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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 20.06.2001
Aktenzeichen: 13 U 27/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 1032 Abs. 1
ZPO § 1031 (n. F.)
ZPO § 1031 Abs. 5
ZPO § 1043 Abs. 1
ZPO § 1062
ZPO § 1034
ZPO § 1035
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

13 U 27/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 20.06.2001

verkündet am 20.06.2001

In dem Rechtsstreit

hat der 13 Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kahl, den Richter am Oberlandesgericht Boiczenko und den Richter am Landgericht Dr. Gerschner

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20. Dezember 2000 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus abgeändert.

Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8.500,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer des Klägers beträgt 70.927,27 DM.

Tatbestand:

Der Kläger, der als Subunternehmer der Beklagten Isolierarbeiten auf dem Bauvorhaben K B ausgeführt hat, verlangt die Zahlung restlicher Vergütung.

Nachdem die vom Bauherrn beauftragte "ARGE" Bauarbeiten an dem genannten Vorhaben auf die Beklagte übertragen hatte, erteilte letztere an den Kläger den Auftrag, Isolierarbeiten auszuführen, nämlich die Montage der von ihr beigestellten Trapezbleche.

Unter Bezugnahme auf ein Angebot des Klägers wurden ihm diese Montagearbeiten mit dem undatierten, im Mai 1998 abgeschlossenen schriftlichen Werkvertrag (Bl. 7 f.) übertragen, der u. a. die Geltung der VOB vorsieht. Unter den Ziffern 21 und 25 heißt es darin:

"21 Entscheidung von Streitigkeiten

(...)

Alle sich aus dem gegenwärtigen Vertrag sich trotzdem ergebenden Streitigkeiten werden einem neutralen Schiedsgericht vorgelegt. Gerichtsstand ist Cottbus.

Die Vertragspartner verpflichten sich, die Entscheidung des Schiedsgericht innerhalb von 30 Tagen, gerechnet vom Tage der Zustellung (oder gleich nach der Zustellung), zu erfüllen.

25. Gerichtsstand

Für Streitigkeiten aus diesem Vertrag gilt ausschließlich deutsches Recht.

Für Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist das Gericht in Cottbus zuständig."

Der Vertrag wurde hinsichtlich der Höhe der Vergütung durch drei Nachträge vom 14. und 21. Juli sowie 27. November 1998 geändert (Bl. 122, 124, 126).

Der Kläger nahm die Montagearbeiten im Juli 1998 auf. Um die Jahreswende 1998/99 kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien. Die Beklagte beanstandete, daß Mängel vorlägen und Termine nicht eingehalten würden. Der Kläger beschwerte sich darüber, daß ihm die Beklagte drei Monteure abgeworben habe. Mit Schreiben vom 29. Januar 1999 (Bl. 18) - als keine Arbeiter des Klägers mehr auf der Baustelle waren - teilte die Beklagte mit, daß die vom Kläger begonnenen Arbeiten nun von ihr und von Drittfirmen fertiggestellt würden.

Der Kläger stellte der Beklagten insgesamt drei - die jeweils vorangegangene korrigierende - Schlußrechnungen (Bl. 21 f., 119 f., 264 f.). Die letzte Schlußrechnung vom 4. August 2000 weist - wegen teilweise nicht bezahlter Abschlagsrechnungen - eine offene Restvergütung von 58.899,17 DM aus. Auf den vereinbarten Gewährleistungseinbehalt entfallen weitere 12.028,10 DM.

Mit der Behauptung, er habe die abgerechneten Leistungen mängelfrei erbracht, hat der Kläger letztlich die Zahlung der eben erwähnten Beträge aus der letzten Schlußrechnung verlangt. Den Einbehalt will er durch Bankbürgschaft ablösen.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 58.899,17 DM nebst 11,25 % Zinsen aus 40.408,86 DM ab dem 02.02.1999 und weitere 11,25 % aus 19.595,00 DM zu zahlen sowie,

die Beklagte weiter zu verurteilen, 12.028,10 DM Zug um Zug gegen Übergabe einer unwiderruflichen, unbefristeten, selbstschuldnerischen Bankbürgschaft der V bank K e. G. W zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat gerügt, die Klage sei wegen der Schiedsklausel in Ziff. 21 des Werkvertrags unzulässig. Dem Vergütungsanspruch ist sie wegen fehlender förmlicher Abnahme und deshalb entgegengetreten, weil die Rechnungen nicht prüffähig seien. Schließlich hat sie hilfsweise mit Gegenansprüchen (Ersatzvornahme- und Gerüstvorhaltekosten) von 53.898,82 DM aufgerechnet.

Mit dem am 20. Dezember 2000 verkündeten Urteil (Bl. 276 f.), auf dessen Inhalt ergänzend verwiesen wird, hat das Landgericht der Klage im wesentlichen - bis auf einen Teil der Zinsforderung - stattgegeben, weil der Kläger Anspruch auf die eingeklagte Vergütung habe und Gegenforderungen nicht bestünden.

Gegen dieses ihr am 5. Januar 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19. Januar 2001 Berufung eingelegt und diese - nach entsprechender Fristverlängerung - am 26. März 2001 begründet.

Die Beklagte meint, sie habe den Werkvertrag nicht gekündigt, die Vergütung sei mangels Abnahme und prüffähiger Abrechnung nicht fällig. An ihrer Hilfsaufrechnung hält sie fest.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat dahingehend Erfolg, daß die Klage als unzulässig abgewiesen wird, weil ihr die Einrede der Schiedsvereinbarung entgegensteht (§ 1032 Abs. 1 ZPO).

