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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 08.04.2004
Aktenzeichen: 12 U 3/03
Rechtsgebiete: BGB, PflVG, ZPO, StVG, StVO


Vorschriften:

BGB § 288 Abs. 1 Satz 1
BGB § 291 a. F.
BGB § 823
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 847
BGB § 847 Abs. 1 a. F.
PflVG § 3
PflVG § 3 Nr. 1
ZPO § 256
ZPO § 286
ZPO § 287
ZPO § 412 Abs. 1
ZPO §§ 517 ff.
StVG § 7 Abs. 2 a. F.
StVG § 17
StVO § 1
StVO § 3 Abs. 1
StVO § 4 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 3/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht 011

Anlage zum Protokoll vom 08.04.2004

Verkündet am 08.04.2004

in dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2004 durch

den Richter am Oberlandesgericht ... als Vorsitzenden, den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 1. November 2002 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 17 O 325/98, teilweise abgeändert.

Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner weitere 6.000,00 € zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 8. Oktober 1998 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 9. Juli 1995 auf der B ... in B... , Höhe T... zu ersetzen, letztere allerdings nur, soweit sie nach dem 26. Februar 2004 entstehen, erstere soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen oder übergegangen sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Die Beklagten werden des von ihnen eingelegten Rechtsmittels für verlustig erklärt.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 64 % und die Beklagten 36 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 47 % und die Beklagten 53 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für sämtliche materiellen und immateriellen Schäden in Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall, der sich am 9. Juli 1995 auf der B ... in B... , Höhe T... , ereignet hat. Erstinstanzlich hat er darüber hinaus die Zahlung einer Schmerzensgeldrente geltend gemacht.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Landgericht hat der Klage lediglich hinsichtlich der Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1.244,35 € zuzüglich Zinsen stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Haftung der Beklagten dem Grunde nach folge aus §§ 823, 847 BGB, 3 PflVG. Nach dem eingeholten unfallanalytischen Gutachten des Sachverständigen Dr. Sp... stehe fest, dass die unfallbedingte Kollisionsgeschwindigkeit mehr als 15 km/h betragen habe, wobei eine Verletzung der Halswirbelsäule nicht mehr auszuschließen sei. Den gegen sie sprechenden Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden hätten die Beklagten nicht entkräftet. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. G... habe der Kläger ein Halswirbelsäulenschleudertrauma I. bis II. Grades erlitten. Eine Kausalität der weiteren, vom Kläger als Folge des Unfalls behaupteten körperlichen Beeinträchtigungen habe der Sachverständige nicht feststellen können. Das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. G... sei klar, vollständig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar; die Einholung eines Obergutachtens oder einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen sei nicht erforderlich. Die festgestellte unfallbedingte Erkrankung rechtfertige ein Schmerzensgeld von 1.500,00 €, so dass abzüglich der von der Beklagten zu 2. geleisteten Teilzahlung noch ein Betrag von 1.244,35 € zuzusprechen sei. Ein Anspruch des Klägers auf die beantragte Schmerzensgeldrente und die begehrte Feststellung bestehe nicht. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. G... stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Halswirbelsäulenschleudertrauma ausgeheilt und mit dem Eintritt weiterer materieller oder immaterieller Schäden nicht zu rechnen sei.

Gegen das ihm zu Händen seines erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten am 6. Dezember 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 2. Januar 2003 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel - nach antragsgemäßer Fristverlängerung bis dahin - mit einem am 6. März 2003 eingegangenen Schriftsatz begründet. Die Beklagten haben gegen das ihnen zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten ebenfalls am 6. Dezember 2002 zugestellte Urteil ihrerseits mit einem am 3. Januar 2003 per Telefax beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 31. Januar 2003, eingegangen am 3. Februar 2003, zurückgenommen haben.

Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung seine erstinstanzlichen Klageanträge nur hinsichtlich des geltend gemachten angemessenen Schmerzensgeldes sowie der Feststellung der Ersatzpflicht für sämtliche künftigen materiellen und immateriellen Schäden weiter. Er rügt, das Landgericht habe die Voraussetzungen für den Nachweis der Unfallkausalität verkannt und sich fehlerhaft über seine Einwendungen gegen das gerichtliche Sachverständigengutachten, die durch privatgutachterliche Stellungnahmen unterfüttert worden seien, hinweggesetzt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass eine unfallmechanische Belastung auf ihn eingewirkt habe, die das vorgetragene Beschwerdebild als unfallkausal plausibel erscheinen lasse. Dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. G... fehle jede Überzeugungskraft. Die Einordnung des Schweregrades des eingetretenen HWS-Schleudertraumas sei falsch und aus der im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung erfolgten Befragung nicht zu rechtfertigen; zudem sei der Sachverständige als Neurologe und Psychiater von seinem ärztlichen Fachgebiet nicht dazu berufen, den Schweregrad eines Halswirbelsäulenschleudertraumas zu beurteilen. Der Sachverständige habe sich mit den bei den Akten befindlichen ärztlichen Befunden und Gutachten nicht auseinandergesetzt; es sei daher nicht nachvollziehbar, wenn das Landgericht davon ausgehe, das gerichtliche Gutachten sei vollständig und widerspruchsfrei. Die Fülle der überreichten fachmedizinischen Stellungnahmen zeige, dass für die Einordnung des Schweregrades III. alle Ausfallerscheinungen und Beschwerden vorgelegen hätten. Eine Auseinandersetzung mit diesen Ausführungen sei zwingend und unverzichtbar. Hinsichtlich der unfallbedingten Dauerschäden seien eine Vielzahl ärztlicher Berichte und Gutachten vorgelegt worden, mit denen sich der Sachverständige und ihm folgend das Landgericht nicht auseinander gesetzt habe. Das Gutachten des Sachverständigen berücksichtige nicht die Vorbefunde und Vorgutachten, stelle deren wesentlichen Inhalte und Aussagen nicht in der gebotenen Form dar, unterdrücke seinen Ausführungen widersprechende Ergebnisse und Befunde und gelange so zu unhaltbaren und wissenschaftlich unbegründeten Schlussfolgerungen. Die von ihm abgegebene Diagnose einer Depression mit Somatisierungsstörungen werde als unfallfern dargestellt, ohne dies belegen zu können.

Das Gutachten verkenne zudem die rechtlichen Voraussetzungen einer unfallbedingten Kausalität. Selbst wenn man von einer psychischen Fehlreaktion ausgehe, hindere dies die Annahme eines haftungsbegründenden Zurechnungszusammenhanges nicht. Für die haftungsausfüllende Kausalität reiche es im Rahmen des § 287 ZPO aus, wenn weitere Beschwerden erheblich wahrscheinlich auf das Unfallereignis zurückzuführen seien; ebenso müsse der Schädiger - von Bagatellfällen abgesehen - auch für psychische und neurologische Dauerfolgen einstehen. Für eine Haftungsbegründung reiche eine Mitursächlichkeit des Unfallgeschehens an später auftretenden psychischen Folgeschäden aus.

Der Kläger beantragt,

in teilweiser Abänderung des am 1. November 2002 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 17 O 325/98,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, einschließlich des erstinstanzlich ausgeurteilten Betrages aber mindestens 17.895,22 € betragen sollte, zuzüglich 4 % Zinsen seit Klagezustellung aus dem Betrag in Höhe von 12.782,30 € und zuzüglich 4 % Zinsen aus dem weitergehen den Betrag seit Zustellung des Schriftsatzes vom 17. November 1999 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämt- liche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 9. Juli 1995 auf der B ... in B... , Höhe T... zu ersetzen, letztere allerdings nur, soweit sie nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstehen, erstere soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen oder übergegangen sind.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Auch im Rahmen der dem Geschädigten zugute kommenden Beweiserleichterungen aus § 287 ZPO habe er den Nachweis der Ursächlichkeit des Unfalls für das gesamte weitere Beschwerdebild zu erbringen. Das vom Kläger angegriffene gerichtliche Sachverständigengutachten zeige sich gerade dadurch aus, dass es sich nur auf objektivierbare, fachmedizinische Befunde stütze und die "persönliche Argumentation" des Klägers vermeide. Zu einer Auseinandersetzung mit den vom Kläger vorgetragenen Lehrmeinungen und den im Ergebnis unterschiedlich ausgefallenen Arztberichten und ärztlichen Gutachten sei der Sachverständige nicht gehalten gewesen. Der Sachverständige habe den Akteninhalt ausgewertet und sei auf dieser Grundlage zu einem zutreffenden Ergebnis gekommen. Die Vorbefunde, Vorerkrankungen und das Alter des Klägers seien berücksichtigt worden.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 19. Juni 2003 (Bl. 834 ff. GA) durch Einholung eines weiteren schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. H... . Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 18. September 2003 (Bl. 868 ff. GA) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2004 (Bl. 1059 ff. GA) Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 517 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat nur zum Teil Erfolg.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Schmerzensgeld nur in der austenorierten Höhe aus §§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB a. F., 3 Nr. 1 PflVG zu. Im Übrigen haften die Beklagten als Gesamtschuldner auf Ersatz der dem Kläger infolge des Unfallereignisses entstandenen und noch entstehenden materiellen Schäden aus §§ 823 Abs. 1 BGB, 7 Abs. 1, 17, 18 Abs. 1 StVG in vollem Umfang. Auf den zugrunde liegenden Sachverhalt sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in der bis zum 31. Juli 2002 geltenden Fassung anzuwenden, weil das schädigende Ereignis vor diesem Datum stattgefunden hat (Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB).

1.

