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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 07.11.2007
Aktenzeichen: 13 U 24/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 166
BGB § 254
BGB § 823
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 852 a.F.
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 531 Abs. 2
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

13 U 24/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 07.11.2007

Verkündet am 07.11.2007

in dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

die Richterin am Oberlandesgericht Surkau als Vorsitzende, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Gerschner und die Richterin am Oberlandesgericht Rieger

auf die mündliche Verhandlung vom 10.10.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufungen der Beklagten zu 1. und zu 2. werden zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten zu je 1/2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Gründe:

I.

Am 13.7.2000 genehmigte das Brandenburgische Straßenbauamt unter Verweis auf Ziffer 5. der der Genehmigung beigefügten Baumschutzmerkblätter ein Bauvorhaben der I.. GmbH zur Verlegung einer Kabelschutzrohranlage und die Benutzung der Bundesstraße 1.. im streitbetroffenen Abschnitt. Die I.. GmbH beauftragte die A... SA, diese wiederum ihre damals noch unter dem Namen A... GmbH firmierende Tochter, die Beklagte zu 1. mit der Durchführung der Arbeiten. Mit Vertrag vom 18.5.2000 übertrug die Beklagte zu 1. sämtliche Leistungen auf die H... GmbH & Co. KG (im folgenden H...). In Ziffer 2. Abs. 2 des Vertrages ist der Vertragsgegenstand mit "Planung, incl. Einholung aller Genehmigungen, Erstellung und Dokumentation einer Kabelschutzrohranlage einschließlich aller Nebenarbeiten" bezeichnet. Unter Ziffer 3. Abs. 2 des Vertrages heißt es, "dass der Auftragnehmer für die Einhaltung aller vorgenannten Vorschriften und Regeln verantwortlich ist." In der Anlage 2 Teil 3 zum v.g. Vertrag sind unter der Überschrift "Leistungsbeschreibung Bauleistungen" als Nebenleistungen besondere Leistungen definiert. Als solche sind u. a. "die Sicherung von Bäumen sowie die Feststellung der Pflügbarkeit der Trasse" aufgeführt. Wegen der Einzelheiten des Vertrags wird auf Blatt 55 ff. verwiesen.

Die Firma H... ihrerseits beauftragte die Firma M... GmbH (im folgenden M...) als weiteren Subunternehmer mit der Durchführung der Verlegearbeiten. Die Trassenplanung wie auch die Dokumentation übertrug sie der Ingenieurgesellschaft mbH S.... Die Firma M... band die Beklagte zu 2. als weitere Subunternehmerin vertraglich ein. Diese führte die Kabel verlegearbeiten im Bereich der Bundesstraße 1... anschließend durch.

Aus Anlass einer Routinekontrolle des streitbetroffenen Straßenabschnitts durch die Straßenmeisterei E... am 20.9.2000 stellte sich heraus, dass die Kabel im wurzelnahen Bereich verlegt worden waren. Davon unterrichtete die Straßenmeisterei das Brandenburgische Straßenbauamt mit Schreiben vom 21.9.2000. Dieses seinerseits informierte die Bauherrin, die I... GmbH. Am 6.10.2000 fand im Auftrag von Mitarbeitern des Dezernats 4 des Brandenburgischen Straßenbauamtes unter Beteiligung des Sachverständigen F., Vertretern des Straßenbauamtes, dem Geschäftsführer der Beklagten zu 2. und der Firma M. ein Ortstermin statt. Am 17.11.2000 informierte der Sachverständige F... das Straßenbauamt, dass 27 genauer bezeichnete Bäume zur Gefahrenabwehr zu fällen seien. Die mit den Fällarbeiten beauftragte Firma stellte der Straßenbaumeisterei 4.819,80 DM in Rechnung. Den insgesamt durch die Wurzelbeschädigung bei den Kabelverlegearbeiten entstandenen Schaden an den Bäumen schätzt der Sachverständige F... in seinem Gutachten vom 4.12.2000 auf 190.206 DM.

