Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 20.03.2007
Aktenzeichen: 2 U 36/06
Rechtsgebiete: BGB, StHG, EGBGB, EGZGB, ZGB, SVG, AtomenergieG, StrlSchV, ZPO, VO zum AtomenergieG


Vorschriften:

BGB § 6
BGB § 419 a. F.
BGB § 472 Abs. 2
BGB § 839
BGB § 839 Abs. 1
BGB § 852 a. F.
StHG § 1
StHG § 1 Abs. 1
StHG § 3 Abs. 3
StHG § 4
StHG § 4 Abs. 1
StHG § 4 Abs. 2
StHG § 4 Abs. 3 Satz 1
EGBGB Art. 232 § 1
EGBGB Art. 232 § 10
EGZGB § 2 Abs. 2 Satz 1
EGZGB § 11
ZGB § 331
ZGB § 344
ZGB § 472 Abs. 2
ZGB § 475 Abs. 1 Ziff. 3
SVG § 91 a
AtomenergieG § 9
AtomenergieG § 9 Abs. 1
AtomenergieG § 10
AtomenergieG § 12
AtomenergieG § 12 Abs. 1 Nr. 4
StrlSchV § 28
ZPO § 166
VO zum AtomenergieG § 4 Abs. 1 S. 1
VO zum AtomenergieG § 4 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

2 U 36/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 20.03.2007

verkündet am 20.03.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2007 durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Prof. Dr. Farke, die Richterin am Amtsgericht Odenbreit und die Richterin am Oberlandesgericht Gieseke

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 1. Juni 2006 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 14 O 588/04, wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsrechtszuges trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt mit ihrer am 30. Dezember 2004 beim Landgericht Frankfurt (Oder) eingegangenen und am 2. Februar 2005 zugestellten Klage die Bundesrepublik Deutschland aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes D... M... auf Zahlung von Schmerzensgeld sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden in Anspruch mit der Behauptung, ihr Ehemann habe im Rahmen seines früheren Dienstverhältnisses zur Nationalen Volksarmee (NVA) in der Zeit vom 30. November 1954 bis zum 31. Oktober 1969 durch seinen Einsatz an Radargeräten gesundheitliche Schäden erlitten.

Hierzu hat die Klägerin unter anderem behauptet, ihr Ehemann sei während seiner Dienstzeit als Berufssoldat in der Volksmarine an verschiedenen Rundsichtstationen, der Feuerleitanlage BURUN, dem Hydrogerät Tamir 10 und - im Rahmen der Erprobung - an einem Spezialradar eingesetzt gewesen. Er sei dabei Radarstrahlung und/oder Röntgenstörstrahlung (Hochfrequenz-[HF-]Strahlung sowie ionisierender Strahlung) ausgesetzt gewesen. Die Strahlenexposition sei deshalb besonders groß gewesen, weil Fehlersuche und Reparaturen bei laufendem und geöffnetem Gerät vorgenommen worden seien. Eine Belehrung sei seinerzeit nicht erfolgt, Schutzmaßnahmen seien nicht angeordnet worden.

Die Klägerin hat weiter behauptet, bereits Ende der 70'er bis Mitte der 80'er Jahre des letzten Jahrhunderts sei eine ständige Verschlechterung der Stimme ihres Ehemannes mit Rachenrötung und Schleimbelag bis zum Stimmzusammenbruch diagnostiziert worden. Schließlich sei bei ihrem Ehemann ein Karzinom des linken Stimm- und Taschenbandes sowie unterhalb des Stimmapparates aufgetreten, das 1991 und erneut 1995 operativ und jeweils mit anschließender Bestrahlung behandelt worden sei. Diese Erkrankungen seien auf die Strahlenexposition während seiner Dienstzeit in der NVA zurückzuführen.

