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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 05.12.2001
Aktenzeichen: 14 U 4/01
Rechtsgebiete: VOB/B, BGB, ZPO


Vorschriften:

VOB/B § 13 Nr. 5
VOB/B § 13 Nr. 6
VOB/B § 17 Nr. 1 Abs. 2
BGB § 288 a.F.
BGB § 291
BGB § 320
BGB § 371 Satz 1
BGB § 631
BGB § 765
BGB § 767
BGB § 770
BGB § 771
ZPO § 518
ZPO § 519
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

14 U 4/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 05.12.2001

Verkündet am 05.12.2001

in dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. August 2001 durch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 29. November 2000 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 64.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand:

Die Kläger nehmen die Beklagte aus Bürgschaft in Anspruch. Die Beklagte begehrt widerklagend die Feststellung, dass keine weitergehenden Ansprüche aus der Bürgschaft bestünden.

Die Kläger beauftragten die Nebenintervenientin, die P... GmbH (im Folgenden P... genannt), mit Bauvertrag vom 2. Juli 1998 unter Geltung der VOB/B mit der Sanierung eines Mehrfamilienhauses in der ...straße in B... zu einem Pauschalpreis von 820.800,00 DM. Die Sanierung mit Ausnahme der Garantieleistungen, Mängelbeseitigung und Restleistungen war gemäß § 5 des Bauvertrages bis zum 31. Dezember 1998 zu verwirklichen. Nachdem gegen Ende des Jahres 1998 erst etwa die Hälfte der Sanierungsleistungen erbracht war, vereinbarten die Kläger mit der P... am 1. Dezember 1998 u.a. Folgendes:

"4. Der Sachverständige ... Sch..., ..., ... B..., oder dessen Vertreter wird von den Eheleuten B... mit der Qualitätskontrolle am Bau beauftragt. Die P... erstattet gegen Nachweis die Kosten ohne Stundenbegrenzung.

5. Der Sachverständige ... Sch... oder dessen Vertreter ermittelt die Bautenstände unter Berücksichtigung etwaiger Mängel und der vertraglichen Vereinbarungen. Die diesbezügliche Feststellung wird durch die Eheleute B... und die P... anerkannt. Auf dieser Basis gestellte Abschlagsrechnungen werden von den Eheleuten B... umgehend und in voller Höhe ausgeglichen bzw. wird die Bürgschaft in dieser Höhe freigegeben.

6. Die Eheleute B... werden den Betrag in Höhe von 360.000,00 DM am 2.12.1998 an die P... überweisen und die P... darüber benachrichtigen. Die Eheleute B... zahlen einen weiteren Betrag in Höhe von 47.000,00 DM Zug um Zug gegen Übergabe einer Vorauszahlungsbürgschaft auf erstes Anfordern in Höhe von 410.400,00 DM. Die Bürgschaft kann durch die Eheleute B... maximal jeweils nur in Höhe der noch zu erbringenden Restleistungen, so wie von dem Gutachter Sch... festgestellt, in Anspruch genommen werden. Die Bürgschaft ist am Tag der mangelfreien Abnahme der Bauleistungen zurückzugeben. (...)"

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Vertragsurkunde Bl. 6 d.A. verwiesen.

Die Beklagte gab am 3. Dezember 1998 gegenüber den Klägern eine Bürgschaftserklärung ab, mit der sie sich "selbstschuldnerisch - und zwar unter Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und Vorausklage gemäß §§ 770, 771 BGB bis zum Höchstbetrage von 410.400.- DM (...) für Ihre Ansprüche aus dem Bauvertrag vom 02.07.1998, Sanierungsleistung für das Mehrfamilienhaus ...straße (...) gegen P... GmbH" verbürgte. Ferner enthielt die Bürgschaftsurkunde folgende Bestimmungen:

"Die Verpflichtungen aus der Bürgschaft enden, wenn die Forderung erlischt oder wenn uns diese Bürgschaftsurkunde zurückgegeben wird, spätestens aber, wenn Ansprüche gegen uns aus der Bürgschaft nicht bis zum 31.12.1999 geltend gemacht worde sind. (...)

Der Bürgschaftsnehmer ist verpflichtet, der Bürgschaftgeberin Reduzierungen der Bürgschaftsschuld nach Begutachtung des Fertigstellungsgrades der Sanierungsmaßnahme durch den Gutachter, Herrn Sch..., unverzüglich anzuzeigen."

Mit Schreiben vom 11. Dezember 1998 bestätigte die Beklagte den Klägern "wunschgemäß (...), dass Sie uns aus o.g. Bürgschaft auf erstes Verlangen in Anspruch nehmen können."

Die Bürgschaft wurde entsprechend dem vom Gutachter Sch... festgestellten Baufortschritt bis auf einen Teilbetrag von 152.676,00 DM reduziert. Auf Anfrage der Kläger teilte der Gutachter Sch... diesen mit Schreiben vom 11. Juni 1999 mit, dass "nichtreparable Qualitätsmängel" vorhanden seien, die zu einem Minderwert von 48.500,00 DM führten. Am 14. Juli 1999 wurden die Sanierungsleistungen der P... abgenommen mit Ausnahme diverser, im Einzelnen in der 26 Seiten umfassenden Mängelliste, die als Anlage zum Abnahmeprotokoll genommen wurde, aufgeführten mangelhaften Bauleistungen. Bei der Baubesichtigung durch den Sachverständigen Sch... am 14. September 1999 stellte dieser fest, dass einige der aufgeführten Mängel durch die P... noch nicht beseitigt waren. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten erster Instanz vom 5. Oktober 1999 forderten die Kläger die P... auf, die noch vorhandenen Mängel zu beseitigen. Ob die Sanierungsleistung weiterhin Mängel aufweist, ist unter den Parteien streitig; eine mangelfreie Abnahme ist bis heute nicht erfolgt.

