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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 14.02.2008
Aktenzeichen: 12 U 89/07
Rechtsgebiete: ZPO, InsO, BGB, StGB


Vorschriften:

ZPO § 139
ZPO § 139 Abs. 4
ZPO § 179 Abs. 2
ZPO § 184 Abs. 2
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 288
ZPO § 307
ZPO § 322 Abs. 1
ZPO § 704
ZPO § 794
InsO § 175 Abs. 2
InsO § 302 Nr. 1
BGB § 197 Abs. 1 Nr. 3
BGB § 823 Ab. 2
StGB § 14 Abs. 2 Nr. 1
StGB § 266 a
StGB § 266 a Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 89/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 14.02.2008

Verkündet am 14.02.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski, den Richter am Oberlandesgericht Beckmann und die Richterin am Amtsgericht Eggers-Chemseddine

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 3. April 2007 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Cottbus, Az.: 6 O 304/06, abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Beklagten gegen die von der Klägerin im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten vor dem Amtsgericht Cottbus, Az.: 63 IN 622/05, zur Tabelle zur lfd. Nr. 10, mit dem Rechtsgrund "Schadensersatzanspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung" angemeldete Forderung in Höhe von 6.406,01 € unbegründet ist.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg. Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet.

1.

Der Feststellungsantrag der Klägerin ist zulässig, denn ihr steht ein rechtlich anerkennenswertes Interesse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO an der begehrten Feststellung zu. Nachdem der Beklagte sein ihm zustehendes Widerspruchsrecht gegen die Anmeldung der Forderung der Klägerin gegen den Beklagten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zur Tabelle ausgeübt hatte, ist die bereits titulierte Forderung von der Restschuldbefreiung nach § 302 Nr. 1 InsO nur im Falle der Beseitigung des Widerspruchs ausgenommen und nach Abschluss des Insolvenzverfahrens uneingeschränkt durchsetzbar. Da Forderungen aus einer vorsätzlich unerlaubten Handlung von der Bewilligung einer etwaigen Restschuldbefreiung nicht erfasst werden (§ 302 Nr. 1 InsO), besteht ein Feststellungsinteresse der Klägerin an der Qualifikation der streitigen Forderung als einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung, auch wenn dem Beklagten eine Restschuldbefreiung bislang nicht erteilt worden ist und selbst im Falle einer Restschuldbefreiung noch im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage geklärt werden könnte, ob die titulierte Forderung durch die Restschuldbefreiung entfallen ist. Durch den Widerspruch des Beklagten gegen die Einordnung der Forderung als einer solchen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung ist bereits jetzt deutlich, dass der Beklagte eine künftige Zwangsvollstreckung wegen der Forderung nicht hinzunehmen bereit ist. Sein Verhalten lässt eine Vollstreckungsgegenklage erwarten, wenn die Klägerin nach Erteilung einer Restschuldbefreiung aus ihrem Titel vorgeht. Wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte damit zu rechnen ist, dass gegen einen vollstreckbaren Titel Vollstreckungsgegenklage erhoben werden wird, ist eine ergänzende Feststellungsklage zulässig (BGH, Urt. v. 18.05.2006, NZI 2006, 536).

2.

Der Feststellungsantrag der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg. Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob bereits aus Gründen der Rechtskrafterstreckung des Anerkenntnisteil- und (Kosten-)Schlussurteils des Amtsgerichts Cottbus vom 1.10.2002 (Az. 43 C 145/02) feststeht, dass es sich bei der zugesprochenen Forderung um eine solche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung handelt, da dieses jedenfalls materiell-rechtlich feststeht.

