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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 04.09.2008
Aktenzeichen: 12 U 36/07
Rechtsgebiete: VOB/B, ZPO


Vorschriften:

VOB/B § 13 Nr. 5
VOB/B § 13 Nr. 7
VOB/B § 4 Nr. 7 S. 1
VOB/B § 8 Nr. 3 S. 2
VOB/B § 4 Nr. 7 S. 2
ZPO § 513
ZPO § 546
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12. Januar 2007 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 11 O 73/05, teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 160.580,90 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 159.980,90 € seit dem 01.09.2004 und aus einem Betrag von weiteren 600,00 € seit dem 09.05.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 24 % und die Beklagte 76 % zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz wegen mangelhafter Werkleistungen an Balkonen und Terrassen des Bauvorhabens Wohnpark Bl. in Anspruch. Die Beklagte ist durch zwei jeweils am 13.12.1999 abgeschlossene Werkverträge von der O. GmbH (im Folgenden: O. GmbH) beauftragt worden, wobei der eine Vertrag die Aufbringung einer nachträglichen Beschichtung auf den bereits vorhandenen Fliesenbelag der Häuser des 1. Bauabschnittes (...ring 1 - 3, 12 - 16) betraf, die deshalb als notwendig erachtet worden war, weil die ursprüngliche Abdichtung mangelhaft gewesen ist. Gegenstand des zweiten Vertrages war die erstmalige Abdichtung von Balkonen von Häusern des 2. Bauabschnitts (...ring 4 - 11). Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren noch Kosten in Höhe von insgesamt 143.730,90 € für die Sanierung von insgesamt 45 Balkonen und Terrassen, die Häusern des ersten Bauabschnitts zuzuordnen sind, sowie die Kosten der Sanierung von Schäden an Fassaden von Häusern des ersten Bauabschnitts in Höhe von 16.250,00 €. Die Parteien streiten darüber, welche Ansprüche von der von der Klägerin vorgelegten Abtretung erfasst werden, ob die Klägerin Gewährleistungsansprüche geltend machen kann oder sich auf Erfüllungsansprüche verweisen lassen muss, sowie ob die von der Beklagten übernommene Werkleistung hinsichtlich des ersten Bauabschnitts objektiv nicht mangelfrei erbracht werden konnte und deshalb die Beklagte von einer Nacherfüllung frei geworden ist bzw. ob es sich insoweit um Sowieso-Kosten handelt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit dem am 12.01.2007 verkündeten Urteil hat das Landgericht der Klage in Höhe von 600,00 € nebst Zinsen wegen eines Mangels betreffend einen dem 2. Bauabschnitt zuzurechnenden Balkon stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht hinsichtlich der dem ersten Bauabschnitt zuzuordnenden Mängel ausgeführt, der Klägerin stünden Ansprüche gegen die Beklagte aus § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B bzw. aus § 13 Nr. 7 VOB/B nicht zu. Zwar sei es zu einer wirksamen diesbezüglichen Abtretung gekommen. Die Werkleistung der Beklagten sei jedoch nicht abgenommen worden. Eine Abnahme sei für die Geltendmachung der Gewährleistungsrechte nicht entbehrlich gewesen, dem Auftraggeber stünden vielmehr grundsätzlich die Ansprüche aus § 4 Nr. 7 in Verbindung mit § 8 Nr. 3 VOB/B zu. Diese griffen vorliegend allerdings deshalb nicht ein, weil eine Frist zur Mangelbeseitigung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht gesetzt worden und auch eine Auftragsentziehung nicht erfolgt sei. Eine Fristsetzung betreffend die Mangelbeseitigung sei nicht entbehrlich gewesen, da eine Verweigerung der Nachbesserung seitens der Beklagten nicht anzunehmen sei. Im Termin zur mündlichen Verhandlung habe der Geschäftsführer der Beklagten noch erklärt, sich nicht gegen die nochmalige Vornahme einer Abdichtung zu sperren. Lediglich der Rückbau bzw. Austausch der Fliesen werde verweigert. Dies sei auch zu Recht geschehen, da es sich insoweit um Sowieso-Kosten handele, sodass die Klägerin diese Arbeiten entweder selbst ausführen oder dem Auftragnehmer hierfür eine Sicherheitsleistung zu stellen habe. