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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 15.07.2009
Aktenzeichen: 13 U 120/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 633 Abs. 3
ZPO § 264 Nr. 3
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 22. August 2007 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 8 O 259/06 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Klage wird, soweit sie mit Schriftsatz des Klägers vom 22.12.2008 erweitert worden ist, abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger hat in I. Instanz den Beklagten auf Beseitigung von Mängeln an den von ihm mit notariellem Kaufvertrag erworbenen, zu diesem Zeitpunkt noch zu errichtenden Wohnungen und PKW-Stellplätzen in Anspruch genommen.

Im Einzelnen war Gegenstand des Klagebegehrens die Beseitigung von Mängeln in der - auf dem Grundstück ...-Strasse 1a in S... gelegenen -

- Wohneinheit 02/Erdgeschoss,

- Wohneinheit 06/1. OG,

- Wohneinheit 14/Dachgeschoss,

- Wohneinheit 13/Dachgeschoss sowie

- von Mängeln an der Dachhaut.

Wegen des Klagebegehrens im Einzelnen wird auf den Antrag aus der Klageschrift vom 1. Juni 2006, eingegangen beim Landgericht Potsdam am 6. Juni 2006, verwiesen.

Das Landgericht hat zunächst auf Antrag beider Parteien wegen der Führung von Vergleichsverhandlungen das Ruhen des Verfahrens mit Beschluss vom 27. Februar 2007 angeordnet.

Nach Scheitern der Vergleichsgespräche beraumte das Landgericht zunächst einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung an. Auf Anregung des Landgerichts - nach einem Terminsverlegungsantrag des Klägers - erklärten sich die Parteien mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden und das Landgericht ordnete mit Beschluss vom 9. Juli 2007 das schriftliche Verfahren an. Im gleichzeitig anberaumten Termin zur Verkündung einer Entscheidung am 22. August 2007 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es könne dahin stehen, ob dem Kläger gegen die Beklagte Ansprüche auf Beseitigung der behaupteten Mängel an dem Gebäude zustünden, denn jedenfalls wären solche verjährt. Die Abnahme sowohl des Sonder- als auch des Gemeinschaftseigentums sei am 22. Dezember 1997 erfolgt mit der Folge, dass Verjährung nach Ablauf von fünf Jahren am 22. Dezember 2002 eingetreten sei. Zumindest habe der Kläger die Abnahme konkludent durchgeführt, er habe die einzelnen Wohnungen zum Zwecke der Vermietung in Gebrauch genommen. Die Verjährungsfrist sei auch nicht rechtzeitig gehemmt worden. Hinsichtlich der Durchführung der insoweit vom Kläger behaupteten Gespräche mit dem Geschäftsführer der Beklagten bedürfe es einer Beweisaufnahme nicht, da das Vorbringen des Klägers hierzu zu genauem Zeitpunkt und Ort nicht hinreichend substantiiert genug sei.

Wegen der Feststellungen des Landgerichts im Einzelnen wird gemäß § 540 ZPO Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Gegen das erstinstanzliche Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er zum einen rügt, das Landgericht sei rechtsfehlerhaft von einer Abnahme des Gemeinschaftseigentums ausgegangen und zum anderen sei die Entscheidung auch im Hinblick auf die Hemmung der Verjährung rechtsfehlerhaft ergangen, da es dem Landgericht oblegen habe, zunächst durch einen entsprechenden Hinweis- und Auflagenbeschluss auf die Vervollständigung des seiner Ansicht nach nicht ausreichenden Vortrages hinzuwirken.

Mit der Berufungsbegründungsschrift, hat der Kläger in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils weiterhin die Beseitigung der bereits in I. Instanz geltend gemachten Mängel an den einzelnen Wohneinheiten begehrt. Wegen des Berufungsbegehrens im Einzelnen wird auf den Inhalt des Antrages aus der Berufungsbegründungsschrift vom 21. November 2007 verwiesen.

Nachdem der Senat mit Beschluss vom 16. Juli 2008 Beweis über das Vorliegen der von dem Kläger behaupteten und dem Beklagten bestrittenen Mängel an den Wohneinheiten durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen für Bauschäden Dr. Ing. R. R... angeordnet hatte, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2008 sein ursprüngliches Klagebegehren dahin geändert, dass er nunmehr statt der Mangelbeseitigung die Kosten der Ersatzvornahme in Höhe von 14.739,63 € nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit begehrt.