Der Justitiar des Brandenburgischen Straßenbauamtes, der Zeuge W..., wurde erstmals am 21.1.2001 mit dem Vorgang befasst. Anschließend führten das Brandenburgische Straßenbauamt und die Beklagte zu 2. erfolglos Verhandlungen über die streitgegenständliche Forderung.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an ihn als Gesamtschuldner 110.961,61 € nebst 5 % Zinsen seit 8.11.2003 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Aktivlegitimation des Klägers folge aus Art. 90 Abs. 2 GG. Die Einrede der Verjährung greife nicht durch. Für den Beginn der Verjährungsfrist bei Schadensersatzansprüchen einer öffentlich rechtlichen Körperschaft sei maßgeblich auf die Kenntnis desjenigen Mitarbeiters abzustellen, der für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches zuständig sei. Das sei hier der Justitiar des Straßenbauamtes W.... Beide Beklagten hafteten unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht. Nicht nur den im Ergebnis bauausführenden Betrieb, sondern auch denjenigen, der im Rahmen der Subunternehmerkette zwar nicht Bauherr sei, jedoch andere Unternehmer als Subunternehmer einschalte, träfen Sorgfaltspflichten. Die Beklagte zu 1. als Generalunternehmerin treffe die Pflicht, für die Einhaltung der Sorgfaltspflichten gegenüber dem Eigentümer der jeweiligen Alleebäume Sorge zu tragen. Dieser Pflicht genüge ein Unternehmen nicht allein durch die Beauftragung eines bis dahin verlässlichen Subunternehmers. Auch bei Einschaltung von Subunternehmern verbleibe eine Sorgfaltspflicht in Form einer Organisationspflicht. Die Beklagte zu 1. hätte organisatorisch sicherstellen müssen, dass die Vorschriften zum Schutz der Bäume bei den Baumaßnahmen beachtet und eingehalten werden. Sie hätte jedenfalls stichprobenartige Kontrollen vornehmen müssen, ob die Vorschriften zum Schutz der Bäume eingehalten würden. Dieser Verpflichtung sei sie nach ihrem eigenen Vorbringen nicht nachgekommen. Die Haftung der Beklagten zu 2. als bauausführendes Unternehmen ergebe sich daraus, dass sie gegenüber dem Eigentümer der Alleebäume eine Sorgfaltspflicht verletzt habe. Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht des für die Standsicherheit von Bäumen Verantwortlichen bei Baumaßnahmen folge aus den RASLG 4 und der DIN 18920. Deren Vorschriften habe die Beklagte zu 2. verletzt, indem sie die Trasse mittels Risshaken in einer Entfernung von 1 m bis 2 m von den Baumstämmen durchführte. Die von ihr behauptete Bedenkenanzeige gegenüber ihrem Auftraggeber und dessen Weisung, trotz der Bedenken wie geschehen, die Kabel mittels Pflugtechnik zu verlegen, seien zu ihrer Entlastung ungeeignet. Eine vertragliche Verpflichtung, die im Ergebnis zu Beschädigungen des Eigentums eines am Vertrag nicht beteiligten Dritten führe, könne nicht geeignet sein, die gesetzlich normierte Schadensersatzpflicht aus § 823 BGB aufzuheben. Wegen der näheren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung.

Mit ihren Berufungen verfolgen beide Beklagten ihr erstinstanzlichen Begehren, Klageabweisung, weiter. Beide bezweifeln weiterhin die Aktivlegitimation des Klägers. Außerdem halten beide übereinstimmend an der von ihnen bereits erstinstanzlich erhobenen Einrede der Verjährung fest.

