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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.01.2002
Aktenzeichen: 14 U 123/01
Rechtsgebiete: AGBGB, BGB


Vorschriften:

AGBGB § 3
BGB § 242
BGB § 276
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

14 U 123/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht 023

Anlage zum Protokoll vom 16.01.2002

Verkündet am 16.01.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2002 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 29. August 2001 wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Kläger und Berufungskläger nehmen die Beklagte auf Schadensersatz aus einer vorzeitigen Beendigung zweier mit ihr geschlossener Darlehensverträge in Anspruch.

Die Kläger nahmen mit Vertrag vom 12./23. September 1994 zur Finanzierung einer Grundsanierung des auf dem Grundstück der Klägerin zu 1. in T... befindlichen Gebäudes einen Kredit bei der B... AG auf; der Vertrag war für die Zeit bis zum 30. September 1999 fest abgeschlossen. Mit Wirkung ab 1. Oktober 1999 schlossen die Parteien am 16. August 1999 über die verbliebene Restschuld von 280.000,00 DM insgesamt zwei neue Darlehensverträge (vgl. Anlagen K 1, 2; Bl. 14 ff. d.A.), wobei die Beklagte als Darlehensgeberin günstigere Vertragsbedingungen als die B... AG anbot. Die Verträge verhielten sich über Darlehenssummen von 76.000,00 DM (zum Kreditvertrag Konto-Nr. ...76) und von 204.000,00 DM (zum Kreditvertrag Konto-Nr. ...25), die für 10 Jahre, das heißt bis zum 30. Juni 2009, jährlich bei einer Tilgung von 2 % mit 5,5 % fest verzinst werden sollten. Eine Einbeziehung der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten wurde vertraglich vereinbart. Ziffer 26 Abs. 2 dieser allgemeinen Geschäftsbedingungen enthält u. a. folgende Regelung:

"Ungeachtet anderweitiger Vereinbarungen können sowohl der Kunde als auch die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, auf Grund dessen dem Kündigenden die Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen nicht zugemutet werden kann.

Für die Sparkasse ist ein solcher Kündigungsgrund insbesondere gegeben, wenn auf Grund der nachfolgend beispielhaft aufgeführten Umstände die Einhaltung der Zahlungsverpflichtungen des Kunden oder die Durchsetzbarkeit der Ansprüche der Sparkasse gefährdet wird:

a)

wenn eine wesentliche Verschlechterung oder eine erhebliche Gefährdung der Vermögensverhältnisse des Kunden eintritt, insbesondere wenn der Kunde die Zahlungen einstellt oder erklärt, sie einstellen zu wollen, oder wenn von dem Kunden angenommene Wechsel zu Protest gehen;

...

c)

wenn der Kunde unrichtige Angaben über seine Vermögensverhältnisse gemacht hat;".

In Ziffer 9.3 der von den Parteien geschlossenen Kreditverträge bestimmten die Parteien, dass die Beklagte berechtigt sein sollte, die Darlehensauszahlung abzulehnen oder bereits ausgezahlte Darlehen für sofort fällig und zahlbar zu erklären, wenn "sich die in den Beleihungsunterlagen enthaltenen Angaben als unrichtig erweisen oder wesentliche Änderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Darlehensnehmers oder Sicherungsgebers eintreten, insbesondere wenn die Gesamtfinanzierung des Bauvorhabens nicht mehr gesichert ist oder die Fertigstellung aus anderen Gründen als gefährdet erscheint".

Zur Sicherung der Darlehensforderungen räumte die Klägerin zu 1. der Beklagten eine erstrangige Buchgrundschuld in Höhe von 296.000,00 DM auf ihrem Grundstück in T... ein (vgl. Zweckerklärung vom 16. August 1999, Bl. 22 d.A.).

Im Vorfeld des Vertragsschlusses hatten die Kläger der Beklagten am 11. Juli 1999 eine Selbstauskunft über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erteilt. Der Kläger zu 2. gab darin an, dass er als Geschäftsführer der K... GmbH ein monatliches Nettoeinkommen von 10.000,00 DM bei laufenden Verpflichtungen in Höhe von 4.465,00 DM und bestehenden Bankbürgschaften in Höhe von 750.000,00 DM zu Gunsten der K... GmbH erziele (vgl. Bl. 39 f. d.A.).