Zur Begründung führt der Kläger hierzu aus, er habe unter dem 16. November 2006 der Firma H... GmbH den Auftrag zur Beseitigung der erstinstanzlich geltend gemachten Mängel erteilt, nachdem der Beklagte trotz einer Aufforderung zur Mangelbeseitigung mit Schreiben vom 5. April 2006 unter Übersendung der von dem Sachverständigen Ro... in seinem Gutachten vom 30. März 2006 festgestellten Mängel diese nicht beseitigt habe. Die Firma H... GmbH habe eine sachgerechte Mangelbeseitigung der ursprünglich gerügten Mängel durchgeführt und angemessene Kosten hierfür in Ansatz gebracht. Den von der Firma H... GmbH mit Schlussrechnung vom 2. September 2007 abgerechneten Werklohn habe sie auch bereits bezahlt.

Des Weiteren hat der Kläger mit dem Schriftsatz vom 22. Dezember 2008 nunmehr Mängel in der Wohneinheit 07 im 1. OG links gerügt und deren Beseitigung geltend gemacht. Hierzu führt er aus, diese Mängel seien ebenfalls bereits am 30. März 2006 durch den Sachverständigen Ro... festgestellt worden und die Beklagte sei mit Schreiben vom 5. April 2006 ebenfalls zur Mangelbeseitigung auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen Ro... aufgefordert worden.

Der Kläger beantragt nunmehr,

die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 22. August 2007 - 8 O 259/06 - zu verurteilen, an den Kläger 14.739,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Im Wege der Klageerweiterung beantragt der Kläger,

die Beklagte zu verurteilen, die nachfolgenden Mängel auf dem Grundstück ...-Str. 1 a in S..., Wohneinheit 07 1. OG links auf ihre Kosten sach- und fachgerecht zu beseitigen:

1. An der Wohnungstrennwand zur Wohnungseinheit 06/innen im Deckenixel rechts von der Balkontür einen horizontalen Riss in der massiven Wand mit einer Länge von ca. 1 m.

2. An der Wohnungstrennwand zur Wohneinheit 06/innen Stockflecken und abgelöste Tapeten am Ixel Wandanschluss Wand/FB/Balkonverglasung innen rechts (von der Balkontür aus gesehen) im Bereich der Fußbodenleiste horizontal verlaufend auf einer Länge von 80 cm bis 10 cm hoch.

3. An der Balkontrennwand zum Balkon der Wohneinheit 07 an der Stirnseite Verfärbungen und wolkenartige Verfleckungen.

4. Die sich am Fliesenbelag an der Süd-West-Seite des Balkons befindlichen Hohlstellen unter den Fliesen, die Fliesen, die sich per Hand vom Untergrund lösen und in der zweiten Fliesenreihe weitere sieben hohl klingende Fliesen, umlaufend um den Sockelbereich.

5. Im Fliesenbelag an der Balkontrennwand zur Wohneinheit 06, beginnend von der Balkonwestkante, einen Riss in den Fliesen in West-Ost-Richtung auf einer Länge von ca. 2,20 m;

an den Sockelfliesen an der Stirnseite der Balkontrennwand bei der Wohneinheit 06 beginnend, sich lösende Sockelfliesen auf einer Länge von 60 cm,

auf dem Fliesenbelag Abplatzungen der Glasur bei 16 Fliesen in verschiedenen Balkonbereichen,

an der Balkontür/außen eine sich im Sockelbereich der Tür etwa mittig befindliche offene Fuge von 15 cm Länge am Anschluss Balkontür/Bodenbelag.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung, auch soweit dies den geänderten Klageantrag betrifft und Abweisung der Klageerweiterung.

Die Beklagte bestreitet, dass die in der Rechnung der Firma H... GmbH durchgeführten Arbeiten auch nur teilweise im Zusammenhang mit der ursprünglich geforderten Mangelbeseitigung stehen ebenso, dass sich die Beklagte einer Mangelbeseitigung verweigert habe. Insbesondere fehle es aber an einer für die Selbstvornahme notwendigen vorherigen fruchtlosen Fristsetzung.

