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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.06.2008
Aktenzeichen: 12 U 240/07
Rechtsgebiete: BGB, EigZulG


Vorschriften:

BGB § 249 Abs. 1
BGB § 280
BGB § 280 Abs. 1
EigZulG § 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 240/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 19.06.2008

Verkündet am 19.06.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski, den Richter am Oberlandesgericht Beckmann und die Richterin am Amtsgericht Eggers-Chemseddine

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 26. November 2007 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Cottbus, Az.: 2 O 197/06, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung nicht zu. Grundsätzlich muss der Prospekt über sämtliche Umstände, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind, richtig und vollständig informieren, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Prospekt über ein Beteiligungsangebot im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit des Anlegers darstellt (BGH, Urteil vom 17.04.2008, Az.: III ZK 227/06 m.w.N.; Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 280 Rn. 54 c). Erforderlich ist eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln oder den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden können (BGH a.a.O.). Es dürfen auch keine übertriebenen Renditeerwartungen bei den Anlegern geweckt werden und ernstzunehmende Bedenken der Finanzverwaltung gegen das steuerliche Konzept verschwiegen werden (Münch-Komm-Emmerich, BGB, 4. Aufl., vor § 275 Rn. 137). Diesen Anforderungen wird der Prospekt der Beklagten noch gerecht. Entgegen der Auffassung des Klägers wurde in dem Prospekt eine Garantie in Bezug auf die Bewilligung der Eigenheimzulage nicht erteilt. Vielmehr stellt der Prospekt der Beklagten einige Gründe vor, die für eine Beteiligung an der Beklagten sprechen. In diesem Zusammenhang wird herausgestellt, dass eine Förderung gem. § 17 EigZulG bereits ab 5.200,00 € Beteiligung möglich ist und die staatliche Förderung dadurch zu einer "Rendite" von bis zu 12,5 % der Einlage führen kann. Unter der Überschrift "die steuerlichen Grundlagen" wird dargestellt, dass der Erwerb von Genossenschaftsanteilen durch eine Berechnung des Bundesfinanzhofs im Jahre 2002 auch für Kapitalanleger möglich geworden ist. Eine Änderung des § 17 dahin, dass die Förderung nur für Genossen gelten soll, die in eine Wohnung einziehen, sei vom Vermittlungsausschuss abgelehnt worden, weshalb das bisherige Gesetz gelte und für alle Beitritte bis zur Veröffentlichung eines geänderten Gesetzes gelte der Bestandsschutz für 8 Jahre. Letztere Feststellung lässt erkennen, dass sich an der dargestellten Rechtslage eigentlich nichts mehr ändern kann. Jeder Beitritt, der bis zur Veröffentlichung eines anderen Gesetzes erfolgt, hat aus Bestandsschutzgründen sich an der derzeit geltenden Rechtslage zu orientieren. Nichts anderes ergibt sich zunächst hinsichtlich der Darlegungen unter der Überschrift "Risiken", womit zwar darauf hingewiesen wird, dass sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen verändern können, was jedoch aufgrund des Erlasses des Bundesfinanzministers vom 14.04.2002 nicht zu erwarten sei. Das Risiko beschränke sich letztlich darauf, dass der Anleger keine Verzinsung erzielt bzw. dass sich das Abfindungsguthaben negativ entwickelt. Unter der Überschrift "Angaben Vorbehalt/Schadensersatzregelung" enthält der Prospekt aber den Hinweis, dass Abweichungen von den Angaben im Prospekt (Stand April 2003) aufgrund künftiger wirtschaftlicher Entwicklungen, neuer gesetzlicher Auflagen, gerichtlicher Entscheidungen und Praxis der Finanzverwaltung vorbehalten bleiben. Dies stellt einen ausreichenden Hinweis darauf dar, dass Abweichungen von den Ankündigungen im Prospekt insbesondere auch aufgrund einer Änderung der Praxis der Finanzverwaltung möglich sind. Eine weitergehende Verpflichtung der Beklagten, den Kläger darüber aufzuklären, dass aufgrund der Art der Tätigkeit der beklagten Genossenschaft die Möglichkeit besteht, dass diese nicht dem gesetzlichen Leitbild des § 17 EigZulG gerecht wird und deshalb damit gerechnet werden muss, dass mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 EigZulG der Antrag auf Bewilligung einer Eigenheimzulage abschlägig beschieden wird, ist nicht erforderlich. Davon, dass die Beklagte von vornherein den Vorgaben des § 17 EigZulG nicht genügte, kann nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift soll es sich um eine Genossenschaft handeln, die von ihr errichtete Wohnungen ihren Mitgliedern unbeschadet eines entsprechenden in der Satzung formulierten Gesellschaftszwecks tatsächlich zum Wohnen überlasst (BFH, Urteil vom 29.03.2007, Az.: IX R 28/06). Dass die Beklagte diesen Vorgaben nicht genügt, kann nicht festgestellt werden. Im Prospekt ist unter der Überschrift "Standorte und Vermietungssituation" beschrieben, wo die Beklagte über Objekte verfügt. Mit der Berufungserwiderung hat sie ebenfalls ausgeführt, dass ein Wohnungsbestand in S... und in H... vorhanden ist. Sofern der Kläger behauptet, bereits bei Drucklegung des Prospektes sei offenkundig gewesen, dass nur formal eine Gesellschaft als Wohnungsbaugenossenschaft gegründet worden sei, tatsächlich aber zu keinem Zeitpunkt ein bestimmtes Mindestkapital überhaupt in Wohnungen investiert