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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 03.06.2004
Aktenzeichen: 15 WF 149/03
Rechtsgebiete: FGG, BGB, BVormVG


Vorschriften:

FGG § 50
FGG § 50 Abs. 5
FGG § 56 g Abs. 5
FGG § 67 Abs. 3
BGB § 1908 e
BGB § 1908 f
BGB § 1908 g
BGB § 1908 h
BGB § 1908 i
BVormVG § 1
BVormVG § 1 Abs. 1 Nr. 1
BVormVG § 2 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

15 WF 149/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

betreffend die minderjährigen Kinder

hat der 3. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Amtsgericht ...

am 03. Juni 2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Verfahrenspflegers gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 20. August 2002 - 44 F 357/00 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

Die gem. § 56 g Abs. 5 FGG in Verbindung mit §§ 67 Abs. 3, 50 Abs. 5 FGG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist aus den in ihrem wesentlichen Kern zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung und des Nichtabhilfebeschlusses des Amtsgerichts vom 14. April 2003 unbegründet. Zu ergänzen ist folgendes:

I.

Der Verfahrenspfleger hat zur schlüssigen Geltendmachung seines Vergütungsanspruches nach §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG in Verbindung mit §§ 1908 e bis 1908 i BGB eine ordnungsgemäße, fälligkeitsbegründende Abrechnung zu erteilen (vgl. OLG Brandenburg FPR 2003, 34 = Rechtspfleger 2002, 440). Darüber, ob der jeweils geltend gemachte Aufwand dem vergütungsfähigen Aufgabenbereich des Verfahrenspflegers zugeordnet werden kann, steht dem Gericht ein Beurteilungsermessen zu (vgl. BayObLG FamRZ 1996, 1169 f.). Der Verfahrenspfleger hat deshalb mit seiner Rechnung die zur Ausübung dieses Ermessens erforderlichen Tatsachen mitzuteilen. Die Rechnung muss nicht nur erkennen lassen, welcher Art die zu vergütende Tätigkeit war, sondern muss auch - zumindest stichwortartige - Angaben über ihren Zusammenhang mit den im konkreten Fall nach dem Gesetz erforderlichen Aufgaben enthalten. So genügt es zum Beispiel nicht, wenn der Verfahrenspfleger die Vergütung seines Zeitaufwands für Hausbesuche, Schreiben, Telefonate und sonstige Gespräche verlangt, ohne zu bezeichnen, aus welchem Grund sie zur Wahrnehmung der ihm übertragenden Aufgaben unabweisbar erforderlich waren. Die Rechnung des Beschwerdeführers genügt diesen allgemeinen Anforderungen an die Prüffähigkeit in Rechnung gestellter Zeithonorare - auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens - nicht. Sie lässt insbesondere nicht erkennen, warum in dem knapp 12 Monate dauernden Verfahren insgesamt vier schriftliche Stellungnahmen des Verfahrenspflegers und denen vorangegangene Gespräche mit den zu vertretenen Kindern - ausschließlich an deren Wohnort - unabweisbar notwendig waren. Das Amtsgericht hat daher - schon allein aus diesem Grund - zu Recht die Vergütung für die Fertigung der 3. und 4. schriftlichen Stellungnahme und der vorab geführten Gespräche mit den Kindern wegen Fehlens einer fälligkeitsbegründenden Rechnung abgelehnt.

II.

Soweit der Verfahrenspfleger geltend macht, das Gericht habe ihn zur Fertigung einer weiteren schriftlichen Stellungnahme aufgefordert (Beschwerdeposition 18.), kann er hieraus ( weitere ) Vergütungsansprüche nicht herleiten. Das Amtsgericht hat ihm für die Fertigung des zweiten - drei Seiten umfassenden - schriftlichen ( Zwischen-)Berichts vom 27.07.2001 vergütungsfähige Zeit von 125 Min. anerkannt, obwohl der Bericht im Kern die Aussage enthält, dass er noch nicht umfassend Stellung nehmen könne. Im Übrigen beinhaltet der Bericht vom 27.07.2001 eine Art " Verlaufsprotokoll " der Ereignisse seit der ersten Verhandlung sowie die Auffassungen der Eltern zu den zu regelnden Umgangskontakten. Diese Art von Mitteilungen gehören nicht zum Aufgabenbereich des Verfahrenspflegers, so dass die hierfür aufgewandte Zeit nicht vergütungsfähig ist. An einer hiernach gebotenen Kürzung der Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche sieht sich der Senat jedoch wegen des Verbots der reformatio in peius gehindert.

