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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 15.01.2003
Aktenzeichen: 13 U 108/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, VVG, EGBGB, ZGB


Vorschriften:

ZPO § 263
ZPO § 531
ZPO § 531 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
ZPO § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
ZPO § 852 Abs. 2
BGB § 125
BGB § 313
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 873
BGB § 925
VVG § 157
VVG § 154 Abs. 1 Satz 1
EGBGB Art. 231 § 5
ZGB § 459
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

13 U 108/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 15.01.2003

verkündet am 15.01.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 26.04.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - Az. 1 O 826/99 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Urteilsformel wie folgt berichtigt wird:

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Potsdam vom 20.04.2001 wird soweit dort die Klage gegen den Beklagten zu 1) abgewiesen worden ist, aufgehoben.

Es wird festgestellt, daß der Klägerin das Recht auf abgesonderte Befriedigung aus dem Versicherungsvertrag der Beklagten zu 2) mit der F... Versicherungs AG Zweigniederlassung N..., ..., unter der Bezeichnung GHA 94/402/5007670/920 zur Schadennummer 94 H 95-102762-016 in Höhe eines Betrages von 247.759,09 Euro (= 484.574,66 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 07.04.1995 aufgrund der im Jahre 1995 durch die Beklagte zu 2) verursachten Schäden an der Wärmesockelleitung auf dem Grundstück des Heizwerkes in der P...straße zusteht.

Im übrigen bleibt das Versäumnisurteil - soweit es die Beklagte zu 2) betrifft - aufrecht erhalten.

Die in erster Instanz entstandenen Kosten verteilen sich wie folgt: Von den Gerichtskosten hat die Klägerin vorab die Kosten ihrer Säumnis im Termin vom 20.04.2001 zu tragen. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen diese selbst und der Beklagte zu 1) in Höhe von jeweils 1/2. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt die Klägerin. Im übrigen findet eine Kostenerstattung in erster Instanz nicht statt.

Der Beklagte zu 1) trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

I.

Der Senat nimmt auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug.

Das Landgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung den Beklagten zu 1) verurteilt, an die Klägerin 247.759,09 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 07.04.1995 im Wege der abgesonderten Befriedigung aus der Betriebshaftpflichtversicherung der Beklagten zu 2) zu zahlen. Es hat die Ansicht vertreten, die in Gesamtvollstreckung befindliche H... Bau habe den durch § 823 Abs 1 BGB geschätzten Besitz der Klägerin verletzt und sei deshalb zum Schadenersatz verpflichtet.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte zu 1) form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

Er beruft sich - erstmals in der Berufungsinstanz - auf die Einrede der Verjährung. Er behauptet hierzu, die Klägerin habe bereits von dem Schadenseintritt seit dem 11.04.1995 bzw. dem 05.04.1995 Kenntnis gehabt, die Klageerhebung im Jahr 1999 sei daher - so meint er - nicht mehr innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist erfolgt. Er vertritt die Ansicht, das von der Klägerin eingeleitete selbständige Beweisverfahren habe nicht zu einer Unterbrechung des Laufs der Verjährungsfrist geführt. Auch habe die erhobene Klage den Fristablauf nicht unterbrechen können, da der Antrag bereits unzulüssig gewesen sei.

Im übrigen meint er, die Klage sei ohnehin deshalb unzulässig, weil die Klägerin ihre Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) - dies ist unstreitig - nicht zur Gesamtvollstreckungstabelle angemeldet habe. Deshalb sei sie mit der Forderung ohnehin ausgeschlossen.

Weiterhin vertritt er die Ansicht, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, da sie nicht Eigentümerin des Gebäudes und der baulichen Anlagen geworden sei. Eine von § 823 Abs. 1 BGB geschützte Besitzverletzung liege ebenfalls nicht vor. Darüber hinaus bestreitet er die Kausalität zwischen dem Aushub der Baugrube und der Beschädigung der Fernwärmesockelleitung. Die Beschädigung der Fernwärmetrasse und der Leitungen sei, so behauptet er, durch ein Absenken des Bodens entstanden. Für die Gründung des Untergrundes sei jedoch die Gemeinschuldnerin nicht verantwortlich gewesen. Zudem, so meint er, sei eine Neuherstellung der Trasse auf einer Länge von 319 m ohnehin nicht geschuldet gewesen. Er behauptet, die Kosten, die von der Klägerin geltend gemacht würden, seien dadurch entstanden, daß eine unterirdische Verlegung der gesamten Heiztrasse erfolgt sei. Er bestreitet, daß die von dem Sachverständigen ermittelten Kosten entstanden und angemessen sind. Ferner meint er, das im Beweissicherungsverfahren eingeholte Gutachten sei nicht verwertbar, da er die Haftung dem Grunde als auch der Höhe nach bestritten habe.

