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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 02.12.2004
Aktenzeichen: 2 Ausl (A) 16/04
Rechtsgebiete: IRG


Vorschriften:

IRG § 15
IRG § 80 Abs. 3
IRG § 83a Abs. 1 Nr. 1
IRG § 83a Abs. 1 Nr. 2
IRG § 83a Abs. 1 Nr. 3
IRG § 83a Abs. 1 Nr. 4
IRG § 83a Abs. 1 Nr. 5
IRG § 83a Abs. 1 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

2 Ausl (A) 16/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Auslieferungsverfahren

wegen Auslieferung des Verfolgten zur Strafverfolgung nach Österreich,

hat der 2. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richter am Oberlandesgericht ...

am 2. Dezember 2004

beschlossen:

Tenor:

Gegen den Verfolgten wird die Auslieferungshaft angeordnet.

Die Auslieferung des Verfolgten an die österreichische Regierung zum Zweck der Strafverfolgung wegen der in dem Haftbefehl des Landgerichts St. Pölten vom 22. Juli 2004 in der Fassung vom 28. September 2004 (17 Ur 208/04 s) aufgeführten Straftaten wird für zulässig erklärt.

Gründe:

Der Verfolgte wurde am 24. September 2004 bei der grenzpolizeilichen Einreisekontrolle eines Fluges aus Belgrad auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld aufgrund eines Ersuchens der österreichischen Behörden um Festnahme des Verfolgten zum Zwecke seiner Auslieferung zur Strafverfolgung nach Österreich festgenommen. Nachdem das Amtsgericht Königs Wusterhausen am 25. September 2004 eine Festhalteanordnung gegen ihn erlassen hatte, ordnete der Senat am 19. Oktober 2004 gegen den Verfolgten die vorläufige Auslieferungshaft an. In seiner richterlichen Vernehmung vor dem Amtsgericht hat sich der Verfolgte weder mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt noch auf die Einhaltung des Spezialitätsgrundsatzes verzichtet

Dem Auslieferungsersuchen der österreichischen Behörden liegt ein Europäischer Haftbefehl des Landesgerichts St. Pölten vom 17. September 2004 zugrunde, der sich auf einen Haftbefehl desselben Landesgerichts vom 22. Juli 2004 bezieht, der durch Beschluss des Landesgerichts vom 28. September 2004 berichtigt und ergänzt worden ist. Dem Verfolgten wird zur Last gelegt, im Zusammenwirken mit zwei weiteren Personen seit Ende 2003 bis Ende Mai 2004 bei etwa 20 Banken in Wien und Umgebung Bargeld erbeutet oder zu erbeuten versucht zu haben. Die Mittäter hätten, nachdem sie um Wechselgeld gebeten hätten, die Bankangestellten durch eine Verwirrtaktik getäuscht und so mehr Bargeld bekommen als ursprünglich von ihnen überreicht worden sei; der Verfolgte soll der Fahrer des Fluchtfahrzeugs gewesen sein.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Auslieferung des Verfolgten an die österreichische Regierung zum Zwecke der Strafverfolgung wegen der in dem Haftbefehl des Landesgerichts St. Pölten vom 22. Juli 2004 in der Fassung vom 28. September 2004 aufgeführten Straftaten für zulässig zu erklären und gegen den Verfolgten die Auslieferungshaft anzuordnen. Der Beistand des Verfolgten beantragt, diesen Antrag zurückzuweisen und die Auslieferung für unzulässig zu erklären.

Die von der Generalstaatsanwaltschaft beantragte Auslieferung ist zulässig.

Der Europäische Haftbefehl des Landesgerichts St. Pölten vom 17. September 2004 erfüllt die in § 83a Abs.1 Nr.1 bis 6 IRG genannten Voraussetzungen. Dass darin unter dem Katalog der Straftaten in Abschnitt (e) "Betrug" angekreuzt ist, während zuvor in demselben Abschnitt von einem "Verdacht des schweren gewerblichen Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung" die Rede ist, begründet entgegen der Auffassung des Beistandes kein Auslieferungshindernis. Dieser Widerspruch beruht offenbar auf einem Versehen; nachdem das Landesgericht St. Pölten durch Beschluss vom 28. September 2004 seinen Haftbefehl vom 22. Juli 2004 dahingehend berichtigt hatte, dass die vorgeworfene Tat als schwerer gewerbsmäßiger Betrug zu qualifizieren sei, hat es versäumt, auch die (formulierte) rechtliche Würdigung in dem Europäischen Haftbefehl entsprechend zu ändern. Der Verfolgte ist dadurch nicht beschwert. Denn das Gericht des ersuchenden Staates, das nach der Auslieferung über die Vorwürfe gegen den Verfolgten zu entscheiden hat, ist - auch bei Geltung des Spezialitätsgrundsatzes (§ 11 Abs.1 Nr.1 IRG) - nicht an die rechtliche Beurteilung der Vorwürfe in dem Auslieferungsersuchen gebunden; der Verurteilte darf nur nicht wegen einer anderen Tat verurteilt werden (Schomburg/Lagodny, IRG, 3. Aufl., Rdn. 13 zu § 11).

Auch andere Gründe stehen der Auslieferung nicht entgegen. Das Landesgericht St. Pölten hat in einem Schreiben vom 15. November 2004 die Zusicherung erteilt, dass der Verfolgte nach Verhängung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion auf seinen Wunsch zur Vollstreckung der Strafe in die Bundesrepublik Deutschland zurücküberstellt wird. Deshalb kann offen bleiben, ob der Verfolgte eine der in § 80 Abs.3 IRG genannten Voraussetzungen erfüllt.

Gegen den Verfolgten war ferner die Auslieferungshaft nach § 15 IRG anzuordnen. Es bestehen weiterhin die in dem Senatsbeschluß vom 19. Oktober 2004 genannten Gründe für die Annahme einer Fluchtgefahr.

Ende der Entscheidung

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