Im Übrigen ergänzt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig. In der Sache hat sie in Form des geänderten Berufungsantrages vom 22. Dezember 2008 keinen Erfolg.

Auch die in diesem Schriftsatz vorgenommene Klageerweiterung ist nicht begründet.

Auf das Schuldverhältnis finden die Gesetze in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Auf das Verfahren der Berufung sind die Vorschriften nach Maßgabe der Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 anzuwenden (§ 26 Nr. 5, 8 EGZPO).

1. Allerdings rügt der Kläger zu Recht, dass das erstinstanzliche Urteil verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist. Denn das Landgericht ist seiner aus § 139 ZPO folgenden Hinweispflicht insoweit nicht nachgekommen, als es selbst von einem Vollzug einer Abnahme ausgegangen ist und es damit für das landgerichtliche Urteil auf die Frage der Hemmung der laufenden Verjährung ankam. Das Landgericht hat nach den Entscheidungsgründen Zeugen allein deshalb zu den von dem Kläger behaupteten Gesprächen, die er nach dem erstinstanzlichen Vorbringen im zweiten Halbjahr des Jahres 2001, gegen Ende des Jahres 2002 und gegen Ende des Jahres 2003 zusammen mit dem von ihm als Zeugen benannten Mitarbeiter W... mit dem Geschäftsführer der Beklagten zu den hier im Verfahren behaupteten Mängel geführt haben will, nicht gehört, weil es den Vortrag hierzu als nicht ausreichend substantiiert angesehen hat, soweit dies insbesondere den genauen Zeitpunkt und den Ort der Gespräche anbelangte.

Da es in erster Instanz zu keiner mündlichen Verhandlung gekommen ist, das Landgericht vielmehr im Einverständnis der Parteien im schriftlichen Verfahren eine Entscheidung getroffen hat, konnte das Landgericht nicht darauf abstellen, dass die Beklagte das angeblich nicht ausreichende Vorbringen des Klägers zu den von ihm behaupteten Gesprächen gerügt hat. Vielmehr war das Landgericht gehalten, selbst entsprechende Hinweise zu erteilen. Denn gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 84, 188, 189 f.). Diese in Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz normierte Gewährleistung stellt eine Ausprägung des Rechtsstaatsgedankens für das gerichtliche Verfahren dar (Bundesverfassungsgericht NJW 1996, 3232). Rechtliche Hinweise müssen danach unter Berücksichtigung der Parteien in ihrer konkreten Situation so erteilt werden, dass es diesen auch tatsächlich möglich ist, vor einer Entscheidung zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können, sie also nicht gehindert werden, rechtzeitig ihren Sachvortrag zu ergänzen. Die Pflicht zum Hinweis auf entscheidungserhebliche Gesichtspunkte erstreckt sich auf rechtliche und tatsächliche Gesichtspunkte und greift jedenfalls dann ein, wenn es widersprüchlichen oder mehrdeutigen Sachvortrag aufzuklären gibt. Genau so ist darauf hinzuwirken, dass ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, alle zur Feststellung des vorgetragenen Sachverhalts erforderlichen Erklärungen abgegeben und unter Beweis gestellt werden (BGH NJW-RR 2002, 1071; BGH NJW 1994, 3288, 3291). Auf fehlende Schlüssigkeit oder unzureichende Substantiierung ist hinzuweisen (BGH NJW 1999, 3716). Unerlässlich sind die Erörterung und auch die Hinweispflicht insbesondere dann, wenn der Tatsachenvortrag, Beweisangebote oder Anträge unvollständig, unklar oder neben der Sache liegen. Dass schon der Prozessgegner auf Mängel des Vortrages hingewiesen hat, enthebt das Gericht nicht der Erörterungspflicht (sh. hierzu auch Greger in Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 139, Rn. 3). Allein der Vortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 23. November 2006, in dem die Beklagte darauf hingewiesen hatte, der Vortrag des Klägers sei zu unsubstantiiert, insbesondere fehle ein Vortrag dazu, wer, wann und wo über welche konkreten in der Klageschrift geltend gemachten Mängel gesprochen haben soll, enthob das Landgericht insbesondere im Falle des angeordneten schriftlichen Verfahrens nicht von der Pflicht, den Kläger auf eventuell fehlenden oder missverständlichen Vortrag hinzuweisen. Dies gilt schon deshalb, weil es für den Kläger nicht ersichtlich war, insbesondere aufgrund der fehlenden mündlichen Verhandlung, ob das Gericht die von der Beklagten vertretene Auffassung teilen würde.