Die vollumfängliche Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist in zweiter Instanz zwischen den Parteien nicht mehr streitig. Das Landgericht hat auf der Grundlage eines alleinigen Verschuldens des Beklagten zu 1) die volle Haftung der Beklagten festgestellt, ohne dass dies im Berufungsverfahren von einer der Parteien angegriffen worden ist; die Beklagten haben die von ihnen gegen das Urteil eingelegte Berufung zurückgenommen. Aus den nachvollziehbaren Feststellungen des Landgerichts ist zu entnehmen, dass sich das Unfallereignis für den Kläger als unabwendbar i.S. des § 7 Abs. 2 StVG a. F. darstellte. Selbst wenn man den Nachweis der Unabwendbarkeit nicht als geführt ansehen würde, tritt im Rahmen der nach § 17 StVG vorzunehmenden Abwägung der jeweiligen Verursachungsbeiträge die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges hinter dem verschuldeten Verstoß des Beklagten zu 1) gegen seine Pflichten aus §§ 1, 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 StVO zurück.

2.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest (§ 286 ZPO), dass der Kläger aufgrund des Unfalls eine Körperverletzung erlitten hat, an deren Folgen der Kläger noch heute leidet, auch wenn nicht feststeht, dass sämtliche von dem Kläger behaupteten Verletzungen und Beschwerden mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) durch den Unfall verursacht worden sind.

a) Nach den allgemeinen Beweisregeln obliegt es dem Kläger als Anspruchsteller, den Nachweis zu erbringen, dass er durch den Verkehrsunfall eine Körperverletzung erlitten hat. Da es sich hierbei um eine Voraussetzung des Haftungsgrundes handelt, unterliegt dieser Nachweis den strengen Anforderungen des Vollbeweises nach § 286 ZPO, d.h. das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten ist, wobei die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung keine "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit" erfordert, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet. Steht danach der Nachweis einer Primärverletzung fest, bemisst sich die Frage der haftungsausfüllenden Kausalität, ob durch den Unfall auch die geltend gemachten, weitergehenden Unfallfolgen ursächlich sind, nach § 287 ZPO; insoweit genügt - je nach Lage des Einzelfalls - eine höhere oder deutlich höhere Wahrscheinlichkeit für die Überzeugungsbildung (vgl. BGH NZV 2003, 167, 168; BGH VersR 1987, 310 jeweils m.w.N.; KG NZV 2003, 239; OLG Hamm r+s 2000, 155; OLG Karlsruhe NZV 2001, 511). Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die unfallbedingte Entstehung der behaupteten Beschwerden wahrscheinlicher ist als ihre unfallunabhängige Entstehung (OLG Karlsruhe a.a.O.). Die Haftung erstreckt sich dabei grundsätzlich auch auf die daraus resultierenden Folgeschäden, gleichviel ob organisch oder psychisch bedingt. Der Schädiger hat grundsätzlich auch für eine psychische Fehlverarbeitung als haftungsausfüllende Folgewirkung einzustehen, wenn eine hinreichende Gewissheit besteht, dass diese Folge ohne den Unfall nicht eingetreten wäre (vgl. BGH VersR 1996, 990, 991; BGH VersR 1998, 201, 202; BGH NJW-RR 1999, 819). Eine Zurechnung kommt nur dann nicht in Betracht, wenn eine Renten- oder Begehrensneurose vorliegt oder wenn das schädigende Ereignis so geringfügig ist und nicht gerade speziell die Schadensanlage des Verletzten trifft und deshalb die psychische Reaktion im konkreten Fall in einem groben Missverhältnis zum schädigenden Ereignis steht, dass diese Reaktion nicht mehr verständlich ist. Handelt es sich bei den psychisch vermittelten Beeinträchtigungen hingegen nicht um schadensausfüllende Folgewirkungen, sondern treten sie haftungsbegründend erst durch die psychische Reaktion auf ein Unfallgeschehen ein, so kommt eine Haftung nur in Betracht, wenn die Beeinträchtigungen selbst Krankheitswert besitzen, also eine Gesundheitsbeeinträchtigung i.S. des § 823 Abs. 1 BGB darstellen, und für den Schädiger vorhersehbar waren (BGH VersR 1996, 990, 991).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze steht im hier zu entscheidenden Fall nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme aufgrund des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. H... und der mündlichen Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen zur Überzeugung des Senates fest, dass der Kläger aufgrund des Unfallereignisses am 9. Juli 1995 ein HWS-Schleudertrauma mittelschweren Grades (Grad I bis II nach Erdmann) erlitten hat. Hingegen hat der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht den Beweis zu führen vermocht, dass er ein HWS-Schleudertrauma III. Grades erlitten hat. Der Sachverständige Prof. Dr. H... , dessen Sachkunde und Kompetenz für den Senat außer Frage steht, da es sich um einen auf dem Gebiet des Halswirbelsäulenschleudertraumas international anerkannten Experten und Facharzt für Neurologie handelt, der im Übrigen viele Jahre mit den vom Kläger als Literaturmeinung wiederholt zitierten Professoren Keidel und Diener zusammengearbeitet hat bzw. noch zusammenarbeitet, hat dazu in seinem schriftlichen Gutachten vom 18. September 2003 ausgeführt, dass die Klassifikation bei HWS-Beschleu-nigungsverletzungen in insgesamt fünf Schweregrade von Grad 0 (kein Trauma) bis Grad 5 (tödliches Trauma) anhand der Faktoren klinisches Erscheinungsbild, symptomfreies Intervall, Bettlägerigkeit, Schädigungsmorphologie, HWS-Röntgendarstellung und Unfallkollisionsgeschwindigkeit vorgenommen wird. Der Sachverständige hat anhand der Auswertung der in den Gerichtsakten befindlichen Unterlagen, Befunde und seiner eigenen gutachterlichen Untersuchung festgestellt, dass nach dem klinischen Erscheinungsbild die aufgetretenen Beschwerden wie Kopf- und Nackenschmerzen, Müdigkeit, Benommenheit, Schwindel, Konzentrationsschwierigkeiten sowie Kribbeln in den Händen eine Einteilung in den Schweregrad 2 rechtfertigen, während eine Einteilung in Grad 3 das Auftreten von Lähmungserscheinungen oder sensiblen Defiziten verlangt, die der Sachverständige nicht festgestellt hat. Nach den eigenen Angaben des Klägers habe er in den ersten zwei Stunden nach dem Unfall keine Symptome gehabt, die ersten Symptome seien erst ca. 3 1/2 Stunden in Form einer Müdigkeit sowie nach fünf Stunden in Form eines Drehschwindels sowie Übelkeit aufgetreten. Bei einem Schweregrad 2 trete meist ein symptomfreies Intervall von 1 - 8 Stunden auf, während bei einem Schweregrad 3 dieses Intervall meist fehle. Anhand des beim Kläger aufgetretenen symptomfreien Intervalls könne der Schweregrad mit sehr großer Wahrscheinlichkeit dem Grad 2 zugeordnet werden. Die Schädigungsmorphologie entspreche dagegen nach den dokumentierten Befunden den bei Grad 1 zu erwartenden Mustern von Distorsionen, Dehnungen und Zerrungen des Halswirbelsäulenweichteilmantels, während die für eine Einteilung in Grad 2 notwendigen Verletzungen nicht feststellbar seien. Auch die HWS-Röntgendarstellung und die unfallbedingte Kollisionsgeschwindigkeit entsprächen eher einem Grad 1-Schleuder-trauma; die für eine Einordnung in Grad 3 erforderlichen Voraussetzungen lägen nicht vor. Die diesbezüglichen Feststellungen des Sachverständigen stimmen mit den Feststellungen des vom Landgericht beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. G... in seinem Gutachten vom 13. Februar 2002 (Bl. 614 GA) überein. Der Sachverständige Prof. Dr. H... hat darüber hinaus im Rahmen seiner mündlichen Erläuterung des Gutachtens überzeugend und für den Senat nachvollziehbar sein Ergebnis damit begründet, dass nach der vorliegenden Dokumentation keine Anhaltspunkte für mit einem schweren Trauma verbundenen neurologische Ausfälle vorhanden sind und auch keine neurologischen diagnostischen Leistungen angefordert wurden. Auch ist nach der vorliegenden medizinischen Dokumentation und den eigenen Angaben des Klägers eine Gehirnerschütterung oder eine Amnesie nicht eingetreten. Der Umstand, dass der Kläger bereits am Folgetag wieder aus dem Krankenhaus entlassen wurde, ohne dass ein neurologischer Spezialist zu Rate gezogen wurde, ist danach ebenfalls ein Anhaltspunkt dafür, dass eine höhergradige Schädigung nicht vorgelegen hat, da andernfalls davon auszugehen ist, dass entsprechende Behandlungen vorgenommen worden wären und Aufnahme in die zu den Gerichtsakten gelangte Dokumentation gefunden hätten.

