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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 25.11.2004
Aktenzeichen: 12 U 47/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, VOB/B


Vorschriften:

ZPO § 139
ZPO § 256
ZPO § 256 Abs. 2
ZPO § 282 Abs. 1
ZPO § 282 Abs. 2
ZPO § 296 Abs. 1
ZPO § 527 Abs. 1
ZPO § 528 Abs. 1
ZPO § 528 Abs. 2
ZPO § 531
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 580 Nr. 7 b
BGB § 389
BGB § 640
BGB § 649 Abs. 2
VOB/B § 8 Nr. 1 Abs. 2
VOB/B § 8 Nr. 3
VOB/B § 14
VOB/B § 14 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 47/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 25.11.2004

verkündet am 25.11.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Oktober 2004 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski, den Richter am Oberlandesgericht Beckmann und den Richter am Oberlandesgericht Funder

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 16. März 2004 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 13 O 147/03, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird hinsichtlich des Zahlungsantrages zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten in erster Linie restlichen Werklohn aus einem vorzeitig beendeten Pauschalpreisvertrag vom 12.03.2003 betreffend die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück des Beklagten. Der vereinbarte Bruttopauschalpreis betrug 99.800,00 €. Darüber hinaus wurde die Klägerin mit Nachtragsleistungen beauftragt. Mit Schreiben vom 11.12.2002 kündigte der Beklagte unter Berufung auf eine aus seiner Sicht unberechtigte Arbeitseinstellung der Klägerin den Vertrag. Ihrer Schlussrechnung vom 23.12.2002 über einen Betrag von 26.420,06 € legte die Klägerin ein "Aufmaß" zugrunde, in dem sie die nach ihrer Auffassung nicht fertiggestellten Arbeiten aufführte. Nachdem sich bereits unter dem 21.06.2002 die V...AG gegenüber dem Beklagten für die vertragsgemäße Bauausführung bis zu einem Betrag von 7.500,00 € verbürgt hatte, wurde dieser Betrag zwischenzeitlich an den Beklagten ausbezahlt. Insoweit begehrt die Klägerin die Feststellung, dass der Beklagte keine Zahlungsansprüche aus der Bürgschaft hatte. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt erster Instanz wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die Forderung des Klägers derzeit noch nicht fällig sei, weil es an einer prüffähigen Schlussrechnung fehle. Sie entspreche nicht den Grundsätzen der BGH-Rechtsprechung zur Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrages. So könne der Beklagte nicht prüfen, ob die Forderung in Anbetracht der erbrachten Leistungen mit dem vereinbarten Pauschalpreis korreliere. Die erbrachten Leistungen würden von den nicht erbrachten Leistungen nicht hinreichend getrennt. Es genüge nicht, hinsichtlich der nach der Baubeschreibung geschuldeten Arbeiten ein Fixum festzusetzen, sondern die geschuldeten Arbeiten seien im Einzelnen aufzuführen. Die nach dem Vertrag für den erreichten Bautenstand vorgesehenen Raten könnten nicht ohne weiteres als angemessene Vergütung der einzelnen Teilleistungen gelten. Der vorgelegten Kalkulation fehle jeder erkennbare Bezug zum geschuldeten Leistungsumfang. Ein Schriftsatznachlass sei dem Kläger nicht zu gewähren gewesen, da das Problem der fehlenden Prüfbarkeit zwischen den Parteien seit Zugang der Klageerwiderung ausgiebig erörtert worden sei. Der Feststellungsantrag unterliege der Abweisung, weil es an einem Feststellungsinteresse gem. § 256 ZPO fehle. Aus der Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen Klägerin und Beklagtem ergäben sich für die Bürgen keine vorgreiflichen und bindenden Feststellungen.

Gegen das der Klägerin am 19.03.2004 zugestellte Urteil hat sie mit einem am 13.04.2004 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung zum 21.06.2004 mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin verfolgt ihr erstinstanzliches Klageziel weiter, allerdings hinsichtlich des Zahlungsantrages reduziert um einen Betrag von 1.678,33 € und mit dem Zahlungsbegehren an sich selbst. Sie tritt der Auffassung des Landgerichts zur fehlenden Prüffähigkeit der Schlussrechnung entgegen. Ein Vergleich der vertraglich geschuldeten mit den abgerechneten Leistungen sei anhand der Schlussrechnung auf der Grundlage der Urkalkulation ohne weiteres möglich. Die Schlussrechnung orientiere sich - wie bei einem Angebot nach Einheitspreisen - offenkundig an der Urkalkulation. Das Aufmaß, welches im Wesentlichen die nicht erbrachten Leistungen enthalte, diene als Hilfsmittel zur Prüfung der Schlussrechnung, und es sei ohne weiteres möglich, allein anhand der Feststellung nicht erbrachter Leistungen zwingende Rückschlüsse auf die tatsächlich erbrachten und vertraglich geschuldeten Leistungen zu ziehen. Höchst vorsorglich legt die Klägerin mit der Berufung eine konkretisierte Urkalkulation sowie eine neue Schlussrechnung nebst Aufmaß vor.