Die Beklagte zu 1. trägt darüber hinaus vor, nicht Generalunternehmerin, wie es in erster Instanz immer geheißen habe und wie auch im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung festgestellt sei, gewesen zu sein, sondern Generalübernehmerin. In dieser Eigenschaft habe sie der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht durch Übertragung sämtlicher mit der Kabelverlegung anfallenden Arbeiten auf ein als zuverlässig bekanntes Unternehmen Genüge getan. Kontroll- und Überwachungspflichten träfen sie nicht mehr. Außerdem sei nicht ersichtlich, dass selbst bei Ausübung ihrer Kontroll- und Überwachungspflicht die eingetretenen Wurzelschädigungen vermeidbar gewesen seien. Sie habe keinerlei Einflussmöglichkeiten auf die Arbeitsweise der Beklagten zu 2., sondern lediglich auf die ihres Vertragspartners, nämlich der H. gehabt.

Die Beklagte zu 2. wendet außerdem mangelndes Verschulden ein. Dazu wiederholt sie ihr Vorbringen aus erster Instanz, von ihrem Auftraggeber zur Durchführung der streitgegenständlichen Leistungen gezwungen worden zu sein.

Die Beklagten beantragen,

das am 17.1.2007 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die gemäß §§ 517, 519, 520 ZPO zulässigen Berufungen der Beklagten bleiben im Ergebnis ohne Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 823 Abs. 1 BGB gegen jeden der Beklagten bejaht. Das Vorbringen der Beklagten in ihren Berufungsbegründungen rechtfertigt eine abweichende Entscheidung nicht.

1. Zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche wegen der an den Alleebäumen an der Bundesstraße 1... im Abschnitt 30 eingetretenen Schäden ist der Kläger aktivlegitimiert. Seine Aktivlegitimation folgt aus Art. 90 Abs. 2 GG. Im Rahmen der Auftragsverwaltung der Länder für den Bund vertreten die Länder den Bund kraft Gesetzes; in diesem Rahmen sind sie grundsätzlich berechtigt, Zahlungsansprüche, die im Zusammenhang mit der Erfüllung dieses Auftrags gegenüber Dritten entstehen, im eigenen Namen geltend zu machen (BVerwG NVwZ 1983, 471, 471). Die den Ländern zugewiesene Auftragsverwaltung bezieht sich ihrem Gegenstand nach auf den gesamten Umfang der Bundesstraßenverwaltung, und zwar grundsätzlich auch insoweit, als der Bund Träger der (internen finanziellen) Straßenbaulast ist (BVerwG NVwZ 1983, 471 ff.). In dem der Auftragsverwaltung dadurch gezogenen Rahmen erfüllen die Länder zwar Bundesaufgaben; sie tun dies aber - dem Wesen der Auftragsverwaltung entsprechend - aus eigener und selbstständiger Verwaltungskompetenz (BVerwG, a.a.O.). Diese verfassungsrechtliche Regelung gilt - da Art. 90 Abs. 2 GG insofern keine Ausnahme macht - grundsätzlich auch für die Durchsetzung von Zahlungsansprüchen. Die von der Kompetenz nach Art. 90 Abs. 2 GG ebenfalls erfasste Vermögensverwaltung erstreckt sich auf jede Tätigkeit, die in Vollzug der öffentlich-rechtlichen Infrastrukturaufgabe der Bereitstellung von Fernstraßen vorgenommen wird (vgl. auch Brandenburgisches Oberlandesgerichts, OLG-NL 2001, 193 ff.). Anderes gilt nur für die Verwaltung des staatlichen Vermögens, das nicht der Erfüllung einer ordentlichen Aufgabe dient (vgl. Maunz-Dürig, GG, Art. 90, Rn. 46), etwa entwidmete Straßengrundstücke.

Die mit der zur Entscheidung anstehenden Klage geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit der den Ländern zugewiesenen Straßenbaulast für die Bundesstraßen. Pflanzungen an der Straße gelten entweder als Bestandteil oder jedenfalls als deren Zubehör. Die Geltendmachung von Schadensansprüchen für die durch die Kabelverlegearbeiten an ihren Wurzeln beschädigten Bäumen rechnen ausgehend davon zur Verwaltung des Vermögens, das hoheitlichen Zwecken, nämlich der Unterhaltung öffentlicher Straßen dient.

