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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 17.12.2008
Aktenzeichen: 13 U 20/08
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 133 | |
BGB § 157 |
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19. Dezember 2007 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 5 O 61/07 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Mit der Klage begehrt der Kläger die Rückübertragung der ideellen Hälfte des im Grundbuch von S. Blatt 219 eingetragenen Grundstücks Flur 2, Flurstück 309/1, gelegen in S., ...straße 49 a, das mit einem Mehrfamilienhaus bebaut ist. Für dieses Grundstück, das der Kläger am 20. März 2001 von seinem Bruder zu Alleineigentum übertragen erhalten hatte, und dessen ideelle Hälfte er am selben Tage seiner Ehefrau zu Eigentum übertragen hat, hat der Kläger nach Stellung des Scheidungsantrages die Überlassung des Grundstücksanteils widerrufen und verlangt die Rückübertragung der Grundstückshälfte.
In dem notariell beurkundeten Grundstücksübertragungsvertrag hatte sich der Kläger ausdrücklich den Widerruf der Übertragung und der Nutzungsrechte bereits unter Ziffer I.2. vorbehalten und unter III. wurden sodann die Voraussetzungen für einen Widerruf der Überlassung im Einzelnen in vier verschiedenen Fallgruppen geregelt.
Die Parteien streiten hier über die Auslegung der Ziffer III. c. des notariellen Vertrages der Notarin ... vom 20. März 2001, UR-Nr. 311/2001, die folgenden Wortlaut hat:
"Der Veräußerer behält sich den Widerruf der Überlassung vor, falls beim zuständigen Amtsgericht der Antrag auf Ehescheidung gestellt wird bzw. die Erschienenen länger als ein Jahr getrennt leben, aus Gründen, die die Erwerberin zu vertreten hat".
Der Kläger hat in erster Instanz die Ansicht vertreten, die Voraussetzungen des Widerrufs der Überlassung seien gegeben, nachdem die Parteien wechselseitig Scheidungsanträge eingereicht hätten. Die Beklagte sei nach dem Widerruf zur Überlassung des hälftigen Miteigentumsanteils verpflichtet, wobei die Formulierung im notariellen Grundstücksübertragungsvertrag, die eine gewöhnliche und übliche Formulierung des Widerrufsrechts darstelle, dahin auszulegen sei, dass das Vertretenmüssen sich lediglich auf das Getrenntleben der Eheleute beziehe.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihren hälftigen Anteil in Bezug auf das Grundstück Flur 2, Flurstück 309/1 in einer Größe von 876 m², eingetragene Wirtschaftsart und Lage: Gebäude- und Freifläche, auf ihn zu übertragen und der Grundstücksübertragung insoweit zuzustimmen bzw. diese notariell zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, die Voraussetzungen für den Widerruf der ehebedingten Zuwendung seien nicht gegeben, da sie weder die Trennung der Parteien noch das nachfolgende Scheidungsverfahren zu vertreten habe. Die zweite Alternative der Ziffer III. c. des notariell beurkundeten Vertrages der Notarin ... sei dahin auszulegen, dass für einen Widerruf der Überlassung die Trennung der Eheleute der Stellung eines Scheidungsantrages gleichzustellen sei, weil dann das Scheitern der Beziehung vermutet werde und es nicht allein auf die Einleitung des Scheidungsverfahrens an sich ankomme und eine diesbezügliche Abhängigkeit bestehe. Dies bedeute jedoch, dass sich der Vertretensmaßstab nicht nur auf den Trennungsfall beziehen könne. Sie, die Beklagte, habe mit der Übertragung des Grundstücksanteils einen Ausgleich für ihre Aufwendungen und Mühen für das Grundstück erhalten und diesen nur für den Fall eines in ihrer Person liegenden Fehlverhaltens verlieren sollen.