Dem Landgericht oblag es also, den Kläger darauf hinzuweisen, dass es entscheidend auf die Frage der Hemmung der Verjährung für das Ergebnis des Prozesses ankomme und dass bisher der Vortrag zu entsprechenden Gesprächen zwischen dem Kläger und der Beklagten als nicht ausreichend angesehen werde.

Mit der Berufungsbegründung hat der Kläger mit der Rüge auch seinen Vortrag betreffend Ort und Zeit der geführten Gespräche weiter präzisiert.

Da der Senat entgegen der von dem Landgericht vertretenen Ansicht bereits nicht von einer Abnahme ausgeht, hat der Senat auch nach der mündlichen Verhandlung vom 25. Juni 2008 über die von dem Kläger behaupteten und der Beklagten bestrittenen Mängel an den einzelnen Wohneinheiten Beweis durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens erheben wollen. Aufgrund des geänderten Klagebegehrens kommt es - jedenfalls für die ursprünglich behaupteten Mängel - auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht mehr an. Ein Sachverständiger könnte das Vorhandensein der ursprünglich behaupteten, nach dem bestrittenen Vorbringen des Klägers bereits im Jahre 2007 durch die Firma H... GmbH beseitigten Mängel, nicht mehr feststellen.

2. Die nunmehr geltend gemachte Klageforderung, die der Kläger anstelle des zunächst gestellten Berufungsantrages nur noch geltend macht, nämlich die Zahlung eines Betrages von 14.739,63 €, ist nicht begründet, da das Vorbringen des Klägers hierzu gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen ist.

Der Kläger hat zunächst mit der Klage und auch noch mit dem Berufungsbegehren einen Mangelbeseitigungsanspruch als sog. modifizierten Erfüllungsanspruch (§ 633 Abs. 2 BGB a.F.) geltend gemacht. Nunmehr begehrt er, da er einen Verzug der Beklagten mit der Mangelbeseitigung behauptet, Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die von ihm beauftragte und durch eine Drittfirma durchgeführte Mangelbeseitigung (§ 633 Abs. 3 BGB). Entsprechend verlangt er nur das Surrogat im Sinne des § 264 Nr. 3 ZPO zum ursprünglichen Klagebegehren. Folglich liegt hier keine Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO vor, denn mit dem nunmehr geltend gemachten Anspruch auf Ersatz der Kosten der durchgeführten Mangelbeseitigung ist lediglich eine Änderung der Klage im Sinne des § 264 Nr. 3 ZPO erfolgt. Handelt es sich um eine Antragsänderung, die den Bestimmungen des § 264 Nr. 2 oder Nr. 3 ZPO unterfällt, ist sie kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nicht als eine Klageänderung anzusehen. Auf eine solche Modifizierung des Klageantrags finden daher diejenigen Vorschriften, die die Zulässigkeit einer Klageänderung regeln, keine Anwendung. Dies gilt nicht nur für § 263 ZPO, sondern auch für § 533 ZPO (BGH NJW 2004, 2152).

Entsprechend kommt es auf die Frage der Sachdienlichkeit der geänderten Klage nicht an. Aber auch in der Berufungsinstanz ist eine Änderung des Klageantrages im Sinne des § 264 Nr. 3 ZPO nur insoweit zulässig, als die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen, d.h. der Vortrag der Parteien in I. Instanz, den nunmehr geltend gemachten Anspruch begründen, der modifizierte Anspruch also auf der Grundlage des erstinstanzlichen Vortrages feststellbar ist (§§ 529, 531 Abs. 2 ZPO). Entsprechend kann § 531 Abs. 2 ZPO anwendbar sein, wenn die tatsächlichen Ausführungen für den modifizierten Anspruch ergänzt oder berichtigt werden. Novenrecht ist insoweit vorrangig vor § 264 Nr. 1 ZPO, der lediglich festlegt, dass in der Ergänzung tatsächlicher oder rechtlicher Ausführungen keine Klageänderung zu sehen ist, aber nicht die uneingeschränkte Zulassung vorschreibt. Dies gilt seit der Neuregelung der entsprechenden Vorschriften der Zivilprozessordnung erst recht, weil selbst bei der Klageänderung, die nicht unter § 264 ZPO fällt, trotz Einwilligung des Gegners die Zulassung daran scheitern kann, dass die der geänderten Klage zugrunde gelegten Tatsachen nach § 529 ZPO nicht mehr eingeführt werden können (sh. hierzu Heßler in Zöller, ZPO, 27. Aufl., Rn. 24 zu § 531; Thüringer Oberlandesgericht vom 22.02.2005 - 8 U 547/04; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt vom 09.07.03 - 6 U 133/02 zitiert nach juris).