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung aufgrund der nachgereichten klägerischen Schriftsätze sei nicht geboten, die nunmehr gesetzte Frist zur Mangelbeseitigung sei im Hinblick auf die bereits zuvor erfolgten Hinweise des Gerichts verspätet. Wegen der weitergehenden Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 18.01.2007 zugestellte Urteil mit einem am Montag, dem 19.02.2007, beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel innerhalb verlängerter Frist mit einem am 19.04.2007 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin bezieht sich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag nebst Beweisantritten. Sie verteilt den geforderten Betrag von 143.730,90 € für die Sanierung der Balkone und Terrassen anteilig in gleicher Höhe von jeweils 3.194,02 € auf die einzelnen Balkone und Terrassen, von denen 20 bereits - zu einem Gesamtpreis von 82.665,77 € - saniert worden sind. Hinsichtlich der noch nicht sanierten Balkone und Terrassen beruft sich die Klägerin ausdrücklich auf einen Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung. Die Klägerin wiederholt ihre Ansicht, Ansprüche aus § 13 Nr. 5 und Nr. 7 VOB/B geltend machen zu können. Einer Abnahme bedürfe es insoweit nicht, da aus dem Verhalten der Beklagten zu entnehmen sei, dass sie die Erbringung der vertraglichen Leistung ernsthaft und endgültig ablehne und das Vertragsverhältnis als endgültig beendet ansehe. Die Beklagte habe sich nämlich auf die Unmöglichkeit der Leistungserbringung berufen. Jedenfalls stünde ihr - der Klägerin - ein Anspruch aus § 4 Nr. 7 VOB/B zu. Auch insoweit bedürfe es keiner Fristsetzung mit Entziehungsandrohung und nachfolgender Kündigung des Vertrages, da die Beklagte eine Fertigstellung des Werkes endgültig abgelehnt habe. Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, beim Rückbau der Fliesen und des Estrichs handele es sich um Sowieso-Kosten. Vielmehr sei es zur Schädigung des Estrichs erst durch die lang anhaltende Einwirkung der Feuchtigkeit gekommen. Wäre die Beschichtung ordnungsgemäß und funktionsfähig ausgeführt worden, insbesondere unter Berücksichtigung notwendiger Austrocknungszeiten, wäre die gegebenenfalls seinerzeit bereits eingedrungene Feuchtigkeit aus den Balkonböden ohne Schadensfolgen verdunstet. Auch sei wegen der erforderlichen Untersuchung aller Balkone und Terrassen eine Demontage des Estrichs erforderlich. Ferner vertieft die Klägerin ihren Vortrag zur Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Mangelbeseitigung aufgrund des zerrütteten Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien. Hinsichtlich der Fassadenschäden habe das Landgericht die Beweislast verkannt. Für ihre Behauptung, es habe bereits Vorschäden gegeben, die eine vollumfängliche Sanierung erforderlich machen würden, sei die Beklagte beweisbelastet. Im Übrigen habe das Landgericht die mündliche Verhandlung im Hinblick auf ihren Schriftsatz vom 20.12.2006 wiedereröffnen müssen, in welchem sie den fruchtlosen Ablauf der zwischenzeitlich gesetzten Mängelbeseitigungsfrist mitgeteilt habe. Auch sei zuvor die Problematik eines Kostenvorschusses, den die Klägerin erstmals mit diesem Schriftsatz geltend gemacht hat, nicht erörtert worden. Höchst vorsorglich erklärt die Klägerin gegenüber der Beklagten die Entziehung der streitgegenständlichen Aufträge zur Beschichtung der Balkone.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 12.01.2007, Az. 11 O 73/05, abzuändern soweit die Klage abgewiesen worden ist und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 159.980,90 € nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 12.01.2007, Az. 11 O 73/05, aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht Frankfurt (Oder) zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Sie ist ebenso wie die Klägerin der Auffassung, dass im Rahmen der Sanierung sowohl die Fliesen als auch der Estrich entfernt werden müssten, hält die dabei anfallenden Kosten jedoch weiterhin für Sowieso-Kosten. Auch führt sie unter Bezugnahme auf das Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. H. K. im Verfahren 12 OH 14/02 vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) aus, durch das Herunterziehen des Außenputzes der Fassade bis zu der Kragplatte der Balkone seien Diffusionsbrücken entstanden, sodass ohnehin über den Putz Feuchtigkeit bis auf die Kragplatte des jeweiligen Balkons weitergeleitet werde, weshalb eine Sanierung durch Aufbringung einer Beschichtung nicht möglich gewesen sei. Dies sei für sie bei Abgabe ihres Angebotes jedoch nicht erkennbar gewesen.