2. Die Beklagten zu 1. und 2. haften für die infolge der Tiefbauarbeiten - bereits in erster Instanz unstreitig - eingetretenen Schäden an den Alleebäumen der Bundesstraße 1..., wie sie sich aus den Feststellungen des Sachverständigen F... in seinem Gutachten ergeben. Denn die Beklagten haben ihre Verkehrssicherungspflichten zum Schutz unbeteiligter Dritter zumindest fahrlässig verletzt. Die Verkehrssicherungspflicht hat die allgemeine Rechtspflicht zum Inhalt, im Verkehr Rücksicht auf die Gefährdung anderer zu nehmen. Sie beruht auf dem Gedanken, dass jeder, der eine Gefahrenquelle schafft, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutz gefährdeter Rechtsgüter Dritter zu treffen hat.

a) Diese Pflicht trifft auch die Beklagte zu 1. Verkehrssicherungspflichtig ist, wer für den Bereich der Gefahrenquelle verantwortlich und in der Lage ist, die zur Gefahrabwehr erforderlichen Maßnahmen zu treffen (BGH VersR 2006, 803). Auf Baustellen treffen die Sicherungspflichten zunächst den Bauherrn als Veranlasser der gefährlichen Aktivitäten (Werner-Pastor, Der Bauprozess, 11. Aufl., Rn. 1852; MüKo-Wagner, BGB, 4. Aufl., § 823 Rn. 448; BGH NJW 1993, 1647, 1648). Nach Baubeginn ist dies in erster Linie der Bauunternehmer, der mit seinen Bauarbeiten die Gefahrenquelle unmittelbar schafft und auch die tatsächliche Verfügungsgewalt hat, um die notwendigen und zumutbaren Sicherungsmaßnahmen zu treffen und für geordnete Verhältnisse auf der Baustelle zu sorgen. Ihn trifft die primäre Verkehrssicherungspflicht (Werner-Pastor, a.a.O., Rn. 1846, m.w.N.). Allein oder primär verkehrssicherungspflichtig mag die Beklagte zu 1., die weder die Planungsleistungen selbst vorgenommen noch die schadensverursachenden Bauarbeiten durchgeführt hat, nicht gewesen sein. Sie ist allerdings trotz vollständiger Weitergabe des ihr erteilten Auftrags an die H. (begrenzt) verkehrssicherungspflichtig geblieben.

Nach der Rechtsprechung des 11. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, der der erkennende Senat sich anschließt, bleiben dem Generalunternehmer selbst dann, wenn er seine Verkehrssicherungspflicht im Einzelfall delegiert, Kontroll- und Überwachungspflichten. Diese sind darauf gerichtet, ob der übernehmende Unternehmer die übertragenen Sicherungsmaßnahmen auch tatsächlich (zuverlässig) ausführt (Brb. OLG, BauR 2003, 119, 200). Bereits die Annahme einer wirksamen Übertragung der der Beklagten zu 1. als Generalunternehmerin obliegenden Verkehrssicherungspflichten auf die H... begegnet Bedenken. Es ist schon zweifelhaft, ob die bloße Aufzählung der Baumschutzmaßnahmen in der Anlage 2 zu dem mit der H... geschlossenen Vertrag unter dem Stichwort Nebenleistungen überhaupt den Anforderungen an die geforderte klare Absprache bei Übertragung von Verkehrssicherungspflichten genügt. Angesichts dessen, dass unter der vertraglichen Regelung zur Haftung (Ziffer 12 des Vertrages) lediglich eine solche zur Freistellung der Beklagten zu 1. enthalten ist, und dem Vertrag auch ansonsten keine ausdrückliche Absprache zur Delegation von allgemeinen Schutzpflichten zu entnehmen ist, ist eine vertragliche Übertragung der die Beklagte zu 1. treffenden Verkehrssicherungspflichten auf die H... nicht ersichtlich. Ob für eine klare Absprache zur Übertragung der Verkehrssicherungspflichten die Erwähnung der Sicherungsmaßnahmen zur Unfallverhütung unter den als Nebenleistungen definierten besondere Leistungen ausreichend ist, kann im Ergebnis offen bleiben. Zwar zählen Unfallverhütungsmaßnahmen auf Baustellen zu den typischen Verkehrssicherungspflichten. Dass diese als besondere Leistung auf die H... delegiert werden sollte, kann angesichts der Formulierung in den Eingangssätzen zu den besonderen Leistungen keinem Zweifel unterliegen, betrifft aber nicht zwingend die gegenüber Dritten bestehenden weiteren Verkehrssicherungspflichten. Letztlich kann die Frage der wirksamen Übertragung aller Verkehrssicherungspflichten hier offen bleiben. Jedenfalls sind der Beklagten zu 1. Kontroll- und Überwachungspflichten verblieben.