Auf den Antrag des Ehemannes der Klägerin vom 23. Januar 2001 ist die Krebserkrankung mit Bescheid vom 20. August 2004 als Dienstbeschädigung anerkannt und ein Dienstbeschädigungsausgleich gewährt worden.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 839 Abs. 1 BGB sowie nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Staatshaftung in der Deutschen Demokratischen Republik (Staatshaftungsgesetz, StHG, vom 12. Mai 1969, GBl. DDR I S. 34) gegeben seien und die Beklagte hierfür nach Art. 21 Abs. 1 des Einigungsvertrages einzustehen habe. Die Haftung nach § 1 Abs. 1 StHG folge daraus, dass die Tätigkeit ihres Ehemannes an den technischen Einrichtungen auf Befehl dessen Dienstvorgesetzter zum Zwecke der Landesverteidigung erfolgt sei, sodass sein Einsatz auf eine Tätigkeit staatlicher Organe in Ausübung staatlicher Tätigkeit zurückzuführen sei. In den Artikeln 21 ff. des Einigungsvertrages sei zwar eine Universalsukzession der Beklagten in das Vermögen der DDR nicht geregelt; Art. 21 Abs. 1 Satz 1 Einigungsvertrag enthalte jedoch eine gegenständlich beschränkte Einzelrechtnachfolge im Hinblick auf Vermögenswerte, die unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben dienten. Dies sei im Hinblick auf die nach der Behauptung der Klägerin von der Beklagten als NVA-Vermögen übernommenen technischen Geräte der Fall, weil die gesundheitliche Schädigung durch den Aufenthalt im unmittelbaren Gefahrenbereich der technischen Anlagen aufgetreten sei.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und die Auffassung vertreten, dass für Ansprüche von Soldaten der NVA gegenüber der DDR als Dienstherrn das Staatshaftungsgesetz überhaupt nicht anzuwenden sei. Ferner sei mit dem Anspruch auf Dienstbeschädigungsausgleich eine anderweitige und den Anspruch nach § 3 Abs. 3 StHG ausschließende Ersatzmöglichkeit gegeben. Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung seien grundsätzlich keine Vermögenswerte, welche als unmittelbar mit positiven Vermögenswerten im Zusammenhang stehende Positionen gemäß Art. 21 Abs. 1 des Einigungsvertrages auf sie übergegangen seien. Dies entspreche sowohl dem Willen der Parteien des Einigungsvertrages als auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der einen solchen unmittelbaren Zusammenhang für Schadenersatzansprüche stets abgelehnt habe.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen und des weiteren Parteivorbringens wird im Übrigen verwiesen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.

Mit dem am 1. Juni 2006 verkündeten Urteil hat das Landgericht das klageabweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, Ansprüche aus § 839 BGB oder aus § 1 StHG seien schon tatbestandlich nicht gerechtfertigt und jedenfalls verjährt. Die Vorschrift des § 839 BGB habe in der DDR faktisch keine Anwendung gefunden; zumindest sei ein Anspruch hieraus nach §§ 11 EGZGB, 475 Abs. 1 Ziffer 3 ZGB mit Ablauf des 31. Dezember 1985 verjährt. Für Ansprüche eines NVA-Angehörigen gegen seinen Dienstherrn sei der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 StHG nicht eröffnet gewesen. Darüber hinaus habe die Klägerin selbst nicht behauptet, die zu den Erkrankungen führende Schadensanlage sei - nach mehr als 14-jähriger Dienstzeit - tatsächlich in den wenigen Monaten seit Inkrafttreten des StHG im Mai 1969 bis zum Ausscheiden des Ehemannes aus der NVA Ende Oktober 1969 gelegt worden. Schließlich sei selbst ein solcher Anspruch jedenfalls nach § 4 Abs. 1, 2 StHG verjährt. Die einjährige Verjährungsfrist habe am 23. Januar 2001, dem Tag des Antrages des Ehemannes der Klägerin "auf Diensterkrankung" begonnen und am 22. Januar 2002 geendet. Der genannte Antrag lasse erkennen, dass der Antragsteller zumindest zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von den wesentlichen Umständen gehabt und demnach Feststellungsklage hätte erheben können. Auch bei Berechnung der Verjährung nach Art. 231 § 6 BGB in Verbindung mit § 852 BGB a. F. sei die Verjährungsfrist aufgrund der Kenntnis der Umstände des Schadensfalles und des Schädigers spätestens am 23. Januar 2001 am 22. Januar 2004, mithin deutlich vor Einreichung der Klageschrift am 30. Dezember 2004, abgelaufen gewesen.