Die Akten 17 OH 16/01 des Landgerichts Frankfurt (Oder) sowie das Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. H. K. aus dem Verfahren 12 OH 14/02 vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Der Senat hat über die Behauptung der Beklagten, eine Abdichtung der Balkone/Terrassen der Häuser des ersten Bauabschnitts durch nachträgliches Aufbringen einer Beschichtung auf dem Fliesenbelag sei nicht möglich gewesen, Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf das Gutachten des Dipl.-Ing. N. O. vom 28.03.2008.

II.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Die Klägerin stützt ihr Rechtsmittel unter anderem darauf, das Landgericht habe verkannt, dass vorliegend Ansprüche aus § 13 Nr. 5 bzw. Nr. 7 VOB/B trotz des Fehlens einer Abnahme wegen einer endgültigen Verweigerung der Beklagten, das Werk vertragsgemäß zu errichten, gegeben seien. Auch sei eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung entbehrlich gewesen, da das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien im Hinblick auf die fehlgeschlagene Sanierung der Balkone des 1. Bauabschnittes so gestört sei, dass sie jegliches Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Beklagten verloren habe. Hinsichtlich der Fassadenschäden habe das Landgericht darüber hinaus verkannt, dass es Sache der Beklagten gewesen sei, das Vorliegen von Vorschäden zu beweisen. Die Klägerin macht damit Rechtsfehler im Sinne der §§ 513, 546 ZPO geltend, auf denen das Urteil beruhen kann.

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dem Landgericht ein Verfahrensfehler nicht deshalb vorzuwerfen, weil das Landgericht auf die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Klägerin vom 20.12.2006 und 05.01.2007 die mündliche Verhandlung nicht wiedereröffnet hat. Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, für die allenfalls in Betracht kommenden vertraglichen Ansprüche aus § 4 Nr. 7 in Verbindung mit § 8 Nr. 3 VOB/B habe es neben der Frist zur Mängelbeseitigung auch der Erklärung des Auftragsentzuges bedurft. Den Entzug des Auftrages hat die Klägerin in den nachgereichten Schriftsätzen jedoch weiterhin nicht erklärt, sodass allein die zwischenzeitlich gesetzte Frist zur Mangelbeseitigung und deren Ablauf aus Sicht des Landgerichts nicht hinreichend war, einen Anspruch zu begründen.

Ebenso war eine Wiedereröffnung nicht im Hinblick auf die erstmalig im nachgereichten Schriftsatz vom 20.12.2006 erfolgte Forderung eines Kostenvorschusses zur Mangelbeseitigung veranlasst. Eine Änderung des Streitgegenstandes nach Schluss der mündlichen Verhandlung rechtfertigt eine Wiedereröffnung nicht. Auch ist ein Hinweis des Gerichts, welchen Anspruch der Kläger im Prozess verfolgen sollte, grundsätzlich nicht veranlasst.

3. In der Sache hat das Rechtsmittel in vollem Umfang Erfolg. Die Klägerin kann zusätzlich zu den vom Landgericht zugesprochenen 600,00 € nebst Zinsen die Zahlung weiterer 159.980,90 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2004 verlangen.

a) Für die Sanierung der insgesamt 45 Balkone und Terrassen der zum ersten Bauabschnitt des Bauvorhabens Wohnpark Bl. gehörenden Häuser kann die Klägerin mit Erfolg die begehrten 143.730,90 € verlangen.

Die Klage ist nunmehr hinreichend bestimmt. Die Klägerin hat klargestellt, dass sie den geltend gemachten Betrag von 143.730,90 € für die Sanierung der Balkone anteilig in gleicher Höhe von jeweils 3.194,02 € den einzelnen Balkonen zuordnet. Insoweit macht sie jeweils einen erststelligen Teilbetrag der Sanierungskosten geltend, die bei den 20 bereits instand gesetzten Balkonen unstreitig 4.133,29 € je Balkon/Terrasse betragen haben und insoweit über den zunächst veranschlagten Kosten von 3.690,87 € pro Balkon/Terrasse lagen.

