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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 15.12.2006
Aktenzeichen: 15 UF 88/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1687
BGB § 1696
BGB § 1696 Abs. 1
ZPO § 621 e Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

15 UF 88/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Sorgerrechtsverfahren

betreffend das minderjährige Kind S... S..., geb. am ... 1992

hat der 3. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gottwaldt, den Richter am Amtsgericht Neumann und den Richter am Amtsgericht Kuhnert

am 15. Dezember 2006

auf die mündliche Verhandlung vom 05. Oktober 2006

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Zossen - 6 F 749/05 - vom 14.03.2006 wird zurückgewiesen; ebenso der diesbezügliche Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Die außergerichtlichen Kosten zweiter Instanz hat der Antragsteller zu tragen

3. Der Beschwerdewert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt das alleinige Sorgerecht für den Sohn S... S... geboren am ... 1992.

Die Parteien waren verheiratet. Aus ihrer Ehe ist S... hervorgegangen. Durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Zossen vom 10.09.2002 wurde die Ehe der Parteien geschieden und das Sorgerecht über S... beiden Eltern belassen.

S... hat aufgrund eines gerichtlich genehmigten Vergleichs des Amtsgerichts - Familiengericht - Zossen vom 20.06.2002 seinen Lebensmittelpunkt bei dem Vater. Umgang mit der Antragsgegnerin findet nur sporadisch statt, wobei sich der Sohn einen engeren Kontakt wünscht.

Mit Schriftsatz vom 12.12.2005 hat der Antragsteller in erster Instanz die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge über S... auf seine Person beantragt. Zur Begründung seines Abänderungsantrages nach § 1696 BGB hat er auf eine fehlende Kommunikation zwischen den Eltern, Beschimpfungen der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller, völlig passives Verhalten in Erziehungsfragen und ungeeignete Ausübung des Umgangsrechts der Antragsgegnerin verwiesen.

Die Antragsgegnerin ist dem entgegengetreten und hat - ungeachtet bestehender Spannungen mit dem Kindesvater - im Interesse von S... den Weiterbestand der gemeinsamen elterlichen Sorge befürwortet.

Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 14.03.2006 den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Weder die Auseinandersetzungen zwischen den Eltern noch die fehlende Kommunikation zwischen den Eltern ergäben Ansatzpunkte für eine Gefährdung des Kindeswohls. Dies auch unter Berücksichtigung des von S... geäußerten Willens, dass er intensivere Kontakte mit seiner Mutter wünscht und er sie zudem liebhabe.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner form- und fristgerecht eingereichten Beschwerde, mit der er weiterhin die alleinige elterliche Sorge anstrebt.

Nach seiner Ansicht habe das Amtsgericht in seiner Entscheidung zu sehr auf die Pflicht der Eltern zum Konsens in wesentlichen Sorgeangelegenheiten abgestellt, dabei aber außer Acht gelassen, dass die Parteien bereits seit fünf Jahren keine vernünftigen Gespräche zu den Angelegenheiten von S... führen würden.

Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten. Sie verweist darauf, dass nicht sie jegliche Kommunikation verweigere, sondern der Antragsteller sie bewusst nicht über die Angelegenheiten, die S... betreffen, informiere. Auch unter Berücksichtigung des Kindeswillens sollte es bei der Beibehaltung des gemeinsamen Sorgerechts bleiben, da zu befürchten sei, dass bei einer antragsgemäßen Entscheidung S... vollständig von seiner Mutter isoliert werde.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der erstinstanzlichen Akten des Familiengerichts Zossen verwiesen. Das Jugendamt des Landkreises T... ist erneut beteiligt worden und hat sich in der mündlichen Anhörung vor dem Senat am 05.10.2006 für die Beibehaltung des gemeinsamen Sorgerechts ausgesprochen.

II.

Die gemäß § 621 e Abs. 1 ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das Familiengericht kann während der Dauer der elterlichen Sorge seine Anordnungen jederzeit ändern, wenn es dies im Interesse des Kindes für angezeigt hält (§ 1696 Abs. 1 BGB).