worden sei, ist der Kläger hierfür beweispflichtig. Ein entsprechender Beweisantritt ist jedoch nicht erfolgt. Soweit sich der Kläger auf eine Entscheidung des BGH (veröffentlich in NJW-RR 2003, 1393) beruft, lässt sich daraus für den vorliegenden Fall nichts herleiten. Der BGH hat gemeint, dass im Rahmen der seiner Entscheidung zugrunde liegenden Anlage gerade steuerrechtliche Unsicherheiten bestanden haben, die eine umfassende Aufklärung auch über negative Umstände, die den Vertragszweck vereiteln konnten, erforderten. Dass solche Unsicherheiten auch hier bestanden, ist nicht hinreichend dargetan. Soweit der Kläger meint, es sei Ende 2003 absehbar gewesen, dass der Wortlaut des § 17 EigZulG dahingehend abgeändert werden würde, dass der Antragsteller spätestens im letzten Jahr des Förderzeitraumes eine Genossenschaftswohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzen muss, so ergaben sich daraus selbst dann keine gesteigerten Aufklärungspflichten der Beklagten, wenn sie entsprechende Bestrebungen bereits gekannt hätte, wovon hier ohnehin nicht ohne weiteres ausgegangen werden kann. Üblicherweise entfalten solche Gesetzesänderungen keine Rückwirkung, so dass nicht zwingend damit zu rechnen war, dass dem Kläger für den Fall des Beitritts noch im Jahre 2003 die Eigenheimzulage wegen mit einer späteren Gesetzesänderung nicht bewilligt werden würde. Unabhängig davon kommt es hierauf aber auch deshalb nicht an, weil die erfolgte Ablehnung des Antrages auf Bewilligung der Eigenheimzulage auf diesen Gesichtspunkt gar nicht beruht, sondern damit begründet wurde, dass nicht mehr als 2/3 des Geschäftsguthabens der Genossen zu wohnungswirtschaftlichen Zwecken genutzt werde. Für eine solche einschränkende Betrachtung gab der Gesetzeswortlaut nichts her. Aus den von der Beklagten vorgelegten Entscheidungen des Finanzgerichtes Baden-Württemberg vom 07.12.2005, Az.: 3 V 24/05, und des Bundesfinanzhofes vom 25.06.2007, Az.: IX B 55/07, geht hervor, dass die Berechtigung zur Schaffung der "2/3-Grenze" ernstlich zweifelhaft ist. Da sich die Beschränkung aus dem Gesetzeswortlaut nicht ergibt, war eine weitergehende Aufklärung der Beklagten nur veranlasst, wenn ihr bereits seinerzeit bekannt war, dass es dahingehende Bestrebungen bereits gibt, die im Einzelfall auch dazu führen können, dass der Antrag auf Bewilligung einer Eigenheimzulage gerade aus diesem Grund zurückgewiesen wird. Soweit sich der Kläger nunmehr mit Schriftsatz vom 17.06.2008 darauf beruft, dass es neben der von der Beklagten zitierten Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen aus dem Jahre 2004 bereits ein Rundschreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 11.05.1999, welches im Bundessteuerblatt 1999 veröffentlicht worden sei, gegeben habe mit dem Inhalt, dass das Handeln der Genossenschaft nur dann auf die Herstellung oder Anschaffung von Wohnungen i.S.d. § 17 EigZulG gerichtet ist, wenn mehr als 2/3 des Geschäftsguthabens der Genossen zu wohnungswirtschaftlichen Zwecken genutzt werden, so hat der Kläger bereits nicht hinreichend dargelegt, dass dieses an die Finanzbehörden gerichtete Rundschreiben der Beklagten bekannt war oder hätte bekannt sein müssen. Vielmehr bestand unstreitig eine Verwaltungspraxis dahin, dass die Eigenheimzulage den beigetretenen Mitgliedern der Beklagten regelmäßig bewilligt wurde. Dass die Bewilligung der Eigenheimzulage aber gleichwohl - für die Beklagte erkennbar - gerade deshalb fraglich war, weil sie an der "2/3-Grenze" scheitern könnte, kann ohne nähere Anhaltspunkte nicht festgestellt werden. Da die Beklagte aber nur über Risiken aufklären kann, die ihr bewusst waren oder jedenfalls hätten bewusst sein müssen, genügte letztlich der im Prospekt enthaltene allgemeine Hinweis darauf, dass eine Änderung der Praxis der Finanzbehörden die Angaben im Prospekt in Frage stellen konnte. Damit war der Kläger hinreichend in die Lage versetzt, sich gegebenenfalls selbst bei der Behörde zu erkundigen, ob es Bestrebungen in Bezug auf eine Änderung der in dem Prospekt beschriebenen Anlagemöglichkeit gibt. Kann mithin nicht davon ausgegangen werden, dass für die Beklagte im Zeitpunkt der Verwendung des Prospektes die Einschränkung, die letztlich zur Zurückweisung des Antrages geführt hat, erkennbar war, wobei die Richtigkeit des Verwaltungshandelns ohnehin noch nicht geklärt ist, kommt eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen der Prospekthaftung nicht in Betracht (so auch LG Bielefeld, Urteil vom 07.03.2006, Az.: 2 O 489/05, und Urteil vom 28.05.2006, Az.: 21 S 79/06). Nichts anderes folgt aus der von dem Kläger zitierten Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 16.01.2007, Az.: 30 O 386/06. Den auch dort gegenüber der Beklagten geltend gemachten Schadensersatzanspruch hat das Landgericht ebenfalls nicht für begründet erachtet, allerdings aus dem Gesichtspunkt der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft. Demgegenüber befinden sich Ausführungen zu einer angeblichen arglistigen Täuschung im Rahmen der Ausführungen zum Hilfsantrag, der einen Anspruch auf Auseinandersetzung und Vorlage aus einer Auseinandersetzungsbilanz zum Gegenstand hatte, wobei das Landgericht scheinbar darauf abgestellt hat, dass die Beklagte gar nicht beabsichtigte, überhaupt Wohnraum zur Verfügung zu stellen, wovon hier aber nicht ohne weiteres ausgegangen werden kann.