Hinsichtlich des Feststellungsantrages fehle es nicht am Feststellungsinteresse. Das Begehren der Klägerin bestehe darin, den Bürgschaftsrahmen, der aufgrund der Zahlung der Bürgin an den Beklagten gesperrt sei, wieder nutzen zu können. Es sei ihr in rechtlich zulässiger Weise nicht möglich, eine Leistungsklage hinsichtlich der Bürgschaftsurkunde zu erheben.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 24.741,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (17.06.2003) zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagten gegenüber der Deutschen Kautionsversicherung für Wirtschaft AG keine Zahlungsansprüche aus dem Bürgschein-Nr. B 686-890846/1/1-02 hatte.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag verteidigt er das angefochtene Urteil hinsichtlich der fehlenden Prüffähigkeit der Schlussrechnung. Er hält auch die neue Schlussrechnung für nicht prüfbar und meint im Übrigen hierzu, dass diese gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zuzulassen sei. Hinsichtlich der Einwendungen gegen die Richtigkeit der Schlussrechnung sowie seiner weiteren Einwendungen nimmt er Bezug auf sein erstinstanzliches Vorbringen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Die Klage ist hinsichtlich des Zahlungsantrages derzeit unbegründet.

a) Die von der Klägerin geltend gemachte Werklohnforderung (§ 631 Abs. 1 BGB) ist nicht fällig, wovon allerdings nicht bereits wegen Fehlens einer Abnahme gem. § 640 BGB ausgegangen werden kann. Dabei kann dahinstehen, ob der BGH seine bisherige Rechtsprechung, wonach es bei einem gekündigten Werkvertrag zur Fälligkeit der Werklohnforderung einer Abnahme nicht bedarf, aufgrund seiner Entscheidung in BGH NJW 2003, S. 1450 ff. hat aufgeben wollen, denn es kann aufgrund des Schreibens des Beklagten vom 16.04.2003 (Anlage B 14 im Anlagenband) von einer konkludenten Abnahme ausgegangen werden. In dem Schreiben geht der Beklagte auf das Protokoll zur Baustellenbegehung vom 25.11.2002 ein und stellt heraus, dass es zu einer Beseitigung der Mängel nicht gekommen sei. Er habe zur Sicherung seiner Rechtsansprüche weitere Beweissicherungen eingeholt und aus diesen Erkenntnissen heraus entsprechende Aufträge zur Fertigstellung des Hauses erteilt. Eine generelle Abarbeitung der festgestellten Mängel sei in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit teilweise nicht mehr möglich. Demnach hält er eine Mängelbeseitigung teilweise für nicht mehr möglich und teilweise hat er sie bereits durchführen lassen, weist allerdings auch auf diverse, noch nicht beseitigte Mängel des Innenputzes im Bad, Schlafzimmer und Küchenbereich hin, jedoch ohne jede Substanz. Schließlich heißt es in dem Schreiben: "Herr N, meine noch unvollständige Auflistung lässt leicht erkennen, dass Sie Ihren werkvertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen sind. Daraus ist mir ein Schaden von mehr als 10.000,00 € entstanden, ganz abgesehen von Kosten für Rechtsanwalt und Gutachter. Ich bin nicht gewillt, das widerspruchslos hinzunehmen. Heute schreibe ich Ihnen, um eventuell noch einmal gemeinsam mit Ihnen eine gütliche Lösung zu finden." Diese Erklärungen können unter Berücksichtigung des Gesamtinhalts des Schreibens letztlich nur so verstanden werden, dass der Beklagte die Werkleistung der Klägerin hat hinnehmen wollen und es ihm nunmehr nur noch darum ging, eine Regelung hinsichtlich etwaiger noch zu zahlender Beträge zu finden. Gewollt war vom Beklagten eine abschließende Abrechnung. Ist aber der Vertrag in ein Abwicklungsverhältnis umgestaltet worden, kann der Auftraggeber keine Nacherfüllung mehr verlangen, weshalb es für die Fälligkeit des Vergütungsanspruches auf die Abnahme nicht mehr ankommt (BGH BauR 2000, 98 = NJW 1999, 3710).

b) Es fehlt jedoch zur Fälligkeit an einer prüffähigen Schlussrechnung. Es kann davon ausgegangen werden, dass die VOB/B wirksam Vertragsbestandteil geworden ist, weshalb es für die Fälligkeit der Werklohnforderung einer prüffähigen Schlussrechnung im Sinne von § 14 VOB/B bedarf. Der Beklagte, selbst Bauingenieur, hat die Vertragsbedingungen, die die Vereinbarung der VOB/B als Vertragsbestandteil vorsehen, gestellt. Da es sich bei der Klägerin um ein im Baugewerbe tätiges Unternehmen handelt, kann deren Kenntnis vom Inhalt der VOB/B vorausgesetzt werden, ohne dass es einer Aushändigung der VOB/B seitens des Beklagten bedurft hätte (vgl. dazu Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rn 1009).

