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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 21.07.2004
Aktenzeichen: 13 U 40/04
Rechtsgebiete: BGB, GVG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 157
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1
GVG § 16
ZPO § 164 Abs. 1
ZPO § 164 Abs. 3
ZPO § 348 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 d)
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

13 U 40/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 21.07.2004

verkündet am 21.07.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten zu 1) gegen das am 05.02.2004 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - Az.: 12 O 298/03 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu 1) zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte zu 1) darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger von dem beklagten Rechtsanwalt eine Honorarrückzahlung.

Unter Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts ist Folgendes hervorzuheben:

Der Beklagte zu 1) betreibt mit dem vormaligen Beklagten zu 2) eine Rechtsanwaltssozietät. Die Ehefrau des Klägers begab sich in das Büro des vormaligen Beklagten zu 2) in ..., weil dem inhaftierten Kläger die Beteiligung an einer schweren räuberischen Erpressung zur Last gelegt wurde. In einem weiteren Gespräch verlangte der Beklagte zu 2) für seine Anwaltstätigkeit einen auch geleisteten Vorschuss in Höhe von 5.000,00 DM und riet der Ehefrau des Klägers, das vorhandene klägerische Vermögen auf das Konto des Beklagten zu 1) zu überweisen, um es vor dem etwaigen Zugriff Dritter zu sichern. Die Ehefrau des Klägers veranlasste daraufhin am 06.11.2001 die Überweisung eines Betrages in Höhe von 66.998,86 DM bzw. 34.255,97 € an den Beklagten zu 1).

Im Dezember 2001 ließ der Beklagte zu 2) den Kläger in der JVA ... eine Honorarvereinbarung unterzeichnen, wegen deren Inhalt auf die zur Akte gereichte Abschrift (Bl. 19 f. d. A.) verwiesen wird. Außerdem ließ er den Kläger am 8. Januar 2002 eine Abtretungserklärung unterschreiben, wegen deren Inhalt auf die Abschrift (Bl. 30 d. A.) Bezug genommen wird.

Mit Schreiben vom 11.09.2002 übersandte die Rechtsanwaltssozietät eine Gebührenrechnung vom 03.09.2002, nach der sich zu Gunsten des Klägers ein Erstattungsbetrag von 622,20 € ergab (Bl. 21 ff. d. A). Unter dem 02.10.2002 wurde sodann eine korrigierte Kostenrechnung übersandt, die zu Gunsten des Klägers einen Betrag in Höhe von 13.248,43 € auswies (Bl. 27 ff. d. A.).

Der Kläger hat vorgetragen, die Honorarvereinbarung sei sittenwidrig, weil sich der Beklagte zu 2) ein Honorar habe versprechen lassen, das die gesetzlichen Gebühren um mehr als das 60fache überschritten habe. Außerdem habe der Beklagte zu 2) die Furcht des Klägers vor Bestrafung ausgenutzt, um unberechtigte Gebührenforderungen durchsetzen zu können. Schließlich habe der Kläger, der der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sei, zu keiner Zeit Kenntnis über den wahren Inhalt der von ihm unterzeichneten und vorformulierten Schreiben gehabt. Dies sei dem Beklagten zu 2) auch bewusst gewesen.

Nach einer Klagerücknahme gegenüber dem ursprünglichen Beklagten zu 2) beim Landgericht Berlin und nach einer weiteren teilweisen Klagerücknahme gegenüber dem Beklagten zu 1) hat der Kläger zuletzt beantragt,

den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an ihn 33.115,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21.10.2002 zu zahlen.

