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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 25.10.2007
Aktenzeichen: 13 WF 25/07
Rechtsgebiete: FGG, KostO


Vorschriften:

FGG § 13 a Abs. 1 Satz 1
FGG § 19 Abs. 1
FGG § 20
FGG § 33
KostO § 131 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

13 WF 25/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 4. Familiensenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 29. August 2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 10. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Trimbach und den Richterinnen am Oberlandesgericht Surkau und Rieger

am 25.10.2007

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 10. Juli 2007 - 20 F 177/05 - aufgehoben.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Elternteil selbst.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 100 € festgesetzt.

Der Antragsgegnerin wird Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens unter Beiordnung von Rechtsanwältin Hedwig in Falkensee bewilligt.

Gründe:

I.

Die Parteien haben sich in der nichtöffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Nauen vom 19. April 2007 über den Umgang des Antragstellers mit den gemeinsamen Kindern M... und S... G..., geb. am ... 2004, durch Vergleich geeinigt, dessen Inhalt sich das Amtsgericht zu Eigen gemacht hat. Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 19.4.2007 der Kindesmutter für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen den gerichtlichen Vergleich vom 19.4.2007 ein Zwangsgeld von 500 € angedroht.

Nachdem das Jugendamt des Landkreises H... am 20.6.2007 dem Familiengericht Mitteilung davon machte, dass bisher ein Hilfeplangespräch nicht stattgefunden habe, beantragte die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers in der nichtöffentlichen Sitzung am 10.7.2007 gegen die Kindesmutter für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen den gerichtlichen Vergleich vom 19.4.2007 ein Zwangsgeld gemäß § 33 FGG festzusetzen. Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten.

Das Amtsgericht hat nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 10. Juli 2007 gegen die Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen den gerichtlichen Vergleich vom 19.4.2007 ein Zwangsgeld in Höhe von je 100 €, für den Fall der Nichtbeitreibung einen Tag Zwangshaft festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, die Antragsgegnerin habe entgegen ihrer Verpflichtung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 19.04.2007 dem Kindesvater keinen Umgang mit den Söhnen M... und S... gewährt. Vielmehr habe sie sich geweigert, zur Vorbereitung des vereinbarten begleiteten Umgangs ein Hilfeplangespräch beim Jugendamt des Landkreises H... wahrzunehmen.

Hiergegen hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, sie habe keinen Umgang der Kinder mit dem Kindesvater verweigert und es fehle im Übrigen an einer Vollzugsfähigkeit des Vergleichs bezüglich eines unterbliebenen Hilfeplangespräches. Im Übrigen sei sie schuldlos an der Durchführung sowohl des Hilfeplangespräches am 7. Mai 2007 als auch am 21.6.2007 gehindert gewesen. Darüber hinaus hätten zwischenzeitlich Hilfeplangespräche am 9. und am 16. August 2007 stattgefunden.

II.

Die gemäß §§ 19 Abs. 1, 20 FGG zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat auch in der Sache Erfolg und musste zu einer Aufhebung des Zwangsgeldbeschlusses des Amtsgerichts Nauen führen.

Die Festsetzung eines Zwangsgeldes, das der Durchsetzung einer Umgangsregelung dient, setzt eine vollzugsfähige gerichtliche Verfügung voraus, die hinreichend bestimmt ist. Die gerichtliche Verfügung muss die Verpflichtung eines Beteiligten zur Vornahme einer Handlung oder einer Unterlassung oder Duldung der Vornahme einer Handlung mit einer jeden Zweifel ausschließenden Bestimmtheit enthalten. Weiter muss die Handlung ausschließlich vom Willen des Verpflichteten abhängen. Gerichtliche Verfügungen, die nur feststellenden Charakter haben, haben keinen vollzugsfähigen Inhalt (OLG Brandenburg NJWE-FER 1997, 211).

Es bestehen bereits Bedenken gegen das Vorliegen einer vollzugsfähigen gerichtlichen Verfügung, soweit dies hier die Ziffern 1. und 12. des am 19.4.2007 geschlossenen und genehmigten Vergleichs anbelangt.

In der Ziffer 1. Absatz 1 wird lediglich die Feststellung getroffen, dass sich die Kindeseltern zunächst für die Dauer von zwei Monaten auf die Durchführung eines begleiteten Umgangs geeinigt haben, sowie Umgangsbegleiter und die Zeit des Umgangs genannt. Soweit im 2. Absatz der Ziffer 12. ausgeführt wird, dass das zur Vorbereitung der Hilfe zur Erziehung notwendige Hilfeplangespräch am 7. Mai 2007, 9.00 Uhr, in den Räumlichkeiten des Jugendamtes des Landkreises H..., Außenstelle F..., vorbehaltlich der Bestätigung dieses Termins durch den Träger der Hilfe, nämlich dem S... e.V. stattfinden wird, ergibt sich aus dem Inhalt der Ziffern 1. und 12. des Vergleichs weder die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Vornahme einer Handlung noch war diese ausschließlich von ihrem Willen abhängig.