Mit Schreiben vom 5. November 1999 teilte der Gutachter Sch... der P... mit, "hiermit bestätige ich, dass bei dem o.g. Bauvorhaben, bezogen auf meine bisherigen Bautenstandsprotokolle 100 % Fertigstellungsgrad erreicht sind". Vom Inhalt dieses Schreibens erhielt die Beklagte über die Firma P... Kenntnis und forderte deshalb die Kläger mit Schreiben vom 10. November 1999 auf, die Bürgschaft freizugeben. Das lehnten die Kläger ab, die sich wegen des Inhalts des nicht an sie adressierten Schreibens vom 5. November 1999 an den Sachverständigen gewandt hatten. Auf diese Remonstration der Kläger fügte der Sachverständige mit Schreiben vom 8. November 1999, von dem die Kläger eine Kopie erhielten, seinem erstgenannten Schreiben Folgendes hinzu: "100 Prozent Fertigstellung gelten als erreicht, wenn alle Restleistungen bzw. Mängel aus dem Abnahmeprotokoll vom 14.07.1999 abgearbeitet sind. Die in der Mängelliste zur Begehung vom 14.09.1999 ausgeführten, noch nicht abgearbeiteten Mängel oder Restleistungen konnten durch den Gutachter bis heute nicht kontrolliert werden. Bei Nichtausführung würden diese Mängel oder Restleistungen dann noch an 100 Prozent Fertigstellung fehlen. ... In diesem Zusammenhang wird auf das Schreiben vom 11.06.99 zum ermittelten merkantilen Minderwert ... verwiesen. Dieser merkantile Minderwert gilt unabhängig vom realisierten Bautenstand mit 100 Prozent. Dieses Schreiben ist untrennbarer Bestandteil des Schreibens zum Bautenstand vom 05.11.99 und ist als Ergänzung zu betrachten."

Die Kläger nahmen die Beklagte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 10. November 1999 unter Hinweis auf das Schreiben des Gutachters vom 8. November 1999 wegen der Bürgschaft "in voller Höhe" des Restbetrages in Anspruch.

Die Kläger haben behauptet,

die Werkleistung der P... sei mit irreparablen Mängeln behaftet.

Sie haben die Auffassung vertreten, ihnen stünde aufgrund der irreparablen Mängel der Sanierungsleistung ein Minderungsanspruch in Höhe von 48.500,00 DM zu. Dieser Anspruch werde von der Bürgschaft erfasst.

Sie haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 48.500,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit (das ist der 28. Januar 2000) zu zahlen.

Die Beklagte und die Nebenintervenientin haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat darüber hinaus widerklagend beantragt,

1. festzustellen, dass den Klägern über die von ihnen mit der Klage geltend gemachten 48.500,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit weitere 104.176,00 DM aus der Bürgschaft nicht zustehen.

2. die Kläger als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie deren Bürgschaft vom 3. Dezember 1998 über 410.400,00 DM herauszugeben.

Sie haben die Auffassung vertreten, die Bürgschaft sei nach der Feststellung des Gutachters, dass ein Bautenstand von 100 % erreicht sei, erloschen. Jedenfalls sei ihre Inanspruchnahme aus der Bürgschaft rechtsmissbräuchlich, weil die Kläger entgegen ihrer Verpflichtung die Bürgschaft nicht freigegeben hätten. Der Anspruch, den die Kläger geltend machen, sei von der Bürgschaft nicht erfasst, da es sich nicht um eine Gewährleistungsbürgschaft handle. Die Ansprüche aus der befristeten Bürgschaft seien zudem nicht rechtzeitig geltend gemacht worden.

Die Kläger haben beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei aus der von ihr übernommenen Bürgschaft zur Zahlung verpflichtet. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 11. Dezember 1998 gehe hervor, dass es sich um eine Bürgschaft "auf erstes Anfordern" handle; die dort gewählte Formulierung "auf erstes Verlangen" stehe der des "ersten Anforderns" gleich. Der Minderungsanspruch, den die Kläger geltend machen, sei von der Bürgschaft erfasst. Nach der Vereinbarung vom 1. Dezember 1998 sollte die Bürgschaft die möglichen Rückforderungsansprüche der Kläger wegen des bereits im Voraus geleisteten Werklohns absichern. Eine derartige Vorauszahlungsbürgschaft umfasse alles, was der Besteller von dem Werklohn noch hätte zurückhalten können, also auch Minderungsansprüche. Die Bürgschaft sei nicht aufgrund der Fertigstellungsanzeige des Gutachters Sch... erloschen. Der für das Erlöschen der Bürgschaft erforderliche Fertigstellungsgrad liege erst dann vor, wenn den Klägern keinerlei Zahlungsansprüche aus dem Bauvertrag einschließlich möglicher Gewährleistungsansprüche zustünden. Die Widerklage sei zulässig, aber unbegründet, weil die Kläger weitere Gewährleistungsansprüche in Höhe von über 104.176,00 DM substantiiert dargetan hätten.

