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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 28.06.2006
Aktenzeichen: 13 U 138/05
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 1234 Abs. 2
BGB § 559
BGB § 689
BGB § 693
BGB § 273
BGB § 274
HGB § 369 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht

Im Namen des Volkes

Urteil

13 U 138/05

Anlage zum Protokoll vom 28.06.2006

verkündet am 28.06.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 2006 durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Kahl, die Richterin am Oberlandesgericht Surkau und den Richter am Oberlandesgericht Hänisch

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das am 12. Juli 2005 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - Az.: 6 O 76/05 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Hauptsache erledigt ist.

Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Das Landgericht hat auf Antrag des Verfügungsklägers unter dem 11. März 2005 eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der der Verfügungsbeklagten aufgegeben worden ist, es zu unterlassen, vor Ablauf des 20. März 2005 auf ihrem Gehöft in R... oder an einem anderen Ort einen Verkauf der ihr vom Verfügungskläger in Obhut gegebenen, im Einzelnen genau bezeichneten 13 Pferde durchzuführen oder durchführen zu lassen. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht nach Durchführung einer Beweisaufnahme die einstweilige Verfügung aufgehoben und den Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung sei unbegründet gewesen, weil dem Verfügungskläger ein Verfügungsgrund nicht zur Seite stehe. Er habe insbesondere keinen Sachverhalt glaubhaft gemacht, aus dem sich ergäbe, dass die Verfügungsbeklagte nicht zur Verwertung der Pferde im Pfandwege berechtigt gewesen sei. Mit der Entstehung der Vergütungsansprüche der Verfügungsbeklagten gegen den Verfügungskläger sei auch das Pfandrecht an den bei der Verfügungsbeklagten untergebrachten Pferden zur Entstehung gelangt. Aufgrund ihres Pfandrechts sei die Verfügungsbeklagte auch zur Verwertung berechtigt gewesen. Die Frist von 1 Monat sei bei Ankündigung der für den 11.03.2005 in Aussicht genommenen Pfandverwertung bereits abgelaufen gewesen, da die Verfügungsbeklagte bereits im Juli 2004 die Verwertung der Pferde im Pfandwege angekündigt habe. Auch nach Ablauf der in der einstweiligen Verfügung bezeichneten Frist habe der Verfügungskläger noch ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Verfügung, weil er ein rechtliches Interesse daran habe, dass die Rechtsmäßigkeit der Maßnahme, die er auf diese Verfügung gestützt hat, festgestellt werden könne.

Gegen das ihm am 15. August 2005 zugestellte Urteil des Landgerichts Potsdam richtet sich die am 07.09. bei Gericht mit Begründung eingegangene Berufungsschrift des Verfügungsklägers.

Der Verfügungskläger, der bereits in I. Instanz auf ein nicht bestehendes Pfandrecht der Verfügungsbeklagten hingewiesen hatte, rügt mit der Berufung im Wesentlichen eine falsche Beweiswürdigung des Landgerichts für die vom Landgericht angenommene rechtzeitige Ankündigung des beabsichtigten Pfandverkaufs.

Der Verfügungskläger erklärt die Hauptsache für erledigt und beantragt,

hilfsweise festzustellen, dass die einstweilige Verfügung durch Fristablauf erledigt ist.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Verfügungsklägers ist zulässig. Auch in der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg, denn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war von Anfang an begründet und hat sich allein durch Zeitablauf erledigt.

Die einstweilige Verfügung, die das Landgericht am 11. März 2005 erlassen hatte, war von Anfang an zeitlich, d. h. auf Unterlassung des Verkaufs der Pferde vor Ablauf des 20. März 2005, begrenzt. Entsprechend war im Zeitpunkt des Widerspruchs und der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht der Regelungsinhalt durch bloßen Zeitablauf erledigt. Im Übrigen war auch die Versteigerung der Tiere zu diesem Zeitpunkt bereits durchgeführt. Entsprechend hätte das einstweilige Verfügungsverfahren bereits in I. Instanz in der Hauptsache für erledigt erklärt werden müssen. Nachdem der Verfügungskläger nunmehr in der Berufungsinstanz die Hauptsache für erledigt erklärt hat und die Beklagte sich dem Erledigungsantrag nicht angeschlossen hat, war auf den Antrag des Verfügungsklägers hin festzustellen, dass sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erledigt hat.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts war die einstweilige Verfügung von Anfang an begründet, denn der Verfügungsbeklagten stand unabhängig von der Frage des Ablaufs der Monatsfrist des § 1234 Abs. 2 BGB nicht das Recht zu, die bei ihr in Pension befindlichen Pferde des Verfügungsklägers im Wege des Pfandverkaufs zu verwerten.