a) Für eine Bindungswirkung des vorgenannten Urteils für das über die Feststellungsklage entscheidende Gericht in dem Sinne, dass das Landgericht gehindert war, anzunehmen, der Klägerin stehe gegen den Beklagten kein Anspruch aus § 823 Ab. 2 BGB i.V.m. § 266 a Abs. 1 StGB in Höhe von 4.217,07 € zu, spricht, dass Anerkenntnisurteile als nicht streitige Urteile wie Versäumnisurteile der materiellen Rechtskraft i.S.v. § 322 Abs. 1 ZPO fähig sind (BGH NJW 2007, 2922 ff). Zwar wird nur der prozessuale Anspruch anerkannt im Gegensatz zum Geständnis i.S.v. § 288 ZPO, das sich auf die ihn begründenden Tatsachen bezieht, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat. Gegenstand der materiellen Rechtskraft ist aber die gerichtliche Entscheidung letzter Instanz über den prozessualen Anspruch, d. h. das Bestehen oder Nichtbestehen der mit der Klage geltend gemachten Rechtsfolge aufgrund des vorgetragenen Tatsachenkomplexes bei Schluss der mündlichen Tatsachenverhandlung (BGH NJW 1995, 967). Um den rechtskraftfähigen Inhalt der Entscheidung zu ermitteln, müssen bei nicht streitigen Urteilen, bei denen Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht herangezogen werden können, das Parteivorbringen (BGH NJW 2007, 2922; BGH NJW 1990, 834, 835) und die Parteierklärungen (OLG Köln NJW-RR 1993, 1407 ff) zur Abgrenzung des Streitgegenstandes und damit dem Umfang der Rechtskraft herangezogen werden (BGH NJW-RR 1999, 1006). Anknüpfungspunkt für die objektiven Grenzen der Rechtskraft ist ausschließlich der Streitgegenstand über den im Erstprozess tatsächlich entschieden worden ist. Hier war Streitgegenstand des Anerkenntnisteilurteils ausschließlich ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 a Abs. 1 StGB wegen nicht abgeführter Arbeitnehmeranteile aus dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Fa. K.-G. ... GmbH gegen den Beklagten als einer der alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer. Dies ergibt sich sowohl aus der Bezeichnung im Mahnantrag als auch aus der Anspruchsbegründung nach Überleitung in das Streitverfahren. Der nicht anwaltlich vertretene Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung die Klageforderung uneingeschränkt anerkannt. Ein uneingeschränktes Anerkenntnisurteil ist i.S.d. Bindungswirkung grundsätzlich nicht weniger "vollwertig" als ein streitig ergangenes Urteil. Allerdings wird eine aus der Rechtskraft der Entscheidung erwachsene Bindung an die rechtliche Qualifikation der Forderung beim Vollstreckungsbescheid überwiegend auch dann abgelehnt, wenn die Forderung im Mahnverfahren als eine solche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung bezeichnet wurde, weil eine gerichtliche Schlüssigkeitsprüfung nicht stattgefunden hat (BGH, Beschl. v. 5.4.2005, NJW 2005, 1663 ff.; BGH Urt. v. 18.05.2006, NZI 2006, 536 ff.; Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 850 f, Rn. 8 a; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 850 f, Rn. 10; Gaul, NJW 2005, 2894 ff; DGVZ 2005, 113). Zur Begründung wird darauf abgestellt, dass Titel, die ohne Schlüssigkeitsprüfung aufgrund einseitiger Angaben des Gläubigers ergangen seien, die weit reichenden Folgen des § 302 Nr. 1 InsO nicht zu rechtfertigen vermögen. Die Folgen, welche die Titulierung einer derartigen Forderung in einem späteren Restschuldbefreiungsverfahren nach sich ziehe, werde der Schuldner in der Regel nicht überblicken. Für eine Belehrung nach § 175 Abs. 2 InsO bestehe im Mahnverfahren noch kein Anlass (BGH a.a.O.). Aufgrund dieser Erwägungen wird auch einem Versäumnisurteil die Bindung für die rechtliche Qualifikation der Forderung abgesprochen (OLG Koblenz, Urteil v. 15.11.2007, Az.: 6 U 537/07; Landgericht Frankenthal, Rpfleger 2006, 629; Ahrens, EWiR 2006, S. 539, 540; Hartwig/Richter, ZVI 2006, 373, 375). Dies könnte dafür sprechen, auch beim Anerkenntnisurteil den Schutzbereich des § 302 Nr. 1 InsO entsprechend weit zu ziehen.

Auch nach dem (prozessualen) Anerkenntnis nach § 307 ZPO erfolgt keine Schlüssigkeitsprüfung der Klage mehr. Hier lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin aus den nicht erteilten Hinweisen des Amtsgerichts auch nicht positiv folgern, dass eine Schlüssigkeitsprüfung zuvor erfolgt ist, auch wenn diese im Hinblick auf § 139 Abs. 4 ZPO so früh wie möglich angezeigt ist. Hinweise gem. § 139 ZPO sind durch das Amtsgericht Cottbus weder mit der Anberaumung des schriftlichen Vorverfahrens noch der Terminsbestimmung gem. § 139 Abs. 4 ZPO aktenkundig gemacht worden, was zwar darauf schließen lassen könnte, dass es für das Amtsgericht Cottbus keine Schlüssigkeitsbedenken gab, die den Beklagten von einem Anerkenntnis hätten abhalten können, obwohl dieser zuvor bereits im Rahmen seiner Klageerwiderung sachlich widersprochen hatte. Positiv lässt sich dies aber nicht feststellen, da auch in der mündlichen Verhandlung noch Hinweise hätten erteilt werden können, das Anerkenntnis aber schon in der Güteverhandlung abgegeben worden war.