Der Klägerin stehen allerdings Ansprüche aus § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B ebenso wie die mit dieser Vorschrift korrespondierenden Vorschussansprüche nicht zu. Der Anwendungsbereich des § 13 Nr. 5 VOB/B ist nicht eröffnet. Für die Anwendung der Mängelbeseitigungsansprüche aus § 13 VOB/B bzw. aus § 4 Nr. 7 VOB/B - die Geltung der VOB/B haben die Parteien in § 3 des Bauvertrages vom 13.12.1999 wirksam vereinbart - ist es entscheidend, ob die Werkleistung abgenommen ist; die Abnahme stellt insoweit eine ebenso klare wie scharfe Zäsur dar (vgl. Weyer in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, Kommentar, 2. Aufl., § 13 VOB/B, Rn. 4). Nur in Ausnahmefällen findet § 13 VOB/B trotz fehlender Abnahme Anwendung; so kommen die dort geregelten Rechte dann in Betracht, wenn der Auftraggeber die Abnahme bestimmt und endgültig verweigert hat und zugleich der Vertrag zwischen den Parteien endgültig beendet worden ist (vgl. OLG Düsseldorf BauR 1980, S. 276). Eine Abnahme ist vorliegend nicht erfolgt, was in der Berufungsinstanz von der Klägerin auch nicht mehr in Abrede gestellt wird. Die Abnahme vom 27.07.2000 erfasst allein den 2. Bauabschnitt. Auch der von der Klägerin im Verfahren 17 OH 16/01 eingereichten Fertigstellungsanzeige vom 27.07.2000 ist nicht zu entnehmen, dass sie sich auch auf die Leistungen des 1. Bauabschnitts beziehen sollte. Schließlich haben die Parteien eine fiktive Abnahme ebenso wie eine konkludente Abnahme in § 12 Nr. 2 ihres Vertrages ausdrücklich ausgeschlossen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch die ausnahmsweise Anwendung von § 13 Nr. 7 VOB/B a. F. trotz des Fehlens einer Abnahme nicht gerechtfertigt. Die vorliegende Konstellation ist nicht vergleichbar mit dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 03.03.1998 zugrunde liegenden Fall (abgedruckt etwa in NJW-RR 1998, S. 1027). So hat der Bundesgerichtshof zwar die Anwendung von Gewährleistungsrechten trotz fehlender Abnahme angenommen, nachdem der Besteller dem Unternehmer durch sein Verhalten zu verstehen gegeben hat, dass er dessen vertragliche Leistung nicht mehr annehmen will und das Vertragsverhältnis als endgültig beendet ansieht. Das Urteil bezieht sich jedoch allein auf das BGB-Werkvertragsrecht. Auch ist eine Übertragung auf den VOB/B-Werkvertrag nicht geboten, weil die VOB/B im Unterschied zum BGB für Mängel, die vor Abnahme auftreten, gerade eine Sonderregelung vorsieht.

Erstattungsansprüche bzw. Kostenvorschussansprüche der Klägerin bestehen aus § 4 Nr. 7 S. 1, § 8 Nr. 3 S. 2 VOB/B bzw. aus § 4 Nr. 7 S. 2 VOB/B, wobei 63.880,40 € auf den Erstattungsanspruch und 79.850,50 € auf den Vorschussanspruch entfallen (zum Anspruch auf Kostenvorschuss vgl. Vygen in Ingenstau/Korbion, VOB, Kommentar, 16. Aufl., § 8 Nr. 3 VOB/B, Rn. 42).

Die Klägerin ist hinsichtlich der genannten Ansprüche aktivlegitimiert. Der Abtretungsvertrag vom 15./17.12.2003 erfasst auch die fortbestehenden Erfüllungsansprüche der O. GmbH. Zwar ist in dem Abtretungsvertrag nur von vertraglichen und gesetzlichen Gewährleistungsansprüchen die Rede. Unstreitiger Hintergrund der Abtretung sind jedoch die Mängel an den Balkonen/Terrassen gerade auch des ersten Bauabschnittes infolge der fehlgeschlagenen Sanierungsarbeiten der Beklagten. So nimmt der Abtretungsvertrag ausdrücklich Bezug auf das Beweissicherungsverfahren zwischen der Klägerin und der O. GmbH zum Az.: 12 OH 14/02 vor dem Landgericht Frankfurt (Oder), das unter anderem diese Mängel betrifft. Anhaltspunkte für eine von den Parteien gleichwohl vorgenommene Differenzierung zwischen Gewährleistungsrechten einerseits und fortbestehenden Erfüllungsansprüchen andererseits und einer entsprechend eingeschränkten Abtretung bestehen nicht und werden auch von der Beklagten nicht aufgezeigt. Der Abtretungsvertrag ist auch wirksam. Die Klägerin hat durch Vorlage des Handelsregisterauszuges betreffend die O. GmbH belegt, dass Herr F. Bu., der den Vertrag für die O. GmbH unterzeichnet hat, jedenfalls am 15.12.2003 als Geschäftsführer der GmbH bestellt und mithin entsprechend befugt war. Der Richtigkeit des Handelregisterauszuges ist die Beklagte nicht entgegengetreten.

