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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 25.10.2007
Aktenzeichen: 12 U 61/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, EGBGB, AGBG


Vorschriften:

ZPO §§ 517 ff
ZPO § 529
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 533
ZPO § 533 Nr. 1
ZPO § 533 Nr. 2
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 201 a. F.
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 291
BGB § 387
BGB § 389
BGB § 631 Abs. 1
BGB § 634 Abs. 1 a. F.
BGB § 635 a. F.
BGB § 641 Abs. 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 3
AGBG § 5 a. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 61/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 25.10.2007

Verkündet am 25.10.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski, den Richter am Oberlandesgericht Funder und die Richterin am Landgericht Kyrieleis

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 9. Februar 2007 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 17 O 359/05, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2979,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.086,60 € seit dem 1. September 2005 und aus 893,20 € seit dem 14. März 2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Auf die Widerklage werden die Kläger verurteilt, an den Beklagten 1.069,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.10.2005 als Gesamtschuldner zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Kläger 73 % und der Beklagte 27 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Kläger 60 % und der Beklagte 40 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517 ff ZPO eingelegte Berufung des Beklagten ist nur teilweise begründet. Dem Beklagten steht der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Auszahlung des Sicherheitseinbehaltes in Höhe von 4.448,24 € aus § 631 Abs. 1 BGB zu. Die Forderung des Beklagten ist jedoch durch die von den Klägern in zweiter Instanz erstmals erklärte hilfsweise Aufrechnung mit der rechtskräftig durch das landgerichtliche Urteil, das von dem Beklagten in diesem Umfang nicht angegriffen worden ist, festgestellten Forderung in Höhe von 2.979,80 € gem. §§ 387, 389 BGB erloschen.

1.

Dem Beklagten steht der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines Betrages von 4.448,24 €, der der letzten Rate gemäß Ziffer IV. 1. des Bauvertrages vom 18.10.1999 entspricht, aus § 631 Abs. 1 BGB zu. Das Schuldverhältnis richtet sich nach den bis zum 31.12.2001 geltenden Vorschriften, da der zugrunde liegende Werkvertrag zwischen den Parteien bereits am 18.10.1999 abgeschlossen worden ist (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB).

Zwischen den Parteien ist ein BGB-Bauvertrag geschlossen worden. Die Geltung der Bestimmungen der VOB/B ist nicht wirksam vereinbart worden. Zwar ist unter Ziffer II. 1. des Bauvertrages die Geltung der VOB/B vorgesehen. Da es sich bei den Klägern jedoch um Privatleute handelt, setzt eine wirksame Einbeziehung der Vorschriften der VOB/B voraus, dass die Kläger den Inhalt der VOB/B bei Vertragsabschluss kannten, ihnen ein Exemplar der VOB/B überreicht oder auf andere Weise Gelegenheit zur Kenntnis vom Inhalt der VOB/B gegeben wurde (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Aufl., Rn. 1012 m.w.N.). Hierzu ist seitens der Parteien kein konkreter Vortrag erfolgt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Kläger bei Vertragsschluss durch einen Architekten vertreten oder beraten wurden (vgl. dazu OLG Hamm NJW-RR 1998, 885).