Der Beklagte zu 1) hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Honorarvereinbarung nicht für sittenwidrig, sondern für wirksam gehalten. Das vereinbarte Honorar sei nicht unangemessen hoch gewesen. Der Beklagte zu 2) sei mit einer intensiven Strafverteidigung beauftragt gewesen.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage im Wesentlichen, und zwar in Höhe von 32.550,41 € nebst Zinsen stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe in dieser Höhe einen Anspruch auf Rückzahlung gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB. Der gesetzliche Honoraranspruch für die im Rahmen der Strafverteidigung geleisteten Dienste betrage unter Zugrundelegung der Höchstsätze 1.529,29 € brutto zuzüglich der beklagtenseits für den Kläger gezahlten Geldbuße in Höhe von 2.500,00 € und des Honorars aus der weiteren Angelegenheit ...-Zeugenbeistand. Insgesamt ergebe sich eine Forderung in Höhe von 4.262,02 €, von der der gezahlte Vorschuss in Höhe von 2.556,46 € abzusetzen sei, sodass eine berechtigte Forderung in Höhe von 1.705,56 € verbleibe. Da der Kläger auf das Konto des Beklagten zu 1) 34.255,97 € überwiesen habe, sei der Differenzbetrag in Höhe von 32.550,41 € rechtsgrundlos geleistet und zurückzuzahlen. Ein weitergehender Honoraranspruch bestehe nicht, denn die Honorarvereinbarung sei gem. § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und nichtig, weil ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehe.

Gegen dieses ihm am 26.02.2004 zugestellte Urteil hat der Beklagte zu 1) form- und fristgemäß Berufung eingelegt und diese ebenso begründet.

Mit seinem Rechtsmittel verfolgt er sein erstinstanzliches Klageziel in vollem Umfange weiter. Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens hält er den mit der Klage geltend gemachten Zahlungsanspruch weiterhin nicht für gegeben und die Honorarvereinbarung nicht für sittenwidrig, sondern für wirksam. Seine darüber hinaus erhobenen Besetzungsrügen hat er nach Einsicht in das Original des Berichtigungsvermerkes sowie nach Durchsicht des Geschäftsverteilungsplanes des Landgerichts Potsdam und des kammerinternen Geschäftsverteilungsplanes der 12. Zivilkammer für das Jahr 2003 wieder fallen lassen.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen darauf hingewiesen, dass und weshalb das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg verspricht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die zu Protokoll gegebene Erklärung Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg; sie ist unbegründet. Die Klage ist im zuerkannten Umfange begründet.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil zu Recht dem Kläger gegenüber dem Beklagten zu 1) einen Anspruch auf Rückzahlung wegen des rechtsgrundlos geleisteten bzw. einbehaltenen Betrages in Höhe von 32.550,41 € zuerkannt (§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternat. BGB). Hierbei ist es in zutreffender Weise von einer Sittenwidrigkeit der Anwaltshonorarvereinbarung wegen eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung ausgegangen (§ 138 BGB). Der Senat nimmt in vollem Umfange Bezug auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil. Auch das weitere Vorbringen des Berufungsklägers in der Berufungsinstanz rechtfertigt eine anderweitige Entscheidung nicht.

1. Die Besetzungsrüge des Beklagten zu 1), die sein Prozessbevollmächtigter nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage und nach Einsichtnahme in das Original des Berichtigungsvermerks vom 22.04.2004 sowie in die Geschäftsverteilungspläne des Landgerichts Potsdam und der 12. Zivilkammer für das Jahr 2003 in der mündlichen Berufungsverhandlung fallen gelassen hat, ist unbegründet (Art. 101 GG, § 16 GVG, § 164 ZPO).

1.1. Das verkündete Urteil weist im Original als an der Entscheidung Beteiligte neben den beiden Richterinnen am Landgericht F... und J... die Richterin am Landgericht Weber aus, die dieses auch unterschrieben hat (Bl. 121, 128 d. A.). Lediglich bei der Übertragung der handschriftlichen Änderungen und Ergänzungen in die Urteilsausfertigung hat sich im Rubrum eine, von der Geschäftsstelle zu berichtigende, offensichtliche Unrichtigkeit in Gestalt eines Schreibfehlers eingeschlichen, weil dort die Richterin am Landgericht Weger aufgeführt worden ist. Auch am Schluss des Urteils ist hingegen richtig die Richterin am Landgericht Weber angegeben worden. Eine Berichtigung ist insoweit beim Landgericht bereits am 22.04.2004 erfolgt (Bl. 147 d. A.) und zwar zu Recht von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, weil das Original diesen Fehler nicht enthält. Dies ist dem Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers vom Senat anhand der Akte erläutert worden.