Die vom Kläger erhobenen Einwände gegen die Feststellungen des Sachverständigen hinsichtlich des Schweregrades des HWS-Schleudertraumas (S. 46 ff. des Schriftsatzes vom 14. Januar 2004, Bl. 964 ff. GA) greifen im Ergebnis nicht durch. Soweit der Kläger kritisiert, der Sachverständige sei nach dem von ihm als überholt angesehenen Klassifikationssystem nach Erdmann ausgegangen, ergeben sich auch nach dem von ihm (dem Kläger) vergleichend herangezogenen Klassifikationssystem nach QTF keine wesentlichen Unterschiede; auch danach werden für ein schweres Trauma neurologische Befunde wie abgeschwächte oder aufgehobene Muskeleigenreflexe, Paresen und sensible Defizite vorausgesetzt (vgl. Bl. 1028 GA). Derartige objektivierbare Befunde lassen sich dem vom Kläger in Bezug genommenen Befundbericht des Dr. med. F... vom 19. März 1996 (Bl. 463 f. GA) nicht entnehmen. Im Übrigen lässt allein der Umstand, dass der Sachverständige den Befundbericht des Dr. med. F... in seinem Gutachten nicht erwähnt, nicht ohne weiteres den Schluss zu, dass der Sachverständige diesen nicht zur Kenntnis genommen hat. Vielmehr ist ebenso der Schluss zulässig, dass der Sachverständige diesen Befundbericht zur Kenntnis genommen und daraus keine Anhaltspunkte entnommen hat, die auf das Vorliegen eines Schweregrades 3 schließen lassen. Dass der Kläger sich unmittelbar nach dem Unfall nicht an Unfallgegner und Unfallauto habe erinnern können, worin er ein weiteres Anzeichen für das Vorliegen eines Schleudertraumas III. Grades sieht, hat er zwar bei seiner Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. Dr. G... angegeben (Bl. 599 GA). Dagegen hat er bei der Untersuchung durch den Sachverständigen Prof. Dr. H... angegeben, eine Bewusstlosigkeit sei nicht eingetreten, er könne sich an alle Einzelheiten und Vorgänge erinnern und er habe es seinerzeit nicht für zwingend notwendig erachtet, ins Krankenhaus zu gehen und sich untersuchen zu lassen; er habe im Krankenwagen liegend keine Symptome gehabt (Bl. 886 GA). Ebenso heißt es im neurologischen Gutachten des Dr. Dr. W... vom 19. November 1997 und in dessen Ergänzungsgutachten vom 11. Oktober 1998, der Kläger habe ihm gegenüber den Unfallhergang so geschildert, dass er nicht bewusstlos gewesen sei und sich an den Ereignishergang vollständig erinnern könne (Bl. 51, 64 GA). Der Kläger habe den Unfallhergang bei vollem Bewusstsein miterlebt und auch im Rahmen von zweimaligen persönlichen Untersuchungen eingehend zu schildern vermocht (Bl. 81 GA). Der Sachverständige Prof. Dr. H... hat nachvollziehbar ausgeführt, nach der vorliegenden, zeitnahen Dokumentation, die letztlich für die Beurteilung ausschlaggebend ist, keine Anzeichen für Lähmungserscheinungen und Bewusstseinsstörungen oder Erinnerungslücken vorgefunden zu haben. Soweit der Kläger mit dem nachgelassenen Schriftsatz vom 29. März 2004 nunmehr vorträgt, er könne sich nicht mehr an das Unfallereignis erinnern, sondern nur noch daran, dass er unmittelbar nach dem Ereignis am Straßenrand gesessen habe und infolge von Schwindelanfällen nicht mehr in der Lage gewesen sei, sich auf eigenen Beinen selbständig fortzubewegen und dies als unstreitig darstellt (Bl. 1087 GA), ist dies bisher weder schriftsätzlich von ihm so vorgetragen worden, noch lässt sich dies den vorliegenden Gutachten entnehmen. Mit diesem erstmalig im Berufungsverfahren erhobenen Einwand kann der Kläger daher nicht mehr gehört werden. Die weiteren Einwände des Klägers hinsichtlich des HWS-Röntgens und der kollisionsbedingten Geschwindigkeit können ebenfalls außer Betracht bleiben, da diese - selbst wenn sie begründet sein sollten - nach dem eigenen Vorbringen des Klägers ebenfalls nur eine Einstufung in den Schweregrad II rechtfertigen könnten.