§ 1696 Abs. 1 BGB findet auch Anwendung auf eine mit Billigung des Gerichts getroffene Vereinbarung, wie vorliegend über den Aufenthalt als Teil der elterlichen Sorge vom 20.06.2002.

Allerdings eröffnet das Abänderungsverfahren keine freie, jederzeitige Abänderungsmöglichkeit. Vielmehr setzt eine Neuregelung der elterlichen Sorge nach dieser Vorschrift triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe voraus, damit die Sorgerechtsregelung abgeändert werden kann. Zu den das Kindeswohl nachhaltig berührenden Umständen gehört zwar auch, dass die Bereitschaft des einen zur Kooperation mit dem anderen Elternteil nicht nachhaltig gestört und dadurch die für eine sinnvolle Ausübung der gemeinsamen Sorge unabdingbare Voraussetzung entfallen ist, dass beide Eltern gewillt sind, die gemeinsame Verantwortung für ihr Kind weiter zu tragen. Die gemeinsame elterliche Sorge wäre dann durch eine neue Regelung zu ersetzen, weil anders nicht die Gefahr behoben werden kann, dass das betroffene Kind infolge der ständigen Meinungsverschiedenheiten seiner Eltern in seiner weiteren Persönlichkeitsentwicklung Schaden leidet (BGH FamRZ 1993, 314).

Von einer vergleichbaren Sachlage kann hier jedoch nicht ausgegangen werden. Der Vater beklagt sich, dass die Mutter sich nicht in ausreichendem Maß um das Wohl des Kindes aktiv bemüht und nicht weitergehend Verantwortung übernimmt. Wenn Anspruch und Wirklichkeit nicht im Einklang stehen, mag dies aus subjektiver Sicht des Vaters ärgerlich sein. Es besteht jedoch hierdurch keine das Wohl des Kindes abträgliche Situation, die bei alleinigem Sorgerecht des Vaters nicht gegeben wäre. Die Mutter lässt vielmehr den Vater gewähren und greift nicht störend in die Erziehung ein. Es ist nicht ersichtlich, dass sich durch die beantragte Sorgerechtsänderung die Situation für das Kind verbessern würde. Möglicherweise würde sogar die Chance vertan, die Mutter stärker in die Pflicht zu nehmen, was auch das Kind ausdrücklich wünscht.

Zu dem Einwand des Vaters, die Mutter könnte in Zukunft Angelegenheiten, welche den Sohn betreffen, blockieren, ist darauf hinzuweisen, dass nach § 1687 BGB die Befugnisse getrennt lebender Eltern bei Fortbestehen der gemeinsamen elterlichen Sorge in der Weise geregelt sind, dass in den alltäglichen Dingen der betreuende Elternteil allein entscheidungsbefugt ist, während ein einvernehmliches Handeln auf Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung beschränkt ist. Es gibt nach dem Vortrag des Vaters keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Mutter nicht bereit ist, diese Aufgabenteilung zu akzeptieren. Vielmehr spricht ihr Verhalten in den letzten vier Jahren gegen die von dem Vater befürchteten Auseinandersetzungen in Erziehungs- und Betreuungsfragen. Die Mutter hat gezeigt, dass sie sich in der Vergangenheit nicht in die Angelegenheiten des täglichen Lebens, die von dem Vater allein bestimmt werden, einmischt. Allein das bestehende Unbehagen, die Mutter an der elterlichen Sorge teilhaben zu lassen und sich gelegentlich mit ihr über wesentliche Fragen der Erziehung abstimmen zu müssen, ist nicht ausreichend, um im Lichte von § 1696 Abs. 1 BGB eine abändernde Alleinsorgeregelung zu treffen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 131 Abs. 3 KostO, 13a Abs. 1 Satz 2 FGG, § 131 Abs. 2, 30 KostO.

Ende der Entscheidung

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