1.2. Zur tatsächlichen und ordnungsgemäßen Besetzung der Richterbank in dieser Sache sowie zu der eine Protokollberichtigung vorausgesetzten Unrichtigkeit hat die den Vorsitz führende stellvertretende Kammervorsitzende, die Richterin am Landgericht F... bereits in Ziffer 2 der Verfügung vom 22.04.2004 ausführlich Stellung genommen. Auf die zutreffenden Ausführungen nimmt der Senat in vollem Umfange Bezug. Auch mit der Ladungsverfügung vom 27.04.2004 ist der Beklagte zu 1) darauf hingewiesen worden, dass die als dienstliche Äußerung anzusehende Verfügung der stellvertretenden Vorsitzenden zu einer Erledigung der Besetzungsrüge geführt hat.

Aus dem Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Potsdam für das Jahr 2003 ergibt sich, dass die beteiligten Richterinnen F..., J... und Weber in der 12. Zivilkammer - für die eine Spezialzuständigkeit im Sinne des § 348 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 d) ZPO begründet gewesen ist - tätig gewesen sind und die Richterin am Landgericht F... als stellvertretende Vorsitzende fungiert hat. Der kammerinterne Geschäftsverteilungsplan vom 01.04.2003 sieht gemäß Ziffer I. und III. a und b) für das vorliegende Verfahren mit der Endziffer 98 eine Berichterstattung durch BE III - die Richterin am Landgericht J... - und - neben dem Vorsitzenden - eine weitere Besetzung mit BE II - der Richterin am Landgericht Weber - vor, wobei der Vorsitzende im Falle seiner Verhinderung gemäß Ziffer III c) durch die stellvertretende Vorsitzende und BE I planmäßig vertreten wird. Weshalb die stellvertretende Vorsitzende am Verhandlungstage den Vorsitz geführt hat, hat sie bereits in der dienstlichen Äußerung vom 22.04.2004 ausgeführt, nämlich weil der VRLG H... urlaubsbedingt abwesend gewesen ist. Entgegen der Ansicht des Berufungsklägers ist der kammerinterne Geschäftsverteilungsplan auch nicht etwa von der Justizverwaltung zu erlassen, sondern von der Kammer zu beschließen (§ 21 g Abs. 1 GVG).

1.3. Die Berichtigung des landgerichtlichen Verhandlungsprotokolls vom 16.12.2003 ist formgerecht zustande gekommen. Gemäß § 164 Abs. 1 ZPO können Unrichtigkeiten des Protokolls, wozu auch die Angaben zur Gerichtsbesetzung zählen, jederzeit berichtigt werden. Vor der am 22.04.2004 erfolgten Protokollberichtigung (Bl. 146 d. A.) sind die Parteien auf der Grundlage der Verfügungen vom 15.01.und 05.02.2004 gehört worden (Bl. 113, 120 d. A.). Gemäß § 164 Abs. 3 ZPO erfolgt die Protokollberichtigung durch einen Berichtigungsvermerk; ein förmlicher Beschluss ist hingegen nicht erforderlich. Zu unterschreiben hat die Berichtigung bei einem Kollegialgericht derjenige Richter, der das Protokoll unterzeichnet hat (vgl. Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, 25. Aufl., § 164 Rdnr. 2 f.). Im vorliegenden Fall hat die, den Vorsitz in der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2003 führende Richterin am Landgericht F..., die auch das Verhandlungsprotokoll unterschrieben hat (Bl. 104 d. A.), den Berichtigungsvermerk vom 22.04.2004 unterzeichnet (Bl. 146 d. A.). Von dem Umstand, dass sich auf dem Original die Unterschrift dieser Richterin befindet, konnte sich der Prozessbevollmächtigte bei seiner Einsichtnahme vergewissern.