Gegen dieses, ihr am 6. Dezember 2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem beim Oberlandesgericht am 5. Januar 2001 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 5. März 2001 am gleichen Tag begründet. Sie hält die rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch das Landgericht für fehlerhaft und vertritt die Auffassung, mit einem späteren Schreiben, das nicht Inhalt der Bürgschaftsurkunde geworden sei, könne die einfache Bürgschaft nicht in eine Bürgschaft "auf erstes Anfordern" umgewandelt worden sein. Der von den Klägern geltend gemachte Minderungsanspruch sei von der Bürgschaft nicht erfasst. Aus Ziffer 6 der Vereinbarung ergebe sich, dass es sich um eine Vertragserfüllungsbürgschaft handle, so dass sie für Gewährleistungsansprüche nicht einzustehen habe. Mit der Feststellung des Gutachters vom 5. November 1999, ein Fertigstellungsgrad von 100 % sei erreicht, sei die Bürgschaft erloschen. Jedenfalls müsse die Hauptschuld innerhalb der vereinbarten Frist fällig sein. Ihre Inanspruchnahme aus der Bürgschaft sei im Übrigen rechtsmissbräuchlich, da es sich um fingierte Mängel handle, die die Kläger zudem zu keiner Zeit der Nebenintervenientin gegenüber angezeigt hätten. Da weitergehende Gewährleistungsansprüche jedenfalls verspätet geltend gemacht worden seien, sei die Widerklage begründet.

Die Beklagte beantragt unter Abänderung des angefochtenen Urteils,

1. die Klage abzuweisen,

2. festzustellen, dass den Klägern keine Ansprüche aus der Bürgschaft vom 3. Dezember 1998 zustehen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere gemäß den §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

1.

Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch der Kläger gegen die Beklagte auf Zahlung von 48.500,00 DM aus §§ 765, 767 BGB bejaht.

Die Verpflichtung der Beklagten ist rechtlich als Bürgschaft einzuordnen. Sie ist in der Urkunde ausdrücklich als solche bezeichnet und sollte der Sicherung von Forderungen aus dem Bauvertrag vom 2. Juli 1998 mit der P... GmbH (P... ) dienen.

Die Kammer hat die von der Beklagten übernommene Verpflichtung auch zutreffend als Bürgschaft "auf erstes Anfordern" ausgelegt. Der Bürge muss seine Erklärung so gegen sich gelten lassen, wie sie aus der Sicht des Gläubigers mit Rücksicht auf die ihm erkennbaren Umstände aufzufassen ist. Für diesen objektiven Erklärungswert ist in erster Linie der Wortlaut der Bürgschaftsurkunde maßgeblich. Indes können Begleitumstände in die Auslegung der Bürgschaftserklärung mit einbezogen werden, soweit sie für den Gläubiger den Schluss auf den Sinngehalt der Bürgschaftserklärung zulassen (BGH NJW-RR 1998, 259; NJW-RR 1993, 945).

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die von der Beklagten übernommene Bürgschaft über einen Höchstbetrag von 410.400,00 DM als Bürgschaft "auf erstes Anfordern" auszulegen. Dies ergibt sich allerdings nicht bereits aus der Bürgschaftsurkunde; diese enthält keinerlei Erklärungen, die darauf schließen lassen, dass die Beklagte auf die Anforderung der Kläger als Bürgin sofort zahlen und Einwendungen aus dem Hauptschuldverhältnis nur durch Rückforderung geltend machen werde. Auch genügt für die Annahme einer Bürgschaft "auf erstes Anfordern" nicht der Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit, Aufrechenbarkeit und Vorausklage, wie ihn die Beklagte erklärt hat.

Dieses Ergebnis folgt jedoch aus dem Schreiben der Beklagten vom 11. Dezember 1998, das sie an die Kläger auf deren Wunsch gerichtet hat. Das nachträgliche Verhalten von Vertragspartnern kann zwar den bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachten objektiven Gehalt der wechselseitigen Vertragserklärungen nicht mehr beeinflussen (BGH NJW 1988, 2878, 2879), es kann aber zum einen für die Auslegung bedeutsam sein, weil es Anhaltspunkte für den tatsächlichen Willen bei Abschluss des Vertrages enthalten kann (BGH NJW-RR 1998, 259). Zum anderen kann es als Einverständnis und damit als rechtsgeschäftliche Erklärung dahin gedeutet werden, dass der ursprüngliche Vertragsinhalt - wie von dem Vertragspartner gefordert - geändert werden soll. Eine dieser Alternativen liegt unzweifelhaft vor. In ihrem Schreiben vom 11. Dezember 1998, also acht Tage nach der Bürgschaftsübernahme, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird ("Unsere Bürgschaft vom 03.12.1998 über 410.400.-"), hat die Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass sie "auf erstes Verlangen" in Anspruch genommen werden könne. Diese Formulierung steht dem im Geschäfts- und Bankverkehr üblicherweise verwendeten Begriff "auf erstes Anfordern" oder "auf erste Anforderung" im Wortsinn gleich. Dass die Beklagte hier ihrer Erklärung eine andere - rechtliche - Bedeutung beimessen wollte und beigemessen hat, wird von ihr nicht nachvollziehbar dargetan und ist unter den gegebenen Umständen auch auszuschließen. Auch waren die beiden Unterzeichner zur Abgabe dieser Erklärung befugt. Wie sich aus deren Wortlaut ("wunschgemäß bestätigen wir Ihnen") und dem Gesamtzusammenhang ergibt, beantwortete die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 11. Dezember 1998 eine Anforderung der Kläger, die Bürgschaftsübernahme entsprechend den mit der P... am 1. Dezember 1998 getroffenen Vereinbarungen zu erklären. Diese in der Vereinbarung mit der P... getroffenen Regelungen und damit die Verpflichtung des Hauptschuldners zur Übergabe einer "Vorauszahlungsbürgschaft auf erstes Anfordern" waren der Beklagten nach ihrem eigenen Vorbringen auch als Grundlage für die übernommene Bürgschaft bekannt. Als öffentliche Sparkasse verfügte sie im Übrigen über ausreichende Geschäftserfahrung, um die Tragweite und rechtliche Bedeutung ihrer Erklärung vom 11. Dezember 1998 erkennen zu können. Sie hat somit klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass den Klägern sofort liquide Barmittel zugeführt werden, wenn diese den Bürgschaftsfall für eingetreten erachten, und Einwendungen gegen die Bürgschaftsverpflichtung aus dem Hauptschuldverhältnis erst in einem Rückforderungsprozess geltend gemacht werden können (vgl. BGHZ 74, 245; 247 f.; NJW 1988, 2610).