Am 21. August 1999 wiesen die Kläger die Beklagte an, die Darlehensbeträge direkt der nunmehr als B... Hyp... AG ("B... Hyp") firmierenden Vorgläubigerin auszuzahlen. Die Beklagte bestätigte am 16. September 1999 diese Anweisung. Sie stellte der B... Hyp mit Schreiben vom 23. September 1999 einen Betrag von 279.876,66 DM treuhänderisch zu Verfügung, wobei die Verfügbarkeit über den Geldbetrag an die Erfüllung zahlreicher Auflagen gekoppelt war, deren Erfüllung nicht lediglich in Händen der Treunehmerin lag. Die B... Hyp sollte u. a. lediglich mit der Maßgabe über den Geldbetrag verfügen dürfen, dass die Abtretung der zu ihren Gunsten im Grundbuch eingetragenen Grundschuld über 296.000,00 DM an die Beklagte sichergestellt war, der eine vollstreckbare Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde übersandt werden sollte.

Die Beklagte widerrief den Treuhandauftrag mit Schreiben vom 4. Oktober 1999 auf Grund eines vom Kläger zu 2. für die K... GmbH zwischenzeitlich gestellten Insolvenzantrages. Den Klägern teilte die Beklagte später mündlich mit, dass sie die mit ihnen geschlossenen Darlehensverträge unter dem 4. Oktober 1999 gekündigt habe. Mit Schreiben vom 2. November 1999 (Anlage K 6, Bl. 25 d.A.) forderte sie von ihnen auf Grund der Darlehensrückabwi-cklung die Zahlung einer Gebühr von 500,00 DM und machte am 15. November 1999 schriftsätzlich geltend (vgl. Anlage K 8, Bl. 29 d.A.), die streitgegenständlichen Darlehen seien wegen der Zahlungsunfähigkeit der K... GmbH und der daraus resultierenden wesentlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger gekündigt worden.

In der Folgezeit gelang den Klägern eine Neukreditierung ihrer Restschuld, indem sie mit der B... Hyp einen Vertrag über die Gewährung eines Darlehens von 279.876,66 DM zu einem Nominalzinssatz von 5,8 % bei einer Festlaufzeit von (nur) fünf Jahren - das heißt bis zum 30. Oktober 2004 - abschlossen (vgl. Vertragsangebot, Anlage K 4, Bl. 23 f. d.A.).

Die Kläger machen folgende Schadenspositionen im Gesamtvolumen von 4.913,43 DM gegen die Beklagte geltend:

- unnütz aufgewandte pauschale Wertschätzungskosten für das Grundstück der Klägerin zu 1. in Höhe von 250,00 DM

Hilfsweise beriefen sich die Kläger erstinstanzlich auf die Unwirksamkeit der insofern zwischen den Parteien am 28. Juni 1999 vereinbarten Kostenübernahmeerklärung, da es sich insoweit um eine überraschende Klausel im Sinne des § 3 AGBGB handele.

- von der Beklagten abgebuchte Kreditzinsen für den Monat Oktober 1999 in Höhe von 342,22 DM

Nach Auffassung der Kläger besteht ihr Schaden insoweit darin, dass ein entsprechender Betrag für den Monat Oktober 1999 auf Grund des mit der B... Hyp geschlossenen Darlehensvertrages nochmals gezahlt werden musste.

- unnütz aufgewandte Beglaubigungskosten in Höhe von 261,00 DM im Zusammenhang mit der Grundschuldumschreibung auf die Beklagte

- Ersatz des Zinsschadens für den Kredit zur Konto-Nr. ...76 für die Zeit von Oktober 1999 bis einschließlich Oktober 2004: 1.102,87 DM (Forderungsaufstellung Bl. 9, 10 d.A.)

- Ersatz des Zinsschadens hinsichtlich des Darlehens über 204.000,00 DM im Zeitraum von Oktober 1999 bis einschließlich Oktober 2004 in Höhe von 2.960,34 DM.