1.4. Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Verlegung des Verkündungstermins - die keine Entscheidung in der Sache selbst darstellt - generell in derjenigen Besetzung hätte erfolgen müssen, die an der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2003 beteiligt gewesen ist. Denn selbst wenn dies geboten gewesen wäre, würde es sich um einen bloßen Verkündungsmangel handeln, der einer Wirksamkeit des Urteils nicht entgegensteht und seine Aufhebung oder Abänderung allein nicht rechtfertigt (§ 538 ZPO).

2. In der Sache selbst ist das Landgericht zu Recht von einer Begründetheit des Bereicherungsanspruches und einer Sittenwidrigkeit der Honorarvereinbarung vom Dezember 2001 (Bl. 19 f. d. A.) ausgegangen.

2.1. Schuldner des Rückerstattungsanspruches ist auch der Beklagte zu 1). Denn der mit dem Kläger geschlossene Anwaltsvertrag ist mit der Sozietät zustande gekommen, die der Beklagte zu 1) mit dem früheren Beklagten zu 2) betreibt. Dies ergibt sich bereits aus den Kopfbögen ihrer eigenen Schriftsätze. Berechtigt und verpflichtet aus dem Anwaltsvertrag ist mithin auch der Beklagte zu 1) als Sozius, der Empfänger des Geldbetrages gewesen ist. Auch die Honorarvereinbarung selbst ist mit der Sozietät abgeschlossen worden. Dies ergibt sich bereits aus der Bezeichnung "W... Rechtsanwälte" im Eingang der Vereinbarung (Bl. 19 d. A.).

2.2. Gläubiger des Rückerstattungsanspruches ist weiterhin der Kläger. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Abtretungserklärung vom 8. Januar 2002 (Bl. 30 d. A.). Denn bereits eine vom Wortlaut der Erklärung ausgehende Auslegung des Vertragstextes (§ 133, 157 BGB) führt dazu, dass nur soweit eine Abtretung des Rückerstattungsanspruches des Klägers wegen des auf das Konto des Beklagten zu 1) geleisteten Betrages an den früheren Beklagten zu 2) erfolgt ist, wie berechtigte Honoraransprüche bestehen. Denn die Abtretung an Rechtsanwalt W... ist ausdrücklich nur zur Sicherung seiner Honoraransprüche erfolgt. Soweit ein diesbezügliches Sicherungsbedürfnis jedoch nicht vorliegt, weil die Honoraransprüche nicht begründet sind, ist der Kläger erkennbar Forderungsinhaber geblieben. Im Übrigen bezieht sich die Abtretung ausweislich ihres Wortlautes nur auf einen Betrag von 26.302,70 €. Wegen des verbleibenden Differenzbetrages zu dem tatsächlich auf das Konto des Beklagten zu 1) eingezahlten Betrag in Höhe von 34.255,97 € ist jedenfalls nach dem Wortlaut ohnehin eine Abtretung nicht erfolgt.

2.3. Die Honorarvereinbarung vom Dezember 2001 ist sittenwidrig und damit nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB).

a) Eine übermäßig hohe Vergütung kann sittenwidrig und nichtig sein, wenn weitere Umstände hinzukommen. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen der Leistung des Anwaltes und der Vergütung ein auffälliges Missverhältnis besteht und der Anwalt die Unterlegenheit des Mandanten bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt hat. Hierbei lässt in der Regel das auffällige Missverhältnis den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung desjenigen zu, der sich die überhöhte Vergütung hat zusagen lassen (vgl. BGHZ 144, 343 ff.; NJW 2002, 2774 f. und AnwBl 2003, 721 m.w.N.).