Liegen nach alledem bereits die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nach § 280 BGB nicht vor, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Anspruch möglicherweise auch unter Heranziehung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft scheitert, wie dies sowohl in der von der Beklagten vorgelegten Entscheidung des Landgerichts Bielefeld vom 07.03.2006, Az. 2 O 489/05, als auch in der von dem Kläger zitierten Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 16.01.2007 der Fall war. Ebenso bedarf es keiner vertiefenden Ausführungen dazu, inwieweit der von dem Kläger geltend gemachte Schaden, der in der nicht erfolgten Auszahlung der Eigenheimzulage liegen soll, tatsächlich einen erstattungsfähigen Schaden darstellt, woran durchgreifende Zweifel bestehen. Nach § 249 Abs. 1 BGB hat derjenige, der zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Vorliegend ist aber zu berücksichtigen, dass der Kläger weder vor noch nach ihrem Beitritt in den Besitz der Eigenheimzulage gelangt ist. In Bezug auf die Eigenheimzulage hat sich also an ihrer Vermögenssituation nichts geändert. Als Schaden kommt daher eher ein solcher in Betracht, der in der Eingehung der Verpflichtung zu sehen ist, also in der Zahlung der Beteiligungssumme von 5.400,00 €, hinsichtlich derer aber wiederum problematisch ist, dass sich insoweit Rückforderungsansprüche bei Kündigung und Auseinandersetzung ergeben können, so dass dem Kläger möglicherweise insoweit kein oder jedenfalls nur ein eingeschränkter Schaden entstehen wird. Unabhängig davon kann der Schaden, soweit er nach der Darstellung des Klägers in der Nichterteilung der Eigenheimzulage zu sehen sein soll, auch deshalb derzeit noch nicht als eingetreten betrachtet werden, weil über die insoweit eingereichte Klage vor dem Finanzgericht Münster noch nicht abschließend entschieden wurde und es nicht völlig ausgeschlossen erscheint, dass dieses die Rechtswidrigkeit der abschlägigen Entscheidung der Finanzbehörde feststellt.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Unabhängig davon, dass mehrere Anleger sich an der Beklagten beteiligt haben, handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, die - soweit ersichtlich - auch nicht von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abweicht.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 5.392,00 €

Ende der Entscheidung

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