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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 23.06.2008
Aktenzeichen: 12 W 13/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114 S. 1
ZPO § 127 Abs. 2 S. 2
ZPO § 127 Abs. 4
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 256
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 574 Abs. 2
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 1004
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

12 W 13/08 Brandenburgisches Oberlandesgericht

in dem Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Richter am Oberlandesgericht Funder als Einzelrichter

am 23. Juni 2008

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Neuruppin vom 11. Februar 2008, Az.: 1 O 165/07, teilweise abgeändert.

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit er beantragen will festzustellen, dass dem Antragsgegner ein Anspruch auf Zahlung von 51.129,19 € gegen den Antragsteller nicht zusteht.

In diesem Umfang wird dem Antragsteller Rechtsanwalt F... D..., geschäftsansässig ..., zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beigeordnet.

Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage, mit der er die Feststellung erstrebt, dass dem Antragsgegner eine Forderung ihm gegenüber in Höhe von 51.129,19 €, der sich der Antragsgegner berühmt, nicht zusteht.

Die Ehefrau des Antragstellers war bis 1993 Gesellschafterin der M... GmbH. Geschäftsführerin dieser Gesellschafter war zum damaligen Zeitpunkt Frau K... S.... Der Antragsgegner erwirkte vor dem Landgericht K... gegen Frau K... S... einen vollstreckbaren Titel über einen Betrag in Höhe von 204.500,00 DM und betrieb in der Folgezeit Vollstreckungsmaßnahmen gegen Frau S.... Der Antragsgegner behauptet, der Antragsteller habe ihm gegenüber mehrfach, zuletzt bei einem Gespräch am 30.05.2007, erklärt, die Zahlungsverpflichtungen der Frau S... selbst erfüllen zu wollen; der Antragsteller bestreitet dies.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.04.2007 forderte der Antragsteller den Antragsgegner unter Fristsetzung zur Klageerhebung auf.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen mit der Begründung, die Rechtsverfolgung des Antragstellers erscheine in der hier vorliegenden Konstellation mutwillig. Die Parteien hätten mehrfach über den vermeintlichen Anspruch des Antragsgegners verhandelt. Der Antragsteller habe unstreitig gestellt, dass es am 30.05.2007 ein Einigungsgespräch gegeben habe. Nach Überzeugung des Gerichts würde eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte vorliegend gerade nicht in gleicher Weise verfolgen, sondern von der konkret beabsichtigten Rechtsverfolgung absehen. Der Antragsteller habe nicht vorgetragen, dass ihm aus dem Berühmen des Antragsgegners irgendwelche Nachteile erwachsen seien. Angesichts der zugestandenen Eignungsgespräche sei nicht ersichtlich, dass auf Seiten des Antragstellers ein besonderes Bedürfnis zur Klärung streitiger Rechtsverhältnisse bestehe.

Gegen den ihm zu Händen seines Verfahrensbevollmächtigten am 15.02.2008 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller mit einem am 20.02.2008 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Er vertieft seine Auffassung, seine Rechtsverfolgung sei weder mutwillig noch unbegründet. Er erleide seit Jahren durch die Anfeindungen durch den Antragsgegner konkret dargelegte Nachteile, die nicht hinlänglich zur Kenntnis genommen worden seien. Eine Einigung mit dem Antragsgegner sei nicht erfolgt.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 11.03.2008 der sofortigen Beschwerde des Antragstellers nicht abgeholfen und die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers hat zum überwiegenden Teil Erfolg.

Nach § 114 S. 1 ZPO ist Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn der Antragstellern nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten des Rechtsstreits aufzubringen, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht und nicht mutwillig ist. Im Streitfalle sind diese Voraussetzungen gegeben, soweit der Antragsteller eine Klage auf Feststellung erheben will, dass dem Antragsgegner der behauptete Anspruch auf Zahlung von 51.129,19 € aufgrund einer für Frau K... S... erklärten Schuldübernahmeerklärung nicht zusteht; hinsichtlich des ebenfalls geltend gemachten Anspruchs auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist hingegen eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht gegeben.

1.