Dem steht nicht entgegen, dass nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. September 2006 (NJW 2007, 2414 ff.) der gesamte Prozessstoff I. Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz gelangt, auch wenn er in I. Instanz vom erstinstanzlichen Gericht als unerheblich erachtet und im Urteilstatbestand keine Erwähnung gefunden hat. Das Berufungsverfahren dient nicht nur der Rechtsfehlerkontrolle, sondern gemäß § 513 Abs. 1 Alternative 2 ZPO auch der Kontrolle und Korrektur fehlerhafter Tatsachenfeststellungen. Dies setzt voraus, dass das Berufungsgericht schriftsätzlich angekündigtes entscheidungserhebliches Parteivorbringen berücksichtigen darf, das von dem erstinstanzlichen Gericht für unerheblich erachtet wurde oder übersehen worden ist und das deshalb im Urteilstatbestand keine Erwähnung gefunden hat. Bei der Entscheidung über den modifizierten Klageantrag ist das Berufungsgericht nicht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 ZPO an die von dem erstinstanzlichen Gericht zu dem ursprünglichen Klageantrag getroffenen Feststellungen gebunden. Kommt es aus der allein maßgeblichen Sicht des Berufungsgerichts für die Beurteilung des modifizierten Klageantrags auf Tatsachen an, die in dem erstinstanzlichen Urteil trotz entsprechendem Parteivortrags nicht festgestellt worden sind, dann bestehen Zweifel an der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, die das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO zu eigenen Feststellungen berechtigen und verpflichten.

So liegt der Fall hier aber gerade nicht, denn es fehlte in erster Instanz gerade an dem für die Klagemodifizierung notwendigen Sachvortrag durch den Kläger, obwohl ihm dieses nunmehr für die Klagemodifizierung ergänzte Vorbringen bereits im ersten Rechtszug möglich gewesen wäre, er dieses also hätte geltend machen können und es fehlen Ausführungen dazu, dass das unterlassene Vorbringen nicht auf einer Nachlässigkeit des Klägers beruht. Ist - wie hier - von ergänzendem Sachvortrag auszugehen, richtet sich seine Zulassung stets nach § 531 Abs. 2 ZPO (BGH ProzRB 2004, 190).

Nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nur dann zuzulassen, wenn sie im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht. Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind alle zur Begründung des Sachantrages oder zur Verteidigung dagegen vorgebrachten tatsächlichen und rechtlichen Behauptungen, Einwendungen, Bestreiten, Einreden und Beweisanträge.

Neu sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, wenn sie - wie hier - nicht schon in erster Instanz vorgebracht sind, wobei maßgeblich der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung oder wie hier die für Vortrag den Parteien gesetzte Schriftsatzfrist ist. Ob das Angriffs- oder Verteidigungsmittel neu ist, wird anhand des Tatbestandes des Ersturteils geprüft.

Die mit der ZPO-Reform neu geschaffene Präklusionsregelung des § 531 ZPO umfasst und erweitert damit die Präklusionsmöglichkeiten des § 528 Abs.1, Abs. 2 ZPO a.F.. Nur was aufgrund eines Fehlers des erstinstanzlichen Gerichts nicht vorgebracht wurde, kann in die Berufungsinstanz eingeführt werden. Ansonsten kann nicht mehr vorgetragen werden, was die Partei vor Schluss der mündlichen Verhandlung, hier vor Ablauf der Schriftsatzfrist, hätte bekannt sein müssen, also bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt bereits hätte vorgetragen werden können. Entsprechend ist eine (ausreichende) einfache Fahrlässigkeit, neuen Vortrag nicht bereits in erster Instanz geleistet zu haben, stets dann anzunehmen, wenn schon nach altem Recht mit dem unterbliebenen Vorbringen entgegen einer Fristsetzung in erster Instanz oder unter Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht nach § 282 ZPO gehandelt wurde (BGH VersR 2007, 373; OLG Rostock OLGR 2009, 215).