Mit der Berufung will er die Abweisung der Klage insgesamt erreichen. Hilfsweise hat er den Antrag gestellt, das Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

II.

Die zulässige insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten zu 1) bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.

Die Berufung ist unbegründet, da die erstinstanzlich erhobene Klage zulässig ist und ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 1) - als Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der Beklagten zu 2) - auf abgesonderte Befriedigung nach § 157 VVG aus dem Versicherungsvertrag der Beklagten zu 2) mit der F... Versicherungs AG besteht. Die Gemeinschuldnerin hat nämlich das durch § 823 Abs. 1 BGB geschützte Besitzrecht der Klägerin verletzt und hierdurch einen Schaden in der geltend gemachten Höhe verursacht.

1. Die Klage ist - allerdings als Feststellungsklage - zulässig. Die hiergegen in I. und in II. Instanz vom Beklagten zu 1) erhobenen Einwände sind nicht zutreffend. Es war - entgegen der Ansicht des Berufungsführers - nicht erforderlich, daß die Klägerin ihre hier geltend gemachte Schadenersatzforderung gegen die Gemeinschuldnerin zunächst im Rahmen des Gesamtvollstreckungsverfahrens zur Tabelle anmeldet, da sie mit der Klage gegen den Konkursverwalter lediglich ein Recht auf abgesonderte Befriedigung verfolgt (vgl. hierzu Hess/Bein/ Wienberg, GesO, 4. Aufl., § 7 Rdnr. 32; Prölls/Martin, VVG, 26. Aufl., § 157 Rdnr. 4). Gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 VVG hat der Haftpflichtversicherer, wenn abgesonderte Befriedigung gemäß § 157 VVG verlangt wird, die Entschädigung binnen 2 Wochen von dem Zeitpunkt an zu leisten, in dem der Anspruch des Dritten durch rechtskräftiges Urteil, durch Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist. Solange und soweit es an einer derartigen Feststellung der Forderung des Dritten fehlt, kann der absonderungsberechtigte Dritte nicht Leistung des Versicherers an sich fordern. Er hat keine weiterreichende Rechtsstellung als der Versicherungsnehmer selbst (BGH VersR 91, S. 415). So liegt der Fall hier. Da der Beklagte zu 1) eine Auszahlung an die Klägerin abgelehnt, aber auch bei der Regulierung des Schadens durch die Haftpflichtversicherung nicht mitgewirkt hat, bestand für die Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung ihres Rechts auf abgesonderte Befriedigung. Die Klägerin benötigt eine rechtskräftige Entscheidung, in der ihr Anspruch gegen die Gemeinschuldnerin festgestellt wird, um diesen gegenüber der Versicherung geltend machen zu können. Daß die Klägerin - im Falle des Nichtbestehens einer Forderung gegen die Versicherung - einen solchen Schadenersatzanspruch jedenfalls gegenüber der Gemeinschuldnerin mangels Anmeldung der Forderung zur Gesamtvollstreckungstabelle nicht mehr geltend machen kann, wirkt sich auf die Zulässigkeit der Klage auf abgesonderte Befriedigung nicht aus.

Der Klageantrag war durch den Senat - entsprechend der Anregung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung - wie aus dem Tenor ersichtlich - klarzustellen. Die Anregung, den Urteilstenor zu ändern, ist keine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO. Eine Klageänderung liegt nicht vor, wenn der Kläger den Klageantrag ohne Änderung seines Inhaltes lediglich klarer faßt oder diesen präzisiert (vgl. Thomas-Putzo/Reichold, ZPO, 24. Aufl., § 263 Rdnr. 4). Hier hatte die Klägerin den Antrag zwar - ausweislich der Klageschrift - als Leistungsantrag formuliert. Bereits aus der Klagebegründung ist jedoch ersichtlich, daß kein Leistungsantrag verfolgt werden sollte, sondern - wie sich insbesondere aus Blatt 7, erster Abschnitt der Klagebegründung ergibt - die Klägerin sogar ausdrücklich einen Anspruch auf abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung der Beklagten zu 2) gegen die streitverkündete Versicherung geltend machen wollte. Die Ausführungen in der Klagebegründung sind zur Auslegung des Klageantrages heranzuziehen, so daß bereits in I. Instanz lediglich ein Feststellungsantrag gestellt werden sollte. Die Änderung des Urteilstenors des landgerichtlichen Urteils durch den Senat stellt daher lediglich eine jederzeit zulässige Berichtigung des Urteilstenors dar.

2. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist - entgegen der Ansicht des Beklagten zu 1) - nicht verjährt. Mit der erst in zweiter Instanz erhobenen Einrede ist der Beklagte zu 1) bereits gemäß § 531 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen, da es sich um ein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel handelt, das nicht nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 - 3 ZPO zuzulassen ist. Die Einrede ist nämlich in I. Instanz nicht erhoben worden; Gründe, die eine Zulassung solchen Vorbringens erlauben, wurden nicht vorgetragen. Im übrigen ist eine Verjährung der Forderung auch nicht eingetreten. Der Lauf der Verjährungsfrist war jedenfalls durch die Verhandlungen der Klägerin mit der streitverkündeten Versicherung gem. § 852 Abs. 2 ZPO bis zum 20.05.1997 gehemmt, so daß die Erhebung der Klage am 22. Dezember 1999 innerhalb der Verjährungsfrist erfolgt ist.

3. Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB liegen dem Grunde und der Höhe nach vor.

a) Es wurde allerdings nicht das Eigentum der Klägerin verletzt. Der Senat verweist auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen in dem landgerichtlichen Urteil. Die Klägerin war im Zeitpunkt des schädigenden Ereignissen Anfang 1995 weder Eigentümerin des Grundstückes noch des darauf befindlichen Gebäudes nebst der Anlagen.

Das Heizhaus mit Fernwärmenetz ist in der Zeit von 1989 - 1990 errichtet worden. Das Grundstück befand sich zum damaligen Zeitpunkt im Eigentum des Volkes. Erst durch notariellen Kaufvertrag vom 14.07.1997 erwarb die Klägerin das Grundstück vom Amt R..., die Eintragung der Eigentumsänderung in das Grundbuch erfolgte erst am 23.04.1998 und damit nach dem schädigenden Ereignis.

Ursprünglicher Eigentümer der baulichen Anlagen war der Landkreis R... . Dieser veräußerte mit Kaufvertrag vom 20.09.1993 die baulichen Anlagen an die Klägerin. Der Vertrag ist jedoch wegen Formmangels nichtig gemäß § 125 BGB. Aus Art. 231 § 5 EGBGB folgt, daß das Gebäudeeigentum nicht mit der Wiedervereinigung erloschen ist. Eine Übereignung kann jedoch wirksam nur gemäß §§ 873, 925 BGB erfolgen (Palandt/Bassenge, BGB, 60. Aufl., Art. 233, § 4 EGBGB). Der Vertrag vom 20.09.1993 ist nichtig, weil die nach § 313 BGB hierfür erforderliche Form nicht eingehalten worden ist. Eine Heilung des Formmangels ist nicht eingetreten, da die Klägerin nicht in ein Gebäudegrundbuchblatt als Eigentümerin eingetragen worden ist. Die später erfolgte Eintragung der Klägerin als Grundstückseigentümerin führte nicht zu einer rückwirkenden Heilung des Formmangels des Gebäudeübertragungsvertrages.

Ein Eigentumserwerb der Rechtsvorgängerin der Klägerin nach § 459 ZGB scheidet ebenfalls aus. Es wurde, worauf bereits das Landgericht zutreffend hingewiesen hat, bereits nicht vorgetragen, daß ein entsprechender Nutzungsvertrag bezüglich des Grundstücks vorgelegen hat. Darüber hinaus ist die Stadt R... auch als Eigentümerin der Anlagen gegenüber der Klägerin aufgetreten und wollte dieser die Anlage verkaufen. Dies wäre jedoch nicht geschehen, wenn die Klägerin bereits nach § 459 ZGB das Eigentum erworben hätte.

b) Die Beklagte zu 1) hat jedoch den Besitz der Klägerin verletzt. Jedenfalls der rechtmäßige Besitz ist ein absolut geschütztes Rechtsgut im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB. Zu ersetzen ist der Schaden, der durch den Eingriff in das Recht zum Besitz, Gebrauch oder Nutzung verursacht worden ist (Palandt/Thomas, BGB, 61. Aufl., § 823 Rdnr. 13). Dies ist hier der Fall.