Am 17. April 2000 erklärten die Kläger hilfsweise die außerordentliche Kündigung der mit der Beklagten abgeschlossenen Darlehensverträge für den Fall, dass die Verträge noch nicht wirksam aufgelöst worden seien.

Bereits erstinstanzlich waren die Kläger der Ansicht, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Darlehensverträge unberechtigt beendet und sich daher schadenersatzpflichtig gemacht habe. Insbesondere habe kein Kündigungsgrund bestanden, da eine wesentliche Verschlechterung bzw. eine erhebliche Gefährdung ihrer, der Kläger, Vermögensverhältnisse nicht eingetreten sei. Insbesondere habe der Kläger zu 2. vor und nach Vertragsanbahnung durchgehend über das in der Selbstauskunft angegebene Einkommen verfügt, das er schließlich als Geschäftsführer der Bau... P... mbH erzielt habe. Angesichts ausreichender auch anderweitiger Sicherheiten sei die Erfüllung der klägerischen Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten zu keiner Zeit gefährdet gewesen. Im Gegenteil, so führten die Kläger weiter aus, habe die Beklagte ihre vertragliche Hauptleistungspflicht dadurch verletzt, dass sie durch die veranlasste Rückbuchung der Darlehensbeträge zu erkennen gegeben habe, zur Vertragserfüllung ihrerseits nicht bereit zu sein. Weiterhin habe sie ihre vertraglichen Nebenpflichten verletzt, indem sie sich bei ihnen, den Klägern, nicht über deren tatsächliche Vermögensverhältnisse informiert, sondern die Vertragsauflösung unmittelbar vollzogen habe. Deshalb hafte sie für den entstandenen Schaden nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung.

Ihnen, den Klägern, sei es nicht möglich gewesen, einen neuen Darlehensvertrag zu besseren Konditionen als den von der B... Hyp gewährten abzuschließen. Eine Laufzeit von lediglich fünf Jahren sei zur Schadensminderung eingegangen worden, weil für Verträge mit einer festen Laufzeit von zehn Jahren mindestens 6,3 % Kreditzinsen p. a. angefallen wären. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der B... Hyp hätten für die Darlehensgeber keine höheren Kreditrisiken als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Beklagten bestanden, weshalb der mit der B... Hyp vereinbarte Zinssatz von 5,8 % p. a. keinen besonderen Risikoanteil enthalte, sondern vielmehr Ausfluss eines gesteigerten Zinsniveaus gewesen sei.

Ihr Feststellungsbegehren rechtfertige sich daraus, dass der Zinsschaden für die Zeit zwischen dem 1. November 2004 und dem 30. Juni 2009 derzeit nicht bezifferbar sei. Seine Höhe lasse sich erst ermitteln, wenn sie, die Kläger, nach Ablauf der Festlaufzeit zum 30. Oktober 2004 einen neuen Vertrag abschlössen.

Die Kläger haben erstinstanzlich beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 4.916,43 DM nebst 5,8 % Zinsen auf 853,22 DM seit dem 19. November 1999 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihnen sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die ihnen zwischen dem 1. November 2004 und 30. Juni 2009 wegen der Beendigung der Darlehensverträge mit der Beklagten vom 16. August 1999 (Darlehens-Kontonummern ...25 und ...76) noch entstehen;

3. festzustellen, dass der Beklagten kein Anspruch gegen die Kläger auf Zahlung von 500,00 DM Bearbeitungsgebühr aus der Beendigung der Darlehensverträge mit der Beklagten vom 16. August 1999 (Darlehens-Kontonummern wie zu 2.) zusteht.

Die Beklagte hat den Klageanspruch zu 3. anerkannt.

