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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.10.2006
Aktenzeichen: 12 U 75/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, EGBGB, VOB/B


Vorschriften:

ZPO § 511
ZPO § 513
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 546
BGB § 201 a. F.
BGB § 209 Abs. 1
BGB § 209 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 288
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 631 Abs. 1
EGBGB Art. 229 § 1 Abs. 2
VOB/B § 16 Nr. 3
VOB/B § 16 Nr. 5 Abs. 3 S. 2 a. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 75/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 19.10.2006

Verkündet am 19.10.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28.09.2006 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski, den Richter am Oberlandesgericht van den Bosch und die Richterin am Landgericht Dr. Scheiper

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 10. März 2006 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 14 O 108/02, teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die B...gesellschaft, Filiale B..., auf das Forderungsabwicklungskonto der Klägerin, Kto.-Nr. ..., oder an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin als Einzugsstelle, 9.802,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von einem Prozentpunkt über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank mindestens jedoch in Höhe von 5 Prozent seit dem 22.03.2000 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 83 % und der Beklagte 17 % zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Der Beklagte stützt sein Rechtsmittel darauf, das Landgericht habe ihm hinsichtlich der Position NA 1.5 (Spachteln und Nachschleifen von Wandflächen) fälschlich die Beweislast dafür aufgebürdet, dass Leistungen in einem 852,96 m² unterschreitenden Umfang erbracht worden seien. Hinsichtlich der Position Z 16 (dauerelastische Verfugung an Anschlussfugen) habe das Landgericht aufgrund einer unzutreffenden Beweiswürdigung fehlerhaft eine Auftragserteilung angenommen. Schließlich habe das Landgericht hinsichtlich des Zinsanspruchs fälschlich § 288 BGB in der ab dem 01.05.2000 gültigen Fassung angewendet, obwohl die Forderung bereits zu einem vor diesem Datum liegenden Zeitpunkt fällig geworden sei. Der Beklagte zeigt damit Rechtsverletzungen im Sinne der §§ 513, 546 ZPO auf, auf denen das Urteil beruhen kann. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Prüfungsumfang des Berufungsgerichts dabei auch nach der Reform der Zivilprozessordnung durch Gesetz vom 27.07.2001 nicht auf die Frage beschränkt, ob das Ausgangsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hat, vielmehr hat eine uneingeschränkte Prüfung der erstinstanzlichen Beweiswürdigung dahingehend stattzufinden, ob das zutreffende Ergebnis gefunden worden ist (vgl. BGH NJW 2005, Seite 1583).

2. In der Sache hat das Rechtsmittel nur teilweise Erfolg. Eine Werklohnforderung der Klägerin besteht in Höhe von 9.802,00 € aus §§ 631 Abs. 1 BGB, 16 Nr. 3 VOB/B in Verbindung mit dem Vertrag vom 29.01.1997. Die Parteien haben die Regelungen der VOB/B durch die entsprechende Bezugnahme in Ziffer 1.5 der Zusätzlichen Angebots- und Vertragsbedingungen für Bauleistungen und -lieferungen für Gebäude und Freianlagen wirksam in den Vertrag einbezogen. Da beide Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf dem Bausektor gewerblich tätig waren, ist bei ihnen insbesondere die für eine wirksame Einbeziehung erforderliche Kenntnis des Regelwerkes zu vermuten (vgl. hierzu OLG Hamm NZBau 2004, S. 332; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Auflage, Rn. 1009). Zu Recht hat das Landgericht ferner die Aktivlegitimation der Klägerin trotz Verpfändung und Eintritts der Pfandreife hinsichtlich der Forderung bejaht (vgl. Staudinger-Wiegand, BGB, Kommentar, 13. Bearbeitung, § 1282, Rn. 15).

