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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 29.11.2001
Aktenzeichen: 12 U 30/01
Rechtsgebiete: BRAO, BGB, VOB/B, ZPO
Vorschriften:
BRAO § 51 b | |
BGB § 201 | |
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 1 | |
BGB § 209 Abs. 1 | |
BGB § 249 Satz 1 | |
BGB § 249 | |
VOB/B § 12 Nr. 5 Abs. 1 | |
VOB/B § 12 Nr. 5 Abs. 2 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 546 Abs. 2 Satz 1 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 711 Satz 1 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
12 U 30/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht
Anlage zum Protokoll vom 29.11.2001
Verkündet am 29.11.2001
in dem Rechtsstreit
hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 01.11.2001 durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski, den Richter am Oberlandesgericht Beckmann und den Richter am Landgericht van den Bosch
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 22.12.2000 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder), Aktenzeichen 17 O 96/00, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 9.000,00 DM abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Es wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung jeweils auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.
Wert der Beschwer für den Kläger: 69.898,85 DM.
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen Verletzung anwaltlicher Pflichten.
Im Jahre 1993 führte der Kläger Bauarbeiten am Objekt der Bauherrin Z in Schöneiche aus. Die Arbeiten des Klägers waren Ende 1993 abgeschlossen, und die Werkleistung wurde noch im Jahre 1993 durch die Bauherrin in Gebrauch genommen. Mit Schlussrechnung vom 10.02.1994 stellte der Kläger der Bauherrin unter Berücksichtigung bereits geleisteter Abschlagszahlungen und vermeintlich erbrachter Zusatzleistungen einen Restwerklohn in Höhe von 62.195,12 DM in Rechnung. Der Kläger beauftragte den Beklagten mit der Durchsetzung seines Restwerklohnanspruchs. Unter dem 21.12.1995 beantragte der Beklagte den Erlass eines Mahnbescheides gegen die Bauherrin und gab als deren Anschrift "Am Z in Sch " an, obwohl ihm auf Grund eines von der Bauherrin unter dem 02.05.1994 eingeleiteten selbständigen Beweisverfahrens bekannt war, dass diese in der Antragsschrift als Anschrift " straße B " angegeben hatte. In seinem Anschreiben an das Mahngericht bat der Beklagte um alsbaldige Zustellung des Mahnbescheides, da die Verjährung drohe. Der Mahnbescheid wurde am 27.12.1995 erlassen. Der am 02.01.1996 durchgeführte Zustellversuch scheiterte; als Grund der Nichtzustellung wurde in der Postzustellungsurkunde angegeben: "Empfänger unbekannt verzogen". Am 09.07.1996 teilte der Beklagte dem Mahngericht die Anschrift "T straße, B " mit. Unter dieser Anschrift wurde der Mahnbescheid am 01.08.1996 zugestellt. Hiergegen erhob die Bauherrin unter dem 05.08.1996 Widerspruch. Mit Schriftsatz vom 12.08.1996 teilte Rechtsanwalt R aus B dem Mahngericht mit, dass er den Kläger nunmehr vertrete. Mit Schriftsatz vom 18.10.1996 wurden seitens des Beklagten ihm übermittelte Unterlagen betreffend den Rechtsstreit des Klägers gegen die Bauherrin an Rechtsanwalt R nachgesandt (vom Mahngericht übersandte Widerspruchsmitteilung). Mit Schriftsatz vom 30.12.1997 zeigte Rechtsanwältin O dem Mahngericht an, dass nunmehr sie den Kläger vertrete und bat um Abgabe an das zuständige Streitgericht; sie begründete gleichzeitig den Anspruch des Klägers. In dem unter dem Az.: 14 O 71/98 beim Landgericht Frankfurt (Oder) geführten Rechtsstreit verteidigte sich die Bauherrin zunächst damit, dass Zusatzarbeiten nicht vereinbart gewesen seien und die Arbeiten des Klägers mangelhaft gewesen seien. Mit Schriftsatz