Hinsichtlich der Klageanträge zu 1. und zu 2. hat die Beklagte erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend hat sie beantragt,

die Kläger als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.534,95 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Kläger haben beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat in I. Instanz die Rechtsauffassung vertreten, sie sei vor dem Hintergrund ihres damaligen Wissens- und Erkenntnisstandes berechtigt gewesen, von der Fortsetzung der streitgegenständlichen Verträge abzusehen. Anfang September 1999 habe sich der Kläger zu 2. bei ihrer Kreditsachbearbeiterin Kü... erkundigt, ob die Darlehensvaluten bereits ankündigungsgemäß zur Auszahlung gelangt seien, und dabei beiläufig erwähnt, dass er als Geschäftsführer der K... GmbH zwischenzeitlich einen Insolvenzeröffnungsantrag über deren Vermögen gestellt habe. Aus dieser Auskunft des Klägers zu 2. habe sie, die Beklagte, auf eine wesentliche Verschlechterung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Klägers zu 2. geschlossen, zumal dieser gemäß der Selbstauskunft sein Einkommen aus dieser Gesellschaft bezogen haben sollte. Außerdem habe sie befürchtet, dass der Kläger zu 2. aus den übernommenen Bürgschaften für die K... GmbH in Anspruch genommen werden könnte. Zudem habe sie auf der Basis der Selbstauskunft davon ausgehen müssen, der Kläger zu 2. habe sie getäuscht. Seine Angabe, noch im Juli 1999 über ein Nettoeinkommen aus seiner Geschäftsführertätigkeit in Höhe von 10.000,00 DM verfügt zu haben, entspräche nicht der Wahrheit.

Da die B... Hyp den Treuhandvertrag über 279.876,66 DM bis zum 10. Oktober 1999 noch nicht bestätigt und angenommen gehabt habe, sei sie, die Beklagte, auf Grund fehlender Valutierung bereits berechtigt gewesen, die Darlehensversprechen zu widerrufen. Jedenfalls aber habe sie mit Schreiben vom 4. Oktober 1999 (Bl. 43 d.A.) das Darlehen wirksam außerordentlich gekündigt.

Die von ihr verwendeten allgemeinen Geschäftsbedingungen seien banküblich und wirksamer Vertragsbestandteil geworden. Der klageweise geltend gemachte Zinsmehraufwand der Kläger sei lediglich Ausfluss der mangelnden Bonität des Klägers zu 2. und von ihr deshalb nicht zu ersetzen.

Durch die vorzeitige Rückführung der Darlehensverbindlichkeit sei ihr ein Zinsausfall entstanden, den sie im Wege der Widerklage als Vorfälligkeitsentschädigung ersetzt verlange. Ihr sei es lediglich möglich gewesen, die vorzeitig zurückgeführten Darlehensmittel zu einem Effektivzins von 5,573 % p. a. wieder anzulegen, woraus ein Zinsschaden in Höhe von 0,067 % p. a. resultiere. Der Gesamtschaden im Hinblick auf den Darlehensvertrag über 76.000,00 DM betrage deshalb 485,17 DM und für das Darlehen über 204.000,00 DM 1.049,78 DM.

Das Landgericht hat die Beklagte lediglich entsprechend ihrem Anerkenntnis verurteilt, die Klage aber ebenso wie die Widerklage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Ins-tanzgericht ausgeführt, ein eine Schadenersatzpflicht auslösendes Fehlverhalten der Beklagten habe nicht vorgelegen. Jedenfalls in ihrem Schreiben vom 15. November 1999 habe die Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass sie an den streitgegenständlichen Darlehensverträgen nicht mehr festhalten wolle und diese danach gekündigt. Hierzu sei die Beklagte berechtigt gewesen, da sie auf Grund der Angaben des Klägers zu 2. in seiner Selbstauskunft vom 11. Juli 1999 vom Fehlen einer wirtschaftlichen Basis dieses Vertragspartners zur Erfüllung der streitgegenständlichen Vereinbarung habe ausgehen können. Insbesondere habe der Kläger zu 2. in der Selbstauskunft lediglich angegeben, Geschäftsführer der schließlich in die Insolvenz gegangenen K... GmbH gewesen zu sein; dass er seinen Lohn auch von der Bau... P... mbH erhalte, ergebe sich aus ihr gerade nicht. Vor diesem Hintergrund sei es naheliegend, wenn die Beklagte befürchtet habe, der Kläger zu 2. werde auf Grund der eingetretenen Insolvenz auch aus den zu Gunsten der K... GmbH übernommenen Bürgschaften in Anspruch genommen werden. Deshalb habe sie ein berechtigtes, mit den vertraglichen Vereinbarungen gedecktes Interesse gehabt, die Darlehensverträge zu kündigen und die Auszahlung der Valuta zu unterbinden. Selbst wenn der Kläger zu 2. tatsächlich noch hinreichend leistungsfähig gewesen sein sollte, habe die Beklagte nicht schuldhaft den Vertrag aufgelöst. Der Kläger zu 2. habe nämlich erkennen müssen, dass die wirtschaftliche Situation der K... GmbH für den Bestand der Vertragsvereinbarungen konstituierend gewesen sei. Um die zu erwartenden Rechtsfolgen zu verhindern, habe er deshalb eine vollständige Selbstauskunft abgeben und offenbaren müssen, welche Entlohnung er für seine Tätigkeit für die Bau... P... mbH erhalte.