a) Neben dem in der Berufungsinstanz unstreitigen Teil des Werklohns von 6.062,52 € besteht ein weitergehender Anspruch in Höhe von 3.739,48 € bezüglich des Nachtrages NA 1.5 (Spachteln und Nachschleifen der Wandflächen). Zutreffend hat das Landgericht insoweit eine Fläche von 852,96 m² statt der vom Beklagten zugestandenen 304,70 m² berücksichtigt. Zwar ist im Rahmen einer Werklohnklage grundsätzlich der Auftragnehmer für den Umfang der in Rechnung gestellten Arbeiten darlegungs- und beweisbelastet. Vorliegend ist jedoch davon auszugehen, dass die von der Klägerin bezüglich des Nachtrages 1.5 zu erbringende Leistung (jedenfalls) auf einer Fläche von 852,96 m² zu erbringen war. Nach dem vom Beklagten angenommenen Nachtragsangebot der Klägerin knüpfte die Position NA 1.5 nämlich zumindest an die Position NA 1.4 (Tapete entfernen) an, da die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit zur Position NA 1.5 die "vorgenannten Flächen" zu bearbeiten hatte, mithin jedenfalls die unter NA 1.4 aufgeführten Flächen, die der Beklagte selbst mit 852,96 m² angegeben hat. Dahinstehen kann, ob darüber hinaus auch die in der Position NA 1.3 (Altanstrich von Wandflächen entfernen) enthaltenen Flächen zu spachteln und nachzuschleifen waren, da diesbezüglich ein Vergütungsanspruch von der Klägerin in der Berufungsinstanz nicht mehr geltend gemacht wird. Der Beklagte hat auch zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, die Leistung der Klägerin hinsichtlich der Arbeiten an den Wänden seien mangelhaft erbracht, etwa - dies wäre die Konsequenz einer unvollständigen Erbringung der Position NA 1.5 - es lägen Unebenheiten der Wandflächen vor. Unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten des vorliegenden Falles stellt sich die Behauptung des Beklagten, es seien tatsächlich nur 304,7 m² bearbeitet worden, als Vortrag "ins Blaue", mithin als unsubstantiiert dar (vgl. hierzu BGH NJW 1995, S. 2111). Bereits aus der vom Beklagten als Anlage B2 zum Schriftsatz vom 16.03.2001 eingereichten Übersicht geht hervor, dass der Beklagte tatsächlich keine Kenntnis hat, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Klägerin Leistungen im Rahmen des Nachtrages NA 1.5 nicht erbracht hat. Der Beklagte trägt nämlich ergänzend zu der von ihm behaupteten Fläche vor: "nicht alle Flächen wurden ganzflächig gespachtelt und wenn max. 852,96 m²". Schließlich ist insoweit zu berücksichtigen, dass der Beklagte seine Beanstandungen erstmals im März 2001 vorgebracht hat, also mehr als 1 1/2 Jahre nach Abrechnung der Leistungen in der korrigierten Rechnung vom 27.07.1999 und mithin zu einem Zeitpunkt, in dem für die Klägerin ein Nachweis der Leistungserbringung bei Arbeiten, die nicht ohne weiteres einsichtig sind, nur schwer zu erbringen ist, wie letztlich auch das erstinstanzlich eingeholte Sachverständigengutachten belegt hat.

Angesichts des zwischen den Parteien unstreitigen Einheitspreises von 11,60 DM/m², ergibt sich für die im Streit stehende Fläche von 548,26 m² ein Betrag von 6.359,82 DM netto (= 3.251,72 € netto) oder 3.739,48 € brutto.

b) Hinsichtlich der Zusatzposition 16 (dauerelastische Verfugung an Anschlussfugen) ist hingegen ein Werklohnanspruch nicht schlüssig dargetan. Die Klägerin hat bereits die von ihr erstmals in der Berufungsinstanz behauptete ausdrückliche Vereinbarung zu einer Abrechnung dieser Position nach laufenden Metern statt auf Stundenlohnbasis - wie in Ziffer 4.5 des in den Vertrag einbezogenen Leistungsverzeichnisses vorgesehen - weder substantiiert vorgetragen noch unter Beweis gestellt, worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung am 28.09.2006 hingewiesen hat. Zudem ist zwischen den Parteien in der Berufungsinstanz unstreitig geworden, dass die unter der Position Z 16 abgerechneten Leistungen auch Inhalt des Tagelohnzettels Nr. 9630 und des Tagelohnberichts für die Zeit vom 24. - 30.10.1997 sind, mithin insoweit eine Doppelabrechnung vorliegt. Ergänzend verweist der Senat darauf, dass auch der abgerechnete Leistungsumfang im Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme nicht als erwiesen angesehen werden kann.

c) Die Werklohnforderung ist schließlich nicht verjährt. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin die Werkleistung, die der Beklagte 1997 oder 1998 konkludent abgenommen abgenommen hat, erstmals im Jahre 1999 oder bereits im Jahre 1998 prüffähig abgerechnet hat. In beiden Fällen ist die gem. § 201 BGB a. F. am 31.12. um 24.00 Uhr des entsprechenden Jahres in Lauf gesetzte Verjährungsfrist durch die Zustellung des Mahnbescheides im Jahre 2000 unterbrochen worden, § 209 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB a. F.

d) Hinsichtlich des Zinsanspruches rügt die Berufung zutreffend die Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB in der durch Gesetz vom 30.03.2000 geänderten Fassung. Nach Artikel 229 § 1 Abs. 2 EGBGB findet § 288 BGB in der bis zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung Anwendung, da die Werklohnforderung vor dem 01.05.2000 fällig geworden ist. Allerdings ist die Klägerin nicht auf den vom Beklagten nicht mit der Berufung angegriffenen Zinssatz von 5 % beschränkt. Vielmehr besteht auf Grund der Zahlungsaufforderung der Klägerin vom 07.03.2000 mit Fristsetzung zum 21.03.2000 ab dem 22.03.2000 ein Anspruch aus § 16 Nr. 5 Abs. 3 S. 2 VOB/B a. F. auf Zahlung von Zinsen in Höhe von einem Prozentpunkt über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank (vgl. hierzu Heiermann/Riedel/Rusam, VOB, Kommentar, 10. Auflage, B § 16 Rn. 153). Einen weitergehenden Zinsschaden hat die Klägerin hingegen nicht nachgewiesen.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 13.000,00 € festgesetzt, §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO (angefochtener Zahlungsantrag: 11.785,73 €; angefochtene Zinsentscheidung: 1.000,00 €).

Wert der Beschwer für die Klägerin: 8.546,25 €;

Wert der Beschwer für den Beklagten: 4.239,48 €.

Ende der Entscheidung

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