Zu beachten ist aber, dass anders als beim Vollstreckungsbescheid oder Versäumnisurteil der Titel nicht lediglich aus Nachlässigkeit mangels Widerspruchs- oder Einspruchseinlegung rechtskräftig werden kann, sondern es einer aktiven Handlung des Schuldners in Form der Anerkenntniserklärung bedarf, damit der Titel überhaupt entsteht. Für eine Bindungswirkung spricht auch im Hinblick auf die 30-jährige Verjährungsfrist rechtskräftiger Titel gem. § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB, dass andernfalls bei einer späteren Insolvenz eines Schuldners der Ausgangsprozess im Wege der Feststellungsklage noch einmal aufzurollen wäre, u. U. mit einer durch den Zeitablauf erschwerten Darlegungs- und Beweislast für den Gläubiger, was dem Zweck des Insolvenzverfahrens entgegenstünde, der in einem summarisch-nichtstreitigen Verfahren für die Gläubigergemeinschaft die Verwaltung und Verwertung des Vermögens des Schuldners durchführen soll.

Auch die Neuregelung des § 184 Abs. 2 ZPO aufgrund des Gesetzes zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13.04.2007 (Bundesgesetzblatt I, S. 509 ff.) spricht für die Bindungswirkung des auslegungsfähigen Anerkenntnisurteil. Danach ist die Klagelast vom Gläubiger auf den Schuldner entsprechend der Regelung des § 179 Abs. 2 ZPO umgekehrt worden, wenn ein Schuldner Forderungen bestreitet, für die ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vorliegt. Davon erfasst sind ohne Ausnahme alle Vollstreckungstitel i.S.v. § 704, 794 ZPO, also auch Versäumnis-, Anerkenntnisurteile und Vollstreckungsbescheide (MüKo-Schumacher, InsO 2. Aufl., § 184 Rn. 86 und § 179 Rn. 23, 24). Demnach hat der Gesetzgeber davon abgesehen, vom Anwendungsbereich Titel, die ohne gerichtliche Schlüssigkeitsprüfung ergangen sind, auszunehmen. Schuldnerschutzgesichtspunkte haben keine Vorrangigkeit gehabt. Trotz der aufgenommenen Hinweispflicht des Insolvenzgerichts auf die Folgen einer Fristversäumung hat der Gesetzgeber in Kauf genommen, dass der unerfahrene, rechtsunkundige Schuldner zusätzlich zur Einlegung des Widerspruchs mit der Klageerhebung belastet ist und dieser bei Nachlässigkeit (Fristversäumung) Gefahr läuft, mit den weit reichenden Folgen des § 302 Nr. 1 InsO zu leben, auch wenn eine gerichtliche Schlüssigkeitsprüfung des Rechtsgrundes der vorsätzlichen unerlaubten Handlung nicht stattgefunden hat.