Die Widerklageforderung der Beklagten sei der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt worden.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger ihr bisheriges Klageziel weiter. Sie wiederholen und vertiefen ihren Sachvortrag. Im Einzelnen tragen sie wie folgt vor:

Der Kläger zu 2. habe Einkünfte sowohl auf Grund seiner Geschäftsführertätigkeit für die K... GmbH als auch für die entsprechende Tätigkeit bei der Bau... P... mbH erzielt, ohne dass sich seine Vermögenslage verschlechtert habe. Abgesehen davon, dass die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltenen Bestimmungen zur außerordentlichen Vertragskündigung wegen Verstoßes gegen das AGBG unwirksam seien, habe die Beklagte die Einkommenssituation des Klägers zu 2. hinreichend einschätzen können, weshalb sie sich auf ein Kündigungsrecht nicht berufen könne. Den Selbstauskünften vom 11. Juli 1999 habe die Beklagte entnehmen können, dass die Klägerin zu 1. bei der Bau... P... mbH als Sachbearbeiterin angestellt gewesen sei; sie habe überdies die Bilanzen auch der Bau... P... mbH für 1997 und 1998 zur Feststellung ihrer, der Kläger, Bonität verlangt und erhalten. Aus den Jahresabschlüssen für die Bau... P... mbH habe die Beklagte entnehmen können, dass der Kläger zu 2. Geschäftsführer der Bau... P... gewesen sei und aus dieser Tätigkeit Geschäftsführergehalt bezogen habe.

Der Kläger zu 2. habe in der Selbstauskunft vollständige und richtige Angaben gemacht. Vor allem habe er seine monatlichen Nettoeinkünfte vollständig angegeben. Das von der Beklagten vorgelegte Formular zur Selbstauskunft habe nicht die Möglichkeit vorgesehen, mehrere Arbeitgeber anzugeben, weshalb er seine weitere Arbeitgeberin nicht angegeben habe. Stattdessen habe er lediglich das Ergebnis der Addition der aus beiden Geschäftsführertätigkeiten erzielten Einkünfte genannt. Im Einzelnen habe der Kläger zu 2. im Zeitpunkt der Auskunftserteilung Einkünfte in Höhe von 7.800,00 DM netto aus seiner Tätigkeit für die K... GmbH und in Höhe weiterer 2.200,00 DM netto über die Bau... P... mbH erzielt. Seit August 1999 habe er sein gleich bleibendes Gesamtnettoeinkommen allein von der Bau... P... mbH bezogen.

Die Beklagte habe sich zumindest dadurch schadenersatzpflichtig gemacht, dass sie die streitgegenständlichen Verträge ohne nähere Nachforschungen über die tatsächlichen Vermögensverhältnisse der Kläger rückabgewickelt habe. Auch die Klägerin zu 1. habe seit September 1999 nämlich über einen erhöhten Lohn von 1.700,00 DM netto/Monat verfügt, den sie von der Bau... P... mbH bezogen habe. Im Fall der Einholung entsprechender weiterer Informationen wäre ihr bekannt gegeben worden, dass der Kläger zu 2. bis zum 15. November 1999 aus der für die K... GmbH übernommenen Bürgschaft nicht in Anspruch genommen worden sei. Im Übrigen hätten sie, die Kläger, im Zeitpunkt der Vertragsrückabwicklung weder ihre Zahlungen an die Beklagte eingestellt noch ein derartiges Verhalten angekündigt. Auch seien weder Wechsel zu Protest gegangen noch die Gesamtfinanzierung des Bauvorhabens unsicher geworden.