Der Einwand der Beklagten zu 1., entgegen den Feststellungen im angefochtenen Urteil nicht Generalunternehmerin, sondern -übernehmerin zu sein, führt zu keiner anderen, insbesondere nicht zu einer von der erstinstanzlichen Würdigung abweichenden Beurteilung. Dass das Landgericht die Beklagte zu 1. im unstreitigen Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils als Generalunternehmerin bezeichnet hat, beruht auf der Bezeichnung der Beklagten zu 1. als Generalunternehmerin in dem am 18.5.2000 mit der H... geschlossenen Vertrag, im Übrigen aber auch auf dem eigenen Vortrag der Beklagten zu 1. im Schriftsatz vom 4.3.2004, dem das Vorbringen im Schriftsatz vom 9.12.2003 nicht entgegen steht. Es kann letztlich dahinstehen, ob die Beklagte zu 1. mit ihrem diesbezüglichen Vortrag nicht bereits gem. § 531 Abs. 2 ZPO wegen der Bindungswirkung des Tatbestandes (§§ 314, 529 ZPO) ausgeschlossen ist. Zwischen den Parteien hat trotz der Bezeichnung der Beklagten zu 1. als Generalunternehmerin in erster Instanz zu keiner Zeit Streit darüber bestanden, dass die Beklagte zu 1. selbst keine Werkleistungen erbracht hat und keinen dafür eingerichteten Betrieb unterhält, sondern alle Werkleistungen durch Subunternehmer hat ausführen lassen. Diese Unterscheidung in der Begrifflichkeit und in Art und Umfang an der Baubeteiligung rechtfertigt indessen eine abweichende Beurteilung in Bezug auf ihre Pflichtenlage, Vorkehrungen zum Schutz von Rechtsgütern Dritter aus Anlass der Kabelverlegearbeiten zu treffen, nicht. Als Generalübernehmerin ist sie wie ein Generalunternehmer durch einen Werkvertrag mit dem Besteller/Bauherrn verbunden. Gleichzeitig besteht zu dem von ihr beauftragten Nachunternehmen eine werkvertragliche Beziehung. Bei dieser Sachlage ist sie hinsichtlich der Verkehrssicherungspflicht auf Baustellen eher einem Bauunternehmer als dem Bauherrn vergleichbar. Die von ihr zitierten Grundsätze zur vollständigen Entlastung von der Verkehrssicherungspflicht bei Auswahl eines als zuverlässig geltenden und sachkundigen Unternehmens gelten indessen für den Bauherrn (vgl. Werner-Pastor, a.a.O., Rdnr. 1853).