b) Die Forderung der Klägerin ist jedenfalls deshalb eine solche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 a Abs. 1 StGB, weil der Beklagte seinen Überwachungspflichten als Geschäftsführer nicht nachgekommen ist. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin für das Vorliegen einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung und damit für die vorsätzliche Verwirklichung des Straftatbestandes des § 266 a Abs. 1 StGB darlegungs- und beweispflichtig ist (OLG Schleswig, Urt. v. 7.12.2001, BeckRS 2001, 30225473). Der objektive Tatbestand des § 266 a Abs. 1 StGB setzt voraus, dass der Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitsnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält. Dabei verlangt das Vorenthalten der Beiträge lediglich die Nichtabführung der Arbeitnehmerbeiträge bei Fälligkeit (BGH NJW 2000, 969). Das war hier der Fall. Auch der Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, dass die für die Zeit von April bis Juni 1999 in Höhe von insgesamt 4217,07 € Arbeitnehmeranteile an der Gesamtsozialversicherung von der K.-G. ... GmbH nicht an die Klägerin abgeführt worden sind. Ihn trifft auch die strafrechtliche und damit haftungsrechtliche Verantwortung für das rechtzeitige Abführen der Sozialversicherungsbeiträge. Grundsätzlich trifft diese Pflicht den Arbeitgeber, hier also die K.-G. ... GmbH. Da diese als juristische Personen jedoch nicht selbst, sondern nur durch ihre Vertreter handeln konnte, lag die Pflicht zur Abführung dieser Beiträge den Geschäftsführern als vertretungsberechtigtem Organ der Gesellschaft. Zu den Aufgaben eines Geschäftsführers einer GmbH gehört es, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Gesellschaft nach außen rechtmäßig verhält und insbesondere die auferlegten öffentlich-rechtlichen Pflichten erfüllt. Dazu gehört auch die Pflicht der Abführung der Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge. Kommt der Geschäftsführer diesen Pflichten nicht nach, ist er selbst dafür gem. §§ 266 a, 14 Abs. 2 Nr. 1 StGB verantwortlich (BGHZ 133, 370 ff.). Der Beklagte war im maßgeblichen Zeitraum einer von zwei allein vertretungsberechtigten Geschäftsführern. Auch in einer mehrgliedrigen Geschäftsleitung hat grundsätzlich jeder Geschäftsführer für die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Pflichten der Gesellschaft einzustehen. Die Geschäftsführer einer GmbH sind Kraft ihrer Amtsstellung grundsätzlich für alle Angelegenheiten der Gesellschaft zuständig. Wenn wie hier mehrere zum Geschäftsführer einer GmbH bestellt sind, trifft im Grundsatz jeden von ihnen die Pflicht zur Geschäftsführung und damit auch die Geschäftsführung im Ganzen, weil die Führung der Geschäfte nicht in erster Linie die Besorgung bestimmter Geschäfte, sondern die verantwortliche Leitung der Geschäfte in ihrer Gesamtheit umfasst (BGHZ 133, 370 ff.). Dieser Pflichten können sich die Geschäftsführer weder durch Zuständigkeitsverteilungen innerhalb der Geschäftsführung noch durch Delegation besonderer Aufgaben auf Personen außerhalb der Geschäftsleitung entledigen. Allerdings können interne Zuständigkeitsregelungen zu einer Beschränkung der straf- und haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit führen. Für die vom Beklagten behauptete interne beschränkende Zuständigkeitsregelung, wonach der Beklagte den technischen Bereich und der weitere Geschäftsführer K... den kaufmännischen Bereich geleitet habe, ist der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig. Eine entsprechende Abrede zwischen den Geschäftsführern kann hier jedoch dahingestellt bleiben. Zwar war entgegen der Annahme des Landgerichts das Bestreiten der Klägerin hinsichtlich der Aufgabenverteilung der beiden Geschäftsführer erheblich. Der erstinstanzliche Vortrag des Beklagten suggerierte, dass sich der Gesellschaftsvertrag vom 06.01.1998 mit der zitierten Regelung unter § 2 Ziff. 2 zur Aufgabenverteilung mit dem Mitgesellschafter und Geschäftsführer Herrn K... auf die streitgegenständliche K.-G. ... GmbH beziehe. Der auf das Bestreiten der Klägerin durch die Beklagte vorgelegte Gesellschaftsvertrag vom 06.01.1998 bezog sich jedoch auf die In-CO GbR und damit auf eine andere Gesellschaft. Zwar mag dem Gesellschaftsvertrag eine Indizwirkung dafür zukommen, dass die Parteien auch bei der später am 11.02.1999 gegründeten K.-G. ... GmbH eine entsprechende Aufgabenteilung vorgenommen haben, zwingend ist dies jedoch nicht. Ein substanziierter Vortrag des Beklagten fehlte dazu erstinstanzlich. Der vorgelegte Gesellschaftsvertrag der In-CO GbR sagt nichts über den Gesellschaftsvertrag betreffend die K.-G. ... GmbH aus, auch wenn beide Gesellschaften aus den gleichen Gesellschaftern bestanden und den gleichen Sitz unter der gleichen Telefonnummer hatten. Der Gegenstand der Gesellschaften war aber unterschiedlich. Bei der GbR war dieser ein Innenausbaufachbetrieb mit dem Schwerpunkt Maler- und Tapezierarbeiten, bei der GmbH war Gegenstand der Erhalt von Fassaden und Gebäudeaußen und -innenflächen, der Anbau und die farbliche Gestaltung von Wärmedämmverbundsystemen sowie die Ausführung von Generalunternehmertätigkeiten und Projektentwicklung zu o. g. Gegenstand. Zudem ergibt sich aus dem Schreiben des Beklagten vom 01.10.2002 und den Angaben im Vermögensverzeichnis vom 15.06.2002, dass die In-Co GbR noch existent war, als die K.-G. ... GmbH gegründet wurde, so dass sie auch keine "Folgegesellschaft" unter anderem Namen war. Den im Schreiben vom 02.07.2006 ausdrücklich in Bezug genommenen schriftlichen Gesellschaftsvertrag der K.-G. ... GmbH hat der Beklagte nicht vorgelegt. Mit der Behauptung, die entsprechende Abrede sei lediglich mündlich getroffen worden, hat der Beklagte auch nunmehr eingeräumt, dass eine schriftliche Vereinbarung über die Aufgabenverteilung der Geschäftsführer der K.-G. ... nicht existiert.

