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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 25.09.2002
Aktenzeichen: 15 WF 218/00
Rechtsgebiete: FGG, BGB, BVormVG


Vorschriften:

FGG § 50
FGG § 50 Abs. 5
FGG § 56 g Abs. 5
FGG § 67 Abs. 3
BGB § 1908 e
BGB § 1908 f
BGB § 1908 g
BGB § 1908 h
BGB § 1908 i
BVormVG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

15 WF 218/00 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Verfahren auf Festsetzung der Vergütung des gemäß § 50 FGG bestellten Verfahrenspflegers

betreffend das Recht der elterlichen Sorge für die Kinder

hat der 3. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ...

am 25. September 2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 18. Oktober 2000 - 11 F 314/98 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gemäß § 56 g Abs. 5 FGG i.V.m. §§ 67 Abs. 3, 50 Abs. 5 FGG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2. hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

Zur schlüssigen Geltendmachung seines Vergütungsanspruchs nach §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG in Verbindung mit §§ 1908 e bis 1908 i BGB hat der Verfahrenspfleger eine ordnungsgemäße, fälligkeitsbegründende Abrechnung zu erteilen. Daran fehlt es hier. Der Verfahrenspfleger hat nach §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen und einer Vergütung entsprechend § 1 BVormVG. Das gilt aber nur für die Zeiten und Aufwendungen, die auf die ihm nach dem Gesetz zugewiesenen Tätigkeiten entfallen (vgl. BT-Drucks. 13/7158, S. 15; zum allgemeinen Umfang dieser Tätigkeiten vgl. KG NJW-RR 2001, 73 f.; OLG Brandenburg FamRZ 2001, 692 f.; OLG Brandenburg JurBüro 2002, 320 = FGPrax 2002, 113). Darüber, ob der jeweils geltend gemachte Aufwand diesen Anforderungen genügt, steht dem Gericht zwar ein Beurteilungsermessen zu (vgl. OLG Brandenburg JurBüro 2002, 320 = FGPrax 2002, 113; BayObLG FamRZ 1996, 1169 f.), doch hat der Verfahrenspfleger mit seiner Abrechnung zumindest die zur ordnungsgemäßen Ausübung des Ermessens erforderlichen Tatsachen mitzuteilen. Seine Rechnung muss deshalb nicht nur erkennen lassen, welcher Art die zu vergütende Tätigkeit war, sondern muss auch - zumindest stichwortartige - Angaben über ihren Zusammenhang mit den im konkreten Fall nach dem Gesetz erforderlichen Aufgaben enthalten. So genügt es z.B. nicht, wenn der Verfahrenspfleger die Vergütung seines Zeitaufwands für "Fahrten" und "Gespräche" verlangt, ohne dass er genau bezeichnet, wer sein Gesprächspartner war, welchen Inhalt das Gespräch hatte und in welchem Zusammenhang es mit dem ihm übertragenen Aufgabenkreis stand (vgl. OLG Brandenburg JurBüro 2002, 320 = FGPrax 2002, 113).