Der Verfügungskläger hatte die Pferde bei der Verfügungsbeklagten, die u. a. eine sogenannte Pferdepension betreibt, untergestellt und die Verfügungsbeklagte war nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien in der Berufungsinstanz verpflichtet, dem jeweiligen Pferd eine Box zur Verfügung zu stellen bzw. in der Weidesaison Weideland, des Weiteren war sie zum Einstreuen und Entmisten der Pferdeboxen sowie zum Anbieten von Futtermitteln an die Pferde, insbesondere von Hafer, Heu, Gras und Wasser verpflichtet. Der Verfügungskläger war - und dies ist ebenfalls unstreitig - mit der Zahlung der Kosten für die Unterbringung und Verpflegung seines Pferdebestandes in erheblichen Zahlungsrückstand geraten. Mit der Entstehung der Vergütungsansprüche der Verfügungsbeklagten gegen den Verfügungskläger hatte diese zwar ein Zurückbehaltungsrecht an den Pferden (OLG München, Agrarrecht 2001, 87) aber es ist entgegen der Ansicht des Landgerichts kein Pfandrecht entstanden. Die Klassifizierung eines sogenannten Pferdepensionsvertrages, der nicht nur die Anmietung einer Pferdebox sondern die Pflege und Versorgung des Pferdes beinhaltet, wird von Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich vorgenommen.

Der Senat schließt sich der - wohl überwiegend - vertretenen Auffassung an, nach der bei einem Pferdepensionsvertrag von einem sogenannten entgeltlichen Verwahrungsvertrag auszugehen ist, bei dem die Aufbewahrung als Hauptpflicht eines Verwahrungsvertrages zum einen in der Gewährung des erforderlichen Raums liegt und zum anderen in der Übernahme der Obhut für die Sache, d. h. in der Verpflichtung, für die Sicherheit und Erhaltung der Sache, hier des Pferdes, Sorge zu tragen. Das Füttern und die Pflege eines überlassenen Tieres sind als Maßnahmen zur Erhaltung Teil der Pflichten eines solchen Verwahrungsvertrages (OLG Hamburg, VersR 1988, 1241; OLG Karlsruhe, VersR 1994, 801; Schleswig-Holsteinisches OLG in SchlHA 2000, 196, 197; Landgericht Ulm, NJW-RR 2004, 854). Soweit der Bundesgerichtshof (NJW-RR 1990, 1422 f.) in dem dort entschiedenen Fall von einem Mietvertrag ausgegangen ist, lag dem lediglich die Vermietung einer Pferdebox, sogenannter Mietstall, zu Grunde.

Jedenfalls für den zu entscheidenden Fall vermag sich der Senat nicht der von der Verfügungsbeklagten zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 11.09.1987 - 2 U 291/86 - anzuschliessen, die von einem typengemischten Vertrag und einem sich aus § 559 BGB ergebenden Pfandrecht ausgeht. Anders als in dem vom OLG Celle entschiedenen Fall stehen die Pflichten der Verfügungsbeklagten nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag fest.

Der Senat sieht aufgrund dessen in dem zwischen den Parteien bestehenden - nur mündlich geschlossenen - Vertragsverhältnis und den hierzu vorgetragenen Leistungspflichten der Verfügungsbeklagten einen entgeltlichen Verwahrvertrag, denn die Übernahme der Obhut für das einzelne Pferd und dessen Pflege standen im Vordergrund des vereinbarten Pferdepensionsvertrages, der dann auch die Gewährung eines erforderlichen Raumes - ob einer Box in den Wintermonaten oder von Weideland in den Sommermonaten - als weitere Verpflichtung beinhaltete.

Nach den von den Parteien getroffenen Abreden lag der Schwerpunkt gerade in der Pflege und Versorgung der Pferde. Bei den Pferden des Verfügungsklägers handelte es sich überwiegend um Zuchtstuten, die im Betrieb der Verfügungsbeklagten fohlten. Entsprechend hat die Beklagte für diese Stuten in besonderer Weise die Obhut übernommen, und diese stand bei den vertraglichen Beziehungen der Parteien eindeutig im Vordergrund.

Der dem Verwahrer gemäß §§ 689, 693 BGB zustehende Anspruch auf Vergütung und Ersatz der Aufwendungen, die er für erforderlich halten durfte, gibt dem Verwahrer aber kein gesetzliches Pfandrecht (Palandt, BGB, 64. Aufl., Rdnr. 1 zu § 693). Dies folgt bereits aus dem jederzeitigen Rückforderungsrecht des Hinterlegers (§ 695 BGB), dem der Verwahrer lediglich das gesetzliche Zurückbehaltungsrecht nach §§ 273, 274 BGB, §§ 369 ff. HGB entgegenhalten kann. Allerdings kann sich der Verwahrer ein vertragliches Pfandrecht bestellen lassen (s. Hüffer in MünchKomm., Rdnr. 10, 11 zu § 695), was im vorliegenden Fall nicht geschehen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, denn die Revision ist nicht statthaft (§ 542 Abs. 2 ZPO).



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