vom 28.08.1998 berief sich die Bauherrin schließlich auch auf die Einrede der Verjährung. Mit Beschluss vom 23.07.1999 wies der Einzelrichter die Parteien zur Vermeidung einer überraschenden Entscheidung und zur Wahrung rechtlichen Gehörs darauf hin, dass entgegen der bisherigen Auffassung des Gerichts der Anspruch des Klägers verjährt sein dürfte. Mit einem am 11.08.1999 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage verkündete der Kläger dem Beklagten den Streit. Die Zustellung der Streitverkündungsschrift erfolgte am 17.08.1999. Mit am 03.12.1999 verkündetem, inzwischen rechtskräftigem Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Werklohnanspruch sei verjährt. Die Fälligkeit der Werklohnforderung sei nach Abnahme durch Ingebrauchnahme Ende 1993 eingetreten, weshalb Verjährung zum 31.12.1995 eingetreten sei. Die Verjährung sei nicht durch die Zustellung des Mahnbescheides unterbrochen worden, da es auf Grund eines Verschuldens des Beklagten nach Beantragung des Mahnbescheides am 21.12.1995 nicht zu einer alsbaldigen Zustellung des Mahnbescheides gekommen sei.
Der Kläger leitet seinen Schadensersatzanspruch aus dem Umstand ab, dass es der Beklagte pflichtwidrig unterlassen habe, die richtige Anschrift der Bauherrin auf dem Mahnbescheidsantrag zu vermerken bzw. dass er nicht dafür Sorge getragen hat, dass dem Mahngericht umgehend die dem Beklagten bekannte neue Anschrift der Bauherrin mitgeteilt wurde. Er hat behauptet, er hätte ohne die eingetretene Verjährung gegenüber der Bauherrin jedenfalls in Höhe von 42.633,51 DM ein obsiegendes Urteil erhalten. Diesen Betrag errechnet er in der Weise, dass "er von dem Nettoschlussrechnungsbetrag von 75.898,01 DM die streitigen Zusatzleistungen in Höhe von 17.010,10 DM in Abzug bringt. Daraus errechnet er einen Bruttobetrag von 67.721,10 DM, von dem er Zahlungen der Bauherrin in Höhe von 25.087,59 DM abzieht. Darüber hinaus verlangt der Kläger in Höhe von 27.265,34 DM weiteren Schadensersatz wegen entgangener Zinsen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 69.898,85 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit (26.06.2000) zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, es habe nicht nahegelegen, dass die Beantragung des Mahnbescheides mit nicht mehr zutreffender Anschrift ein Verjährungsproblem habe aufwerfen können. Er sei auf Grund der Unterrichtung durch den Kläger und nach dem Inhalt der Bauvertragsunterlagen davon ausgegangen, dass ein wirksamer VOB-Vertrag vorgelegen habe. Er hat bestritten, dass der Kläger im Rechtsstreit gegen die Bauherrin ohne Verjährungseintritt obsiegt hätte. Im Übrigen hat er die Einrede der Verjährung erhoben und hierzu vorgetragen, ein sich ergebender etwaiger Primäranspruch aus § 51 b BRAO sei mit Ablauf des 31.12.1998 verjährt. Etwas anderes ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung eines Sekundäranspruches, da, so hat der Beklagte behauptet, die Tochter des Klägers ihn am 09.08.1996 in der Kanzlei aufgesucht und im Auftrag des Klägers mehrere Mandate, u. a. das auch hier in Rede stehende Mandat gegen Frau Z, gekündigt habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Beklagten sei zwar vorzuwerfen, dass er seine anwaltlichen Pflichten verletzt habe, denn er habe in Betracht ziehen müssen, dass die Einbeziehung der VOB/B in den Bauvertrag mit der Bauherrin nicht wirksam erfolgt sei, was er offensichtlich auch erkannt habe, da er die alsbaldige Zustellung des Mahnbescheides wegen drohender Verjährung erbeten hat. Obwohl er aus dem vorangegangenen Beweisverfahren die richtige Anschrift der Bauherrin gekannt habe, habe er im Mahnbescheid eine unzutreffende Anschrift angegeben und habe auch nach der nicht erfolgten Zustellung nicht sofort reagiert.