Das Recht des Gläubigers einer Bürgschaft auf erstes Anfordern, sofortige Zahlung verlangen zu können, ohne seine materielle Berechtigung darlegen und beweisen zu müssen, findet einmal im Falle des Missbrauchs seine Schranke. Auch wenn die materielle Berechtigung des Gläubigers offensichtlich fehlt, steht dem Bürgen der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung zu (BGH NJW 1988, 2610). Der Bürge, der aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch genommen wird, kann sich insbesondere schon im Erstprozess darauf berufen, die Bürgschaft betreffe nicht die dem Begehren des Gläubigers zugrunde liegende Hauptforderung, sofern sich dies durch Auslegung aus der Urkunde selbst ergibt (BGH NJW 1996, 717).

Diese Fälle liegen nicht vor. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass der Gläubiger nicht schlüssig darzulegen braucht, dass die gesicherte Hauptforderung besteht, denn der Zweck der Bürgschaft auf erstes Anfordern, dem Gläubiger sofort liquide Mittel zuzuführen, wird nur erreicht, wenn alle Streitfragen tatsächlicher und rechtlicher Art, die die Begründetheit der Hauptforderung betreffen, in den Rückforderungsprozess verwiesen werden, sofern nicht ausnahmsweise klar auf der Hand liegt, dass der Gläubiger eine formale Rechtsstellung missbraucht (BGHZ 74, 244, 248; NJW 1996, 717, 718; NJW 1994, 380, 381). Aus diesem Grund kann die Beklagte mit ihrem Einwand, die Kläger hätten die vermeintlichen Mängel gegenüber der P... nicht konkret angezeigt, nicht durchdringen. Dies gilt um so mehr, als in der Anlage zum Abnahmeprotokoll vom 14. Juli 1999 immerhin auf 26 Seiten Mängel aufgeführt wurden und diese Niederschrift auch die Auftragnehmerin unterzeichnete. Der Senat hat im vorliegenden Verfahren auch nicht zu prüfen, ob die behaupteten Baumängel vorliegen sowie ob und gegebenenfalls in welchem Umfang den Klägern hieraus Minderungsansprüche zustehen. Auch die vermeintlich mangelnde Fälligkeit der Hauptforderung ist eine Einwendung, die erst nach Zahlung in einem Rückforderungsprozess geltend gemacht werden kann (BGH NJW 1994, 380, 382). Die insoweit von der Beklagten geltend gemachten Einwendungen rechtfertigen nicht die Annahme einer unzulässigen Rechtsausübung durch die Kläger.

Wer eine Bürgschaft auf erstes Anfordern erteilt, hat allerdings die Möglichkeit, seine Haftung inhaltlich so abzugrenzen, dass er erwarten kann, mit Aussicht auf Erfolg nur wegen solcher Forderungen in Anspruch genommen zu werden, für die er tatsächlich einstehen will. Dies geschieht in der Regel dadurch, dass die Zahlung von der Erfüllung bestimmter Merkmale abhängig gemacht wird oder dadurch, dass die Einstandspflicht inhaltlich auf einen bestimmten Anspruch innerhalb eines Vertragsverhältnisses beschränkt wird. Hat der Bürge eine entsprechende Eingrenzung vorgenommen, ist diese bereits im Ausgangsprozess zu beachten (BGH NJW 1996, 717, 718). Bei dem Einwand, die der Klage zugrunde liegende Hauptforderung werde durch die Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht gesichert, geht es darum, ob insoweit überhaupt eine gültige Zahlungszusage vorliegt. Im Streit sind Art und Umfang des übernommenen Risikos. Diese Frage betrifft die eingegangene Verpflichtung in ihrem Kern und ist damit so grundlegend, dass ihre Klärung schon im Erstprozess möglich sein muss: Verlangt der Berechtigte Zahlung aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern für eine Forderung, die durch die Bürgschaft nicht gesichert ist, fehlt es an einer vertragsgemäß zu erbringenden Leistungsverpflichtung des Bürgen. Das berechtigte Interesse des Gläubigers, durch einen weitgehenden Einwendungsausschluss sofortige Zahlung des Bürgen zu erhalten, erstreckt sich nur auf solche Forderungen, die die Bürgschaft auf erstes Anfordern überhaupt einbezieht; dem Gläubiger ist es daher zuzumuten, dass die Frage des Geltungsumfangs der Bürgschaft nicht in den Rückforderungsprozess verwiesen wird. Um die Funktion des zugunsten des Gläubigers stark formalisierten Sicherungsmittels zu erhalten, sind indessen im Erstprozess nur solche Beschränkungen des verbürgten Risikos auf einzelne Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis zwischen Gläubiger und Hauptschuldner beachtlich, die im Wege der Auslegung dem Inhalt der Urkunde selbst zu entnehmen sind, wobei weitere unstreitige oder durch Urkunden belegte Umstände freilich ergänzend berücksichtigt werden dürfen. Diese Anknüpfung an den Aussagegehalt der Urkunde gebietet der auch für eine Bürgschaft auf erstes Anfordern geltende Grundsatz der Garantiestrenge, der den Begünstigten vor umständlichen Prüfungspflichten schützen soll (BGH a.a.O. 718).