Im Übrigen sind auch unter Berücksichtigung des Inhalts der dritten und vierten schriftlichen Stellungnahme des Verfahrenspflegers vom 16.10.2001 bzw. 29.01.2002 keine Gründe erkennbar, warum deren Fertigung - unabweisbar - notwendig war. Zur ordnungsgemäßen Wahrung der Kindesinteressen im Prozeß hätte es genügt, die Kinder unmittelbar vor den Verhandlungen vom 06.11.2001 und 14.03.2002 zu befragen und sodann deren Sicht dem Gericht und den weiteren Beteiligten in den Terminen mitzuteilen. Soweit dem Verfahrenspfleger hierfür eine Vergütung zuzubilligen wäre, ist diese jedenfalls durch Vergütung des - nicht vergütungsfähigen Zwischenberichts vom 27.07.2001 - abgegolten.

Für künftige Fälle ist zudem auf folgendes hinzuweisen : Bittet das Gericht den bestellten Verfahrenspfleger um die Vornahme bestimmter Tätigkeiten, bei denen sich die Zugehörigkeit zu dessen Aufgabenbereich nicht geradezu aufdrängt, hat dieser - ähnlich wie ein vom Gericht bestellter Sachverständiger - auf eine gerichtliche Klärung hinzuwirken und gegebenenfalls darauf hinzuweisen, dass dies nicht vom Umfang seiner Bestellung erfasst ist. Unterlässt er das und nimmt er die von ihm erbetene, nicht zu seinem Tätigkeitsfeld gehörende Aufgabe wahr, kann er den ihm hierdurch entstehenden Aufwand jedenfalls nicht nach Maßgabe von §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG, § 1 BVormVG ersetzt verlangen.

III.

Hinsichtlich der nachfolgend dargestellten Beschwerdepositionen ist klarstellend folgendes zu ergänzen:

1.

Der Verfahrenspfleger kann einen höheren als den mit dem angefochtenen Beschluss festgesetzten Stundensatz nicht verlangen.

Das Amtsgericht hat den seiner Entscheidung zugrundegelegten Stundensatz zu Recht auf 35,- DM = 17,90 € festgesetzt. Ein um 10,- DM/Std. höherer Stundensatz, wie ihn der Verfahrenspfleger mit der Beschwerde für sich beansprucht, kommt nach Maßgabe der entsprechend heranzuziehenden Vorschrift in § 1 Abs. 1 Nr. 1 BVormVG nur unter der Voraussetzung in Betracht, dass der Verfahrenspfleger über besondere, der Verfahrenspflegschaft dienliche Kenntnisse verfügt, die er durch eine abgeschlossene Ausbildung oder einer solchen vergleichbaren Ausbildung erworben hat. Beide Sachverhalte sind vorliegend nicht gegeben. Der Verfahrenspfleger verfügt weder über eine abgeschlossene Ausbildung, noch hat er einen Prüfungsnachweis über eine Nachqualifikation vorgelegt. Soweit er meint, er könne bereits deshalb eine höhere Vergütung beanspruchen, weil das Land Brandenburg von seiner Gesetzgebungskompetenz nach § 2 Abs. 1 BVormVG keinen Gebrauch gemacht hat, so dass ihm der Erwerb einer Nachqualifikation verwehrt sei, ist dem nicht zu folgen. Er verkennt insbesondere, dass ein Anspruch auf einen höheren Stundensatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 BVormVG nur dann besteht, soweit der Verfahrenspfleger besondere Kenntnisse zur Ausübung seiner Tätigkeit erworben und vor einer hierzu ermächtigten Stelle nachgewiesen hat. Bietet das Land Brandenburg - bislang - keine eigene Nachqualifikation für Verfahrenspfleger an, ist der Beschwerdeführer auf die Qualifizierungsangebote anderer Bundesländer zu verweisen. Erst nach erfolgreichem Abschluss einer solchen Maßnahme - was der Beschwerdeführer jedoch nicht geltend macht - kann im Einzelfall durch verfassungskonforme Auslegung von § 1 Abs. 1 BVormVG ein höherer Stundensatz in Betracht kommen.