Das Landgericht, das in der Zuwendung des Grundstücksanteils eine ehebedingte Zuwendung gesehen hat, ist der Auffassung des Klägers gefolgt und hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Es hat dazu in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Übertragung des Miteigentumsanteils an dem benannten Grundstück auf die Beklagte sei an den Bestand der Ehe der Parteien geknüpft, was eindeutig aus Ziffer III. c. des notariell beurkundeten Vertrages folge. Damit sei der Kläger zum Widerruf der Überlassung berechtigt gewesen, wenn ein Ehescheidungsantrag gestellt werde. Es sei hierbei nicht darauf angekommen, ob der Antrag vom Kläger als Veräußerer oder von der Beklagten als Erwerberin des Miteigentumsanteils gestellt werde.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Zur Begründung führt die Beklagte aus, bereits der Wortlaut der Ziffer III. c. des notariell beurkundeten Vertrages gehe eindeutig davon aus, dass auch für den Fall des Scheidungsantrages es auf das Verschulden der Beklagten ankomme. Dies sei schon allein daraus zu erklären, dass die Halbsätze durch das Wort "bzw." verknüpft seien und es im Übrigen ansonsten unterschiedlicher Ziffern unter der Ziffer III. bedurft hätte. Jedenfalls habe es aber einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der Notarin bedurft, wenn das Landgericht von einem gegenteiligen Wortlaut ausgehen wollte.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des Urteils der 5 Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 19. Dezember 2007 - 5 O 61/07 - die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Vertiefung seines bisherigen Vortrags.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts Bezug genommen (§ 540 ZPO).
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten ist zulässig.
Auch in der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg und muss zu einer Abänderung des erstinstanzlichen Urteils führen.
Entgegen der Ansicht des Klägers hat er einen Grund zum Widerruf der mit notariell beurkundeten Vertrag der Notarin ... vom 20. März 2001 zur UR-Nr. 311/2001 erfolgten Übertragung der ideellen Hälfte am streitbefangenen Grundstück nicht dargetan.
Der Kläger hat sich ausdrücklich unter Ziffer I. den Widerruf der Übertragung und der Nutzungsrechte vorbehalten und die Parteien haben die Widerrufsgründe in Ziffer III. im Einzelnen geregelt. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien kam als Grund für den Widerruf der Überlassung hier allein die Ziffer III. c. in Betracht, in der es heißt:
"Der Veräußerer behält sich den Widerruf der Überlassung vor, falls .... c. beim zuständigen Amtsgericht der Antrag auf Ehescheidung gestellt wird bzw. die Erschienenen länger als ein Jahr getrennt leben, aus Gründen, die die Erwerberin zu vertreten hat".
Der Inhalt der zu Ziffer III. c. im notariellen Grundstücksübertragungsvertrag vom 20.3.2001 vereinbarten Klausel ist gemäß §§ 133, 157 BGB auszulegen, wobei vom Wortlaut der Erklärung auszugehen, aber auch die Interessenlage der Parteien zu berücksichtigen ist. Bereits der Wortlaut der Klausel ist eindeutig und auch vom Sinn und Zweck des dem Beklagten eingeräumten Rechts zum Widerruf der Überlassung ist die Passage der Gestalt zu lesen, dass die Formulierung "aus Gründen, die die Erwerberin zu vertreten hat" sowohl für den Fall der Ehescheidung als auch für den Fall des Getrenntlebens, das länger als ein Jahr gedauert hat, gelten sollte. Dieses Verständnis des Wortlauts der Klausel ergibt sich bereits aus der Formulierung "bzw.", wie die Beklagte zu Recht vorgetragen hat. Denn dieses Wort "bzw." bedeutet, dass beide Alternativen, nämlich der Antrag auf Ehescheidung und das länger als ein Jahr dauernde Getrenntleben als gleichwertige Alternativen anzusehen sind und nach dem Willen der Parteien anzusehen waren, die aber nur dann den Kläger zum Widerruf der Überlassung berechtigen sollten, wenn dies aus Gründen, die die Erwerberin zu vertreten hat, der Fall war. Dies folgt schon notwendig daraus, dass ein Antrag auf Ehescheidung erfolgreich erst gestellt werden kann, wenn die Parteien länger als ein Jahr getrennt gelebt haben (§§ 1564, 1565 BGB), wobei das Scheitern der Ehe nach einjähriger Trennung unwiderlegbar vermutet wird, wenn wie hier beide Ehegatten die Scheidung beantragen (§ 1566 Abs. 1 BGB).