Der Schadenersatzanspruch (sogenannter Primäranspruch) sei aber zum 31.12.1998 verjährt, da maßgeblich für den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs der des Eintritts der Verjährung sei und die Verjährung der Werklohnforderung am 31.12.1995 eingetreten sei. Verjährt sei auch der sogenannte Sekundäranspruch gegen den Beklagten, der sich daraus habe ergeben können, dass der Beklagte nicht auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen ihn hingewiesen habe. Da das Mandat vor Eintritt der Verjährung beendet gewesen sei, beginne die Verjährung des Sekundäranspruchs mit dem Ende des Mandats. Nach dem Inhalt der Akten 14 O 71/98 habe das Mandat des Beklagten spätestens am 12.08.1996 geendet, denn am diesen Tage habe Rechtsanwalt R dem Mahngericht angezeigt, dass er nunmehr den Kläger vertrete und die Vertretung durch den Beklagten beendet sei. Unter Zugrundelegung eines normalen Handlungsablaufs müsse davon ausgegangen werden, dass das Mandat tatsächlich zu einem früheren Zeitpunkt als dem 12.08.1996 beendet gewesen sei. Auflösung des Mandats mit dem früheren Anwalt und Bestellung durch den neuen Anwalt an ein und demselben Tag sei nur verständlich, wenn ein besonderes Eilbedürfnis geherrscht habe, was nicht bestanden habe. Von einer Beendigung des Mandats am Vortage, also dem 11.08.1996 könne ebenfalls nicht ausgegangen werden, da es sich dabei um einen Sonntag gehandelt habe. Die am 11.08.1999 bei Gericht eingegangene Streitverkündungsschrift habe daher die Verjährung nicht mehr unterbrechen können.
Der Kläger hat gegen das ihm am 19.01.2001 zugestellte Urteil mit einem am 19.02.2001 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 19.04.2001 nach entsprechender Fristverlängerung bis dahin eingegangenen Schriftsatz begründet.
Der Kläger meint, entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die Sekundäransprüche gegen den Beklagten nicht verjährt. Das Landgericht habe konkrete Feststellungen - ggf. nach Beweisaufnahme - über die Behauptung des Beklagten treffen müssen, der Anwaltsvertrag sei am 09.08.1996 gekündigt worden, was vom Kläger ausdrücklich in Abrede gestellt worden sei. Selbst wenn Rechtsanwalt R vor dem 11.08.1996 beauftragt worden sein sollte, bedeute dies nicht zwingend, dass das Mandat mit dem Beklagten vorher oder gleichzeitig beendet worden wäre. Entsprechendes gelte für die Behauptung des Beklagten, bereits am 09.08.1996 seien der Tochter des Klägers sämtliche Unterlagen betreffend das Verfahren gegen Frau Z ausgehändigt worden. Im Widerspruch zu dieser Behauptung stehe das vom Beklagten selbst in erster Instanz vorgelegte Schreiben vom 18.10.1996 an Rechtsanwalt R aus B, mit dem u. a. noch Originalunterlagen übersandt worden seien. Deshalb könne frühestens mit dem 18.10.1996 von einer Mandatsbeendigung ausgegangen werden. Schließlich werde zur Nachprüfung durch den Senat gestellt, ob nicht noch eine nachvertragliche Haftung des Beklagten in Betracht zu ziehen sei. Auf Grund des eigenen Schreibens des Beklagten vom 09.07.1996 an das Amtsgericht Fürstenwalde habe dem