aa) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist ihre in erster Instanz vorgelegte Schlussrechnung nicht prüffähig. Nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen zur Abrechnung eines vorzeitig beendeten Pauschalpreisvertrages sind zunächst die erbrachten Leistungen darzulegen und von dem nicht ausgeführten Teil abzugrenzen. Die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen ist nach dem Verhältnis des Wertes der erbrachten Teilleistungen zu dem Wert der nach dem Pauschalpreisvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen. Der Unternehmer muss dann das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung und des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis darlegen. Soweit zur Bewertung der erbrachten Leistungen Anhaltspunkte aus der Zeit vor Vertragsschluss nicht vorhanden oder nicht ergiebig sind, muss der Unternehmer im Nachhinein im Einzelnen darlegen, wie die erbrachten Leistungen unter Beibehaltung des Preisniveaus zu bewerten sind. Die Abgrenzung zwischen erbrachten und nicht erbrachten Leistungen und deren Bewertung muss den Besteller in die Lage versetzen, sich sachgerecht zu verteidigen (BGH NZBau 2004, 549; NZBau 2002, 613 und 614; NJW 2002, 2780; NJW 2001, 521; BauR 2000, 1182; BauR 1999, 632, 642). Dabei kann auch die Aufteilung nach Gewerken als Bewertung der Teilleistungen ausreichend sein (gewerkebezogene Kalkulation, vgl. dazu BGH NJW 2002, 2780; BauR 1990, 634). Diese Anforderungen sind jedoch nicht schematisch auf jeden Fall anzuwenden, sondern die Anforderungen an die Prüfbarkeit der Schlussrechnung ergeben sich aus den Informations- und Kontrollinteressen des Auftraggebers. Diese bestimmen und begrenzen Umfang und Differenzierung der für die Prüfung erforderlichen Angaben in der Schlussrechnung. In welchem Umfang die Schlussrechnung aufgeschlüsselt werden muss, damit der Auftraggeber in der Lage ist, sie in der gebotenen Weise zu überprüfen, kann nicht abstrakt beurteilt werden, sondern ist eine Frage des Einzelfalles, die abgesehen von den Besonderheiten der Vertragsgestaltung und der Vertragsdurchführung auch von den Kenntnissen und Fähigkeiten des Auftraggebers und seiner Hilfspersonen abhängt (BGH NJW 2001, 521; NJW-RR 1999, 1180). Legt der Auftraggeber keinen Wert auf bestimmte Elemente der Schlussrechnung, die die Überprüfbarkeit der rechnerisch nachvollziehbaren und vertragsbezogen ermittelten Forderungen sicher stellen, wie z.B. Aufmaß oder Kalkulation, kann das Fehlen dieser Elemente nicht zur fehlenden Prüffähigkeit der Abrechnung führen. Vorliegend hat der Beklagte aber das Fehlen bestimmter Elemente gerügt, und er wurde ungeachtet des bei ihm als Bauingenieur zu unterstellenden Sachverstandes in Bezug auf die in erster Instanz vorgelegte Schlussrechnung nicht in die Lage versetzt, sich sachgerecht zu verteidigen. Eine nachvollziehbare Abgrenzung der erbrachten Leistungen von den nicht erbrachten Leistungen ist nicht erfolgt. Vielmehr wurde eine Schlussrechnung vorgelegt, in der einige Gewerke mit einem jeweiligen Gesamtpreis aufgeführt wurden. Aus dem Teil der Rechnung, der die nicht erbrachten Leistungen erfassen soll, ergibt sich aber, dass die in der Schlussrechnung als erbracht dargestellten Gewerke teilweise eben nicht erbracht wurden. Insbesondere hinsichtlich der vom Landgericht angeführten Gewerke hätte also nicht kurzer Hand der volle, sich aus der Kalkulation zuzüglich des kalkulatorischen Gewinns ergebende Betrag ausgeworfen werden dürfen, da sich bereits aus der Schlussrechnung selbst ergibt, dass einige dieser Gewerke gerade nicht vollständig erbracht wurden. Deshalb hätte näher aufgeschlüsselt werden müssen, welche Leistungen hinsichtlich der nicht beendeten Gewerke tatsächlich erbracht wurden und welche Leistungen nicht. Beides war entsprechend zu bewerten, damit für den Auftraggeber erkennbar war, ob die als erbracht abgerechneten Leistungen realistisch sind oder nicht. So aber stellte sich die Rechnung als in sich widersprüchlich dar, wodurch nicht allein die inhaltliche Richtigkeit der Schlussrechnung in Frage gestellt wurde, sondern bereits die Prüffähigkeit betroffen war.

Darüber hinaus war offensichtlich die Kalkulation unvollständig, wie sich aus dem Umstand ergibt, dass sie hinsichtlich der dargestellten Leistungen ein Spiegelbild der Schlussrechnung ist. Unter Außerachtlassung der zusätzlich beauftragten Leistungen ergab die Kalkulation eine Gesamtsumme von 74.586,91 €. Denselben Betrag weist auch die Schlussrechnung aus. Der kalkulierte Gewinn ist darin bereits enthalten. Der vereinbarte Nettopauschalpreis beträgt demgegenüber 86.034,48 €, weshalb die Kalkulation, wäre sie vollständig, nicht nachvollziehbar ist. Wie sich aus der nunmehr im Berufungsverfahren vorgelegten Kalkulation ergibt, enthielt die ursprüngliche Kalkulation in der Tat nicht sämtliche zu erbringenden Leistungen, sondern letztlich nur die Gewerke, die tatsächlich - teilweise - erbracht wurden. Die neue Kalkulation enthält in der Titelzusammenstellung Gewerke, die in der ursprünglich vorgelegten Kalkulation nicht enthalten waren. Folgerichtig endet sie auch mit einer Nettosumme von 83.993,55 € zzgl. eines kalkulatorischen Gewinns von 9.332,52 €, allerdings einschließlich der Zusatzleistungen in Höhe von 6.562,43 € netto. Da mithin die in erster Instanz vorgelegte Kalkulation unvollständig war, war der Wert der geschuldeten Gesamtleistung nicht zu ermitteln. Des Weiteren blieb der vereinbarte Pauschalpreis in der Abrechnung der Klägerin unerwähnt, obwohl nach den dargestellten Grundsätzen der Unternehmer das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung und des Preisansatzes für die Teilleistung und zum Pauschalpreis darlegen muss, damit festgestellt werden kann, in welchem Umfang der Auftragnehmer Leistungen im Verhältnis zur Gesamtleistung erbracht hat. Die ermittelte Quote ist in Beziehung zum Pauschalpreis zu setzen. Von alledem ist die in erster Instanz vorgelegte Schlussrechnung weit entfernt. Auch ergänzender schriftsätzlicher Vortrag, der nach der Rechtsprechung des Senats in der Regel mit herangezogen werden kann, erfolgte nicht. Vielmehr stellt das Zahlenwerk in der Klageschrift nur eine grobe Zusammenfassung des Zahlenwerkes der Schlussrechnung dar. Dass das Erfordernis einer weiteren Aufschlüsselung von Kalkulation und Schlussrechnung durchaus keine unnötige Förmelei darstellt, sondern sachlich gerechtfertigt war, zeigt sich nicht zuletzt auch darin, dass die nunmehr mit der Berufung vorgelegte Schlussrechnung andere Zahlen enthält und im Ergebnis auch einen geringeren Betrag ausweist, der zur Reduzierung der Klageforderung geführt hat.

Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung auf Bedenken gegen die Prüffähigkeit der Schlussrechnung hingewiesen. Es war nicht verpflichtet, der Klägerin auf ihren Antrag hin einen Schriftsatznachlass zu gewähren, da der Beklagte bereits mit der Klageerwiderung und auch in der Folge noch einmal mit Schriftsatz vom 7.10.2003 zur Problematik der fehlenden Prüffähigkeit der Schlussrechnung dezidiert Stellung genommen hat. Ein Hinweis nach § 139 ZPO ist nicht notwendig, wenn eine anwaltlich vertretene Partei vom Gegner auf einen Mangel ihres Vortrags in einer Weise aufmerksam gemacht wird, die die nötige Klarheit besitzt, um entsprechend verstanden zu werden und kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass der Hinweis falsch aufgefasst worden ist (BGH BauR 2004, 1477; NJW 2001, 2549; NJW 1984, 310; NJW 1982, 1708, 1711; OLG Koblenz VersR 2004, 989; OLG Nürnberg MDR 2000, 227; Musielak-Stadler, 4. Aufl., ZPO, § 139 Rn 6 f.). Diese Sichtweise ist insbesondere in den Fällen veranlasst, in denen der Umfang des Vortrags entscheidend von den Einwendungen des Gegners abhängt. Nach der bereits zuvor dargestellten Rechtsprechung des BGH, wonach es für die Frage der Prüffähigkeit der Schlussrechnung entscheidend auf die Informations- und Kontrollinteressen des Auftraggebers ankommt, mithin darauf, wie er sich auf die Schlussrechnung einlässt und inwieweit er Wert auf die Einhaltung der grundsätzlichen Erfordernisse einer prüffähigen Schlussrechnung legt, die Frage der Prüffähigkeit also gerade nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, besteht eine Hinweispflicht mithin nur, wenn die Einwendungen des Auftraggebers nicht hinreichend klar sind oder erkennbar wird, dass der Auftragnehmer sie ersichtlich missverstanden hat. So liegt der Fall hier nicht. Wie ausgeführt, hat der Beklagte bereits mit der Klageerwiderung präzise herausgestellt, aus welchen Gründen er die Schlussrechnung für nicht prüffähig hielt. Hierauf hat sich die Klägerin schriftsätzlich eingelassen, jedoch einen gegenteiligen Standpunkt eingenommen. Zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass das Problem der fehlenden Prüffähigkeit zwischen den Parteien bis zur mündlichen Verhandlung ausgiebig erörtert worden ist. Die sich aus § 139 ZPO ergebenden Hinweispflichten gehen nicht so weit, dass das Gericht sich rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung zu den von den Parteien angesprochenen Rechtsfragen positionieren muss, um ihnen dadurch die Möglichkeit zur Einführung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel zu geben. Ergab sich also die Erforderlichkeit ergänzenden Vortrags aus dem substanziierten Bestreiten des Beklagten (vgl. dazu auch BGH BauR 1999, 635, 639), hatte die Klägerin eigenverantwortlich zu entscheiden, ob sie an ihrem Rechtsstandpunkt festhält und insoweit eine Klageabweisung in Kauf nimmt für den Fall, dass das Gericht der gegenteiligen Auffassung des Beklagten folgt oder aber, ob sie nicht zumindest vorsorglich Vorkehrungen für den Eintritt letztgenannten Falles trifft und eine Schlussrechnung vorlegt, die den Einwendungen des Gegners Rechnung trägt. In dieser Form geht die Klägerin nunmehr im Berufungsverfahren vor.