1. Das Urteil des Landgerichts leidet an einem wesentlichen Verfahrensfehler (§ 539 ZPO), weil die von der Beklagten erhobene Einrede der Schiedsvereinbarung völlig übergangen wurde (Verstoß gegen § 286 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte hatte gleich mit ihrer Klageerwiderung gerügt, daß die Klage vor dem staatlichen Gericht wegen der Schiedsklausel in Ziff. 21 des Werkvertrages unzulässig sei. Daß sie diese Rüge später fallengelassen hätte, ist weder dem angefochtenen Urteil noch dem sonstigen Akteninhalt zu entnehmen.

2. Der Senat kann aber eine eigene Sachentscheidung treffen, weil Spruchreife vorliegt (§ 540 ZPO). Die Klage ist gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO unzulässig.

a) Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Kläger eine restliche Vergütung aus dem Bauverträge zusteht, ist - für die zur Hilfsaufrechnung gestellten angeblichen Gegenforderungen gilt das nicht minder - Gegenstand der Schiedsvereinbarung, welche die Parteien in Ziff. 21 des im Mai 1998 geschlossenen Werkvertrags getroffen haben. Die Klausel bezieht sich nämlich auf alle sich aus besagtem Vertrage ergebenden Streitigkeiten.

b) Die Beklagte hat dies auch schon vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache gerügt, und zwar gleich eingangs ihrer Klageerwiderung (Bl. 41 f.). Daß sie die Rüge später fallengelassen hätte, ist - wie erwähnt - nicht erkennbar. Der Beachtlichkeit dieser Rüge steht nicht entgegen, daß sie sich - hilfsweise - auch in der Sache selbst verteidigt hat, denn bei sorgfältiger Prozeßführung war das aus Gründen der Vorsicht geboten.

c) Die Schiedsvereinbarung ist weder nichtig noch unwirksam oder undurchführbar.

Die im zehnten Buch der ZPO gegebenen Vorschriften zum schiedsrichterlichen Verfahren sind mit Wirkung ab dem 1. Januar 1998 in wesentlichen Punkten geändert worden. Hervorzuheben sind die Erleichterungen, die § 1031 ZPO (n. F.) hinsichtlich der Form der Schiedsvereinbarung gebracht hat. Wenn - wie hier - kein Verbraucher beteiligt ist, dann darf der Vertrag neben denjenigen Vereinbarungen, die sich auf das Schiedsverfahren beziehen, auch andere enthalten, wie sich im Umkehrschluß aus § 1031 Abs. 5 ZPO ergibt. Die Niederlegung der Schiedsvereinbarung in einer gesonderten Urkunde war daher nicht nötig. Es reicht aus, daß die Schiedsklausel in dem von beiden Seiten unterzeichneten Werkvertrag enthalten ist (§ 1031 Abs. 1 ZPO).

Entgegen der Ansicht des Klägers wird die Schiedsklausel in Ziff. 21 nicht durch die weitere Klausel in Ziff. 25 aufgehoben oder gegenstandslos gemacht. Dazu führt die verständige Auslegung des Vertragswerkes (§§ 133, 157 BGB). Zunächst einmal ist die Schiedsklausel in Ziff. 21 völlig eindeutig. Sie bezweckt, alle sich aus dem Vertrag ergebenden Streitigkeiten unter Ausschluß der staatlichen Gerichte einem Schiedsgericht zuzuweisen. Wenn es dort weiter heißt, Gerichtsstand sei Cottbus, dann ist hierdurch nur der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens festgelegt worden, wie der § 1043 Abs. 1 ZPO dies ermöglicht. Dem Satz in der Ziff. 25, wonach für Streitigkeiten aus dem Vertrag "das Gericht in Cottbus" zuständig sei, kommt keine entgegenstehende Bedeutung zu. Er bezieht sich zunächst nur auf den Sitz des Schiedsgerichts und dient im übrigen, also sofern er (auch) auf die staatlichen Gerichte abzielt, nur der Festlegung, vor welchem Gericht Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt werden können (§ 1033 ZPO) - Amtsgericht oder Landgericht Cottbus - und welches Oberlandesgericht für die im § 1062 ZPO bezeichneten Anträge zuständig sein soll.

Die Schiedsklausel ist nicht etwa deshalb unbeachtlich, weil sie - bis auf den Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens - keine weiteren Verfahrensregeln aufstellt. Letzteres ist nicht nötig, denn die ZPO enthält für diesen Fall alles, was erforderlich ist. Fehlt etwa - wie hier - eine nähere Vereinbarung über die Bildung des Schiedsgerichts, dann sehen die §§ 1034, 1035 ZPO drei Schiedsrichter vor und bestimmen auch, wie diese zu bestellen sind. Die Verfahrensregeln vor dem Schiedsgericht ergeben sich dann einerseits aus der ZPO und werden im übrigen von dem Schiedsgericht selber bestimmt (vgl. §§ 1042 f. ZPO).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteil ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert im Berufungsrechtszuge wird auf 70.927,27 DM festgesetzt. Die Hilfsaufrechnung bleibt außer Ansatz, weil über den Bestand der Gegenforderungen nicht entschieden ist (vgl. § 19 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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