Beklagten klar sein müssen, dass die verjährungsunterbrechende Wirkung des Mahnbescheides nicht mehr habe eintreten können, so dass bereits im Juli 1996 und damit vor Beendigung des Mandates die Primärhaftung des Beklagten einsetze. Dies bedeute, dass er bereits auf Grund des noch bestehenden Mandatsverhältnisses zu diesem Zeitpunkt den Kläger darüber hätte aufklären und darauf hinweisen müssen, dass die Forderung gegen Frau Z verjährt sein dürfte und dies auf seinem Verschulden beruhe. Allein der Umstand der späteren Mandatsbeendigung könne nicht dazu führen, dass nunmehr eine Verkürzung der primären Verjährungsfrist eintrete.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angegriffenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn 69.898,85 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bestreitet eine einen Schaden beim Kläger auslösende Pflichtverletzung des zwischen den Parteien abgeschlossenen Anwaltsvertrages. Die Arbeiten seien bereits vor dem Monat Dezember 1993 abgeschlossen gewesen, weshalb im Zeitpunkt der Beantragung des Mahnbescheids durch den Beklagten eine vermeintliche Restwerklohnforderung des Klägers gegen die Bauherrin bereits verjährt gewesen sei, da für die Verjährung der Werklohnansprüche § 201 BGB nicht gelte. Darüber hinaus bestreitet der Beklagte, dass dem Kläger aus der Schlussrechnung gegenüber der Bauherrin eine Werklohnforderung zugestanden habe. Er bestreitet die vom Kläger in der Rechnung festgehaltenen Aufmaße ebenso wie die Vereinbarung der in die Rechnung eingesetzten Einheitspreise mit der Bauherrin. Außerdem habe sich die Bauherrin wegen vorhandener Mängel auf Gegenansprüche berufen können.
Zutreffend sei das Landgericht im Übrigen auch von einer Verjährung vermeintlicher Schadensersatzansprüche des Klägers ausgegangen, wobei entgegen der Auffassung des Landgerichts ein Sekundäranspruch bereits nicht entstanden sei, denn die Belehrungspflicht des ersten Anwalts entfalle, wenn ein zweiter Rechtsanwalt vor Ablauf der Primärverjährung eingeschaltet werde. Dies gelte nicht nur, wenn der zweite Anwalt Regressansprüche gegen den ersten Anwalt verfolgen soll, sondern auch dann, wenn nach Mandatsbeendigung des ersten Anwalts ein zweiter Anwalt zur Weiterverfolgung der ursprünglichen Interessen des Mandanten bestellt werde. Jedenfalls aber sei ein solcher Anspruch verjährt, da das Mandatsverhältnis durch die seitens der Tochter des Klägers vorgenommene Kündigung am 09.08.1996 beendet gewesen sei, wobei es unerheblich sei, dass der Beklagte später ihm zugegangene Post mit Schreiben vom 18.10.1996 an den neuen Prozessbevollmächtigten weitergeleitet habe. Hierzu sei er verpflichtet gewesen; daraus könne aber nicht hergeleitet werden, dass das Mandatsverhältnis noch weiterbestanden habe.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 511, 511 a, 516, 518, 519 ZPO).
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.
Die Klage ist unbegründet. Der vom Kläger geltend gemachte Schadenersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung eines Anwaltsvertrages besteht nicht.