bb) Die im Berufungsverfahren - vorsorglich - eingereichte Schlussrechnung ist hinsichtlich der Abrechnung der erbrachten Leistungen prüffähig. Zwar wird auch in die neue Schlussrechnung der tatsächlich vereinbarte Pauschalpreis nicht konkret mit einbezogen; aufgrund der Art und Weise der Abrechnung der Klägerin erscheint dies allerdings entbehrlich. Sie hat die nach dem Vertrag geschuldete Gesamtleistung im Einzelnen in der Kalkulation aufgeschlüsselt und bewertet, und zwar einschließlich der Zusatzleistungen. Nach Addition der bewerteten Einzelleistungen schlägt die Klägerin einen kalkulatorischen Gewinn auf diesen Gesamtbetrag auf. Die hierfür ausgeworfene Summe entspricht einem Prozentsatz von 11,11 %. Der im Nachhinein vorgenommene Aufschlag betreffend den kalkulatorischen Gewinn ist so zu verstehen, dass sich dieser Prozentsatz auf alle Positionen gleichermaßen verteilen soll. In der Schlussrechnung stellt die Klägerin sodann die tatsächlich erbrachten Leistungen dar, und zwar unter Zugrundelegung der Preise aus der Kalkulation, wobei wiederum hinsichtlich der insgesamt ermittelten Summe ein kalkulatorischer Gewinn hinzugerechnet wird, der wiederum einem Prozentsatz von 11,11 % entspricht. Rechnet man aus der Kalkulation die zusätzlichen Leistungen heraus, ergibt sich ein Gesamtbetrag von 77.431,12 €. Unter Hinzurechnung des kalkulatorischen Gewinns von 11,11 % errechnet sich ein Betrag von 86.033,71 €, der dem vereinbarten Pauschalpreis von 86,034,48 € netto nahezu entspricht. Der Beklagte ist damit in die Lage versetzt worden, die Bewertung der Leistungen zu prüfen und gegebenenfalls zu beanstanden. Seine mit der Berufungserwiderung erhobenen Einwendungen sind unerheblich. Soweit er darauf abstellt, dass die vereinbarte Gesamtpauschalsumme (einschließlich des Nachtrags) einen Betrag von 108.069,85 € ergebe, während sich nach jetziger Kalkulation eine Pauschalsumme von 108.288,24 € errechne (richtig sind 108.258,24 €), stellt diese geringfügige Differenz nicht die Prüffähigkeit der gesamten Schlussrechnung in Frage, sondern ist im Rahmen der inhaltlichen Richtigkeit zu berücksichtigen. Seine Einwendungen gegen verschiedene Positionen, die nach seiner Meinung eine willkürliche Kürzung des Einheitspreises begründen würden, sind nicht tragfähig. Die Klägerin hat die vom Beklagten angesprochenen Positionen nicht vollständig erbracht und hat deshalb den Einzelpreis etwas reduziert. So hat sie z.B. hinsichtlich der Position 5.001 die Dachklempnerarbeiten in der Kalkulation mit 32,26 € als Einzelpreis bewertet, in der Rechnung nur noch mit 31,13 € mit dem Bemerken, dass die nach dieser Position geschuldeten Dachklempnerarbeiten ohne das Fallrohr erbracht wurden. Damit hat die Klägerin hinreichend dargestellt, wie sie die vollständige Leistung bewertet und aufgrund welcher noch fehlenden Restleistung sie eine Reduzierung des Einzelpreises vorgenommen hat. Dies ist nachvollziehbar und prüfbar und erscheint nicht willkürlich. Auch ein weitergehendes Aufmaß ist nicht erforderlich. Soweit der Beklagte meint, die nach § 14 VOB/B zu verlangenden Nachweise erforderten jedenfalls bei nur teilweise erbrachten Leistungen eine nähere Aufschlüsselung, wo und in welchem Umfang die einzelnen Mengen entstanden sein sollen, so ergibt sich dies aus dem nunmehr vorgelegten Aufmaß, welches sich an der Leistungsbeschreibung der Kalkulation und der Schlussrechnung orientiert und aus dem hinreichend zu entnehmen ist, wo welche Leistungen erbracht worden sind. Der vom Beklagten gerügte fehlende Nachweis hinsichtlich der Materialaufwendungen betreffend Position 18 führt, soweit er überhaupt begründet sein sollte, ebenfalls nicht zur fehlenden Prüffähigkeit der gesamten Schlussrechnung.

Soweit die Klägerin über die von ihr erbrachten Leistungen hinaus eine weitergehende Vergütung im Sinne von § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B verlangt, fehlt es allerdings an einer prüfbaren Abrechnung. Da die Klägerin, wie schon in erster Instanz, insoweit einen "entgangenen Gewinn" für nicht erbrachte Leistungen in Höhe von 1.131,07 € in Rechnung stellt, geht der Senat davon aus, dass sie, da sich die neue Schlussrechnung hierzu nicht verhält, insoweit auf ihre Aufstellung zur erstinstanzlichen Schlussrechnung Bezug nimmt (Bl. 60/61). Aus dieser ergibt sich der kalkulatorische Gewinn von 1.131,07 €, den sie bereits in der ersten Schlussrechnung berücksichtigt hat und den sie auch im Berufungsverfahren in der selben Höhe geltend macht. Es genügt jedoch grundsätzlich nicht, den kalkulierten Gewinn als isolierten Posten einzuklagen, weil damit das Abrechnungssystem des § 649 Abs. 2 BGB bzw. § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B nicht hinreichend berücksichtigt wird (Kniffka/Koeble, Kompendium des BauR, 2. Aufl., 9. Teil Rn. 25). Problematisch ist dies insbesondere in den Fällen, in denen eine näher aufgeschlüsselte Kalkulation nicht vorgelegt wird. Dies ist vorliegend allerdings der Fall. Der Senat versteht die Abrechnung der Klägerin so, dass sie die in ihrer Aufstellung enthaltenen Arbeiten erspart hat und die angegebenen Beträge letztlich ihre Ersparnis darstellen sollen, weil sie als Generalunternehmer ohnehin Subunternehmer beauftragt hat, mithin die an diese zu zahlende Vergütung eingespart hat. Unter diesen Umständen kann es genügen, wenn die Klägerin diese Kosten darstellt und einen entgangenen Gewinn errechnet. Allerdings ergeben sich bei der Berechnung der Klägerin Ungereimtheiten, die nicht lediglich die inhaltliche Richtigkeit betreffen, sondern die Abrechnung als letztlich nicht prüfbar erscheinen lassen. Sie errechnet hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen eine Summe von 11.447,57 €. Diesem Betrag rechnet sie einen kalkulatorischen Gewinn von 1.131,07 € hinzu, was einen Prozentsatz von 9,88 % entspricht, also nicht den zuvor dargestellten Wert von 11,11 %. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass ausweislich der Kalkulation eine Gesamtnettosumme von 83.993,55 € ohne Berücksichtigung des Gewinns ermittelt wurde, während sich die Schlussrechnung über einen Betrag von 74.394,15 € verhält. Die Differenz dieser beiden Beträge ergibt eine Summe von 9.599,40 €, mithin einen Betrag, der etwa 2.000,00 € unter dem Betrag liegt, den die Klägerin hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen errechnet hat. Wenn man also der Klägerin im vorliegenden Fall gestattet, hinsichtlich der Berechnung der Forderung nicht, wie sonst üblich, die vereinbarte Vergütung voran zu stellen und davon die ersparten Kosten in Abzug zu bringen, sondern stattdessen den kalkulierten Gewinn in Rechnung zu stellen, so muss diese Darstellung, um prüfbar zu sein, nachvollziehbar sein, woran es fehlt, wenn sich der errechnete Betrag nicht mit dem übrigen Rechenwerk der Schlussrechnung in Einklang bringen lässt.