Der zwischen den Parteien dem Grunde und der Höhe nach unstreitige restliche Vergütungsanspruch des Beklagten aus dem Bauvertrag vom 18.10.1999 ist entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht verjährt. Gemäß den §§ 196 Abs. 1 Nr. 1, 201 BGB a. F. i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB verjährt der Anspruch auf Vergütung in zwei Jahren ab Schluss des Jahres, in dem der Anspruch fällig wird. Die Vergütung des Unternehmers wird grundsätzlich gem. § 641 Abs. 1 BGB mit der im Streitfall am 09.08.2000 erfolgten Abnahme fällig, so dass Verjährung somit mit Ablauf des 31.12.2002 eingetreten wäre. Die Parteien haben jedoch im Streitfall hinsichtlich der streitgegenständlichen letzten Rate durch die Vereinbarung eines Sicherheitseinbehaltes in Ziffer XI. 6. i.V.m. 1. des Bauvertrages die Fälligkeit vertraglich anderweitig dahingehend geregelt, dass die letzte Rate erst mit Ablauf der vereinbarten fünfjährigen Gewährleistungsfrist fällig werden sollte. Eine wirksame Vereinbarung eines Sicherheitseinbehaltes liegt vor. Dem steht nicht entgegen, dass nach Ziffer IV. 1. des Bauvertrages die letzte Rate in Höhe von 3 % nach Fertigstellung der Restarbeiten, spätestens 3 Tage nach Schlüsselübergabe bzw. Übergabe zur Eigenleistung zu zahlen war. Soweit diese Fälligkeitsregelung zu der Vereinbarung eines Sicherheitseinbehaltes scheinbar im Widerspruch steht, ist zulasten des Beklagten die Regelung in Ziffer XI. des Bauvertrages als die für den Beklagten ungünstigere zugrunde zu legen. Die Vereinbarung eines Sicherheitseinbehaltes ist für die Kläger von Vorteil, indem zum einen die Zahlung der letzten Rate bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist durch den Beklagten gestundet wird und zum anderen die Kläger im Falle des Auftretens von Mängeln auf den Sicherheitseinbehalt hätten zurückgreifen können. Selbst bei Anwendung der Unklarheitenregel des § 5 AGBG a. F. würde die Unklarheit lediglich dazu führen, dass die streitgegenständliche Klausel dahingehend auszulegen ist, dass die letzte Rate erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist seitens des Beklagten geltend gemacht werden kann, nicht jedoch dazu führen, dass die Vereinbarung eines Sicherheitseinbehaltes nicht wirksam erfolgt ist.

Nachdem die unter Ziffer XI. 1. vereinbarte Gewährleistungsfrist von 5 Jahren ab Abnahme mit Ablauf des 09.08.2005 abgelaufen ist, ist Fälligkeit hinsichtlich dieses Teils der Werklohnforderung zum 10.08.2005 eingetreten. Ein anderer Zeitpunkt für die Rückgabe der Sicherheitsleistung ist zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Mit der am 18.10.2005 erfolgten Zustellung der Widerklage ist die Verjährung somit rechtzeitig gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB gehemmt worden.

Die vom Landgericht festgestellten Mängel stehen dem Anspruch auf Auszahlung des Sicherheitseinbehaltes im Streitfall nicht entgegen. Zwar kann der Auftraggeber grundsätzlich die Sicherheit insoweit zurückhalten, als nach Ablauf der Gewährleistungsfrist noch Gewährleistungsansprüche bestehen, die noch nicht erfüllt sind. Soweit das Landgericht, wie aus den Entscheidungsgründen zu entnehmen ist, einen Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB a. F. für gegeben erachtet hat sowie hinsichtlich des Mangels Nr. 8 (Deckenhöhe im Dachgeschoss) offenbar von einer Minderung nach § 634 Abs. 1 BGB a. F. in Höhe von 1.223,44 € ausgegangen ist, können die Kläger ihre rechtskräftig zuerkannten Gegenforderungen nur im Wege des Zurückbehaltungsrechts oder der Aufrechnung geltend machen. Ein Zurückbehaltungsrecht ist seitens der Kläger zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht worden. Auch durch die vorgerichtlich mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 26.10.2000 erklärte Aufrechnung ist der Anspruch des Beklagten nicht erloschen. Zwar ist die Aufrechnung nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die restliche Werklohnforderung des Beklagten zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig war, da die Hauptforderung, gegen die aufgerechnet wird, lediglich erfüllbar sein muss (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 387 Rn. 12). Die mit Schreiben vom 26.10.2000 erklärte Aufrechnung ist jedoch bereits unzulässig, da aus der Aufrechnungserklärung nicht hervorgeht, mit welchen Forderungen im Einzelnen in welcher Reihenfolge gegen die begründete Forderung des Beklagten aufgerechnet werden soll. Darüber hinaus waren Gegenstand des Schreibens vom 26.10.2000 von den Klägern geltend gemachte Minderungsansprüche, die jedoch durch das Landgericht gerade nicht festgestellt worden sind, mit Ausnahme des Mangels der zu niedrigen Deckenhöhe im Dachgeschoss, der jedoch nicht Gegenstand des Schreibens vom 26.10.2000 war.

2.