Bei dieser Sachlage kommt es für das (Fort-)Bestehen von Verkehrssicherungspflichten der Beklagten zu 1. einzig darauf an, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie trotz vollständiger Vergabe der Kabelverlegearbeiten an Nachunternehmen die Baustelle sicherungstechnisch "beherrscht" hat und unmittelbar in der Lage gewesen ist, Gefahren zu sehen und diese abzuwenden. Dabei kann eine "Beherrschung" der Baustelle - wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat - nach Übertragung der Durchführung der Bauleitung an die H. lediglich darin bestehen, dass die Beklagte zu 1. als Hauptunternehmerin durch entsprechende Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen gegenüber ihrem unmittelbaren Nachunternehmer sicherstellt, dass dieser seinerseits die zum Schutz von Rechtsgütern Dritter erforderlichen Sicherungsvorkehrungen trifft oder bei Beauftragung eines weiteren Nachunternehmens dieses zur Einhaltung der erforderlichen Schutzvorkehrungen anhält und dessen Verkehrssicherungspflichterfüllung überwacht. Von einer derartigen Möglichkeit des Hauptunternehmens, die Einhaltung der Verkehrssicherungspflichten durch das letztlich bauausführende Unternehmen zu gewährleisten, ist auch bei einer längeren Kette von Nachunternehmerverträgen wie vorliegend durch entsprechende vertragliche Gestaltung der jeweiligen Nachunternehmerverträge auszugehen.

Die generelle Gefährlichkeit der Kabelverlegearbeiten für Baumwurzeln war sowohl für die Beklagte zu 1. als auch für jeden weiteren Baubeteiligten ohne weiteres erkennbar. Das Bauvorhaben betraf Tiefbauarbeiten u. a. entlang der B 1..., die am Straßenrand Baumbewuchs aufweist. Die entsprechende Kenntnis der Beklagten zu 1. von den vorhandenen Gegebenheiten folgt aus Anlage 2 zum v. g. Vertrag. Darin ist in der Einleitung unter der Überschrift "Allgemeines" eine Beschreibung der Umgebung, durch welche die zu errichtende Kabelschutzrohranlage verlaufen wird, enthalten. Darüber hinaus hätte jedoch auch die Möglichkeit konkreter Kenntnisnahme von der Gefährdung der Baumwurzeln und eine Abwendungsmöglichkeit durch Gewährleistung eines nach unten verlagerten Überwachungssystems bestanden.

Gem. Ziffer 6 des Vertrages betreffend die Beteiligung von Unterauftragnehmern hat sich die Beklagte zu 1. ein Mitspracherecht bei der Einschaltung weiterer Nachunternehmer sowie den Widerruf der zu deren Einstellung erforderlichen Genehmigung aus wichtigem Grund, gem. Ziffer 7.1 Abs. 5 des Vertrages ausdrücklich auch rechtsverbindliche Erklärungen gegenüber Behörden und Dritten vorbehalten sowie in Ziffer 7. 4 Abs. 7 mit ihrem unmittelbaren Nachunternehmer, der H., Koordinationsbesprechungen vereinbart. Mit Hilfe der Koordinierungsbesprechungen sowie des Mitwirkungsrechts bei der Beteiligung von Unterauftragnehmern war es der Beklagten zu 1. unschwer möglich, das vertragsgemäße Verhalten nicht nur ihres unmittelbaren Nachunternehmens, sondern weitergehend auch das von dessen etwaigen Nachunternehmen zu überwachen und auf etwaiges Fehlverhalten durch Zwischenschaltung ihres unmittelbaren Nachunternehmers in Form geeigneter Anweisungen oder sonstiger Maßnahmen zu reagieren. Diesen Kontrollpflichten ist die Beklagte zu 1. unstreitig nicht nachgekommen. Sie hat selbst nicht geltend gemacht, über die sorgfältige Auswahl und der Beauftragung der H... hinaus zum weiteren Bauverlauf Kontrollen durchgeführt zu haben, insbesondere kontrolliert zu haben, ob die H. den von ihr beauftragten Nachunternehmer, die Firma M., sorgfältig ausgewählt hat und dieser wiederum mit der Beklagten zu 2. ein zuverlässiges fachkundiges Unternehmen beauftragt und dessen Verlegearbeiten jedenfalls stichprobenartig überwacht hat. Soweit sie gegen die Annahme einer fortbestehenden Kontroll- und Überwachungspflicht einwendet, sie hätte selbst bei Feststellung von Ausführungsmängeln der Beklagten zu 2. mangels unmittelbarer vertraglicher Beziehungen zu dieser auf die Bauausführung keinen Einfluss nehmen können, kann dies nicht zu ihrer Entlastung gereichen. Richtig ist zwar, dass sie die Beklagte zu 2. mangels vertraglicher Beziehung nicht unmittelbar hätte anweisen können, die zum Schutz der Baumwurzeln erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Beklagte zu 1. traf aber die Pflicht, sich wegen der Einhaltung der Baumschutzmaßnahmen an ihre Vertragspartnerin, die H., zu halten, um sicherzustellen, dass diese, gegebenenfalls wiederum über ihren Nachunternehmer M... auf die Beklagte zu 2. einwirkt und auf die Einhaltung der Baumschutzmaßnahmen dringt.