cc) Soweit sich die erstmals mit der Berufung vorsorglich in den Prozess eingeführte Schlussrechnung als prüffähig erweist, handelt es sich nach Auffassung des Senats um ein neues Angriffsmittel, welches nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen ist, woran es jedoch fehlt (so im Ergebnis auch OLG Hamburg in seiner gem. § 522 Abs. 2 ZPO getroffenen Hinweisverfügung vom 07.05.2003; vgl. IBR 2003, 338). Der Anwendungsbereich des § 531 Abs. 2 ZPO ist eröffnet. Soweit der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 09.10.2003, Az. VII ZR 335/02 (BauR 2004, 115, 116 = NJW-RR 2004, 167, 168 = NZBau 2004, 98, 99) die Auffassung vertreten hat, es handele sich nicht um neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im prozessrechtlichen Sinne, wenn eine Partei im Laufe des Verfahrens die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch erst schaffe und sie alsdann in den Prozess einführt, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen, wobei zu berücksichtigen ist, dass der BGH auf die Rechtslage vor der am 01.01.2002 in Kraft getretenen ZPO-Reform abzustellen hatte, mithin seine Erwägungen nicht konkret in Bezug auf § 531 ZPO angestellt hat, sondern im Zusammenhang mit der über § 527 Abs. 1 ZPO anwendbaren Präklusionsvorschrift des § 296 Abs. 1 ZPO. Es ist allgemein anerkannt, dass der in den alten und neuen Präklusionsvorschriften verwandte Begriff der Angriffs- und Verteidigungsmittel weit auszulegen und zu verstehen ist, mithin jedes Vorbringen umfasst, dass die Parteien dem Gericht zur Begründung ihres prozessualen Begehrens unterbreiten (BGH MDR 1984, 837; MDR 1982, 560 = NJW 1982, 1533; Baumbach/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 282 Rn. 5; Musielak-Foerste, ZPO, 4. Aufl., § 282 Rn. 2; Stein/Jonas-Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 296 Rn. 3; Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, 25. Aufl., § 146 Rn. 2). Hierzu zählen nach § 282 Abs. 1 ZPO Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, ohne dass diese Aufzählung vollständig ist. Lediglich Rechtsausführungen sowie der Angriff selbst, also z.B. verfahrensbestimmende Anträge sind ausgenommen. Eine einschränkende Betrachtungsweise dahin, dass es sich nicht um ein neues Angriffsmittel handelt, wenn die klagende Partei die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den von ihr geltend gemachten Anspruch erst im Laufe des Rechtsstreits schafft, wie z.B. die Vorlage einer Schlussrechnung oder eine Kündigung als Voraussetzung für einen Anspruch aus § 8 Nr. 3 VOB/B, ist dem Wortlaut der Präklusionsvorschriften nicht zu entnehmen und hierfür besteht auch kein Bedürfnis. Führt der Werkunternehmer erst im Verlaufe des Rechtsstreits oder gar erst im Berufungsverfahren eine - neue - Schlussrechnung ein, so stellt dies eines von mehreren möglichen Angriffsmitteln dar, welches der Unternehmer zur Darstellung einer schlüssigen Werklohnforderung benötigt. Damit ist der Weg zu den Präklusionsvorschriften eröffnet. Zu Recht ist deshalb die Entscheidung des BGH - jedenfalls in Bezug auf ihren rechtlichen Ausgangspunkt - auf Ablehnung gestoßen (vgl. Anmerkung von Reichold in LMK 2004, 54, 55; Anmerkung von Deichfuß in ProzRB 2004, 64, 65; Schenkel, MDR 2004, 790, 791). Erst die weitere Frage ist dann, inwieweit das neu in den Prozess eingeführte Angriffsmittel auf eine nachlässige Prozessführung der Partei zurückzuführen ist.

Für die Einführung neuer Angriffsmittel im Berufungsverfahren sieht § 531 Abs. 2 ZPO bestimmte Möglichkeiten vor. Ein Fall des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO liegt hier ebenso wenig vor wie der Fall des § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Hinsichtlich letzterem Zulassungsgrund wurde bereits an anderer Stelle ausgeführt, dass das Landgericht seine sich aus § 139 ZPO ergebenden Hinweispflichten nicht verletzt hat, mithin ein Verfahrensmangel nicht vorliegt. Demzufolge kommt eine Zulassung nach Nr. 3 der genannten Vorschrift nur noch in Betracht, wenn die erstmals im Berufungsverfahren erfolgte Einführung des Angriffsmittels nicht auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht. Daran fehlt es, wenn das neue Angriffsmittel erst nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz entstanden ist (BT-Drucksache 14/4722, S. 101). In diese Richtung argumentiert auch Deichfuß, a.a.O., der deshalb im Ergebnis dem BGH folgt und meint, die nach Beendigung der ersten Instanz erstellte Schlussrechnung könne nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO eingeführt werden. Diese Sicht der Dinge ist jedoch zu kurz gegriffen, insbesondere vor dem Hintergrund der Argumentation, der Begriff der Nachlässigkeit meine nur die schuldhafte Verletzung prozessualer Sorgfaltspflichten, nicht aber solche bei der Erstellung der Schlussrechnung. Es besteht sicher kein Zweifel daran, dass einer Partei Nachlässigkeit grundsätzlich nicht vorzuwerfen ist, wenn sie erstmals mit der Berufung ein Angriffsmittel in den Prozess einbringt, welches ihr zuvor nicht zur Verfügung stand und dies auch nicht in ihrem Einflussbereich lag. Die Erstellung einer prüffähigen Schlussrechnung liegt jedoch insbesondere im Einflussbereich des klagenden Unternehmers. Erhebt er Klage, obwohl er die materiell-rechtlichen Grundlagen hierfür noch nicht geschaffen hat, ist es ihm gerade unter Berücksichtigung prozessrechtlicher Grundsätze wie der Beschleunigungs- und Konzentrationsmaxime zuzumuten, diese jedenfalls so rechtzeitig in den Prozess einzuführen, wie es gem. § 282 Abs. 1 ZPO einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Erstellt er eine Schlussrechnung, wohl wissend, dass es einer solchen beim VOB/B-Vertrag als Fälligkeitsvoraussetzung bedarf, ungeachtet ihm diesbezüglich gegebener Hinweise entweder gar nicht oder unzureichend, besteht keine Veranlassung, eine erst nach Schluss der erstinstanzlichen letzten mündlichen Verhandlung von ihm endlich aufgestellte Schlussrechnung im Berufungsverfahren noch zuzulassen. Für sich betrachtet konnte er sicherlich diese Schlussrechnung nicht früher vorlegen, weil er sie zu einem früheren Zeitpunkt noch nicht erstellt hatte, es sie also noch nicht gab. Ungeachtet dessen stellt es aber eine grobe Missachtung einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung dar, wenn der Auftragnehmer die Schlussrechnung erst anlässlich des Berufungsverfahrens erstellt und damit den Bauprozess erst in der zweiten Instanz beginnen lässt, was der vorliegende Fall eindrucksvoll zeigt, denn es bestehen zwischen den Parteien zahlreiche Streitpunkte zum Umfang der erbrachten Leistungen und zu etwaigen Gegenansprüchen, hinsichtlich derer die Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme absehbar ist und wodurch den Parteien eine Tatsacheninstanz genommen würde. Dies ist hinzunehmen, wenn die Voraussetzungen der Zulassung des neuen Vorbringens vorliegen, wobei zumindest im Fall des Vorliegens eines Verfahrensfehlers wegen Verstoßes gegen richterliche Hinweispflichten bei entsprechender Antragstellung die Möglichkeit besteht, gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen.