Der bei den Gerichtsakten befindliche Befundbericht des Dr. Sch... vom 13. November 1996 (Bl. 43 ff. GA) und das neurootologische Gutachten des Dr. M... vom 28. Januar 1999, die jeweils das Vorliegen eines Schleudertraumas II. bis III. Grades diagnostiziert haben, vermögen die nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen nicht in Zweifel zu ziehen. Wie diesen ärztlichen Stellungnahmen zu entnehmen ist, haben die behandelnden Gutachter ebenfalls das Vorliegen eines schweren Halswirbelsäulenschleudertraumas nicht eindeutig bejaht, sondern nach deren Einschätzung liegen offenbar Symptome vor, die eine Einteilung sowohl in den mittelschweren als auch den schweren Bereich rechtfertigen. Den Stellungnahmen der behandelnden Ärzte Dr. Sch... und Dr. M... lässt sich jedoch nicht eindeutig entnehmen, aus welchen Gründen die Gutachter zu ihrer Diagnose gelangt sind, während der Sachverständige seine Einschätzung verständlich und für den Senat nachvollziehbar aus dem jeweils dokumentierten Krankheitsbild, dem Unfallhergang, der Röntgendarstellung und den übrigen, in seinem Gutachten beschriebenen Faktoren ermittelt hat.

c) Auch unter Berücksichtigung der dem Kläger zugute kommenden Beweiserleichterung des § 287 ZPO steht nicht fest, dass die vom Kläger geltend gemachten Verschlechterungen der gesamten, bereits degenerativ veränderten Halswirbelsäule, das C 7-Syndrom und eine funktionelle Instabilität noch vorliegen bzw. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen sind.