Die Kläger beantragen,

in Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 29. August 2001

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 4.916,43 DM nebst 5,8 % Zinsen auf 853,22 DM seit dem 19. November 1999 zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihnen sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die ihnen zwischen dem 1. November 2004 und dem 30. Juni 2009 wegen der Beendigung der Darlehensverträge mit der Beklagten vom 16. August 1999 (Darlehenskontonummern ...25 und ...76) noch entstehen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte stützt die erstinstanzliche Entscheidung. Sie nimmt insoweit auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug und beruft sich vor allem darauf, dass die Kläger unzureichende Auskünfte über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gegeben hätten. Sie, die Beklagte, habe angesichts der ihr bekannten Umstände befürchten müssen, dass die Kläger als Darlehensnehmer zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr in der Lage seien. Die Mittel, über die die Klägerin zu 1. verfügt habe, seien nämlich völlig unzureichend gewesen, um die Verbindlichkeiten abzudecken. Der Kläger zu 2. habe in der Selbstauskunft vom 11. Juli 1999 keine dahingehenden Angaben gemacht, dass er Einkünfte auch aus einer gleichzeitigen Geschäftsführertätigkeit für die Bau... P... mbH erziele. Sie, die Beklagte, habe daraus den einzig möglichen Schluss ziehen müssen, dass er seine Einkünfte aus einer Geschäftsführertätigkeit für die Not leidende K... GmbH erziele. Soweit sich die Kläger auf den Inhalt der Jahresabschlüsse 1997 und 1998 für die P... Bau... mbH bezögen, würden sie verkennen, dass diese keinen Rückschluss über fortdauernde entsprechende Einkünfte des Klägers zu 2. zuließen. Überdies belegten sie nicht, dass der Kläger zu 2. auch im Jahr 1999 Geschäftsführer der P... Bau... gewesen sei.

Sie, die Beklagte, sei nicht verpflichtet gewesen, von den Klägern ergänzende Informationen über deren Vermögenssituation einzuholen. Vielmehr seien die Kläger verpflichtet gewesen, ihre finanzielle Lage umfassend darzulegen. Schließlich hätten es die Kläger unterlassen, ihr, der Beklagten, rechtzeitig Kenntnis vom Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der K... GmbH zu geben.

Mit Nichtwissen bestritten werde, dass der Kläger zu 2. aus der Bürgschaftsverpflichtung mit der K... GmbH nicht in Anspruch genommen worden sei. Angesichts des Vertragsgebarens der Kläger habe sie, die Beklagte, davon ausgehen müssen, dass die Kläger ihren Auskunftspflichten in erheblichem Umfang nur völlig unzureichend nachgekommen seien, weshalb es ihr nicht zumutbar gewesen sei, an dem Darlehensversprechen festzuhalten. Angesichts des Inhalts der Selbstauskünfte habe sie zu Recht davon ausgehen müssen, der Kläger zu 2. werde auf Grund einer möglichen Inanspruchnahme aus der übernommenen Bürgschaft zur Bedienung der Darlehen nicht mehr in der Lage sein.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 516 ff. ZPO) Berufung bleibt ohne Erfolg.

Den Klägern stehen gegen die Beklagte keine Schadensersatzansprüche zu. In Betracht kommt insoweit lediglich eine so genannte positive Forderungsverletzung (schuldhafte Pflichtverletzung) der zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensverträge. Dabei geht der Senat davon aus, dass eine unberechtigte Kündigung bzw. ein solcher Widerruf als Verletzung der Leistungstreuepflicht der Beklagten als darlehensvertraglicher Nebenpflicht zu werten wäre, die dem Grunde nach zur Leistung von Schadenersatz verpflichten würde (vgl. BGHZ 51, 192; 53, 151).

Die Beklagte handelte jedoch nicht schuldhaft, sie war vielmehr zur Kündigung bzw. zum Widerruf der mit den Klägern geschlossenen Darlehensverträgen berechtigt. Dabei kommt es auf die bislang offene Frage, ob sich die Gestaltungserklärung der Beklagten als Widerruf oder als Kündigung darstellt, im Ergebnis nicht an.