Wenig überzeugend - weil in sich widersprüchlich - ist hierzu auch die Argumentation von Reichold a.a.O, der im Ergebnis der Entscheidung des BGH folgt und meint, die prozessrechtlichen Verspätungsvorschriften würden keine Pflichten für das außerprozessuale Verhalten begründen; es sei den Parteien unbenommen, noch während der Tatsacheninstanzen durch Handlungen oder Willenserklärungen eine Änderung der materiellen Rechtslage herbeizuführen und diese Änderung in den Prozess einzuführen. Soweit dabei § 282 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO beachtet würden, sei eine Zurückweisung wegen Verspätung ausgeschlossen. Letzteres ist aber gerade die entscheidende Frage. Wenn § 282 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO zu beachten sind, bleibt es den Parteien zwar unbenommen, jederzeit eine Änderung der materiellen Rechtslage herbeizuführen; mit Erfolg kann ihnen dies jedoch nur unter Beachtung der ihnen obliegenden Prozessförderungspflicht gelingen. Zu Recht weist Schenkel (a.a.O.) darauf hin, dass ansonsten derjenige, der, obwohl der Verlauf des Rechtsstreits erster Instanz hinreichend Veranlassung gab, die neue Schlussrechnung nicht erst nach Abschluss der ersten Instanz zu erstellen, gleichwohl entsprechend verfährt, trotz seiner Gleichgültigkeit ohne Weiteres die Möglichkeit hat, sein Versäumnis in der Berufungsinstanz nachzuholen, während derjenige, der nur irrtümlich eine nicht prüffähige Schlussrechnung einreicht, obwohl er bereits eine weitere prüffähige Schlussrechnung erstellt hat und diesen Irrtum erst aufgrund ihm zuzurechnenden Verhaltens zu spät erkennt, die Möglichkeit zur Nachholung nicht mehr hat.