b) Die Honorarvereinbarung vom Dezember 2001, nach deren §§ 2 und 3 sich die Rechtsanwälte ein Honorar in Höhe von 20.000,00 DM nebst den gesetzlichen Gebühren für das Vorverfahren zuzüglich Mehrwertsteuer und darüber hinaus ein Honorar in Höhe von 350,00 DM nebst gesetzlicher Mehrwertsteuer für jede geleistete Stunde der anwaltlichen Tätigkeit sowie weitere Gebühren nach jeweiliger Anforderung durch den Verteidiger haben versprechen lassen, ergibt ein derartig auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Sie führt zu einer Honorarforderung, die die vom Landgericht in zutreffender und von dem Berufungskläger nicht angegriffener Weise berechnete gesetzliche Vergütung um das Vielfache übersteigt.

Die gesetzlichen Gebühren belaufen sich ausweislich der zutreffenden Berechnungen des Landgerichts auf 1.529,29 €. Die mit dem Schreiben vom 11.09.2002 übersandte und nach der Honorarvereinbarung erstellte Gebührenrechnung vom 03.09.2002 führt - bei den dort zunächst abgerechneten 60 Stunden - zu einem Honorar in Höhe von 49.664,82 DM = 25.393,22 €. Dies entspricht dem 16,60-fachen Betrag der gesetzlichen Gebühren. Selbst die auf 40 Stunden korrigierte Kostenrechnung vom 02.10.2002 ergibt auf der Grundlage der Honorarvereinbarung ein Bruttohonorar in Höhe von 18.101,12 € + 2.896,18 € Umsatzsteuer = 20.997,30 €. Dies stellt im Vergleich zu den gesetzlichen Gebühren in dieser Angelegenheit den 13,73-fachen Betrag dar. Der vom Beklagten zu 1) behaupteten besonderen Schwierigkeit und Intensität der Strafverteidigung hat das Landgericht hierbei bereits hinreichend durch Ansatz der jeweiligen Höchstsätze Rechnung getragen.

Zwar kann eine anwaltliche Honorarvereinbarung grundsätzlich dann das Sittengesetz nicht verletzen, wenn sie zu einem aufwandsangemessenen Honorar führt. Hier ist jedoch auch die äußerste Grenze eines aufwandsangemessenen Honorars um das Mehrfache überschritten worden. Selbst das nach § 2 Abs. 1 der Vereinbarung zusätzlich zu zahlende Pauschalhonorar in Höhe von 20.000 DM netto führt ungefähr zu einer Verdoppelung des nach Stundensätzen abgerechneten Zeithonorars aus § 2 Abs. 2 in Höhe von ursprünglich 21.000 DM bzw. von zuletzt noch 14.000 DM netto. Zudem handelt ein Anwalt bereits dann sittenwidrig, wenn er - wie vorliegend - bei Vereinbarung eines Stundensatzes seinen Aufwand in grober Weise aufbläht und bei den berechneten Einzeltätigkeiten und ihrer Dauer die objektiv gebotene Konzentration und Beschleunigung der Mandatswahrnehmung - das Wirtschaftlichkeitsgebot im Mandanteninteresse- wissentlich außer Acht lässt. Vorliegend ist weder dargetan noch in sonstiger Weise ersichtlich, weshalb unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ein sechzigstündiger Zeitaufwand erforderlich gewesen sei, der zunächst der Gebührenrechnung zugrunde gelegt und später in der korrigierten Gebührenrechnung selbst auf vierzig Stunden reduziert worden ist. Selbst dieser Zeitaufwand ist unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze nicht hinreichend dargetan. Vielmehr ist ein substantiiertes Vorbringen des Beklagten zu 1) zum Umfang einer erforderlichen anwaltlichen Tätigkeit lediglich in Höhe 6,20 h dem Schriftsatz vom 22.04.2003 zu entnehmen (Bl. 73 ff. d. A.).