Der Sachverständige Prof. Dr. H... hat hierzu ausgeführt, dass bei dem Kläger eine degenerative Erkrankung der Halswirbelsäule vorliegt, die bereits im Bereich des Halswirbelsäulensegmentes C 5/6 im Jahre 1994 erkennbar war. Unfallbedingte Verschlechterungen der Halswirbelsäule seien zeitnah nicht dokumentiert worden. Hinweise auf eine funktionelle Instabilität hätten sich nicht ergeben. Die für die Annahme eines C 7-Syndroms erforderlichen Symptome wie Lähmungen der Arm- und Fingerstrecker, Verlust oder Abschwächung des Triceps-Sehnen-Reflexes und entsprechende Taubheiten an Fingern der rechten Hand lagen nach den Feststellungen des Sachverständigen ebenso wenig vor wie eine Beeinträchtigung des Zwischenwirbelnervenaustrittslochs. Über den Bereich der Halswirbelsäule hinausgehende Verletzungen seien nach den zeitnahen medizinischen Dokumentationen nicht feststellbar und durch den Unfallmechanismus nicht erklärbar. Eine Kopfgelenksblockierung sei erstmals fünf Monate nach dem Unfall geschildert worden. Eine komplette Ruptur der Ligamenta alaria sei bei einer Untersuchung der Kopfgelenksebene einschließlich der Flügelbänder nicht festgestellt worden. Der Sachverständige ist zu diesem Ergebnis aufgrund der von ihm vorgenommenen eigenen Untersuchung sowie der Auswertung der bei den Gerichtsakten befindlichen ärztlichen Berichte und Gutachten gelangt. Danach sind osteochondrotische Veränderungen der Halswirbelsäule beim Kläger bereits vor dem Unfall festgestellt worden. Degenerative Veränderungen der bereits vor dem Unfall geschädigten Halswirbelsäule im Bereich der HWK C 5/C 6 sind auch von anderen Gutachtern diagnostiziert worden. Die Radiologin Dr. P... stellt in ihrem Bericht vom 18. Januar 1997 (Bl. 320 GA) eine leichte Zunahme der degenerativen Veränderungen im Vergleich zum 09. Juli 1995 fest. Nach dem erstmals in zweiter Instanz vorgelegten Befundbericht des Dr. N... vom 04. Juni 1998 über die beim Kläger durchgeführte kernspintomographische Untersuchung (Bl. 818 f. GA) liegt beim Kläger eine ausgeprägte Osteochondrose der HWK 5 und 6 mit Protrusio disci C 5/6 und C/7 vor. Derartige osteochondrotische Veränderungen sind auch im nervenärztlichen Gutachten des Dr. Dr. W... vom 11. Oktober 1998 bestätigt worden. Weder aus den vorgelegten Untersuchungsberichten und ärztlichen Stellungnahmen noch nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. H... lässt sich auch unter Berücksichtigung der dem Kläger nach § 287 ZPO zugute kommenden Beweiserleichterung feststellen, dass die diagnostizierten degenerativen Veränderungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen oder altersbedingt sind. So heißt es in dem Befundbericht des Dr. N... vom 4. August 1998, dass die festgestellten degenerativen Veränderungen von HWK 5 und 6 (Osteochondrose mit Osteophytenbildungen dorsolateral) sehr wahrscheinlich vor Unfallgeschehen schon vorgelegen haben. Soweit es in dem Befundbericht weiter heißt, es sei nicht auszuschließen, dass der Unfall eine Verschlechterung der gesamten HWS hervorgerufen habe, reicht dies für die notwendige überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Verursachung nicht aus. Der Sachverständige Prof. Dr. H... hat dazu im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens ausgeführt, die degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule lägen in dem Bereich dessen, was in dem Alter des Klägers zu erwarten sei.

Auch der Befundbericht des Dr. V... vom 12. Dezember 1997 (Bl. 505 f. GA), auf den sich der Kläger beruft, stellt weder eine komplette Ruptur der ligamenta alaria noch Anzeichen einer Myelomalazie oder Veränderungen im Bereich des Myelons fest, sondern kommt zu zentralen Faserausdünnungen insbesondere im Bereich des ligamentum alare rechts als Beginn einer einsetzenden Faserdegeneration. Der Befund des Dr. N... diagnostiziert ebenfalls "eine leicht inhomogene Signalgebung ohne Zeichen einer Ruptur".

3.