Weiter ist dem Wortlaut der Klausel eindeutig zu entnehmen, dass die Trennung der Parteien auf Gründe zurückzuführen sein musste, die in der Sphäre der Beklagten lagen, die diese also zu vertreten hatte, für die sie quasi ein "Verschulden" traf. Haben die Parteien dann länger als ein Jahr getrennt gelebt bzw. nach einem Jahr Trennung aus Gründen, die die Erwerberin zu vertreten hatte, einen Antrag auf Ehescheidung gestellt, sollte dem Veräußerer ein Recht zum Widerruf der Überlassung zustehen.
Auch eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung der Klausel führt zu keinem anderen Ergebnis.
Da der Kläger die Grundstückshälfte im Wege der unbenannten Zuwendung der Beklagten übertragen hat, war der Bestand der Ehe einerseits Voraussetzung für den endgültigen Verbleib. Aber dennoch waren sich die Parteien darin einig, dass ein Recht zum Widerruf der Überlassung für die Beklagte nur unter bestimmten, im Einzelnen unter Ziffer III in den Fallgruppen a-d geregelten besonderen Voraussetzungen bestehen sollte. Nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien war der Beklagten keineswegs ein jederzeitiges Widerrufsrecht eingeräumt. Vielmehr ist nach dem Inhalt jeder der ersten drei Fallgruppen (a-c) Voraussetzung, dass ihm ein Festhalten an der Übertragung wegen eines - gravierenden - Fehlverhaltens der Erwerberin nicht zuzumuten ist, das in den Fallgruppen a und b zu einer Gefährdung des Eigentums bzw. Vermögens des Veräußerers führen kann. Eine Verfehlung der Beklagten, die zur Trennung oder Ehescheidung führt, steht dem gleich.
Zur weiteren Interessenlage hat die Beklagte unwidersprochen in erster und zweiter Instanz vorgetragen, dass die Übertragung der Grundstückshälfte an sie deshalb erfolgt sei, weil sie ihre gesamte Arbeitskraft und ihr Vermögen für den Aufbau des Familienheimes geleistet habe. Dann entspricht es aber der beiderseitigen Interessenlage, dass der Widerruf der Übertragung nur dann in Betracht kommen sollte, also nach dem übereinstimmenden Parteiwillen nur dann gerechtfertigt war, wenn die Beklagte die Trennung und letztlich die Scheidung der Parteien zu vertreten hatte.
Wollte man die Klausel anders auslegen, wie dies insbesondere auch das Landgericht getan hat, hätte es allerdings in der Hand des Klägers gelegen, aus Gründen, die allein in seiner Sphäre lagen, einen Antrag auf Ehescheidung zu stellen und von der Beklagten die kostenfreie Rückübereignung des unbelasteten Grundbesitzes zu verlangen, ohne dass die unstreitige weitere Interessenlage, nämlich die Aufwendungen der Beklagten auf das Grundstück irgendeine Berücksichtigung gefunden hätten.
Der Beklagte ist auch in der Berufungsinstanz nicht der Behauptung der Beklagten entgegengetreten, die Notarin ... habe die Parteien darauf hingewiesen, dass der Widerruf nur für den Fall eines Scheiterns der Ehe aufgrund eines Verschuldens seiner Ehefrau erfolgen könne. Dieser Vortrag der Beklagten ist auch in sich plausibel, da die Notare von Amts wegen eine Belehrungspflicht hinsichtlich der rechtlichen Folgen von beurkundeten Erklärungen trifft. Hat die Notarin die Parteien bei Verlesung der Urkunde wie von der Beklagten vorgetragen, belehrt, und haben die Parteien gegen diese Belehrung keinerlei Einwände erhoben, dann entsprach der schon vom Wortlaut der Klausel her eindeutige Inhalt der Klausel auch dem übereinstimmenden Willen der Parteien.
Da der Kläger nicht dargetan hat, dass die Trennung und/oder Scheidung der Parteien aus Gründen erfolgt ist, die die Beklagte zu vertreten hatte, war der Klage der Erfolg zu versagen. Denn allein die Tatsache des Auszuges der Beklagten aus dem gemeinsamen Haus reicht für ein Vertretenmüssen nicht aus, ebenso wenig wie die Mitnahme von Hausratsgegenständen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.
Streitwert: 33.230 €.
Ende der Entscheidung
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