Nach diesen Grundsätzen wird der in Rede stehende Anspruch der Kläger auf Minderung von der Bürgschaft erfasst. Nach ihrem Wortlaut war die Bürgschaftserklärung vom 3. Dezember 1998 umfassend und erfasste die "Ansprüche aus dem Bauvertrag vom 02.07.1998" mit der P... . Die Bürgschaft diente demnach ohne Einschränkung der Sicherung sämtlicher Ansprüche der Bauherrn gegen den Bauunternehmer, seien es Erfüllungs- oder Gewährleistungsansprüche. Dies entspricht auch der Regelung in § 17 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B. Danach dient bei einem VOB-Vertrag die Sicherheit dazu, die vertragsgemäße Ausführung der Leistung und die Gewährleistung sicherzustellen, es sei denn, die Vertragsparteien haben den Zweck der Sicherheitsleistung bestimmt.

Eine solche Bestimmung mit der Folge der Eingrenzung der gesicherten Forderungen lässt sich nicht daraus herleiten, dass nach den mit der P... am 1. Dezember 1998 getroffenen Vereinbarungen eine "Vorauszahlungsbürgschaft auf erstes Anfordern" geschuldet war. Nach den oben genannten Grundsätzen sind die darin enthaltenen Regelungen bei der Auslegung der Bürgschaftserklärung zur Beurteilung des Umfangs der Bürgschaft zwar zu berücksichtigen, denn auch wenn die Beklagte nicht Vertragspartner der am 1. Dezember 1998 geschlossenen Vereinbarung war, so erbrachte sie die Bürgschaft doch auf Grundlage und in Kenntnis dieses Vertrages zwischen den Klägern und der P... . Eine Vorauszahlungsbürgschaft soll jedoch vor allem sicherstellen, dass der Gläubiger bei einem Scheitern der Vertragsdurchführung seine bis dahin noch nicht durch berechtigte Forderungen des Auftragnehmers verbrauchte Vorauszahlung zurückerhält (BGH NJW 1999, 1105, 1106; NJW 1988, 2610, 2611). Der Zweck einer Vorauszahlungsbürgschaft muss sich zudem darin nicht erschöpfen, vielmehr kann ihr auch der Charakter einer Erfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaft zukommen (BGH NJW 1999, 1105, 1106). Die Verwendung des Begriffs "Vorauszahlungsbürgschaft" in der Vereinbarung vom 1. Dezember 1998 lässt daher keine Rückschlüsse auf den Umfang der übernommenen Bürgschaft zu. Es kommt vielmehr in jedem Einzelfall auf das an, was die Vertragspartner unter Beachtung ihrer beiderseitigen Interessen gewollt und zum Ausdruck gebracht haben. Unter Berücksichtigung aller Umstände ergibt die Auslegung der Bürgschaftsurkunde, dass die Bürgschaft auch die Mängelrechte des Auftraggebers in dem Zeitraum bis zum 31. Dezember 1999 erfasst.

Nach der Bürgschaftsurkunde waren die Kläger verpflichtet, der Beklagten die Reduzierung der Bürgschaftsschuld "nach Begutachtung des Fertigstellungsgrades der Sanierungsmaßnahme durch den Gutachter, Herrn Sch..., unverzüglich anzuzeigen". Wenngleich hiermit in erster Linie die Verpflichtung der Kläger zur Anzeige des jeweiligen Bautenstandes geregelt ist, gibt diese Verknüpfung der Höhe der Bürgschaftsschuld mit den vom Gutachter Sch... festgestellten Fertigstellungsgrad der Sanierungsmaßnahme doch in zweierlei Hinsicht Aufschluss über den Umfang der Bürgschaft und die von ihr gesicherten Forderungen. Der Begriff des "Fertigstellungsgrades" knüpft an die Werkleistung des Unternehmers an. Unter "Fertig-stellung" des Werks fällt zweifellos die eigentliche Werkleistung des Unternehmers nach § 631 BGB. Aber auch diejenigen Arbeiten des Werkunternehmers, die er im Rahmen der Nachbesserung oder Mängelbeseitigung ausführt, lassen sich unter den Begriff der "Fertigstellung" fassen. Wenngleich die Nachbesserungspflicht des Unternehmers bei dem VOB-Vertrag - anders als im gesetzlichen Werkvertragsrecht (BGH NJW 1996, 3269) - lediglich bis zur Abnahme der Werkleistung Erfüllungspflicht ist und der Anspruch auf Nachbesserung nach der Abnahme gemäß § 13 Nr. 5 VOB/B einen primären Gewährleistungsanspruch darstellt (BGH NJW 1998, 1140, 1141; Werner/Pastor, Der Bauprozess 9. Aufl. 1999, Rdnr. 1611 m.w.N.), ist er doch gleichfalls auf die Fertigstellung eines vertragsgemäßen, mängelfreien Werkes gerichtet.