Das für eine negative Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse gem. § 256 ZPO ist dadurch gegeben, dass der Antragsgegner sich eines Anspruchs gegen den Antragsteller berühmt (vgl. BGH NJW 1992, 436, 437). Der Antragsteller hat vorgetragen, dass der Antragsgegner gegenüber seinem Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt St... behauptet habe, ihm stünde gegen den Antragsteller die streitgegenständliche Forderung zu; darüber hinaus ist aus den vorgelegten Schreiben des Antragsgegners ersichtlich, dass der Antragsgegner ihn bereits mehrfach zur Zahlung entsprechender Teilbeträge aufgefordert hat.

Der Klagegrund ist auch noch hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Zwar ist in dem angekündigten Klageantrag der behauptete Zahlungsanspruch des Antragsgegners nicht weiter konkretisiert worden. Aus den Gründen der Klageschrift ist jedoch eindeutig entnehmbar, dass es sich um eine angebliche Zusage des Antragstellers gegenüber dem Antragsgegner handelt, wonach dieser zugesagt haben soll, für die bereits titulierte Forderung des Antragsgegners gegenüber Frau K... S... aufzukommen.

Der Antragsteller hat das Bestehen einer entsprechenden Forderung hinreichend bestritten, indem er erklärt hat, dass er zu keinem Zeitpunkt bestätigt habe, Zahlungsverpflichtungen für Frau S... zu erfüllen (Bl. 23 GA). Dabei kann an dieser Stelle dahinstehen, ob aus der von dem Antragsgegner in seinem Schreiben vom 20.03.2006 zitierten Formulierung "Sie sollen Ihre Kohle kriegen" bereits um eine rechtsgeschäftliche bindende, auf Abschluss eines entsprechenden Vertrages gerichtete Willenserklärung handelt und ob eine solche Willenserklärung als ein formloser Schuldbeitritt oder eine formbedürftige Bürgschaft auszulegen wäre.

Da den Antragsgegner die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen der behaupteten Forderung trifft, ist es zur Bejahung der hinreichenden Erfolgsaussicht ausreichend, wenn es aufgrund des substanziierten Bestreitens des Antragstellers zu einer Beweisaufnahme über den von dem Antragsgegner behaupteten Inhalt der Gespräche kommt.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Antragstellers ist auch nicht mutwillig. Anhaltspunkte dafür, dass es zwischen den Parteien zu einer vergleichsweisen Regelung kommen könnte, die die Führung eines Rechtsstreites entbehrlich machen würde, bestehen nicht. Zwar könnte eine wirtschaftlich denkende Partei zunächst abwarten, ob der Antragsgegner seinerseits rechtliche Schritte zur Durchsetzung des gegenüber dem Antragsteller behaupteten Anspruches einleitet. In Anbetracht der von dem Antragsteller in der Klageschrift geschilderten Umstände kann es jedoch nicht als mutwillig angesehen werden, wenn der Antragsteller seinerseits rechtliche Schritte einleitet, um eine gerichtliche Klärung über das Bestehen der von dem Antragsgegner behaupteten Forderung herbeizuführen.

Schließlich liegen auch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe vor. Der Antragsteller hat durch Vorlage geeigneter Unterlagen glaubhaft gemacht, dass er über kein eigenes Einkommen verfügt, sondern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bezieht. Das von ihm selbst bewohnte Hausgrundstück ist zwischenzeitlich versteigert worden, einen ihm aus der gerichtlichen Verwertung des zu seinen Gunsten eingetragenen Wohnrechtes zustehenden Erlös hat der Antragsteller abgetreten. Der im Grundbuch von M... Bl. 777 eingetragene Grundbesitz steht ausweislich des Grundbuchauszuges im Eigentum der Ehefrau des Antragstellers und kann daher nicht als Vermögen herangezogen werden.

2.

Der mit der beabsichtigten Klage ebenfalls geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist hingegen nicht schlüssig dargelegt. Ein Anspruch aus § 286 Abs. 1 BGB besteht nicht, da ein entsprechender Verzugseintritt vor Absendung des Aufforderungsschreibens vom 19.04.2007 nicht dargelegt ist. Ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB setzt voraus, dass der Antragsteller die Forderung seiner Verfahrensbevollmächtigten bereits beglichen hat. Da er dies nicht vorgetragen hat, käme allenfalls ein Freistellungsanspruch in Betracht, der von dem Antragsteller jedoch nicht geltend gemacht wird.

III.

Da die sofortige Beschwerde überwiegend Erfolg hat, hat der Senat gemäß Nr. 1812 des KV (Anlage 1 zu § 3 GKG) von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abgesehen. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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