Die Voraussetzungen eines Ersatzvornahmeanspruchs bzw. des korrespondierenden Kostenvorschussanspruches liegen vor. Grundsätzlich ist für eine Ersatzvornahme auf Kosten des Werkunternehmers nach § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B erforderlich, dass dem Werkunternehmer entsprechend § 4 Nr. 7 VOB/B eine Frist zur Mangelbeseitigung unter Androhung des Auftragsentzuges gesetzt wird und dem Werkunternehmer nach fruchtlosem Fristablauf der Auftrag - jedenfalls teilweise - entzogen wird. Eine Fristsetzung mit Kündigungsandrohung sowie eine Auftragsentziehung sind allerdings dann nicht erforderlich, wenn der Auftragnehmer die vertragsgemäße Fertigstellung endgültig verweigert und dadurch sein Recht verloren hat, die vertragsgemäße Herstellung selbst vorzunehmen, da in diesem Fall das Ziel der Kündigungsregelung - die Schaffung eindeutiger Verhältnisse zwischen den Vertragsparteien - ohnehin gewahrt ist (BGH BauR 2001, S. 1897; BauR 2000, S. 1479). Eine solche Situation ist vorliegend gegeben. Die Beklagte hat eine vertragsgemäße Fertigstellung ihrer Leistung endgültig verweigert. Zwar hat sich die Beklagte bereit erklärt, nochmals eine Beschichtung der Balkone vorzunehmen, jedoch verlangt sie zum einen, dass zuvor die Klägerin Fliesen und Estrich entfernt und neuen Estrich einbringt, zum anderen hat sie lediglich angeboten, die Beschichtung auf den Estrich aufzubringen, statt - wie im Werkvertrag vom 13.12.1999 vereinbart - eine Versiegelung der Fliesen vorzunehmen. Eine Beschichtung der Fliesen zur Verhinderung von Eindringen von Feuchtigkeit hält sie hingegen für objektiv unmöglich. Damit ist eine eindeutige und endgültige Verweigerung der Nachbesserung bzw. ordnungsgemäßen Erbringung der geschuldeten Leistung gegeben. Es besteht mithin keine Gefahr, dass die Beklagte neben einem mit der Ersatzaufnahme beauftragten Drittunternehmen tätig wird, sodass es einer ausdrücklichen Fristsetzung mit Kündigungsandrohung ebenso wie einer Auftragsentziehung nicht bedurfte. Ein anderes Ergebnis ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Verpflichtung des Auftraggebers gerechtfertigt, sich an den Mangelbeseitigungskosten zu beteiligen soweit es sich um Sowieso-Kosten handelt. Zum einen besteht in diesem Rahmen ein Anspruch des Werkunternehmers lediglich auf Stellung einer angemessenen Sicherheit, wobei es Sache des Unternehmers ist, sein Begehren nach entsprechender Sicherheitsleistung mit einer substantiierten Darlegung des voraussichtlichen Instandsetzungsaufwandes und der darin enthaltenen Sowieso-Kosten zu unterlegen (BGH BauR 1984, S. 395). Die Beklagte hat jedoch weder die Stellung einer Sicherheit verlangt noch die Höhe der ihrer Ansicht nach anfallenden Sowieso-Kosten nachvollziehbar dargetan. Zum anderen fehlt es - wie ausgeführt - gerade an der Bereitschaft der Beklagten, die geschuldete Leistung (erneut und ordnungsgemäß) zu erbringen, da die von der Beklagten angebotene Leistung - das Aufbringung eines Abdichtungsanstrichs auf den Estrich unterhalb der Fliesen - mit der vertraglich vereinbarten Leistung nicht übereinstimmt.