Sowohl die Voraussetzungen für einen Darlehenswiderruf (§ 610 BGB) als auch für eine außerordentliche Kündigung der Vertragsbeziehungen lagen am 15. November 1999 vor. Denn die Vermögensverhältnisse des Klägers zu 2. hatten sich gegenüber seinen Angaben in der Selbstauskunft vom 11. Juli 1999 wesentlich verschlechtert, wodurch die Interessen der Beklagten als Gläubigerin in schwerwiegender Weise beeinträchtigt worden waren. Es ist allgemein anerkannt, dass in einem solchen Fall der Darlehensgeber zu einer Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt ist (vgl. dazu BGH WM 1980, 380; Palandt BGB 61. Aufl. § 609 Rn. 15 mwN).

Bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände kommt der Tatsache besonderes Gewicht zu, dass auf der Grundlage des Insolvenzantrages des Klägers zu 2. die Gefahr seiner Inanspruchnahme aus der zugunsten der K... GmbH übernommenen Bürgschaftsverpflichtung in Höhe von 750.000,00 DM bestand. Bereits hierdurch waren unabhängig von möglicherweise weiteren Einkünften des Klägers zu 2. aus seiner Tätigkeit bei der P... -GmbH die Sicherungsinteressen der Beklagten erheblich beeinträchtigt worden, weil es ohne weiteres denkbar war, dass die Gehaltsansprüche des Klägers zu 2. für den Fall der Uneinbringlichkeit der Bürgschaftsverpflichtung gepfändet werden würden. Allein die Möglichkeit, dass der Kläger zu 2. aus der unstreitigen Bürgschaftsverpflichtung in Anspruch genommen werden würde, verschlechterte seine Vermögensverhältnisse erheblich. Unerheblich ist, ob er aus der Bürgschaftsverpflichtung tatsächlich in Anspruch genommen worden ist oder nicht. Seine vermögensrechtliche Position war bereits allein dadurch beeinträchtigt, dass sich die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme drastisch erhöht hatte. Die Verschlechterung der Vermögensverhältnisse nur eines von mehreren Gesamtschuldnern genügt dabei für die Ausübung des Gestaltungsrechtes (vgl. OLG München WM 96, 1623, 1624).

Der Umstand, dass der Beklagten möglicherweise bereits die von der Klägerin zu 1. auf ihrem Grundstück bestellte Buchgrundschuld als Sicherheit für ihre Darlehensrückzahlungsansprüche zur Verfügung stand, rechtfertigt nicht die Annahme, ihre Vermögensinteressen seien aufgrund der Insolvenzantragstellung in lediglich unwesentlicher Weise beeinträchtigt worden (vgl. hierzu OLG München WM 96, 1623). Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die von der Klägerin zu 1. eingeräumte Buchgrundschuld lediglich im zweiten Rang als Belastung im Grundbuch eingetragen gewesen ist, weshalb für die Beklagte die Gefahr bestand, sich aus dem Grundstück insoweit nicht mehr befriedigen zu können. Vor allem aber musste sich die Beklagte nicht damit abfinden, dass der Kläger zu 2. als Schuldner der Rückzahlungsansprüche sehr wahrscheinlich ausfallen würde, wenn ihn der Gläubiger aus der Bürgschaft in Anspruch nähme. Diese Gefahr drohte, weil der Kläger zu 2. nach der von ihm erteilten Selbstauskunft über kein sonstiges Vermögen verfügte. Es war der Beklagten gemäß § 242 BGB nicht zuzumuten, noch längere Zeit abzuwarten, ob sich die Gefahr aus der Bürgschaft verwirklichte, um sodann bei der in diesem Fall zu erwartenden Insolvenz ihrer Schuldner auf die Sicherungsgrundschuld zurückgreifen und ihre Darlehnsforderung abschreiben zu müssen. Bereits dadurch, dass die Beklagte ihre Befriedigung möglicherweise lediglich über die Klägerin zu 1. erlangen konnte, waren zudem wesentliche Voraussetzungen, die der Kreditvergabe zugrunde lagen, für die Beklagte entfallen. Die Beklagte konnte diese wesentliche Änderung der Geschäftsgrundlage bei Darlehensvertragsabschluss nicht vorhersehen. Sie hätte die streitgegenständlichen Verträge aufgrund deren zweifelhafter Besicherung bei verständiger Würdigung aller Umstände auch nicht abgeschlossen. Dies rechtfertigt es, ihr das Recht einzuräumen, die Vertragsbeziehungen nachträglich rechtsgestaltend zu beenden.