Der Kläger hat ursprünglich den Beklagten mit der Wahrnehmung seiner Interessen in Bezug auf das Objekt in Sch beauftragt. In Bezug auf diesen wirksam zustande gekommenen Anwaltsvertrag liegt auch eine für das Vorliegen eines Anspruchs aus positiver Vertragsverletzung erforderliche Pflichtverletzung des Beklagten vor. Er hat, obwohl ihm die neue Anschrift der Bauherrin bekannt war, im Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides nicht nur eine falsche Anschrift angegeben, sondern hat insbesondere auch nicht dafür Sorge getragen, dass dem Mahngericht unmittelbar nachdem er von der gescheiterten Zustellung Kenntnis erhalten hat, die neue Anschrift mitgeteilt wurde. Letztlich wird die vom Landgericht bereits festgestellte Pflichtverletzung vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt. Er hat die dahingehenden Feststellungen mit der Berufung nicht angegriffen und auch in der mündlichen Verhandlung zu erkennen gegeben, dass eine Pflichtverletzung seinerseits hier nicht zweifelhaft ist. Entgegen seiner in der Berufungsbegründung geäußerten Ansicht kann er sich auch nicht mit Erfolg auf eine fehlende Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden berufen mit der Begründung, die Verjährung der Werklohnforderung sei bereits eingetreten, als er den Mahnbescheid beantragt habe. Unabhängig davon, dass er den Kläger für den Fall der Richtigkeit seines Vorbringens in einen völlig aussichtslosen Rechtsstreit getrieben hätte, war die Forderung bis zum Ablauf des 31.12.1995 noch nicht verjährt. Unstreitig erfolgte die Abnahme der Werkleistung im Jahre 1994. Damit begann die zweijährige Verjährungsfrist (§ 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB) gemäß § 201 BGB am Schluss des Jahres in dem die Werklohnforderung fällig wird. Weshalb die Vorschrift des § 201 BGB entsprechend dem Vorbringen des Beklagten auf Werklohnforderungen keine Anwendung finden soll, ist nicht nachvollziehbar. Ein sachlicher Grund für eine solche Ausnahme wurde seitens des Beklagten nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich.
Allerdings fehlt es in Bezug auf die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden an einem geeigneten Beweisantritt dafür, dass dem Kläger die Werklohnforderung tatsächlich zusteht, er also in dem unter dem Aktenzeichen 17 O 71/98 geführten Rechtsstreit obsiegt hätte, wenn Verjährung nicht eingetreten wäre. Der Beklagte hat die Höhe des geltend gemachten Werklohnanspruches bestritten. Er bestreitet die Richtigkeit der Rechnung und behauptet, die Bauherrin habe sich mit Erfolg auf Gegenansprüche berufen können. Zutreffend ist, dass die Bauherrin in dem genannten Rechtsstreit mit einer Gegenforderung in Höhe von 45.209,93 DM hilfsweise die Aufrechnung erklärt hatte. Da den Kläger die Darlegungs- und Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden trifft, hätte er im Einzelnen darlegen und insbesondere unter Beweis stellen müssen, dass er in dem gegen die Bauherrin geführten Rechtsstreit obsiegt hätte, woran es jedoch fehlt.
Ungeachtet der vorherigen Erwägungen steht dem Kläger der geltend gemachte Schadenersatzanspruch einer anwaltlichen Pflichtverletzung auch deshalb nicht zu, weil er verjährt ist.
Nach § 51 b BRAO verjährt der Anspruch des Auftraggebers auf Schadenersatz aus dem Mandatsverhältnis in drei Jahren, von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist, spätestens jedoch in drei Jahren nach Beendigung des Auftrages. Entständen ist der Schaden bei streitigen Ansprüchen bereits mit Ablauf der Verjährungsfrist, weil nach der Lebenserfahrung damit gerechnet werden muss, dass der Schuldner zur Abwehr des erhobenen Anspruchs von der Verjährungseinrede Gebrauch machen wird (BGH ZIP 2001, 1770). Die Verjährung der Werklohnforderung ist am 31.12.1995 eingetreten. Die Werklohnforderung wurde im Dezember 1993 fällig. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es sich um einen BGB-Werkvertrag handelte, weil eine wirksame Einbeziehung der VOB/B nicht festgestellt werden konnte. Die Fälligkeit der Werklohnforderung hing damit nicht vom Vorliegen einer prüffähigen Schlussrechnung ab (§ 14 VOB/B), sondern allein von der Abnahme, die durch Ingebrauchnahme im Dezember 1993 erfolgt ist. Gemäß § 201 BGB begann die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB am 1.01.1994 zu laufen und endete mit Ablauf des 31.12.1995. Schadeneintritt ist damit der 1.01.1996, an dem sodann die dreijährige Verjährungsfrist des § 51 b BRAO zu laufen begann, die wiederum mit Ablauf des 31.12.1998 endete. Die erst am 1.03.2000 beim Landgericht eingegangene und dem Beklagten am 26.06.2000 zugestellte Klage konnte daher nicht mehr die Unterbrechungswirkungen des § 209 Abs. 1 BGB herbeiführen.
