muss sich der Kläger die erlangten Gebrauchsvorteile durch Nutzung des Fahrzeuges bis zur Rückgabe. Dabei bemisst der Senat die Höhe der Gebrauchsvorteile entsprechend der Betrachtung durch das Landgericht mit 11 Cent je gefahrenen Kilometer, ausgehend von dem vereinbartem Kaufpreis von 22.000,00 € und einer zu erwartenden Restlaufleistung von 200.000 km, § 287 ZPO. Angesichts des in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mitgeteilten Kilometerstandes von 72.678 km und einer bei Abschluss des Kaufvertrages bereits zurückgelegten Laufleistung von 59.000 km, sind Gebrauchsvorteile für 13.678 km anzurechnen, mithin ein Betrag von 1.504,58 €.

d) Der Kläger hat ferner einen Anspruch wegen der von ihm auf das Fahrzeug vorgenommenen Verwendungen aus §§ 437 Nr. 3, 284 BGB, nachdem er im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, nicht mehr Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen, sondern aus einem Rücktritt vom Vertrag vorzugehen.

Vergebliche Aufwendungen im Sinne der §§ 437 Nr. 3, 284 BGB sind dabei freiwillige Vermögensopfer, die der Gläubiger im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung und den Bestand des Kaufvertrages gemacht hat. Verwendungen sind danach auch die Kosten der Überführung und Zulassung des Fahrzeuges (BGH VersR 2005, S. 1541). Allerdings sind bei der Berechnung des Verwendungsersatzanspruchs die Kosten der Anschaffung des Zubehörs um die Gebrauchsvorteile zu kürzen, die dem Käufer durch die Benutzung der Zubehörteile zugeflossen sind (OLG Stuttgart DAR 2005, S. 35; bestätigt in BGH a. a. O. - die vom Beklagten angeführte Entscheidung des OLG München in MDR 2001, S. 1401 ist durch diese neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, überholt).

Die erstinstanzlich geltend gemachten Verwendungen des Klägers sind danach in folgendem Umfang zu berücksichtigen:

 Benzinkosten (Überführung):70,40 €
Verpflegungsmehraufwand (Überführung):20,17 €
Zulassungskosten66,50 €
Winterreifen380,60 €
Sommerreifen738,04 €
Alarmanlage320,00 €
Reparatur Motorschaden826,83 €
Klimakompressor769,02 €
Summe3.191,56 €

Dabei folgt der Senat dem Landgericht dahingehend, dass durch die Aussage des Zeugen B... sowohl die Durchführung als auch die Erforderlichkeit der Reparatur des Motorschadens sowie der defekten Klimaanlage ebenso wie die Notwendigkeit der Anschaffung eines neuen Reifensatzes nachgewiesen ist. Der Zeuge hat in seinen umfassenden und in sich stimmigen Angaben den Vortrag des Klägers in vollem Umfang bestätigt. Anhaltspunkte für Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage oder an der Glaubwürdigkeit des Zeugen werden weder vom Beklagten aufgezeigt noch sind sie aus anderen Umständen ersichtlich.

Weiter zu berücksichtigen sind die erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemachten Verwendungen, deren tatsächliche Vornahme vom Beklagten nicht in Abrede gestellt wird, nämlich der Wechsel der Batterie, der Austausch der Windschutzscheibe infolge eines Steinschlagschadens, der Wechsel der Glühkerzen, des Öls und Ölfilters nebst Dichtungsrings, der Austausch der Bremsbelege und der Servopumpe. Die hierfür zu veranschlagenden Kosten betragen 1.151,37 €. Der daraus resultierende Gesamtbetrag der angefallenen Kosten von 4.342,93 € ist wegen der dem Kläger selbst zugute gekommenen Nutzungen der Verwendungen angesichts der relativ geringen Laufleistung des Fahrzeuges, seitdem es im Besitz des Klägers ist (13.678 km in knapp 2 1/2 Jahren) um lediglich 10 % zu kürzen, wobei der Senat insoweit ein Mittel zwischen den Verwendungen gebildet hat, die dem Fahrzeug - voraussichtlich - dauerhaft zugute kommen und den Positionen, die Verbrauchsteile betreffen, die in regelmäßigen Abständen zu erneuern sind. Zu berücksichtigen ist nach allem ein Verwendungsersatzanspruch in Höhe von 3.908,64 €.

e) Weiterhin besteht ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten hinsichtlich der im Rahmen der Ermittlung des Sachmangels angefallenen Sachverständigenkosten in Höhe von 103,14 € aus § 280 Abs. 1 BGB. Dabei schließt die Geltendmachung des Aufwendungsersatzanspruches nach §§ 437 Nr. 3, 284 BGB nicht aus, dass der Käufer daneben Schadensersatzansprüche (neben der Leistung) aus § 280 Abs. 1 BGB - etwa wegen eines außergerichtlich zur Beweissicherung eingeholten Sachverständigengutachtens - geltend macht (BGH VersR 2005, S. 1541).

f) Schließlich kann der Kläger nicht anrechenbare vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 465,90 € - ausgehend von einer Geschäftsgebühr in Höhe von 0,65 bei einem Geschäftswert von bis zu 25.000,00 €, zzgl. der Kostenpauschale von 20,00 € - aus § 280 Abs. 1 BGB verlangen.

g) Im Ergebnis errechnet sich die Gesamtforderung des Klägers wie folgt:

 Kaufpreis22.000,00 €
abzgl. Gebrauchsvorteile1.504,58 €
zzgl. Verwendungsersatz3.908,64 €
zzgl. Gutachterkosten103,14 €
zzgl. vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten465,90 €
Summe24.973,10 €

h) Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 BGB sowie - hinsichtlich der Klageerweiterungen - aus §§ 291 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB. Der Beklagte befand sich aufgrund seiner ernsthaften und endgültigen Leistungsverweigerung im Schreiben vom 25.10.2005 ab diesem Tage in Verzug.

i) Schließlich ist auch die Feststellungsklage hinsichtlich des Annahmeverzuges des Beklagten mit der Rücknahme des Fahrzeuges begründet. Der Beklagte ist mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 14.01.2005 vergeblich zur Rückabwicklung des Kaufvertrages bis zum 26.10.2005 aufgefordert worden und befindet sich auch insoweit aufgrund der ernsthaften und endgültigen Leistungsverweigerung im Schreiben vom 25.10.2005 in Verzug.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2, 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Der Beklagte hat auch die Kosten zu tragen, die auf den zwischenzeitlich in der Hauptsache erledigten Teil des Rechtsstreits entfallen, da er ohne das erledigende Ereignis - Verrechnung der Rückzahlungs- bzw. Erstattungsansprüche mit den gezogenen Gebrauchsvorteilen - auch insoweit berechtigt vom Kläger in Anspruch genommen worden wäre. Der Senat wertet dabei auch die im Termin am 05.06.2008 erklärte Teilerledigung als Fall des § 91 a ZPO. Zwar hat sich der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht ausdrücklich angeschlossen. Da der Beklagte jedoch den zuvor aus den gleichen Gründen erfolgten Teilerledigungserklärungen des Klägers zugestimmt hat, ist die widerspruchslose Hinnahme der Teilerledigungserklärung im Termin vor dem Senat als Fall der konkludenten Zustimmung anzusehen (vgl. hierzu Vollkommer in Zöller, a. a. O., § 91 a, Rn. 10).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 2 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 30.000,00 € festgesetzt, §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 GKG 3 ZPO.

Die Beschwer des Beklagten übersteigt 20.000,00 €.

Ende der Entscheidung

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