Zwar wurde bereits in der Klageschrift vom 1. Juni 2006 die mit Schreiben vom 5. April 2006 erfolgte Aufforderung zur Mangelbeseitigung gemäß dem Gutachten des Sachverständigen Ro... vom 30. März 2006 bis zum 30. April 2006 behauptet bzw. das Schreiben zu den Akten gereicht und dieser Vortrag wurde erstinstanzlich von der Beklagten nicht bestritten. Entsprechend wurde dieser Tatbestandsteil auch im erstinstanzlichen Urteil im unstreitigen Tatbestand dargestellt. Ebenso unstreitig erfolgte keine Beseitigung der gerügten Mängel. Vielmehr hat die Beklagte bis in die II. Instanz hinein das Vorliegen entsprechender Mängel bestritten und im Übrigen die Einrede der Verjährung erhoben.

Entsprechend ist auf der Grundlage des erstinstanzlichen Vorbringens grundsätzlich ein Anspruch auf die Kosten der Ersatzvornahme im Sinne des § 633 Abs. 3 BGB a.F. denkbar. Denn nach dem erstinstanzlichen Vorbringen bestand ein Anspruch auf Mangelbeseitigung, da der Kläger das Vorliegen objektiver Mängel behauptet hat sowie ein konkretes Beseitigungsverlangen. Hierzu genügte nach ständiger Rechtsprechung des BGH die Beschreibung von Symptomen. Die Beklagte befand sich mit der Mangelbeseitigung im Verzug, denn sie hat trotz des eindeutigen Mangelbeseitigungsverlangens den Mangel nicht innerhalb angemessener Frist beseitigt. Des Weiteren hat sie im Laufe des Verfahrens die Mangelbeseitigung endgültig abgelehnt.

Neu ist der aufgrund Nachlässigkeit des Klägers erstmals in der Berufungsinstanz mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2008 erfolgte Vortrag - der für die Klagemodifizierung notwendig ist -, dass der Kläger bereits am 16. November 2006 einen Auftrag zur Beseitigung der Mängel an die Firma H... GmbH erteilt habe, ebenso wie sein bestrittener Vortrag zur sachgerechten Durchführung der Mangelbeseitigung und der dafür erforderlichen Kosten.

Dieses Vorbringen war dem Kläger bereits in I. Instanz möglich, zumal sein Klagebegehren, das auf die Beseitigung von Mängeln gerichtet war, bereits in I. Instanz nicht mehr begründet war, denn die Arbeiten wurden von der Firma H... GmbH jedenfalls vor dem Verkündungstermin ausgeführt. Die Schlussrechnung datiert bereits vom 2. September 2007. Eine Mangelbeseitigung durch die Beklagte kam aber bereits nach Beauftragung der Firma H... GmbH bereits zu diesem Zeitpunkt (26. November 2006) und erst recht nicht nach deren Fertigstellung bereits in I. Instanz nicht mehr in Betracht. Damit sind Teile des Vorbringens des Klägers, die den veränderten Klageantrag gerade stützen und begründen erstmals im zweiten Rechtszug vorgetragen worden, obwohl dieser Vortrag bereits in I. Instanz hätte erfolgen können und müssen.

Dem steht auch nicht entgegen, dass das erstinstanzliche Urteil verfahrensfehlerhaft ergangen ist, das Landgericht insbesondere seiner Hinweispflicht aus § 139 ZPO nicht nachgekommen ist. Denn wie bereits zuvor ausgeführt, hat sich diese unterlassene Hinweispflicht auf den nach Ansicht des Landgerichts nicht ausreichend substantiierten Vortrag des Klägers zu den von ihm mit dem Beklagten bzw. deren Geschäftsführer geführten Gesprächen zur Mangelbeseitigung und damit zur Hemmung der Verjährung bezogen. Von der Hinweispflicht war - mangels eines Hinweises des Klägers in I. Instanz - dagegen nicht ein Hinweis auf einen zu ändernden Klageantrag und hierfür nötiges Vorbringen umfasst mit der Folge, dass dieses Vorbringen zum modifizierten Klageantrag nicht auf einen Fehler des Gerichts zurückzuführen ist. Dem Landgericht mussten sich aufgrund des erstinstanzlichen Klagebegehrens keinerlei Zweifel am Fortbestand der Mängel aufdrängen. Aber selbst einen Verstoß gegen die Hinweispflicht auch insoweit unterstellt, oblag es dem Kläger dies mit der Berufungsbegründung zu rügen, seinen geänderten Klageantrag und die Klageerweiterung also mit der Berufungsbegründung und den hierfür erforderlichen Sachvortrag in das Verfahren einzuführen.