Mit der Verpflichtung, Reduzierungen der Bürgschaftsschuld auf der Grundlage der Begutachtung des Fertigstellungsgrades der Sanierungsmaßnahme durch den von den Klägern beauftragten Sachverständigen Sch... anzuzeigen, bezieht sich die Beklagte in der Bürgschaftsurkunde unmittelbar auf die ihr bekannte, am 1. Dezember 1998 von den Bauvertragsparteien getroffenen Vereinbarung. Zwar hat die Beklagte die dortigen Regelungen nicht wörtlich in die Bürgschaftserklärung übernommen, die an die durch den Sachverständigen festgestellten Bautenstände geknüpfte Reduzierung der Bürgschaft entspricht aber sinngemäß der in Ziffer 4 bis 6 der Vereinbarung vom 1. Dezember 1998 enthaltenen Verpflichtung zur Freigabe der Bürgschaft. In Ziffer 4 des Vertrages vom 1. Dezember 1998 vereinbarten die Bauvertragsparteien, dass der Sachverständige ... Sch... aus B... mit der Qualitätskontrolle der von der P... übernommenen Sanierungsleistungen beauftragt werden soll. Der Sachverständige sollte "die Bautenstände unter Berücksichtigung etwaiger Mängel und der vertraglichen Vereinbarungen" ermitteln; aufgrund der so getroffenen Feststellungen war die Bürgschaft freizugeben. Für die Freigabe der Bürgschaft war demnach nicht die bloße Vollendung der Sanierung maßgeblich; die Freigabepflicht war vielmehr daran geknüpft, dass die konkrete Ausführung vertragsgemäß und mangelfrei war. Stehen die Verpflichtung zur Freigabe der Bürgschaft und die Mangelfreiheit des Werkes aber derart in Abhängigkeit zueinander, lässt dies den Schluss zu, dass Mängelrechte des Bauherrn insgesamt von ihr erfasst sein sollen.

Dem steht die in Ziffer 6 der Vereinbarung zwischen den Klägern und der P... vom 1. Dezember 1998 getroffene Regelung, wonach die Bürgschaft durch die Kläger "maximal jeweils nur in Höhe des Betrages der noch zu erbringenden Restleistungen, so wie vom Gutachter festgestellt," in Anspruch genommen werden kann, nicht entgegen. Zwar lassen sich unter den Begriff der "noch zu erbringenden Restleistungen" grundsätzlich nur die Arbeiten des Werkunternehmers fassen, die ihm noch möglich sind und zu einer mangelfreien Herstellung des Werkes führen. Der Anspruch auf Minderung des Werklohns nach § 13 Nr. 6 VOB/B setzt demgegenüber voraus, dass die Beseitigung des Mangels unmöglich oder unzumutbar ist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert.

Dies berücksichtigt indes nicht hinreichend, dass im nachfolgenden Satz der Vereinbarung die "mangelfreie Abnahme der Bauleistungen" zur Voraussetzung für die Verpflichtung zur Rückgabe der Bürgschaftsurkunde und damit für das Erlöschen der Bürgschaft erhoben wird. Zwar hängt der Fortbestand eines einmal wirksam zustande gekommenen Bürgschaftsvertrages grundsätzlich nicht vom Verbleib der Urkunde bei dem Gläubiger ab (BGH DB 1976, 766). Die Bürgschaftsurkunde ist aber gemäß § 371 Satz 1 BGB zurückzugeben, wenn die Schuld erloschen ist, denn Schuldschein im Sinne dieser Vorschrift ist jede die Schuld begründende oder bestätigende Urkunde. Bestimmen die Vertragsparteien, dass die Urkunde "am Tag der mangelfreien Abnahme" zurückzugeben ist, geben sie damit zu erkennen, dass sie vor Eintritt dieses Zustandes die gesicherte Forderung nicht für erloschen erachten.

Nun lässt sich allerdings eine mangelfreie Abnahme nicht erreichen, wenn vorhandene Mängel nicht (mehr) beseitigt werden können. Im Wege der Vertragsauslegung lässt sich dieser Passus aber dahingehend auslegen, dass mit der Bürgschaft auch solche Ansprüche wegen mangelhafter Vertragsausführung erfasst sein sollen, mit denen letztlich die Herstellung eines mangelfreien Werkes nicht mehr erreicht werden kann. Dies folgt insbesondere aus dem Sinn und Zweck der Vereinbarung über die Bürgschaft. Nach Paragraph 3 Ziffer 1 des Bauvertrages vom 2. Juli 1998, auf den die Bürgschaftsurkunde ausdrücklich Bezug nimmt, war die P... als Auftragnehmer berechtigt, Abschlagszahlungen zu verlangen, deren Höhe dem Wert der vertraglich erbrachten Leistung zu entsprechen hatte. In Abänderung dieser vertraglichen Regelung sah die Vereinbarung vom 1. Dezember 1998 vor, dass von dem ausstehenden Restwerklohn von 407.000,00 DM, dem entsprechende Bauleistungen noch nicht gegenüber standen, ein Teilbetrag von 360.000,00 DM am 2. Dezember 1998 und weitere 47.000,00 DM Zug um Zug gegen Übergabe einer Vorauszahlungsbürgschaft auf erstes Anfordern in Höhe von 410.400,00 DM zu zahlen waren. Danach diente die Bürgschaft dazu, die Kläger gegenüber allen Risiken abzusichern, die sich aus der sofortigen Zahlung des Restwerklohns in einer Summe gegenüber der in dem Bauvertrag vom 2. Juli 1998 vorgesehenen Abschlagszahlungen nach Baufortschritt bzw. Zahlung nach (Schluss)Abnahme ergaben. In den letztgenannten Fällen hätten die Kläger beim Auftreten von Mängeln gemäß § 320 BGB von den Abschlagszahlungen Abzüge in Höhe des Zwei- bis Dreifachen der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten machen können, bis die Mängel behoben sind. Ließen sich die gerügten Baumängel nicht mehr oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand beseitigen und verweigerte der Werkunternehmer aus diesem Grund die Mängelbeseitigung, hätte die Abschlagsforderung gemindert werden können. Darüber hinaus waren die Kläger nach Paragraph 3 Ziffern 1 und 5 des Bauvertrages vom 2. Juli 1998 berechtigt, als Sicherheitsleistung für die vertragsgemäße Erfüllung des Bauvertrages jeweils 10 % der Abschlagssumme einzubehalten. Dieser vereinbarte Sicherheitseinbehalt hätte die Kläger nicht gehindert, fällige Abschlagszahlungen wegen tatsächlich mangelhafter Werkausführung zu verweigern (BGH NJW 1981, 2801). Schließlich wurde den Klägern in Paragraph 3 Ziffer 5 Satz 2 des Bauvertrages vom 2. Juli 1998 das Recht eingeräumt, 5 % der Bruttoabschlusssumme für die Sicherstellung der Gewährleistungsansprüche auf die Dauer von 5 Jahren einzubehalten.