Auch wenn die übrigen zwischen den Parteien getroffenen Regelungen zu den Einzelheiten des Umgangs einen vollzugsfähigen Inhalt haben mögen, kam es hier entscheidend auf die Frage der Vollzugsfähigkeit der Ziffern 1. 1. und 12. 2. Absatz an, denn nur insoweit kam ein Verstoß der Kindesmutter gegen die getroffenen Regelungen in Betracht. Die in Ziffer 1. getroffene Feststellung der gefundenen Einigung über einen begleiteten Umgang bedurfte weiterer vorbereitender Maßnahmen, wie u. a. des im 2. Absatz der Ziffer 12. des gerichtlichen Vergleichs aufgeführten Hilfeplangespräches, dessen Durchführung aber nicht allein vom Willen der Antragsgegnerin abhängig war.

Auch gegen das Vorliegen der weiteren Voraussetzung für die Festsetzung eines Zwangsgeldes, nämlich dessen vorherige wirksame Androhung (§ 33 Abs. 3 Satz 1 FGG), bestehen Bedenken dergestalt, als die mit Beschluss vom 19.4.2007 erfolgte Androhung des Zwangsgeldes zu allgemein gehalten sein dürfte. Denn das Zwangsgeld muss zur Erzwingung einer bestimmten Handlung (Unterlassung) angedroht worden sein mit der Folge, dass eine allgemeine Androhung "für jeden Fall der Zuwiderhandlung" unzulässig sein dürfte (s. hierzu Bumiller/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 8. Aufl., Rdnr. 11 zu § 33). Jedenfalls konnte die Androhung des Zwangsgeldes nur die Zuwiderhandlung gegen eine der Kindesmutter obliegenden Verpflichtung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 19.4.2007 betreffen.

Weiter setzt die Festsetzung eines Zwangsgeldes voraus, dass der Verpflichtete gegen eine ihm durch gerichtliche Verfügung auferlegte Verpflichtung objektiv verstoßen und dabei schuldhaft gehandelt hat. Das Zwangsgeld nach § 33 FGG ist keine Sühne oder Buße für begangene Pflichtwidrigkeiten, sondern vielmehr ein Beugemittel, das ausschließlich dazu dient, die Befolgung gerichtlicher Anordnungen zu erzwingen. Soweit das Amtsgericht Nauen in seiner Begründung des Zwangsgeldbeschlusses darauf abgestellt hat, die Kindesmutter habe unstreitig gegen den gerichtlichen Vergleich verstoßen, weil sie den Kindesvater trotz der im Vergleich enthaltenen Verpflichtung bisher keinen Umgang mit den gemeinsamen Kindern M... und S... gewährt habe, übersieht das Amtsgericht, dass die beim Jugendamt des Landkreises H... wahrzunehmenden Hilfeplangespräche notwendige Voraussetzung für den vereinbarten begleiteten Umgang waren. Wie bereits ausgeführt, war die Durchführung des Hilfeplangespräches aber weder in Form einer Verpflichtung der Kindesmutter im Vergleich enthalten noch war die Durchführung dieses Gespräches allein von ihrem Willen abhängig. Selbst wenn man der Ansicht des Amtsgerichts folgen wollte und das nicht durchgeführte bzw. nicht wahrgenommene Hilfeplangespräch als eine Verweigerung des Umgangsrechtes ansehen wollte, hätte die Festsetzung eines Zwangsgeldes nur bei einem schuldhaften Verstoß gegen die objektiv bestehende Verpflichtung erfolgen können. Ein solcher ist hier aber nicht einwandfrei feststellbar. Wie sich aus der Anhörung der Parteien im Termin am 10.7.2007 und dem Bericht des Jugendamtes des Landkreises H... vom 20.06.2007 zweifelfrei ergibt, war nicht nur die Kindesmutter, sondern auch der Kindesvater in dem anberaumten Termin am 7.5.2007, zu dem die Kindeseltern beide beim Jugendamt erschienen waren, nicht bereit, das Hilfeplangespräch zu führen. Den danach vereinbarten Termin hat die Antragsgegnerin aus nachvollziehbaren Gründen abgesagt, jedenfalls steht in keiner Weise fest, dass sie nicht tatsächlich an der Wahrnehmung des Termins gehindert war.

Letztlich kann all dies jedenfalls für das Beschwerdeverfahren dahinstehen, denn eine Festsetzung des Ordnungsgeldes kommt jedenfalls dann nicht mehr in Betracht, wenn den Anordnungen Folge geleistet wird, denn dann ist der Zweck der Androhung, den Willen des Ungehorsamen zu beugen, erreicht, mit der Folge, dass eine Festsetzung von Zwangsgeld ausgeschlossen ist (Brandenburgisches Oberlandesgericht FamRZ 2001, 36).

Dies folgt schon daraus, dass das Beschwerdegericht zu prüfen hat, ob im Zeitpunkt seiner Entscheidung das Zwangsmittel noch gerechtfertigt ist (Bumiller/Winkler, a.a.O., Rdnr. 25 zu § 33, Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., Rdnr. 26 zu § 33 m.w.N.).

Das Zwangsmittel ist hier schon deshalb nicht mehr gerechtfertigt, weil zwischenzeitlich am 9. und 16. August 2007 beim Jugendamt des Landkreises H... Hilfeplangespräche durchgeführt wurden und nunmehr (erst) die Voraussetzungen für den begleiteten Umgang geschaffen worden sind, den die Parteien entsprechend dem weiter vereinbarten Inhalt, wie er sich aus dem Vergleich ergibt, durchzuführen haben.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG. Danach ist Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht billig. Die Entscheidung zu den Gerichtskosten ergibt sich aus § 131 Abs. 1 Satz 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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