Hinsichtlich der vom Kläger vorgetragenen weiteren Beschwerden außerhalb des Bereichs der Halswirbelsäule - wie etwa Kiefergelenksstörungen, Dysfunktionen der Kreuzarmbeingelenksregion, Coxarthrose, Schulter-Arm-Syndrom, Bewegungseinschränkungen der Brust- und Lendenwirbelsäule, Hüft- oder Armgelenken - hat der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. H... ausgeführt, ein unfallbedingter Zusammenhang sei aufgrund fehlender zeitnaher medizinischen Dokumentationen ausgeschlossen oder mit dem Unfallmechanismus nicht erklärbar. Die weiteren geklagten Beschwerden wie Mobilitätsdysfunktionen der HWS, Kopfschmerzen, BWS-Schmerzen, Übelkeit und reflektorische Gangunsicherheiten seien nur für die Dauer von maximal drei Monaten erklärbar. Konzentrationsstörungen sowie eine Beeinträchtigung des psycho-physischen Leistungsvermögens seien noch heute vorhanden. Im Übrigen sei das mannigfaltige Beschwerdebild des Klägers nicht mit einer organischen Erkrankung in Einklang zu bringen, sondern auf eine psychosomatische Erkrankung auf dem Boden einer Depression mit multiplen somatoformen Funktionsstörungen zurückzuführen. Gegen diese Feststellungen des Sachverständigen hat der Kläger eingewandt, dass die von ihm geschilderten Beschwerden außerhalb des Bereichs der Halswirbelsäule durch die eingereichten ärztlichen Stellungnahmen und Befundberichte u.a. des Dr. A... vom 2. Dezember 1996 (Bl. 484 f. GA), dem orthopädisch-manualmedizinischen Gutachten des Dr. He... vom 6. August 1998 (Bl. 141 ff. GA) und des Dr. Hi... vom 16. April 1998 und vom 23. Januar 2001 hinreichend belegt seien, wodurch die in diesen Berichten dokumentierten Verletzungen und Beschwerden noch zu einem Zeitpunkt über drei Monate nach dem Unfallgeschehen dokumentiert worden seien, ohne dass ersichtlich sei, wodurch diese Beschwerden andernfalls verursacht worden wären. Zu diesen Befundberichten hat der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten nicht weiter Stellung genommen. Bei der mündlichen Erläuterung hat der gerichtliche Sachverständige allerdings eingeräumt, dass zum Zeitpunkt 13. Dezember 1995 als Folge des Unfalls eine Schmerzsymptomatik vorgelegen haben kann, die zu muskulösen Verspannungen und als weitere Folge zu weiteren Funktionsstörungen geführt haben kann. Der Kläger hat weiterhin im Laufe des Rechtsstreits durch die Vorlage umfangreicher Stellungnahmen behandelnder Ärzte glaubhaft gemacht, dass es durchaus nach dem wissenschaftlichen Kenntnisstand möglich ist, dass Beschwerden nach einer HWS-Distorsion nicht zeitlich begrenzt sind, sondern noch nach einem Zeitraum von zwei Jahren nicht ausheilen und damit chronisch bedingt sind (vgl. die gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. E... vom 24. April 2002, Bl. 654 ff. GA). Diese Frage braucht durch den Senat letztlich nicht abschließend entschieden zu werden. Auch unter Zugrundelegung der Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. H... , dass die vom Kläger vorgetragenen Beschwerden, Leistungs- und Konzentrationsstörungen nicht als organisch bedingt, sondern als Folge einer vorhandenen Depression mit somatoformen Beschwerdebild anzusehen sind, ist die Entwicklung einer solchen Depression mit multiplen somatoformen Störungen nach Überzeugung des Senats mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) auf das Unfallereignis zurückzuführen, so dass die Beklagten dafür haftungsrechtlich ebenfalls einzustehen haben. Der Schädiger haftet auch für eine psychische Fehlverarbeitung als haftungsausfüllende Folgewirkung des Unfallgeschehens, wenn eine hinreichende Gewissheit dafür besteht, dass diese Folge ohne den Unfall nicht bzw. nicht in dieser Form eingetreten wäre (vgl. OLG Hamm, r+s 1999, 62, 63), wovon hier in Bezug auf die von dem Sachverständigen Prof. Dr. H... beobachtete Depression ausgegangen werden kann. Anhaltspunkte dafür, dass es wegen der psychischen Ausgangssituation des Klägers früher oder später auch ohne den Unfall wahrscheinlich zu vergleichbar beeinträchtigenden Auswirkungen gekommen wäre, sind nicht vorhanden. Dem steht nicht entgegen, dass nach dem Bericht des Hausarztes Dr. von K... vom 15. Dezember 1996 (Bl. 41 GA) bereits vor dem Unfall der Verdacht auf psychosomatische Störungen bestand. Auch wenn vor dem Unfall derartige Störungen bereits latent vorhanden gewesen sein sollten, haben sie sich erst infolge des Unfallereignisses zu dem vom gerichtlichen Sachverständigen festgestellten Depressionsbild ausgewirkt. An der Einstandspflicht des Unfallverursachers ändert sich nichts, wenn die Wirkung der durch den Unfall hervorgerufenen Verletzungen nur deshalb eingetreten ist, weil der Verletzte aufgrund seiner besonderen Konstitution und Vorschädigungen für die jetzigen Beschwerden besonders anfällig war und das jetzige Beschwerdebild seine Ursache in einer psychischen Fehlverarbeitung der Unfallfolgen hat (vgl. BGH NJW-RR 1999, 819 m.w.N.).