Aber auch für den Fall, dass der Beklagte die behauptete mündlich vereinbarte Funktionsteilung unter den Geschäftsführern beweisen könnte, ist eine vorsätzlich unerlaubte Handlung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 a Abs. 1 StGB anzunehmen, weil der Beklagte seinen Überwachungspflichten nicht nachgekommen ist.

Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass es der Klägerin obliegt darzulegen, dass eine Krisensituation der Gesellschaft bestand, die zur Folge hatte, dass der Beklagte seine Überwachungspflicht hätte wahrnehmen müssen. Mit dem nunmehr in der Berufungsinstanz auf das inhaltlich unstreitige und damit verwertbare Insolvenzgutachten gestützten Vortrag hat die Klägerin ihre Darlegungslast erfüllt. Nach dem Gutachten war die wirtschaftliche Situation der GmbH von Anfang an aufgrund fehlender Liquidität und Abhängigkeit von einem (einzigen) Auftrag äußerst angespannt. Die vom Gutachter festgestellte Unterdeckung lag von Beginn des kurzen Geschäftsbetriebes vor. Selbst Abschlagszahlungen wurden nicht geleistet. Dies führte dazu, dass die laufende Erfüllung von Verbindlichkeiten nicht gewährleistet war. Diese Situation musste auch dem Beklagten bewusst gewesen sein. Deshalb hatte er auch die Pflicht, das Wirken des kaufmännischen Geschäftsführers oder anderer damit beauftragter Personen wie der Mitarbeiterin Frau K... dahin zu überprüfen, ob und wann aus den noch vorhandenen Mitteln der GmbH zunächst die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden. Die Anforderungen an die Pflicht zum Eingreifen des Geschäftsführers sind vor allem bei der Abführung von Arbeitnehmersozialversicherungsbeiträgen besonders streng, da es sich um Gelder handelt, die nicht zur freien Verfügung des Arbeitgebers stehen, sondern seiner Pflicht zur pünktlichen Abführung unterliegen (BGHZ 133, 370 ff.). Wenn der Beklagte nunmehr im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast einwendet, er habe die regelmäßig bereits vollständig vom Steuerberater ausgefüllten Überweisungsprotokolle zusammen mit dem Mitgeschäftsführer unterzeichnet, die die Mitarbeiterin K... zur Bank gebracht habe und diese habe auf Nachfrage die Einreichung bei der Bank regelmäßig bestätigt, genügt dies nicht, um seiner Überwachungspflicht nachzukommen. Der Beklagte durfte sich auf Mitteilungen von Mitarbeitern nicht verlassen, sondern hätte sich zusätzlich durch geeignete Maßnahmen - wie etwa telefonische Nachfrage bei den in Frage kommenden Bankinstituten der GmbH - vergewissern müssen, dass die Zahlungen pünktlich erfolgten (BGH NJW 2001, 969, 971). Dies trägt er aber nicht vor. Wenn er irrtümlich glaubte, nicht zum Eingreifen verpflichtet zu sein und für die Abführung der Beiträge nicht weiter sorgen zu müssen, so unterläge er nur einem den Vorsatz nicht ausschließenden Verbots- bzw. Gebotsirrtum.

Auch wenn sich der Mitgeschäftsführer K..., wie sich erst später herausstellte, mit hoher krimineller Energie Vermögen beider Gesellschaften zugeeignet haben sollte, entbindet dies den Beklagten nicht von seiner Überwachungspflicht.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben, da die Frage der Bindungswirkung des Anerkenntnisurteils für den Feststellungsprozess keiner abschließenden Beurteilung bedurfte.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 6.406,01 €.

Angesichts der sich abzeichnenden Geltendmachung einer etwaigen Restschuldbefreiung durch den Beklagten hängt die Möglichkeit einer weiteren Vollstreckung aus dem Anerkenntnisteil- und Kostenschlussurteil des Landgerichts Cottbus von der angegriffenen Feststellung ab.

Ende der Entscheidung

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