7./8.

Dem Verfahrenspfleger steht nach §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG ein Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen und einer Vergütung entsprechend § 1 BVormVG zu. Das gilt naturgemäß aber nur für die Zeiten und Aufwendungen, die auf die ihm nach dem Gesetz zugewiesenen Tätigkeiten entfallen (vgl. BT-Drucks. 13/7158, S. 15; zum allgemeinen Umfang dieser Tätigkeiten vgl. KG NJW-RR 2001, 73 f.; OLG Brandenburg FamRZ 2001, 692; OLG Brandenburg Rpfleger 2002, 440 = FPR 2003, 34). Zu diesem Aufgabenkreis gehört es aber gerade nicht, weitergehende Ermittlungen anzustellen oder gar zwischen den Eltern zu vermitteln (vgl. KG NJW-RR 2001, 73 f.; OLG Frankfurt a.M. FamRZ 1999, 1293 f.; OLG Schleswig OLG-Report 2000, 177 ff.; OLG Brandenburg Rpfleger 2002, 440 = FPR 2003, 34). Der Einführung von § 50 FGG lag die Erwägung zu Grunde, dass im Einzelfall trotz der Bestimmungen, die eine Entscheidung entsprechend dem Wohl des Kindes sichern sollen, Defizite bei der Wahrung der Interessen der betroffenen Kinder auftreten können (vgl. BT-Drucks. 13/4899, S. 129). Es sollte dem Kind die Möglichkeit gegeben werden, vergleichbar seinen Eltern, die regelmäßig durch Verfahrensbevollmächtigte vertreten seien, auf das Verfahren Einfluss nehmen zu können (BT-Drucks. 13/4899, S. 129). Das Gericht hat den Verfahrenspfleger daher an den Verfahrensverhandlungen zu beteiligen, es hat ihm insbesondere Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und ihn zu den Anhörungsterminen zu laden (vgl. OLG Brandenburg Rpfleger 2002, 440 = FPR 2003, 34; KG NJW-RR 2001, 73 f.; Keidel/Kuntze/Winkler/Engelhardt, FGG, 14. Aufl., § 50 FGG Rn. 22). Auf diese verfahrensrechtliche Stellung beschränkt sich die Aufgabe des Verfahrenspflegers. Insbesondere obliegt ihm keine Erforschung der dem objektiven Kindeswohl am Besten dienenden Entscheidung (vgl. OLG Brandenburg Rpfleger 2002, 440 = FPR 2003, 34; KG NJW-RR 2001, 73 f.; OLG Schleswig OLG-Report 2000, 177 ff.). Das ist Aufgabe des Gerichts, das sich dazu gegebenenfalls der Hilfe eines Sachverständigen bedienen kann (vgl. OLG Brandenburg Rpfleger 2002, 440 = FPR 2003, 34). Soweit der Verfahrenspfleger eine Vergütung für Tätigkeiten verlangt, die nicht zu diesem zuvor beschriebenen Aufgabenkreis gehören - wie etwa die Teilnahme an einem Beratungsgespräch der Eltern beim Jugendamt und die dieser vorangegangene Terminsabsprache - , hat das Amtsgericht den geltend gemachten Vergütungs- und Auslagenerstattungsanspruch des Verfahrenspflegers zu Recht gekürzt.

Gleiches gilt für die Beschwerdepositionen 11.), 14.),19.) und 20).

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 Satz 2 1. Alt. FGG.

V.

Beschwerdewert: 971,73 €.

Ende der Entscheidung

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