Abgesehen davon träfe die Kläger selbst im Falle einer Leistungstreuepflichtverletzung der Beklagten ein ihnen zurechenbares gravierendes Mitverschulden an der Anspruchsentstehung (§ 254 BGB), weshalb die Schadenersatzpflicht der Beklagten in jedem Fall entfiele. Der Kläger zu 2. hätte seine Einkommensverhältnisse in der Selbstauskunft vom 11. Juli 1999 umfassend darlegen müssen. Dabei kann er sich nicht darauf berufen, die Selbstauskunft verhalte sich nur zu einem Arbeitsverhältnis und das in diesem Zusammenhang verwendete Formular lasse die Angabe weiterer Arbeitsverhältnisse von seinem Aufbau her nicht zu. Abgesehen davon, dass Letzteres nicht zutrifft, lag es nicht nur im Interesse der Kläger, sondern diente vor allem der vollständigen Unterrichtung der Beklagten, ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vollständig und zutreffend anzugeben. Dass sie dies getan hätten, hatten sie zudem durch ihre Unterschriften ausdrücklich versichert. Wenn der Kläger zu 2. über weitere Einkünfte verfügte, so hätte er dies problemlos mitteilen können und müssen, um der Beklagten gerade in Fällen wie dem vorliegenden eine vollständige Entscheidungsgrundlage über ihr Festhalten an den Verträgen zu geben.

Die skizzierte Obliegenheit ist den Klägern zudem ohne weiteres erkennbar gewesen. Indem der Kläger zu 2. die entsprechenden Auskünfte nicht vollständig abgegeben hat, trifft ihn deshalb ein Sorgfaltspflichtenverstoß im Sinne des § 276 BGB. Das Fehlverhalten der Kläger ist schließlich auch schadensmitursächlich geworden, weil sich die Beklagte erst auf der Grundlage der unvollständigen Selbstauskunft dazu entschlossen hatte, die streitgegenständlichen Verträge zu beenden. Das Fehlverhalten des Klägers zu 2., das im Übrigen auch der Klägerin zu 1. nach allgemeinen Grundsätzen zuzurechnen ist, besitzt ein derartiges Gewicht, dass es einen etwaigen Pflichtenverstoß der Beklagten wesentlich überwiegt. Letztlich ist allein das Fehlverhalten der Kläger für den von ihnen klageweise geltend gemachten Schaden ursächlich geworden, zumal gerade nicht die Beklagte dazu verpflichtet war, ergänzende Erkundigungen über die Vermögensverhältnisse der Kläger einzuholen. Ein Rechtsgrund dafür, der Beklagten entsprechende Erkundigungspflichten aufzubürden, ist nicht ersichtlich. Sie hat alles aus ihrer Sicht Erforderliche zur Abwicklung der streitgegenständlichen Darlehensverträge getan. Angesichts der ihr bekannten Sachlage hat sie den konsequenten und nachvollziehbaren Schluss gezogen, ihr Festhalten an den streitgegenständlichen Verträgen begründe für sie ein zu großes finanzielles Risiko. Es lag gerade in der Rechts- und Interessenssphäre der Kläger, ihre finanzielle Situation offen zu legen und der Beklagten deshalb alle in diesem Zusammenhang relevanten Informationen von sich aus zukommen zu lassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nicht geboten ist.

Der Gebührenstreitwert II. Instanz beträgt 8.477,95 € (16.581,43 DM). Er setzt sich aus Teilbeträgen von 2.513,73 € (4.916,43 DM) hinsichtlich des Klageantrags zu 1. und 5.964,22 € (11.665,00 DM) für den Klageantrag zu 2. zusammen. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Ausführungen im Streitwertbeschluss I. Instanz vom 29. August 2001 Bezug genommen.

Ende der Entscheidung

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