Die Klägerin war berechtigte Besitzerin der Wärmeanlagen und der Heizungsrohre im Zeitpunkt der schädigenden Handlung und genießt als solche Besitzschutz gegenüber deliktischen Schädigern. Die Nutzung der baulichen Anlagen wurde der VEB Wärmeversorgung R... durch Beschluß des Rates des Bezirkes P... vom 16.09.1987 (Bl. 88 d. GA) übertragen. Bei der VEB Wärmeversorgung R... handelt es sich um die Rechtsvorgängerin der Klägerin, dies ergibt sich aus der vorgelegten Registereintragung Bl. 144 d. GA.

Die Klägerin war gegenüber der Eigentümerin verpflichtet, die gesamten Anlagen wie ein Eigentümer zu nutzen und zu verwalten. Der Senat schließt sich der Ansicht des Landgerichtes an, daß die Klägerin im Innenverhältnis zur Verkäuferin insbesondere verpflichtet war, für Schäden an der Anlage einzustehen bzw. diese gegenüber Dritten geltend zu machen.

Die Klägerin nutzte die Anlagen bereits vor Abschluß des Übertragungsvertrages vom 15.10.1993 aufgrund eines zumindest konkludent abgeschlossenen Pachtvertrages. Sie war für die Betreibung der Anlage verantwortlich. Die Klägerin sollte eigenständig den Abnehmern gegenüber die Wärme liefern. Die Instandhaltung der erforderlichen Anlagen war die Klägerin ebenfalls - jedenfalls stillschweigend - übertragen worden. Sie war nämlich - dies hat sie im Schriftsatz vom 18.05.2001 - unwidersprochen vorgetragen, im Rahmen ihres Versorgungsauftrages nach der Beschädigung der strittigen Heiztrasse gehalten, die Versorgung der angeschlossenen Wohngebiete, der gewerblichen Wirtschaftsunternehmen sowie verschiedener öffentlicher Einrichtungen mit Wärme und Warmwasser sicher zu stellen. Sie mußte - innerhalb kurzer Zeit nach Eintritt des Schadens - eine Entscheidung über die Art der Schadenbeseitigung treffen.

Eine solche Übertragung der Erhaltungspflichten auf die Klägerin als Besitzerin läßt sich ausdrücklich dem Übertragungsvertrages vom 15.10.1993 unter Berücksichtigung der Interessenlage der Vertragsparteien entnehmen. Zwar ist der Vertrag - soweit darin die Übertragung des Eigentums an den Anlagen vereinbart worden ist - aus den oben genannten Gründen nichtig, aus § 6 des Vertrages folgt jedoch, daß die Parteien solche Regelungen aufrechterhalten wollten, die wirksam sind. Eine Auslegung des Vertrages ist daher möglich. Aus § 2 des Vertrages folgt, daß die Klägerin den Gegenstand unter Ausschluß der Gewährleistung übernommen hat, die Verkäuferin wollte demnach nicht für irgendwelche Instandsetzungsarbeiten und ähnliches aufkommen; sondern diese Pflichten sollten, dies ergibt eine ergänzende Auslegung des Vertrages, insgesamt der jetzigen Klägerin auferlegt werden. Dergestalt haben sich die Vertragsparteien in der Folgezeit auch verhalten. Die Klägerin selbst hat die Anlage gleichsam "als Eigentümerin" betrieben und genutzt.

Infolge der Beschädigung des Leitungssystems ist zudem ein sogenannter Nutzungsschaden eingetreten. Der Klägerin war es nicht mehr möglich, die Heizungsrohre entsprechend ihren den angeschlossenen Anwohnern gegenüber übernommenen Verpflichtungen zu nutzen.