Einer der Ausnahmefälle, nach denen in der Rechtsprechung eine haftungsrechtliche Zurechnung auch psychischer Folgeschäden verneint wird (vgl. dazu Heß, NZV 2001, 287, 288), liegt nicht vor. Es liegt weder ein so genannter Bagatellunfall vor (vgl. dazu BGH NZV 2003, 168) derart, dass das schädigende Ereignis ganz geringfügig ist und die psychische Reaktion in einem groben Missverhältnis zum schädigenden Ereignis steht, noch sind Anhaltspunkte für eine Renten- oder Begehrensneurose beim Kläger gegeben.

4.

Unter Berücksichtigung der Schwere der Verletzung, der Dauer der Heilung, der nach der Beweisaufnahme nachgewiesenen weiteren Unfallfolgen und der übrigen Umstände hält der Senat im vorliegenden Fall ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 7.500,00 € für angemessen. Auf diesen Betrag sind die von der Beklagten zu 2) gezahlten 255,65 € und die vom Landgericht ausgeurteilten 1.244,35 € anzurechnen, so dass dem Kläger noch ein weiterer Betrag von 6.000,00 € zuzusprechen war. Wegen des vom Kläger darüber hinaus begehrten höheren Schmerzensgeldbetrages war die Klage insoweit abzuweisen. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes war zu berücksichtigen, dass der Kläger bei dem Unfall ein Halswirbelsäulenschleudertrauma mittelschweren Grades erlitten hat, dass bei normalem Verlauf nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. H... in einem Zeitraum von drei bis sechs Monaten vollständig ausgeheilt ist und keine weitere Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, und beim Kläger unfallunabhängige Veränderungen der Halswirbelsäule bereits vor dem Unfall vorgelegen haben. Andererseits leidet der Kläger nach Überzeugung des Senats noch heute, etwa neun Jahre später, aufgrund der bei ihm vorliegenden, nach Einschätzung des Sachverständigen somatoformen Beschwerdebilder unter den Folgen des Unfallgeschehens. Bei der Bemessung des zuerkannten Schmerzensgeldes war ferner der langwierige, bereits seit 1998 andauernde Verlauf des Rechtsstreits und die durch die zahllosen ärztlichen Untersuchungen bedingte ständige Reaktivierung des Unfallmechanismusses zu berücksichtigen, die eine Bewältigung des Unfallgeschehens nicht ermöglicht haben und die nach Einschätzung des Sachverständigen die bei dem Kläger festgestellten Depressionen mit hervorgerufen haben. Der Kläger hat glaubhaft geschildert, wie die von ihm empfundenen Beschwerden zu einem nicht unerheblichen Verlust seiner Lebensqualität und Lebensfreude geführt haben und die persönliche Beziehung des Klägers zu seiner Lebensgefährtin letztlich infolge der mangelhaften Verarbeitung des Unfallgeschehens zerbrochen ist.

5.

Der Kläger hat nach alledem auch Anspruch auf die begehrte Feststellung. Das nach § 256 ZPO erforderliche Interesse an der begehrten Feststellung ist gegeben, da nach dem Vortrag des Klägers die Möglichkeit besteht, dass die Schadensentwicklung insgesamt noch nicht abgeschlossen ist. Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Voraussetzung ist, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit aus dem festzustellenden Rechtsverhältnis noch Ansprüche entstehen können. Geht es nur um die Schadensfrage, sind an die Zuerkennung des Feststellungsanspruchs maßvolle Anforderungen zu stellen; bei schwereren Unfallverletzungen kann es genügen, dass eine nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Schadensersatzpflicht durch das Auftreten weiterer Leiden besteht (vgl. BGH NJW 1993, 2382, 2383 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall gegeben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann selbst unter Zugrundelegung des Umstandes, dass der Kläger unter einer psychischen Fehlverarbeitung des Unfallgeschehens und an einer durch den Unfall ausgelösten Depression mit multiplem somatoformen Beschwerdebild leidet, nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass weitere Schäden auftreten können.

6.

Dem Antrag des Klägers auf Einholung weiterer, neurootologischer und orthopädischer Zusatzgutachten war nicht nachzugehen. Die Voraussetzung für die Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 412 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor. Soweit der Senat den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen folgt, ist nicht ersichtlich, dass - unter Berücksichtigung der bereits bei den Gerichtsakten befindlichen neurootologischen und orthopädischen Stellungnahmen - die Einholung eines weiteren Gutachtens weitere Erkenntnisse bringen würde.

III.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ist aus §§ 288 Abs. 1 Satz 1, 291 BGB a. F. begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4, 516 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da Zulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Es handelt sich vorliegend um eine Einzelfallentscheidung, die keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch nicht von bestehender höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abweicht.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt bis zum 3. Februar 2003 22.895,22 € und ab dem 4. Februar 2003 21.650,87 €.

Der Wert der Beschwer beträgt für den Kläger 10.650,87 € und für die Beklagten 11.000,00 €.

Ende der Entscheidung

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