Gegen dieses ihr am 13. Juni 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 13. Juli 2006 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13. September 2006 mit einem an diesem Tage eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin rügt die Rechtsanwendung durch das Landgericht und wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlichen Rechtsausführungen. Die Vorschrift des § 839 BGB könne nicht mit dem pauschalen Hinweis, diese habe in der ehemaligen DDR keine Anwendung gefunden, als Anspruchsgrundlage ausgeschlossen werden. Der darauf zu gründende Anspruch sei auch nicht verjährt. Im Atomenergiegesetz der DDR sei eine von den Vorschriften des ZGB abweichende spezielle Regelung dahin getroffen worden, dass Schadensersatzansprüche wegen Einwirkung ionisierender Strahlen überhaupt nicht verjähren könnten. Ferner sei auch der persönliche Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 StHG eröffnet. Es gebe keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass allein der Umstand, dass der Ehemann der Klägerin gleichfalls in Ausübung seiner hoheitlich-dienstlichen Tätigkeit betroffen gewesen sei, Ersatzansprüche nach diesem Gesetz ausschließen könne. Verjährung sei auch insoweit nicht eingetreten, weil die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis des Geschädigten von den anspruchsbegründenden Tatsachen erst mit Zugang des Bescheides vom 20. August 2004 vorgelegen habe.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 26. Januar 2006

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens 20.000,00 EUR, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Februar 2005 zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle infolge der Abtretung des Geschädigten D... M... auf sie übergegangenen und zukünftig übergehenden materiellen und immateriellen Schäden, letztere soweit sie nach dem 1. Januar 2005 entstehen, die Herrn Di... M... infolge der Verstrahlung an Geräten der NVA der ehemaligen DDR in dem Zeitraum vom 30. November 1954 bis 31. Oktober 1969 entstanden sind oder entstehen, zu ersetzen, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung und tritt insbesondere den Rechtsausführungen der Klägerin zum Atomenergiegesetz der DDR entgegen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin wegen der von ihr behaupteten Gesundheitsschäden ihres Ehemannes infolge dessen Tätigkeit an Radaranlagen der Nationalen Volksarmee (NVA) keinen Anspruch gegen die beklagte Bundesrepublik Deutschland geltend machen kann. Auch das Berufungsvorbringen rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht.

Nach Auffasung des Senats ist bereits zweifelhaft, ob sich das Klagebegehren auf eine Anspruchsgrundlage stützen lässt (1.). Ferner wären solche Ansprüche zumindest nicht auf die Beklagte übergegangen (2.). Zuletzt würde etwaigen Ansprüchen im Hinblick auf die geltend gemachten Spätfolgen jedenfalls die erhobene Einrede der Verjährung entgegenstehen (3.).

1. Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist gemäß Art. 232 § 1 EGBGB auf das Recht der DDR abzustellen, da die in Rede stehenden Pflichtverletzungen, die zu den behaupteten Schäden geführt haben sollen, vor dem Wirksamwerden des Beitritts am 3. Oktober 1990 begangen wurden. Maßgebend ist insoweit nicht, wann ein Schaden eingetreten ist oder der Verletzte von der Handlung und dem Schaden Kenntnis erlangt, sondern der Zeitpunkt, in dem der Tatbestand der Verletzung erfüllt wurde (BGH NJW 1994, 2684/ 2685). Für die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen gilt im Einzelnen Folgendes:

a) Soweit der Kläger sein Begehren auf § 839 Abs. 1 BGB stützt, stehen dem schon im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Vorschrift durchgreifende Zweifel entgegen.