Die Werkleistung der Beklagten betreffend die Beschichtungsarbeiten am ersten Bauabschnitt ist mangelhaft. Die von der Beklagten aufzubringende Beschichtung sollte eine Abdichtung der Balkone und Terrassen gewährleisten, wie in dem Verhandlungsprotokoll vom 23.11.1999 ausdrücklich festgehalten ist. Dieses Ziel ist jedoch nicht erreicht worden, vielmehr löst sich der von der Beklagten aufgebrachte Auftrag von den Platten wieder ab, Feuchtigkeit kann bzw. konnte weiterhin in den Balkonaufbau eindringen. Die Beklagte hat auch nicht nachgewiesen, dass die von ihr geschuldete Leistung nicht geeignet war, das vertraglich vereinbarte Ziel zu erreichen. Die vom Sachverständigen Dipl.-Ing. N. O. im selbständigen Beweisverfahren 17 OH 16/01 erstellten Gutachten vom 06.09.2003 und 20.01.2004, auf die die Beklagte sich bezieht, belegen eine objektive Unmöglichkeit einer Abdichtung durch die der Beklagten übertragenen Leistungen nicht. Der Sachverständige hat vielmehr ausgeführt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein für den vorliegenden Untergrund geeignetes Beschichtungssystem am Markt erhältlich sei, und festgestellt, dass die Mängel der Werkleistung der Beklagten nicht allein auf die Ungeeignetheit des verwendeten Beschichtungsmaterials, sondern auch auf eine ungeeignete Untergrundvorbereitung seitens der Beklagten zurückzuführen seien, da der Untergrund zum einen nicht ordnungsgemäß angeschliffen worden und zum anderen der Estrich vor Aufbringung der Beschichtung nicht hinreichend getrocknet worden sei. Der Senat folgt den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, denen die Beklagte nicht nachvollziehbar entgegengetreten ist. Die Beklagte hat auch nicht bewiesen, dass eine Abdichtung der Balkone/Terrassen durch nachträgliches Aufbringen einer Beschichtung auf dem Fliesenbelag nicht möglich gewesen ist, weil es an einer Aufkantung der Balkonabdichtungen zur Fassade hin gefehlt habe, sodass Regenwasser am Putz herab bis auf die Kragplatte in den Balkonaufbau hineinlaufe und diesen durchfeuchte. Der Sachverständige O. hat in seinem vom Senat eingeholten Gutachten vom 28.03.2008 - im Anschluss an die Ausführungen des Sachverständigen Dr.-Ing. H. K. im Verfahren 12 OH 14/02 vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) - ausgeführt, dass zwar eine wirksame Abdichtung der Balkonplatten unterhalb der Fliesenebene nicht vorhanden gewesen sei und dementsprechend auch nicht an die Fassade angeschlossen werden konnte. Durch eine fachgerechte Flüssigabdichtung - wie von der Beklagten geschuldet - hätte diese Situation jedoch verändert werden können, etwa durch ein Hochführen der Abdichtung bis auf den Putz des Wärmeverbundsystems. Zweifel an der grundsätzlichen Möglichkeit einer wirksamen Abdichtung durch eine nachträgliche Beschichtung äußert der Sachverständige nicht. Allerdings sei die von der Beklagten aufgebrachte Beschichtung an den Gebäudeaußenwänden im Bereich der Sockelfliesen nicht bis auf das Wärmeverbundsystem hoch geführt worden, sodass am Putz des Wärmeverbundsystems herunter laufendes Wasser lediglich durch den Fliesenkleber bzw. eine teilweise vorhandene Dichtungsmasse am Eindringen in den Fußbodenaufbau gehindert worden sei. Eine den Regeln der Technik entsprechende Abdichtung sei damit nicht gegeben. Das Führen der Beschichtung bis auf das Wärmeverbundsystem war jedoch Gegenstand der von der Beklagten zu erbringenden Leistung. Im Vergabeprotokoll ist ausdrücklich festgehalten, dass die Beschichtung ca. 10 cm auf den Vollwärmeschutz der Gebäude aufzubringen war. Zugleich kommt es damit auf die Ergänzungsfrage der Beklagten, ob das Hochführen der Beschichtung auf das Wärmeverbundsystem den Regeln der Technik im damaligen Zeitpunkt entsprochen hat, nicht an. Auch den übrigen Ergänzungsfragen der Beklagten an den Sachverständigen war nicht nachzugehen. Die vorbestehende Mangelhaftigkeit des Fußbodenaufbaus war zwischen den Parteien unstreitig und gerade Grund für die Beauftragung der Beklagten.