Nichts anderes gilt, wenn - wie hier - u. a. umfangreiche Gespräche mit Beteiligten des Verfahrens abgerechnet werden. Es liegt nicht etwa auf der Hand, dass solche Gespräche stets dem Aufgabenkreis des Verfahrenspflegers zuzurechnen sind. Es ist nämlich gerade nicht seine Aufgabe, weitergehende Ermittlungen anzustellen oder gar zwischen den Eltern oder den übrigen Beteiligten zu vermitteln (vgl. OLG Brandenburg JurBüro 2002, 320 = FGPrax 2002, 113; KG NJW-RR 2001, 73 f.; OLG Frankfurt a.M. FamRZ 1999, 1293 f.; OLG Schleswig OLG-Report 2000, 177 ff.). Der Einführung von § 50 FGG lag die Erwägung zu Grunde, dass im Einzelfall trotz des Amtsermittlungsgrundsatzes, der eine Entscheidung entsprechend dem Wohl des Kindes sichern soll, Defizite bei der Wahrung der Interessen der betroffenen Kinder auftreten können (vgl. BT-Drucks. 13/4899, S. 129). Es sollte dem Kind die Möglichkeit gegeben werden, vergleichbar seinen Eltern, die regelmäßig durch Verfahrensbevollmächtigte vertreten seien, auf das Verfahren Einfluss zu nehmen (BT-Drucks. 13/4899, S. 129). Das Gericht hat den Verfahrenspfleger daher an den Verfahrensverhandlungen zu beteiligen; es hat ihm insbesondere Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und ihn zu den Anhörungsterminen zu laden (vgl. KG NJW-RR 2001, 73 f.; Keidel/Kuntze/ Winkler/Engelhardt, FGG, 14. Aufl., § 50 FGG Rn. 22). Auf diese vorgenannte verfahrensrechtliche Stellung beschränkt sich die Aufgabe des Verfahrenspflegers. Insbesondere obliegt ihm keine Erforschung der dem objektiven Kindeswohl am besten dienenden Entscheidung (vgl. OLG Brandenburg JurBüro 2002, 320 = FGPrax 2002, 113; KG NJW-RR 2001, 73 f.; OLG Schleswig OLG-Report 2000, 177 ff.). Das ist Aufgabe des Gerichts, das sich dazu gegebenenfalls der Hilfe eines Sachverständigen bedienen kann.

Will der Verfahrenspfleger - wie hier - auch Fahrten zu den Orten seiner Gesprächstermine vergütet haben, muss er über das allgemeine Erfordernis des Gesprächs hinaus grundsätzlich auch angeben, aus welchem konkreten Grund er es für geboten halten durfte, seinen Gesprächspartner aufzusuchen, statt diesen - aus Gründen der Zeit- und Kostenersparnis - zu sich zu bitten (vgl. OLG Brandenburg JurBüro 2002, 320 = FGPrax 2002, 113). Die Vergütung des Verfahrenspflegers erfolgt zwar nach §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG zunächst aus der Staatskasse. Diese vom Staat verauslagten Kosten werden aber anschließend von den Beteiligten als Gerichtskosten nach Maßgabe der Kostenvorschriften erhoben (§ 137 Nr. 16 KostO). Vor diesem Hintergrund liegt es auf der Hand, dass der Verfahrenspfleger von mehreren gleichwertigen Alternativen zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben nicht diejenige wählen darf, die den häufig wirtschaftlich nicht gut gestellten Parteien die höheren Kosten verursacht. Entscheidet er sich im Einzelfall gleichwohl für die kostenintensivere Maßnahme, hat er die konkreten Gründe dafür darzulegen, dass die Entstehung der höheren Kosten für die Parteien zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Aufgaben unabweisbar erforderlich war (vgl. OLG Brandenburg JurBüro 2002, 320 = FGPrax 2002, 113).

Neben der Darlegung ihrer konkreten Erforderlichkeit hat der Verfahrenspfleger auch Ort, Datum und Dauer seiner jeweiligen Tätigkeiten mitzuteilen. Nur wenn die Rechnung diese Angaben enthält, kann das Gericht prüfen, ob der in Ansatz gebrachte Zeitaufwand überzogen ist, um abstrakt möglichen Missbrauchsfällen begegnen zu können (vgl. OLG Brandenburg JurBüro 2002, 320 = FGPrax 2002, 113; OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 1533). Zu diesem Zweck muss auch die Uhrzeit von Beginn und Ende der jeweils konkret in Rechnung gestellten Tätigkeit angegeben werden. Nur das entspricht den allgemeinen Anforderungen an die Prüffähigkeit in Rechnung gestellter Zeithonorare (vgl. OLG Brandenburg JurBüro 2002, 320 = FGPrax 2002, 113).