c) Die Gemeinschuldnerin hat den Besitz der Klägerin i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB verletzt. Die Gemeinschuldnerin bzw. ihre Mitarbeiter haben Ende Januar 1995 begonnen, eine Baugrube auszuheben. Dabei haben sie den Bodenaushub neben der Fernwärmesockelleitung ausgelagert. Darüber hinaus haben sie das Grundwasser abgesenkt. Das Vorbringen des Beklagten zu 1) hierzu in der Berufungsinstanz ist teilweise unerheblich und kann teilweise gemäß § 531 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden. In I. Instanz hat der Beklagte zu 1) hinsichtlich der Verletzungshandlung lediglich bestritten, daß die Beklagte zu 2) entlang der Wärmesockelleitung einen Aushub der Baugrube vorgenommen hat. Dieses Bestreiten ist unerheblich. Die Fotos hinter Bl. 8 der Beiakte zeigen jedoch den von der Klägerin behaupteten Erdberg unmittelbar neben den oberirdisch verlaufenden Leitungsrohren. Hierzu fehlt jegliches weiteres Vorbringen des Beklagten. Darüber hinaus ist der Beklagte zu 1) dem Sachvortrag der Klägerin in I. Instanz auf Bl. 30 der GA, die Zeugen N... und H... - es handelte sich hierbei um den ehemaligen Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin - hätten den von der Klägerin angezeigten Schaden am 05.04.1995 in Augenschein genommen und bestätigt, nicht entgegengetreten. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß die Versicherung der Gemeinschuldnerin zunächst jedenfalls eine Bereitschaft zur Regulierung des Schadens angezeigt hat. Angesichts dieser unstreitigen Tatsachen ist das Bestreiten des Beklagten, eine Verletzungshandlung liege vor, nicht ausreichend.

e) Die Gemeinschuldnerin hat zumindest fahrlässig gehandelt. Bevor ein Bauunternehmer Grundwasserabsenkungen vornimmt und große Mengen an Erde umschichtet, muß er sich vergewissern, daß keine Schäden an umliegenden Häusern und Anlagen entstehen können. Die Heizleitungsrohre verliefen oberirdisch und waren für jedermann erkennbar. Daß die Gemeinschuldnerin entsprechend Vorsorge getroffen hat, um Schäden an den Leitungen zu vermeiden, trägt der Beklagte zu 1) nicht vor. Seine Ausführungen zum fehlenden Verschulden sind nicht nachvollziehbar.

f) Durch die Lasteinwirkung aus der Bodenhalde sowie infolge der Grundwasserabsenkung sind die im Erdboden befindlichen Pfähle zusammengedrückt und dadurch letztlich die Heizungsrohre verzogen worden. Dies steht zur Überzeugung des Senates aufgrund des im Beweissicherungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dr. K... vom 09.11.1999 fest. Auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil wird auch insoweit Bezug genommen.

Soweit der Beklagte zu 1) in I. Instanz bestritten hat, daß es durch Handlungen der Gemeinschuldnerin zu einer Absenkung der Pfahlgründung gekommen ist, ist dies unerheblich. Dem stehen die eindeutigen und überzeugenden Feststellungen des Gutachters entgegen. Soweit erstmals in der Berufungsinstanz von dem Beklagten zu 1) vorgetragen wird, das Gutachten sei nicht verwertbar, da es unzulässigerweise auf streitigen Anknüpfungstatsachen beruhe, ist dieser Vortrag unbeachtlich gemäß § 531 Abs. 1 ZPO. Die Tatsachen, auf denen das Gutachten basiert, wurden von dem Beklagten zu 1) jedenfalls in I. Instanz nicht bestritten. Gründe für die Zulassung des Vorbringens gem. § 531 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Das neue Vorbringen ist deshalb nicht zuzulassen.

g) Die Höhe des festzustellenden Schadens beträgt 247.759,09 Euro. Die Klägerin hat den Schaden beseitigen lassen, hatte aber zuvor ein privates Gutachten zur Höhe der Schadensersatzkosten eingeholt. Der Privatgutachter hat überzeugend dargelegt, daß die Erstellung einer neuen Trasse die kostengünstigste Lösung ist. Das Bestreiten des Beklagten zu 1) in I. Instanz ist unerheblich. Er hat nämlich lediglich bestritten, daß sich die Kosten auf 425.000,00 DM belaufen; dies hat die Klägerin, wie gesagt, ausreichend substantiiert dargelegt. Insoweit hätte es einer weiteren Erwiderung des Beklagten zu 1) bedurft. In zweiter Instanz wird vorgetragen, daß nicht nachvollziehbar sei, warum die gesamte Heizleitung erneuert werden mußte. Dies hat jedoch - wie bereits ausgeführt - der von der Klägerin hinzugezogene Privatgutachter überzeugend erläutert. Insoweit hätte sich der Beklagte zu 1) mit der Argumentation auseinandersetzen müssen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Es besteht kein Anlaß, die Revision zuzulassen, da der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient (§ 543 Abs. 2 ZPO). Da jedoch die Möglichkeit der Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO besteht, ergeben sich die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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