Des Weiteren dürfte die Zulassung der neuen Schlussrechnung zu einer schwer vermittelbaren Ungleichbehandlung bei Vorliegen eines VOB-Vertrages einerseits und eines BGB-Vertrages andererseits führen. Kniffka, der der Auffassung des BGH folgt (vgl. Kniffka/Koeble, Kompendium des BauR, 19. Teil Rn. 45), lässt offen, inwieweit die Erwägungen zur Zulassung der neuen Schlussrechnung auch gelten, wenn die prüffähige Schlussrechnung keine Fälligkeitsvoraussetzung ist. Nach der Rechtsprechung des BGH bedarf es beim BGB-Vertrag zur Fälligkeit der Werklohnforderung keiner prüffähigen Schlussrechnung, sondern die Vergütung wird mit der Abnahme fällig (BauR 1981, 199 = NJW 1981, 814; BauR 1982, 377 = NJW 1982, 1815). Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat angeschlossen. Zwar entbindet diese Sichtweise den Auftraggeber nicht, seine Werklohnforderung nachvollziehbar darzustellen, insbesondere auch bei einem vorzeitig beendeten Pauschalpreisvertrag, bei dem er zur Schlüssigkeit der Werklohnforderung ebenfalls verpflichtet ist, seine Forderungen nach den eingangs dargestellten Grundsätzen der Rechtsprechung aufzuschlüsseln. Dieser Vortrag stellt dann gleichermaßen ein Angriffsmittel dar wie Vorbringen zum Zustandekommen des Werkvertrages oder andere Voraussetzungen eines Werklohnanspruches. Erfolgt aber nachvollziehbarer Tatsachenvortrag zum Zustandekommen eines Vertrages oder zur Berechnung der Klageforderung erstmals im Berufungsverfahren, ohne dass dies auf Verfahrensfehlern des Landgerichts beruht, scheitert die Zulassung dieses neuen Sachvortrages an § 531 Abs. 2 ZPO. Allein der Umstand, dass die Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung bei einem VOB/B-Werkvertrag bereits Fälligkeitsvoraussetzung ist, rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung des neuen Sachvortrages im Rahmen der Anwendung von § 531 Abs. 2 ZPO nicht. Die Vorschrift, die die bisher in § 528 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO enthaltenen Bestimmungen zur Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel neu regelt, soll die Überprüfung der erstinstanzlichen Urteile auf die Fehlerkontrolle und die Fehlerbeseitigung konzentrieren. Dabei soll die Partei allerdings nicht mit Angriffs- und Verteidigungsmitteln ausgeschlossen sein, die sie auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt mangels deren Existenz nicht vorzulegen im Stande war, um damit unnötige und umständliche Wiederaufnahmeverfahren zu vermeiden (vgl. BT-Drucksache 14/4722, S. 101, 102). Als Restitutionsgrund käme vorliegend allenfalls das Auffinden einer Urkunde im Sinne von § 580 Nr. 7 b ZPO in Betracht, der aber die Erstellung von Urkunden durch die Partei nach rechtskräftigem Urteil nicht erfassen dürfte, weshalb der Gesichtspunkt der Vermeidung eines Restitutionsverfahrens hier nicht tragfähig ist. Den Vorgaben des Gesetzgebers entspricht es mithin nicht, einer Partei im Berufungsverfahren neuen Tatsachenvortrag zu gestatten, wenn sie es in erster Instanz - unter Umständen mutwillig - unterlassen hat, die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch zu schaffen. Es soll nicht verkannt werden, dass es dem Auftragnehmer unbenommen bleiben soll, einen bestimmten Rechtsstandpunkt zur Frage der Prüffähigkeit der Schlussrechnung zu vertreten und hierüber eine gerichtliche Entscheidung anzustreben, ohne dazu verpflichtet zu sein, vorsorglich eine im Einzelfall möglicherweise aufwendige Neuberechnung der Werklohnforderung vornehmen zu müssen. Bevorzugt er diese Vorgehensweise, dann ist es ihm aber auch zuzumuten, diesen Weg konsequent durch die Instanzen, soweit sie ihm eröffnet sind, durchzuhalten, anstatt nun auf einmal im Berufungsverfahren die in erster Instanz noch ausgeprägt vorhandene Risikofreudigkeit aufzugeben und damit den Bauprozess erst im Berufungsverfahren beginnen zu lassen. Umgekehrt ist schließlich auch der Auftraggeber für den Fall, dass er die Rechnung für nicht prüffähig erachtet und sich entsprechend gegen die Werklohnforderung verteidigt, verpflichtet, etwaige weitere Einwendungen und Gegenansprüche hilfsweise in den Rechtsstreit einzuführen, obwohl, wie z.B. bei der Aufrechnung, die Rechtswirkungen, nämlich das Erlöschen der Werklohnforderung gemäß § 389 BGB erst mit der entsprechenden Aufrechnungserklärung eintreten können.

An dieser Sicht der Dinge vermag auch nichts der Umstand zu ändern, dass der Besteller die Möglichkeit hat, nach § 14 Nr. 4 VOB/B selbst eine Rechnung aufzustellen (vgl. dazu Deichfuß, a.a.O.). Es ist nicht Aufgabe und schon gar nicht die Pflicht des Auftraggebers, für den eigentlich darlegungspflichtigen Auftragnehmer die Werklohnforderung schlüssig zu machen.

2.

Die Berufung hat auch hinsichtlich des Feststellungsantrags keinen Erfolg. Insoweit folgt der Senat der Auffassung des Landgerichts, allerdings mit der Klarstellung, dass das in der Tat fehlende Feststellungsinteresse bereits zur Unzulässigkeit der Feststellungsklage führt. Die Klägerin begründet ihr Feststellungsinteresse damit, dass ihr Begehren darin bestehe, den Wirtschaftsrahmen, der aufgrund der Zahlung der Bürgin an den Beklagten gesperrt sei, wieder nutzen zu können. Dazu genüge nach den Bekundungen der Versicherung die Feststellung, dass die Zahlung der Bürgin an den Beklagten aufgrund des Bürgschaftsvertrages zu Unrecht erfolgt sei. Dabei handelt es sich jedoch ausschließlich um ein wirtschaftliches Interesse der Klägerin, welches kein rechtliches Interesse gemäß § 256 ZPO begründet (vgl. Thomas/Putzo-Reichold, 25. Aufl., § 256 Rn. 13; Baumbach-Hartmann, 63. Aufl., § 256 Rn. 27). Auch als Zwischenfeststellungsklage im Sinne von § 256 Abs. 2 ZPO ist die Klage nicht zulässig, da die hierfür erforderliche Vorgreiflichkeit nicht ersichtlich ist. Das Urteil über die Hauptklage darf die Rechtsbeziehungen der Parteien nicht erschöpfend regeln, was vorliegend aber der Fall wäre, wobei die Möglichkeit genügt, dass aus dem streitigen Rechtsverhältnis weitere Ansprüche zwischen den Parteien oder aber auch zu einem Dritten erwachsen. Dies ist aber nicht das Ziel der Klägerin, denn sie will schlicht ihre Kreditwürdigkeit erweitern, welches von § 256 ZPO nicht erfasst wird.

3.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 2 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO hinsichtlich des Zahlungsantrags zuzulassen, denn die Frage der Zulassung einer erst nach Schluss der letzten erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung erstellten Schlussrechnung im Berufungsverfahren gemäß § 531 Abs. 2 ZPO wird kontrovers diskutiert und wurde unter Berücksichtigung der ZPO-Reform noch nicht höchstrichterlich entschieden, weshalb die Sache grundsätzliche Bedeutung hat.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer für die Klägerin: 30.741,73 € (24.741,73 € für den Antrag zu 1. und 6.000,00 € für den Antrag zu 2.)

Ende der Entscheidung

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