Hinsichtlich der Schadenshöhe fehlt es bereits an einer Auseinandersetzung mit den erstinstanzlichen Entscheidungsgründen, auf die der Senat ergänzend verweist.

b) Die Beklagte zu 2. haftet dem Kläger als primär verkehrssicherungspflichtiges bauausführendes Unternehmen auf Ersatz der bei der Kabelverlegung eingetretenen Baumwurzelschäden in der ausgeurteilten Höhe. Unabhängig davon, ob - wie die Beklagte zu 2. geltend macht - sie ihrerseits von ihrem Auftraggeber, der Firma M..., trotz ihrer Bedenkenanzeige angewiesen worden ist, die Kabelverlegearbeiten wie geschehen, durchzuführen, würde eine Anweisung der Firma M. im Verhältnis zum Kläger ihr Verschulden nicht entfallen lassen. Maßgeblich in der Beziehung zwischen der Beklagten zu 2. und dem Kläger ist nicht ihre vertragliche Weisungsgebundenheit zu ihrem Auftraggeber, sondern einzig die zu den Rechtsgütern Dritter. Für deren Schutz ist sie als bauausführendes Unternehmen im Rahmen ihrer allgemeinen Verkehrssicherungspflicht ungeachtet der vertraglichen Innenbeziehung zu ihrem Auftraggeber verantwortlich. Kollidieren wie im vorliegenden Fall vertragliche Pflichten einerseits und die allgemeine Verkehrssicherungspflicht andererseits, bleibt dem Vertragspartner gegebenenfalls nichts anderes übrig, als sich einer Weisung seines Auftraggebers zum Schutz der absoluten Rechtsgüter zu widersetzen. Den Kläger trifft auch kein Mitverschulden, welches die Haftung der Beklagten zu 2. dem Umfang nach reduzieren oder gänzlich ausschließen würde, § 254 BGB. Zwar ist in der Genehmigungsplanung der Bau des Kabelrohrschachts mittels Kabelpflugs in einem Abstand von 2 m von den Bäumen vorgesehen, der konkrete Arbeitsablauf mithin der genehmigenden Behörde bekannt gewesen. Daraus folgt indessen noch kein Mitverschulden im Sinne des § 254 BGB. Zum einen entbindet die generelle Erlaubnis einer bestimmten Arbeitsweise den Adressaten der Genehmigung nicht von seinen allgemeinen Sorgfaltspflichten, wie sie sich aus den dem Genehmigungsbescheid beigefügten Baumschutzunterlagen ergeben. Zum anderen haben Genehmigungsplanung und die darauf erteilte Genehmigung einerseits und die Verkehrssicherungspflicht andererseits voneinander abweichende Zielrichtungen. Anders als die allgemeinen Verkehrssicherungspflichten dient die vom Landesstraßenbauamt für das Vorhaben entlang der Bundesstraße 1. erteilte Genehmigung primär der Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie bei Abgrabungen - wie sie vorliegend in Rede stehen - dem Schutz des Straßenkörpers (Marschall/Schroeter/Kastner, BFStrG, 5. Aufl., § 9 Rn. 1 ff). Bei deren Erteilung können von der Natur der Sache her nur solche gefahrträchtigen Umstände berücksichtigt werden, die der Genehmigungsbehörde erkennbar sind, wie etwa Vorhandensein anderer Versorgungsleitungen o.ä.. Die konkrete Reichweite der Wurzeln der Alleebäume lässt sich erst bei Durchführung der genehmigten Tiefbauarbeiten feststellen. Diesem Umstand trägt die Genehmigung mit der Auflage Ziffer 5 Rechnung.