Die durch ihr Schreiben vom 16. Juni 2000 berichtigte bzw. ergänzte Rechnung der Verfahrenspflegerin vom 24. August 1999 genügt diesen allgemeinen Anforderungen nicht in allen Punkten. Es fehlen Angaben zur Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Tätigkeiten. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb sie es konkret für erforderlich halten musste, die betroffenen Kinder und ihre Eltern - bei Fahrtstrecken von insgesamt 120 km und einem Zeitaufwand von insgesamt 12 Stunden - in B... aufzusuchen, statt sie jeweils kostengünstiger zu sich zu bitten. Selbst wenn es hier im Einzelfall nötig gewesen sein sollte, die persönlichen Lebens- und Wohnverhältnisse des betroffenen Kindes und seiner Eltern kennen zu lernen, hätte hierfür im Zweifel eine einzige Fahrt ausgereicht. Zudem fehlen bei allen in Rechnung gestellten Tätigkeiten die erforderlichen Angaben der jeweiligen Uhrzeit von Beginn und Ende ihrer Vornahme.

Da der Sachverhalt nach alledem weiterer Aufklärung bedarf, insbesondere der Verfahrenspflegerin Gelegenheit zu geben ist, ihre bislang nicht prüffähige Rechnung um die hierfür benötigten Angaben zu ergänzen, ist die Sache nicht entscheidungsreif. Der angefochtene Beschluss ist deshalb aufzuheben und an das Amtsgericht zur Prüfung der ordnungsgemäßen Vergütungsfestsetzung für die Verfahrenspflegerin zurückzuverweisen.

Hierbei wird das Amtsgericht angesichts des zwischenzeitlichen Zeitablaufs allerdings keine überspannten Anforderungen an die Darlegung der noch erforderlichen Angaben zum jeweiligen Beginn und Ende der in Rechnung gestellten Tätigkeiten zu stellen haben. Ausweislich des Akteninhalts hat sich die Verfahrenspflegerin wiederholt an das Amtsgericht gewandt, um die konkreten Grundlagen ihrer Vergütung zu erfragen, ohne dass ihr das Erfordernis dieser genauen Zeitangaben mitgeteilt worden ist.

In jedem Fall wird die Verfahrenspflegerin aber nach Maßgabe der vorgenannten allgemeinen Grundsätze zur Prüffähigkeit des von ihr geltend gemachten Vergütungsanspruchs die konkrete Erforderlichkeit der von ihr in Rechnung gestellten Tätigkeiten einschließlich des jeweils hierauf entfallenen Zeitaufwands im Einzelnen mitzuteilen haben. Auch hat sie - worauf der Beschwerdeführer mit Recht hingewiesen hat - die ihr im Zusammenhang mit der Verfahrenspflegschaft entstandenen Auslagen detailliert aufzulisten. Das gilt hier insbesondere hinsichtlich der erhobenen "Porto- und Telefonpauschale" in Höhe von 30,00 DM. Anders als der Beschwerdeführer meint, ist es allerdings grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass die Verfahrenspflegerin ihren Aufwand für die Erstellung eines schriftlichen Berichts in Rechnung gestellt hat. Ein solcher Bericht dient der Vorbereitung der Stellungnahme des Verfahrenspflegers in der mündlichen Verhandlung. Nimmt der Verfahrenspfleger in der Verhandlung im Wesentlichen nur auf seine schon zuvor schriftsätzlich eingereichte Stellungnahme Bezug, verkürzt das seinen ansonsten vergütungsfähigen Zeitaufwand für seine Anwesenheit vor Gericht und ermöglicht es darüber hinaus allen Beteiligten, sich mit seinen Ausführungen hinreichend auseinanderzusetzen. Allerdings hat sich der Verfahrenspfleger, was Umfang und Inhalt seiner schriftlichen Ausführungen und Stellungnahmen angeht, auf dasjenige zu beschränken, was erforderlich ist, um die ihm nach dem Gesetz und seiner Stellung im Verfahren zugewiesene Aufgabe und Funktion zu erfüllen (siehe hierzu OLG Brandenburg, JurBüro 2002, 320 = FGPrax 2002, 113). Ob er diesen Rahmen überschritten hat, unterliegt der Prüfung durch den Rechtspfleger im Vergütungsfestsetzungsverfahren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a FGG.

Ende der Entscheidung

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