Zu Recht hat deshalb bereits das Landgericht auf Seite 6 f. des Urteils darauf hingewiesen, dass in der Rechnung der mandatierten Anwaltssozietät ein Stundenanfall von 60 h angegeben sei und die Beklagtenseite diesen Anfall nicht nachvollziehbar dargetan habe, sondern sich ihr Vortrag darauf beschränkt habe, in unsubstantiierter Weise Besuche des Beklagten zu 2) bei dem Kläger zu benennen. Erforderlich wäre vielmehr gewesen, im Einzelnen darzulegen, welchen Inhalt die geführten Gespräche gehabt hätten, um einerseits einer Erwiderung durch den Kläger und andererseits eine Überprüfung zu ermöglichen, ob der Anwalt den Aufwand nicht in grober Weise eigensüchtig aufgebläht und bei der Berechnung der Einzeltätigkeit und ihrer Dauer die objektiv gebotene Konzentration und Beschleunigung der Mandatswahrung nicht wissentlich außer Acht gelassen hat. Substantiiert dargetan ist erstinstanzlich lediglich ein Aufwand von 6,20 h. Auch in der Berufungsinstanz ist eine weitere Substantiierung des Beklagtenvorbringens hierzu nicht erfolgt.

Das auffällige Missverhältnis zwischen Vergütungshöhe und erforderlicher Leistung rechtfertigt auch hier den Schluss auf die verwerfliche Gesinnung der beauftragten Anwaltssozietät, die die überhöhte Vergütung verlangt hat. Umstände, die hier eine andere Beurteilung rechtfertigen, sind weder dargetan noch in sonstiger Weise ersichtlich. Danach spricht vielmehr alles dafür, dass die Sozietät die Unerfahrenheit des ausländischen Klägers im anwaltlichen Gebührenrecht dazu ausgenutzt hat, sich ein anstößig hohes Honorar zusagen und gewähren zu lassen.

3. Der Kläger kann daher den einbehaltenen Betrag, soweit er über die gesetzlich geschuldete Vergütung hinaus geht, als rechtsgrundlose Leistung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zurückfordern.

Eine nach §§ 133, 157 BGB vorzunehmende Auslegung der Abtretungserklärung vom 8. Januar 2002 ergibt - wie das Landgericht weiter zutreffend ausgeführt hat - einen generellen Verzicht auf den Rückforderungsanspruch nicht. Vielmehr hat der Kläger in der vorformulierten Erklärung erkennbar nur insoweit auf einen Rückforderungsanspruch verzichtet, soweit der beauftragten Anwaltssozietät tatsächlich ein Honoraranspruch zusteht. Ein darüber hinausgehender allgemeiner Verzicht seines Rückforderungsanspruches für die auf das Konto des Beklagten zu 1) geleisteten 34.255,97 € ist dem Inhalt der Erklärung indes nicht zu entnehmen.

Außerdem hat der ursprüngliche Beklagte zu 2) - erkennbar für die mit dem Beklagten zu 1) geschlossene Sozietät handelnd - mit Schreiben vom 02.10.2002 eindeutig und unmissverständlich einen klägerischen Rückerstattungsanspruch in Höhe von 13.248,43 € anerkannt und dies im Einzelnen in der korrigierten Kostenrechnung aufgeschlüsselt und erläutert (Bl. 27 ff. d. A.). Es handelt sich hierbei jedenfalls um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, weil insoweit bereits auch ein Streit der Parteien über die Vergütungshöhe und den Rückforderungsanspruch entstanden war, mit der Folge, dass der Beklagte zu 1) mit sämtlichen ihm bekannten oder erkennbaren Einwendungen ausgeschlossen ist, namentlich soweit er diese aus dem Inhalt der Abtretungserklärung vom 8. Januar 2002 herleitet. Insoweit ist eine Schuldbestätigung der auf § 812 Abs. 1 BGB beruhenden Rückerstattungsverpflichtung erfolgt.

4. Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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