Die Beklagte hat auch nicht nachgewiesen, dass es sich bei den Sanierungskosten - insbesondere bei den Kosten des unstreitig erforderlichen Austauschs des Estrichs - um Sowieso-Kosten handelt. Es steht nicht fest, dass der Austausch des Estrichs schon im Zeitpunkt der Leistungserbringung durch die Klägerin in den Jahren 1999/2000 erforderlich gewesen ist. So hat der Sachverständigen O. es in seinem Gutachten vom 06.09.2003 noch für ausreichend erachtet, dass der Estrich getrocknet wird. Auch in seinem Ergänzungsgutachten vom 20.01.2004 hat der Sachverständige lediglich ausgeführt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Estrich durch die andauernde Durchfeuchtung, insbesondere infolge von Frosteinwirkungen, im Zeitpunkt der Untersuchung schon so geschädigt sei, dass er ausgetauscht werden müsse. Dies müsse allerdings nicht der Fall sein, auch könne eine entsprechende Prüfung erst nach dem Entfernen der Beschichtung bzw. des Fliesenbelages vorgenommen werden. War aber selbst im Jahr 2004 nicht sicher, dass der Estrich infolge der anhaltenden Durchfeuchtung ausgetauscht werden musste, so steht erst recht nicht fest, dass ein Austausch in jedem Fall bereits in den Jahren 1999 / 2000 hätte erfolgen müssen.

Weiter kann die Beklagte der Klägerin nicht mit Erfolg vorhalten, diese hätte bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Sanierung der mangelhaften Arbeiten ausführen müssen. Der Klägerin war nicht zuzumuten die erheblichen Kosten zur Beseitigung der von der Beklagten zu verantwortenden Mängel vorzufinanzieren.

Unstreitig ist schließlich, dass die Klägerin für die Sanierungsarbeiten jedenfalls einen Betrag von 3.194,02 € je Balkon/Terrasse verlangen kann, mithin einen Gesamtbetrag von 143.730,90 € für 45 Balkone/Terrassen. Die Beklagte hat weder in Abrede gestellt, dass der Klägerin bei der durchgeführten Sanierung von 20 Balkonen Kosten in Höhe von insgesamt 82.665,77 € entstanden sind, noch ist die Beklagte den zuvor mit 3.690,87 € pro Balkon bezifferten Sanierungskosten entgegengetreten.

b) Hinsichtlich der Mängel an den Fassaden hat die Klägerin einen Kostenvorschussanspruch gegen die Beklagte aus § 4 Nr. 7 S. 2 VOB/B in Höhe von 16.250,00 €.

Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass das weitere Eindringen von Feuchtigkeit in die Balkone und das hierdurch veranlasste Ausspülen des Estrichs bzw. Dichtungsmaterials zum Durchfeuchten bzw. Verunreinigen der Fassade geführt hat, also die entsprechenden Auswirkungen jedenfalls auch auf die mangelhafte Leistung der Beklagten zurückzuführen ist, mithin eine Kausalität zwischen den festgestellten Schäden an der Fassade und dem Werkmangel zu bejahen ist. Die Beklagte hat diesen Werkmangel auch zu vertreten, da sie bei der Ausführung ihrer Arbeiten weder die vertraglichen Vorgaben noch die Regeln der Technik eingehalten hat, wie der Sachverständige O. überzeugend dargelegt hat. Die Beklagte hat auch nicht nachgewiesen, dass es sich bei den geltend gemachten Kosten um Sowieso-Kosten handelt. Sie hat nicht nachvollziehbar dargetan, dass und gegebenenfalls in welchem Umfang Schäden an den Fassaden bereits vor Abschluss des Vertrages zwischen ihr und der O. GmbH bestanden haben. Die Höhe der geltend gemachten Kosten steht aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen K. im Verfahren 12 OH 14/02 vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) fest. Der Sachverständige hat die Sanierungskosten von 16.250,00 € in der Anlage 2 auf S. 6 und 7 seines Gutachtens detailliert und nachvollziehbar aufgeschlüsselt. Zweifel an der Richtigkeit dieser Ausführungen bestehen nicht und werden auch von der Beklagten nicht geltend gemacht.

c) Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1, Abs. 2 BGB.

4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 159.980,90 € festgesetzt, § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Wert der Beschwer für die Beklagte: 159.980,90 €.



Ende der Entscheidung

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