Zur weiteren Begründung verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil, denen die Beklagte zu 2. mit ihrer Berufungsbegründung nicht entgegen getreten ist.

3. Mit ihren Verjährungseinreden dringen die Beklagten ebenfalls nicht durch. Die Verjährungsfrist für die hier einzig in Betracht kommenden Ansprüche aus unerlaubter Handlung beträgt drei Jahre. Sie beginnt mit Kenntnis vom Schaden und der Person des Schädigers, § 852 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB. Bei Unternehmen und öffentlich-rechtlichen Körperschaften kommt es auf die Kenntnis der Person des nach der innerbetrieblichen Organisation zuständigen Bediensteten, bei der Verfolgung von Regressansprüchen grundsätzlich auf die Kenntnis der Bediensteten der Regressabteilung an (BGH NJW 2000, 1411). Dieser ist Wissensvertreter im Sinne des § 166 BGB. Vorliegend ist dem Justitiar des Sachgebiets 5, der im Landesstraßenbauamt für die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen zuständig ist, der Schadensvorgang 27/00 am 1.1.2001 vorgelegt worden. Die Klage ist am 15.10.2003, und damit rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist, bei Gericht eingegangen und den Beklagten am 7. bzw. 10.11.2003 zugestellt worden. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist nicht auf einen früheren Zeitpunkt der Kenntniserlangung abzustellen. Die Bediensteten des Landesstraßenbauamtes, die den Ortstermin wahrgenommen haben und denen die Mitteilung über die Notwendigkeit von Baumfällmaßnahmen zuging, waren nicht die für den Verjährungsbeginn maßgeblichen Wissensvertreter des Landes im Sinne des § 166 BGB. Sind, wie hier, innerhalb der regressbefugten Körperschaft mehrere Stellen für die Bearbeitung eines Schadensfalls zuständig, kommt es grundsätzlich auf den Kenntnisstand der Bediensteten der für Regresse zuständigen Stelle/Abteilung an. Angehörige einer anderen Abteilung können allenfalls deren Vertreter sein unter der Voraussetzung, dass sie maßgeblich die Klärung der tatsächlichen Anspruchsvoraussetzungen herbeizuführen haben. Unerlässliche Voraussetzung für eine Wissenszurechnung ist dann jedoch, dass der betreffende Bedienstete, der früher als der Bedienstete der Regressabteilung Kenntnis erlangt hat, (zumindest) mit der Vorbereitung von Regressansprüchen betraut ist, BGH, NJW 2000, 1411, 1413. Daran fehlt es für die übrigen schon vor dem 11.1.2001 mit dem Baumschadensfall befassten Bediensteten. Diese sind ausschließlich im Rahmen der Aufgaben der Straßenbaulast des Straßenbauamtes mit einer auf Schadensfeststellung zur Sicherstellung gefahrlosen Straßenverkehrs gerichteten Zielsetzung eingeschritten bzw. vom Sachverständigen über die Notwendigkeit von Baumfällmaßnahmen unterrichtet worden.

4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 97, 100 Abs. 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO gesetzlich bestimmten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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