Allerdings ist im Ausgangspunkt festzuhalten, dass die Vorschrift bis zum Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches der DDR am 1. Januar 1976 formell nicht aufgehoben worden ist. Unbeschadet dessen ist gleichwohl fraglich, ob dieser Grundnorm des in der deutschen Rechtsentwicklung zunächst als zivilrechtliche Haftung des Beamten aufgefassten Amtshaftungsrechts zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Schädigung des Ehemannes der Klägerin (noch) der Charakter einer Anspruchsgrundlage zukam (vgl. zur Entwicklung des Amtshaftungsrechts im Allgemeinen: Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Auflage, S. 2 ff., sowie zur Entwicklung in der DDR bis zum Inkrafttreten des Staatshaftungsgesetzes S. 459 ff.). So wurde nach Gründung des Obersten Gerichts der DDR im Jahre 1949 die Anwendung des Amtshaftungsanspruchs zurückgedrängt, indem zunächst die Vorfragenkompetenz der ordentlichen Gerichte abgelehnt wurde, was aufgrund des Fehlens von Verwaltungsgerichten in einem Teil der Länder beziehungsweise - bis zur Auflösung derselben - ihrer Zuständigkeit nach dem Enumerationsprinzip faktisch einem Ausschluss des Rechtsweges gleichkam. Gewissermaßen der Schlusspunkt dieser Rechtsentwicklung ist in der Entscheidung des Obersten Gerichts vom 9. Juli 1954 (NJ 1954, 573/574) dahin formuliert, dass für die Zuweisung von Ansprüchen der Bürger an die staatlichen Gerichte, die sich aus Verwaltungsakten ergeben, unter der sozialistischen Rechts- und Gesellschaftsordnung "kein Raum" mehr sei. Auch wenn damit die "Gültigkeit" des § 839 Abs. 1 BGB nicht ausdrücklich beseitigt wurde, erscheint die Feststellung gerechtfertigt, dass das (überkommene) Staatshaftungsrecht, welches seine Grundlage in dieser Vorschrift hatte, faktisch beseitigt war (so Ossenbühl, a.a.O., S. 460).

Unbeschadet der Frage der Anwendbarkeit des § 839 Abs. 1 BGB als Anspruchsgrundlage ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass diese Vorschrift dem Kläger einen Anspruch gerade gegen die beklagte Bundesrepublik vermitteln könnte. Denn abgesehen von der grundsätzlichen Problematik einer Rechtsnachfolge der Bundesrepublik in Verbindlichkeiten der DDR (dazu unten 2.) fehlte es in der DDR jedenfalls nach Inkrafttreten der DDR-Verfassung vom 7. Oktober 1949 (GBl. DDR 1949, S. 5) an einer Vorschrift, welche die Überleitung der persönlichen Haftung des Beamten nach § 839 Abs. 1 BGB auf die DDR bzw. auf einzelne "staatliche Stellen oder Einrichtungen" anordnete. Allerdings galt nach Ende des 2. Weltkrieges in der Sowjetischen Besatzungszone Art. 131 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) fort, der eine Überleitung der persönlichen Haftung des Beamten (nach § 839 Abs. 1 BGB) auf die Anstellungskörperschaft vorsah und außerdem anordnete, der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten dürfe für solche Ansprüche nicht ausgeschlossen werden. Anfang der fünfziger Jahre setzte sich im Zuge der oben skizzierten Rechtsentwicklung zu § 839 BGB die Auffassung durch, das zivilrechtliche Amtshaftungsregime des § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 131 WRV sei durch das Inkrafttreten der DDR-Verfassung von 1949, namentlich deren Artikel 138 Abs. 1, wonach der Schutz der Bürger gegen rechtswidrige Maßnahmen der Verwaltung durch die Kontrolle der Volksvertretungen sowie die Verwaltungsgerichtsbarkeit gewährt werde, gegenstandslos geworden und entgegenstehende Vorschriften seien gemäß Art. 144 der DDR-Verfassung aufgehoben (OG, NJ 1952, 188; speziell zur Aufhebung des Art. 131 WRV: OLG Erfurt, NJ 1952, 494). Auch wenn die seinerzeit vertretene Auffassung in erster Linie an der Frage des Rechtsweges (zu den ordentlichen Gerichten) ansetzte, belegt die dargestellte Entwicklung, dass die überkommenen Haftungssysteme für rechtswidrige staatliche Eingriffe als überholt angesehen wurden. Ohne Haftungsüberleitung auf eine "staatliche Stelle" würde es aber an einer wesentlichen Voraussetzung für die Inanspruchnahme gerade der beklagten Bundesrepublik fehlen. Denn eine Rechtsnachfolge der Beklagten in Verbindlichkeiten natürlicher Personen, als die sich die Amtshaftung nach § 839 Abs. 1 BGB ohne entsprechende Überleitungsnorm wie Art. 131 WRV oder Art. 34 Satz 1 GG der Sache nach darstellt, wird von keiner Seite ernsthaft in Erwägung gezogen.