Dem ist der Kläger aber nicht nachgekommen, denn er hat - wie bereits ausgeführt - erstmals mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2008 sein ursprünglich auch in zweiter Instanz verfolgtes Klagebegehren geändert und die Klage erweitert. Da ihm der veränderte Sachverhalt aber bereits in erster Instanz bekannt war, stellt dies einen besonders schweren Verstoß auch gegen die allgemeine Prozessförderungspflicht dar.

Da es an einer Entschuldigung für dieses bereits unter Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht unterlassene Vorbringen in I. Instanz fehlt, ist dieses gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen. Jede Partei muss mit einer Zurückweisung rechnen, wenn sie liquide Anspruchsbegründungen - gegebenenfalls auch aus prozesstaktischen Gründen - und abwarten, wie sich das Gericht zu dem vorgebrachten Prozessstoff stellt (so OLG Rostock OLGR 2009, 215).

Trotz entsprechender Erörterung und erfolgter Hinweise des Senats im Termin zur mündlichen Verhandlung am 25. März 2009 hat der Kläger im nachgelassenen Schriftsatz vom 10. Juni 2009 Gründe, die sein erstmals in der Berufungsinstanz erfolgtes Vorbringen entschuldigen könnten, nicht vorgetragen.

3. Soweit es um die mit der Klageerweiterung geltend gemachte Beseitigung von Mängeln an der Wohneinheit 07 geht, liegt lediglich eine Klageerweiterung im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO vor. Aber auch diese ist, da der Sachverhalt hierzu gänzlich neu ist und es an jedem Vortrag dazu fehlt, weshalb dies in I. Instanz nicht geltend gemacht wurde, nicht zuzulassen.

Die Mängel an der Wohnungseinheit 07 wurden mit der Klageschrift nicht nur nicht ausdrücklich vorgetragen, sondern auch der Bezug auf das Gutachten des Sachverständigen Ro... vom 30. März 2006 ist insoweit nicht nachvollziehbar. Diesem Gutachten lassen sich gerade Feststellungen von Mängeln an dieser Wohnung nicht entnehmen mit der Folge, dass sich auch das Aufforderungsschreiben zur Mangelbeseitigung vom 5. April 2006 entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht auf diese Mängel an der Wohnungseinheit 07 bezogen haben kann. Der Kläger hat seine tatsächlichen Ausführungen für die Klageerweiterung ergänzt und dieses Vorbringen wäre ihm bereits in I. Instanz unzweifelhaft möglich gewesen. Auch hier fehlt jede Entschuldigung dazu, weshalb dieser Anspruch einschließlich der hierzu notwendigen Angriffsmittel erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemacht wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 713 ZPO.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist bis zum 31. Dezember 2011 nur zulässig, wenn der Wert der Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Der Wert bleibt hier zweifelsfrei darunter, da der Kläger mit seiner modifizierten Klage nur noch einen Zahlungsanspruch in Höhe von 14.739,63 € geltend macht. Auch die Klageerweiterung hat nach Schätzung des Senats keinen höheren Wert als 3.000 €. Insoweit orientiert sich der Senat an den geltend gemachten Mangelbeseitigungsmaßnahmen für die in den übrigen Wohneinheiten behaupteten Mängel und den hierfür in der Schlussrechnung der Firma H... GmbH für vergleichbare Mangelbeseitigungsmaßnahmen in anderen Wohneinheiten erhobenen Kosten, die keinen darüber hinaus gehenden Betrag ergeben.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die dafür gemäß § 543 Abs. 2 ZPO erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Streitwert: bis zu 18.000 €.



Ende der Entscheidung

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