Der Beklagte ist auch nicht auf Grund seiner sogenannten sekundären Schadenersatzverpflichtung nach § 249 Satz 1 BGB gehindert, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen.
Der Gläubiger eines aus der Verletzung des Mandatsvertrages haftenden Anwaltes erlangt gegen diesen einen sogenannten sekundären Anspruch darauf, dass die Einrede der Verjährung nach § 51 b BRAO nicht erhoben wird, wenn der Anwalt trotz gegebenen Anlasses nicht auf seine Verpflichtung, dem Auftraggeber Schadenersatz zu leisten, hinweist, und diesen nicht über die Verjährung des (primären) Schadenersatzanspruches zutreffend belehrt (BGHZ 94, 380, 386 ff; BGH NJW 1985, 1151; NJW 1987, 326; NJW 1988, 2245, 2246; NJW-RR 1990, 459; NJW 1992, 836, 837). Der Mandant ist in diesem Falle nach § 249 BGB so zu stellen, als ob er richtig belehrt worden und die Verjährung dadurch rechtzeitig unterbrochen worden wäre. Die Verpflichtung zur Erteilung eines Hinweises besteht spätestens mit der Beendigung des Mandatsverhältnisses, sofern sie bis dahin nicht erfolgt ist. Für den Beklagten bestand hier durchaus bereits während des Mandatsverhältnisses ein begründeter Anlass, den Kläger über gegen ihn bestehende Regressmöglichkeiten und die Verjährungsfrist von solchen hinzuweisen. Er musste durchaus in Erwägung ziehen, dass die Verjährungsfrist zum 31.12.1995 endete, was er ersichtlich auch getan hat, wie daraus hervorgeht, dass er dem Mahnbescheidsantrag ein Anschreiben beigefügt hat, mit dem die Bitte um alsbaldige Zustellung des Mahnbescheides wegen drohender Verjährung verbunden wurde. Die Angabe der falschen Anschrift und die äußerst zögerliche Mitteilung der neuen Anschrift an das Mahngericht hätten dem Kläger begründeten Anlass zu der Annahme geben müssen, dass er schuldhaft die Einhaltung der Verjährungsfrist versäumt hat und dem Kläger hieraus Schadenersatzansprüche gegen ihn zustehen könnten.
Unabhängig davon, ob entsprechend der Ansicht des Landgerichts der ebenfalls der dreijährigen Verjährungsfrist des § 51 b BRAO unterliegende Sekundäranspruch verjährt ist, ist die unterlassene Belehrung des Beklagten über einen gegen ihn bestehenden Regressanspruch für den eingetretenen Schaden - den Eintritt der Verjährung des Primäranspruches - nicht kausal geworden. Der versäumte Hinweis auf den Regressanspruch und dessen Verjährung versagt dem Anwalt die Einrede der Verjährung nur, soweit der Verjährungseintritt auf der Verletzung der Hinweispflicht beruht. Dies ist nicht der Fall, wenn der Mandant vor Ablauf der Verjährung anderweitig wegen der Haftungsfrage anwaltlich beraten wird; in diesem Fall entfällt die Pflicht zur Belehrung des haftenden Rechtsanwalts (BGH NJW 1985, 1151, 1152; NJW 1988, 2245, 2246; NJW-RR 1190, 459, 460; NJW 1992, 836, 837). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der neue Anwalt gerade mit der Verfolgung von Regressansprüchen beauftragt worden ist und mit Wissen und Wollen des Mandanten den Regressanspruch gegenüber dem ersten Anwalt innerhalb der Verjährungsfrist des Primäranspruches anmeldet (BGH NJW 1992, 836, 837). Die Befreiung von der Belehrungspflicht ist jedoch nicht allein auf die Fälle beschränkt, in denen sich der Mandant vor Ablauf der Verjährungsfrist anderweitig gerade wegen der Haftungsfrage anwaltlich beraten lässt, sondern tritt auch in den Fällen ein, in