Durch die vereinbarte Vorauszahlung der restlichen Hälfte des Pauschalpreises von 820.800,00 DM wurden den Klägern diese Möglichkeiten genommen. Gäbe es die Bürgschaft nicht, wären sie beim Vorliegen von Mängeln darauf angewiesen, die P... auf Mängelbeseitigung in Anspruch zu nehmen und, soweit es Mängel betrifft, deren Beseitigung unmöglich oder unzumutbar wäre oder aber einen unverhältnismäßigen Aufwand erforderte, den Minderungsbetrag von ihr zurückzufordern. Sie liefen damit Gefahr, im Falle einer Insolvenz des Auftragnehmers die Mängelbeseitigungskosten zusätzlich zu dem Werklohn tragen zu müssen und einen Minderwert nicht ersetzt zu bekommen. Das hätte besonders dann für den Bauherrn wirtschaftlich äußerst nachteilige Folgen, wenn ein Großteil der Mängel nicht behoben werden könnte und deshalb nur ein Anspruch auf Minderung bestünde. Das aber würde offensichtlich und für den Bürgen ohne weiteres erkennbar so sehr dem Interesse des Auftraggebers zuwiderlaufen, dass sich nach Treu und Glauben (§ 157 BGB) eine Auslegung verbietet, die diesem Interesse nicht gerecht würde. Dies gilt um so mehr, als der Grund für die Vorauszahlung des Restwerklohns und damit für den Verlust des Rechts, zur Durchsetzung der Mängelbeseitigungs- und Gewährleistungsansprüche Teile des Werklohns zurückzuhalten, allein in der Bürgschaft der Beklagten liegt. Deshalb ist die Bürgschaft bei interessengerechter Auslegung dahin zu verstehen, dass zu den durch sie gesicherten Ansprüchen auch die Ansprüche auf Mängelbeseitigung und Minderung des Werklohns gehören.

Dass die Vorauszahlung nicht nur der P... zugute kam, sondern auch dazu führte, den Klägern Steuervorteile zu verschaffen, ändert daran nichts. Durch diese Vorteile wird das mit der Bürgschaft abgesicherte Interesse der Kläger, die mit der Vorauszahlung übernommenen Risiken einer Nichtdurchsetzbarkeit von Mängelansprüchen zu vermeiden, nicht aufgewogen. Soweit die Vereinbarung vom 1. Dezember 1998 den Klägern darüber hinaus dadurch wirtschaftliche Vorteile bot, dass sich die P... zur Zahlung eines Mietausfalls von 11,5 DM/m² für die tatsächliche Nettonutzungsfläche wegen der verspäteten Fertigstellung verpflichtete und die Dachgeschosswohnung für einen Zeitraum von 5 Jahren anmietete, fehlt es insoweit an einem unmittelbaren Zusammenhang mit der vereinbarten Vorauszahlung; die Bauvertragsparteien haben hiermit lediglich eine konkrete Regelung des Schadensersatzes wegen verspäteter Herstellung des vertraglich geschuldeten Werkes getroffen.

Die Inanspruchnahme der Beklagten aus der Bürgschaft scheitert schließlich nicht daran, dass die Kläger sich im Hinblick auf die Reduzierung der Bürgschaftsschuld den Feststellungen des von ihnen beauftragten Sachverständigen Sch... unterworfen haben und dieser in seinem an die P... gerichteten Schreiben vom 5. November 1999 bestätigte, dass "100 % Fertigstellungsgrad" erreicht seien. Nach dem Bürgschaftsvertrag waren die Kläger verpflichtet, "Reduzierungen der Bürgschaftsschuld nach Begutachtung des Fertigstellungsgrades der Sanierungsmaßnahme durch den Gutachter, Herrn Sch..., unverzüglich anzuzeigen". Eine solche Anzeige durch die Kläger erfolgte unstreitig nicht, vielmehr erhielt die Beklagte durch die P... Kenntnis von diesem Schreiben des Sachverständigen.

Die Inanspruchnahme der Beklagten als Bürgin ist entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung auch nicht missbräuchlich; die Kläger waren insbesondere nicht verpflichtet, den Inhalt des Schreibens des Sachverständigen gegen sich gelten zu lassen. Wenn die Beklagte meint, es komme lediglich darauf an, dass sie selbst vom Inhalt dieses Schreibens Kenntnis erlangt habe, verkennt sie sowohl den Wortlaut der Bürgschaftsbestimmungen als auch deren Bedeutung. Der oben zitierte Wortlaut legt das genaue Verfahren fest, das einzuhalten war, wenn eine Verpflichtung zur Reduzierung begründet werden sollte. Danach war "der Bürgschaftsnehmer verpflichtet, der Bürgschaftsgeberin Reduzierungen" usw. anzuzeigen. An diesem Wortlaut muss sich die Beklagte, aus deren Feder er stammt, festhalten lassen, zumal da nur die Einhaltung dieser Verfahrensweise auch den Interessen der Kläger gerecht wurde. Sie hatten nach der Vereinbarung vom 1. Dezember 1998 zwar kein Recht, die materielle Richtigkeit der Feststellung durch den Sachverständigen zu prüfen; dessen "Feststellung (war vielmehr) durch die Eheleute B... und die P... (anzuerkennen)." Ihr Interesse war aber nur gewahrt, wenn sie wenigstens in formeller Hinsicht das Ergebnis des Sachverständigen überprüfen und insbesondere feststellen konnten, ob ein Irrtum des Sachverständigen in Bezug auf das Objekt oder die für seine Entscheidung maßgeblichen Umstände vorlag. Wie wichtig diese formelle Prüfung vor einer Anzeige war, zeigt auch das weitere Geschehen. Der Sachverständige schränkte seine Erklärung vom 5. November 1999 durch sein zitiertes Schreiben vom 8. November 1999 ein, nachdem er durch die Kläger auf einen möglichen Irrtum hingewiesen worden war.