Die Widerklageforderung des Beklagten ist jedoch durch die von den Klägern in der Berufungsinstanz erstmals erklärte hilfsweise Aufrechnung mit der vom Landgericht zuerkannten und von dem Beklagten nicht angegriffenen Schadensersatzforderung in Höhe von 2.979,80 € sowie der zuerkannten Zinsforderung teilweise gem. den §§ 387, 389 BGB erloschen.

In Anlehnung an die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23.06.2005 (NJW 2005, 2771) geht der Senat davon aus, dass es sich im vorliegenden Fall um ein Aufrechnungsverhältnis und nicht nur um ein Verrechnungsverhältnis handelt, so dass die Zulässigkeit der erstmals in der Berufungsinstanz erklärten Aufrechnung an den Voraussetzungen des § 533 ZPO zu messen ist. Die Voraussetzungen des § 533 ZPO sind im Streitfall gegeben. Die Zulassung der Aufrechnung ist gem. § 533 Nr. 1 ZPO als sachdienlich anzusehen, da die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung der Kläger diesen bereits rechtskräftig zuerkannt worden ist, so dass es keiner weiteren Aufklärung bedarf (vgl. OLG Hamm OLGR 2005, 94; MünchKomm/Rimmelspacher, ZPO, 3. Aufl., § 533 Rn. 31). Die Aufrechnung kann auch gem. § 533 Nr. 2 ZPO auf Tatsachen gestützt werden, die ohnehin der Entscheidung des Senats nach § 529 ZPO zugrunde zu legen sind. Dies folgt zwar nicht bereits aus § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, da Gegenstand des Berufungsverfahrens nur noch die Widerklage ist, so dass als Tatsachengrundlage auch nur diejenigen Tatsachen Berücksichtigung finden können, die von den Parteien erstinstanzlich zur Widerklage vorgetragen worden sind. Die beschränkte Berufungseinlegung durch den Beklagten führt wie bei einer Trennung dazu, dass das Vorbringen hinsichtlich Klage und Widerklage in erster Instanz isoliert zu betrachten ist und nur derjenige Prozessstoff Gegenstand des Berufungsverfahrens wird, der zur Begründung oder Verteidigung gegen die Widerklage vorgebracht worden ist. Erstinstanzlich haben sich die Kläger gegen die Widerklage ausschließlich mit der Einrede der Verjährung verteidigt. Die der Aufrechnung zugrunde liegenden Tatsachen sind im Streitfall jedoch nach §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen, da das Bestehen der zur Aufrechnung gestellten Forderung aufgrund der Tatsache, dass der Beklagte das landgerichtliche Urteil insoweit nicht angefochten hat, als unstreitig anzusehen ist und neue unstreitige Tatsachen in der Berufungsinstanz immer zu berücksichtigen sind (vgl. BGH NJW 2005, 291).

Die Aufrechnung durch die Kläger führt gem. den §§ 387, 389 BGB dazu, dass die Forderung des Beklagten in Höhe der aufgerechneten Hauptforderung von 2.979,80 € sowie der ebenfalls zur Aufrechnung gestellten Zinsforderung in Höhe von umgerechnet 398,94 €, insgesamt in Höhe von 3.378,74 € erloschen ist, so dass eine begründete Forderung des Beklagten in Höhe von 1.069,50 € verbleibt.

Da die Aufrechnungserklärung gem. § 389 BGB auf den Zeitpunkt zurückwirkt, in dem sich die Aufrechnungsforderungen erstmals aufrechenbar gegenüber standen, scheidet ein Verzug der Kläger insoweit aus, so dass ein Zinsanspruch des Beklagten lediglich in Höhe des durch die Aufrechnung nicht tangierten Betrages von 1.069,50 € aus § 291 BGB begründet ist.

3.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Im Hinblick darauf, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt und der Senat nicht von bestehender höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abweicht, hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 3 ZPO i.V.m. §§ 45 Abs. 3, 47 Abs. 1 S. 1 GKG auf 7.428,04 € festgesetzt.

Der Gebührenstreitwert für die erste Instanz wird gem. § 63 Abs. 3 GKG auf 24.735,06 € festgesetzt (§ 45 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 GKG). Davon entfallen ein Betrag von 16.656,12 € auf die Klageforderung, ein Betrag von 3.630,70 € auf die erstinstanzlich geltend gemachte Hilfsaufrechnung und ein Betrag von 4.448,24 € auf die Widerklage.

Ende der Entscheidung

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