denen nach Mandatsniederlegung des ersten Anwalts ein zweiter Anwalt zur Weiterverfolgung der ursprünglichen Interessen des Mandanten bestellt wurde. Erkennt der neue Rechtsanwalt, der den Mandanten in der derselben Angelegenheit rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist des Regressanspruches verantwortlich berät, diesen Anspruch ebenfalls nicht, so verletzt er seine primären Vertragspflichten. Diese sind an die Stelle derjenigen des früheren Rechtsanwalts getreten. Deshalb hat bei wertender Betrachtungsweise in erster Linie derjenige Rechtsanwalt, der zuletzt vertraglich tätig war, den Schaden zu verantworten, der durch die Verjährung des Regressanspruches gegen den früheren Rechtsanwalt entsteht. Dessen denkbare nachvertragliche Beratungspflicht tritt demgegenüber völlig zurück (BGH NJW-RR 1990, 459, 460; Braukmann/Haug Anwaltshaftung, 3. Auflage, § 49 Rdn. 50). Demnach war es also vorliegend Sache von Rechtsanwalt R, bzw. insbesondere der den Rechtsstreit schließlich weiterführenden Rechtsanwältin O den Kläger umfassend zu beraten und auch die Möglichkeit eines Regressanspruches gegen den Beklagten in Erwägung zu ziehen. Dieser war, wie aus seinem Schriftsatz vom 21.12.1995 hervorgeht, selbst davon ausgegangen, dass die Verjährung zum 31.12.1995 drohte. Schon deshalb, aber auch im Übrigen durfte Rechtsanwältin O nicht darauf vertrauen, dass in Bezug auf die Fälligkeit der Werklohnforderung zwingend von einer fiktiven Abnahme im Sinne von § 12 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B auszugehen war, mithin eine Abnahme 12 Werktage nach Schlussrechnungslegung, die erst im Jahre 1996 erfolgt war. Sie musste auch in Erwägung ziehen, dass die VOB/B hier gar nicht wirksam vereinbart war und im Übrigen gerade bei Vereinbarung der VOB/B eine Abnahme auch nach § 12 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B in Betracht kam, wonach die Leistung nach Ablauf von 6 Werktagen nach ihrer Ingebrauchnahme als abgenommen gilt. Dieser Zeitpunkt lag unstreitig noch im Jahre 1995. Der Ablauf der Verjährungsfrist zum 31.12.1995 erschien deshalb möglich.
Unter Berücksichtigung der vorherigen Ausführungen kam es auf die ohnehin nicht recht nachvollziehbaren Ausführungen in der Berufungsbegründung des Klägers, mit denen er eine nachvertragliche Haftung in Betracht zieht, nicht an. Richtig ist zwar, dass dem Beklagten noch im Zeitpunkt des Bestehens des Mandatsverhältnisses bereits hätte klar sein müssen, dass seine Behandlung des Mahnbescheidsantrages einen Anwaltsregress auslösen könnte.
Inwieweit durch den Umstand der nachfolgenden Mandatsbeendigung eine Verkürzung der primären Verjährungsfrist eintreten soll, ist nicht erkennbar. Die Verjährungsfrist lief am 31.12.1998 ab, weil die Verjährung der Werklohnforderung am 31.12.1995 eingetreten war und steht nicht im Zusammenhang mit der Mandatsbeendigung. Nachdem aus den zuvor genannten Gründen die Belehrungspflicht mit der Übernahme des Mandats durch Rechtsanwältin O beim Beklagten entfallen war, bestand im Übrigen für eine nachvertragliche Haftung des Beklagten kein Raum mehr.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 546 Abs. 2 Satz 1, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
Streitwert: 69.898,85 DM
Ende der Entscheidung
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