Unabhängig davon, dass das Schreiben des Sachverständigen vom 5. November 1999 nicht an die Kläger gerichtet war, sondern an die P... , handelte es sich seinem Wortlaut nach ("bestätige ich") um die Antwort auf eine Anfrage der P... . Aufgrund der Bezugnahme des Sachverständigen auf seine "bisherigen Bautenstandsprotokolle" wird deutlich, dass der dort verwendete Begriff des Fertigstellungsgrades nicht ohne weiteres die vom Sachverständigen bei der Abnahme am 14. Juli 1999 als notwendig erkannten Mängelbeseitigungsarbeiten mit umfasst. Dies stellte der Sachverständige in seinem Schreiben vom 8. November 1999 an die P... auch klar, in dem er ausführt, dass unabhängig von einem 100 %igen oder fast 100 %igen Bautenstand die in dem Abnahmeprotokoll vom 14. Juli 1999 getätigten "strittigen Feststellungen" unberührt blieben und er nicht habe kontrollieren können, ob die in der Mängelliste zur Begehung vom 14. September 1999 aufgeführten Mängel oder Restleistungen inzwischen abgearbeitet worden seien.

Aufgrund dieses zweiten, ergänzenden und erläuternden Schreibens des Sachverständigen Sch... vom 8. November 1999 liegt schließlich nicht klar auf der Hand, dass die Kläger hier eine formale Rechtsstellung missbrauchen, weil ihnen Ansprüche aus dem Bauvertrag nicht (mehr) zustehen. Vielmehr liegt das Gegenteil nahe. Damit ist die Beklagte mit dieser Streitfrage, die die Begründetheit der Hauptforderung betrifft, auf die Geltendmachung im Rückforderungsprozess angewiesen (vgl. BGH NJW 1996, 717, 718).

Die Kläger haben die Beklagte mit Schreiben vom 10. November 1999 und demnach noch vor Ablauf der Frist zur Geltendmachung der Bürgschaft und unter Hinweis auf Mängelbeseitigungsansprüche sowie Minderung auf Zahlung aus der Bürgschaft in Anspruch genommen. Dies reicht entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung aus, um ihre Zahlungspflicht aus der Bürgschaft auf erstes Anfordern auszulösen. Der Zweck der Bürgschaft auf erstes Anfordern, dem Gläubiger sofort liquide Mittel zuzuführen, wenn er den Bürgschaftsfall für eingetreten hält, lässt sich nur erreichen, wenn die Anforderungen an die Erklärung, die die vorläufige Zahlungspflicht auslöst, streng formalisiert sind (BGH NJW 1994, 380, 381). Andernfalls müsste ein Streit darüber, ob der Gläubiger seinen Anspruch schlüssig dargetan hat, ausgetragen werden mit der Folge, dass die Bürgschaft auf erstes Anfordern ihrer Funktion beraubt wäre. Der Berechtigte muss daher nur das erklären, was als Voraussetzung der Zahlung auf erstes Anfordern in der Bürgschaft niedergelegt ist. Nach der Bürgschaftsurkunde vom 3. Dezember 1998 in Verbindung mit dem Schreiben der Beklagten vom 11. Dezember 1998 hing die Zahlungspflicht der Beklagten davon ab, dass die Kläger mitteilten, der Bauherr habe die ihm aus dem Bauvertrag obliegenden Verpflichtungen nicht erfüllt. Dem entsprach das Schreiben der Kläger vom 10. November 1999. Einer weiteren Erläuterung oder gar Beweisführung bedurfte es nach dem Bürgschaftsvertrag nicht (BGH a.a.O.). Insbesondere brauchten die Kläger nicht darzutun, dass die Hauptforderung bestand; die Einwendungen, die die Beklagte gegen das Bestehen von Mängelrechten erhebt, kann sie erst nach Zahlung der verbürgten Summe im Rahmen einer Rückforderungsklage geltend machen.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 a.F. BGB.

2.

Die Widerklage ist zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse der Beklagten hat das Landgericht zu Recht darin gesehen, dass die Kläger sich im Schreiben vom 10. November 1999 weitergehender Ansprüche aus der Bürgschaft berühmen, indem sie die "Bürgschaft in voller Höhe" beanspruchen.

Sie ist jedoch nicht begründet, da die Bürgschaft nach den obigen Ausführungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, auch Mängelbeseitigungsansprüche der Kläger gegen die P... erfasst.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

II.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 131.841,00 DM festgesetzt, wobei der Wert der Widerklage mit 80 % des nach Abzug der Klageforderung verbleibenden Bürgschaftsbetrages auf 83.341,00 DM angesetzt wurde.

Die Beklagte ist mit 131.841,00 DM beschwert.

Ende der Entscheidung

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