Eine solche Haftungsüberleitung, die gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 EGZGB auf bei Inkrafttreten des ZGB bestehende Rechtsverhältnisse - etwa die (unterstellte) persönliche Haftung eines Amtswalters - anwendbar wäre, stellt auch § 331 ZGB nicht dar. Zum einen war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zivilgesetzbuchs das Staatshaftungsgesetz als speziellere Regelung bereits geltendes Recht, sodass die Vorschrift den Bereich der Haftung staatlicher Einrichtungen für ihre Mitarbeiter schon tatbestandlich nicht erfassen sollte, jedenfalls aber durch § 1 Abs. 1 StHG als speziellere Regelung verdrängt war. Zum anderen enthält § 331 ZGB eine selbständige Anspruchsgrundlage und ordnet nicht lediglich die Überleitung einer - aus anderen Gründen bestehenden - persönlichen Haftung (im Sprachgebrauch des ZGB: Verantwortlichkeit) auf den "Betrieb" an. Als originärer Haftungstatbestand wäre § 331 ZGB damit allenfalls auf Schadensfälle anwendbar, die auf Handlungen nach dem 1. Januar 1976 beruhen; solche kommen im Streitfall jedoch nicht in Betracht.

b) Soweit als Anspruchsgrundlage § 1 Abs. 1 StHG in Rede steht, erhebt die Beklagte aus Sicht des Senats zu Recht grundsätzliche Bedenken gegen die Anwendung der Haftungsnorm auf das Rechtsverhältnis des Klägers zur Nationalen Volksarmee im Rahmen des von ihm abgeleisteten Dienstes als Berufssoldat. Diese Zweifel betreffen die Frage, ob Angehörige der NVA vom Schutzbereich des Gesetzes, welches Bürgern Ansprüche für Schäden gewährte, die sie durch ungesetzliche Maßnahmen von Mitarbeitern staatlicher Einrichtungen erlitten, überhaupt erfasst waren. Zwar stellt sich die Tätigkeit der Soldaten, also auch der Vorgesetzten, ohne weiteres als Ausübung staatlicher Tätigkeit dar, sodass für Schäden, die von Soldaten Dritten ("Bürgern") zugefügt wurden, eine Haftung der staatlichen Einrichtung (hier NVA) zweifellos gegeben war. Fraglich ist aber, ob der Angehörige der NVA selbst - soweit eine gerade im Rahmen seines Dienstes erlittene Schädigung in Rede steht - ein solcher zum Schutzbereich des Gesetzes gehörender "Bürger" war. Ausgehend von der das Gesetz beherrschenden Abgrenzung des staatlichen Bereichs einerseits und "des Bürgers", dem die staatliche Einrichtung gegenübertritt, andererseits kann füglich bezweifelt werden, ob das Staatshaftungsgesetz Mitarbeitern von staatlichen Stellen Ersatzansprüche für Schäden zubilligen sollte, welche diese gerade in Ausübung ihrer staatlichen Tätigkeit erlitten. Insoweit mag Einiges dafür sprechen, dass jedenfalls in der Rechtspraxis der DDR dieses Verhältnis betreffende Sonderregelungen, wie etwa die einschlägigen Versorgungsordnungen und die darin geregelten Sonderversorgungssysteme für Dienstbeschädigungen abschließend waren. Allerdings sind dem Senat zu dieser Frage eindeutige Dokumente über die seinerzeitige Rechtslage, aber auch zur Rechtspraxis, nicht bekannt geworden. Ein ausdrücklicher Ausschluss weitergehender Ersatzansprüche, wie er etwa nach dem heute geltenden Recht in § 91 a Soldatenversorgungsgesetz normiert ist, der weitergehende Ansprüche aus Amtshaftung nur bei vorsätzlicher Schädigung zulässt, ist den einschlägigen Versorgungsordnungen - soweit sie der Senat erschließen konnte - nicht zu entnehmen (vgl. etwa Ordnung Nr. 005/9/003 des Ministers für nationale Verteidigung über die soziale Versorgung der Angehörigen der Nationalen Volksarmee - Versorgungsordnung - vom 1. September 1982, nicht amtlich veröffentlicht, abgedruckt bei Aichberger II, Nr. 230). Ebenso wenig lassen der Wortlaut des Staatshaftungsgesetzes sowie die "zeitgenössischen" Kommentierungen hierzu den sicheren Schluss darauf zu, im Verhältnis des Mitarbeiters zur staatlichen Einrichtungen seien Ansprüche ausgeschlossen gewesen.

Die Frage der Anwendbarkeit des Staatshaftungsgesetz kann der Senat im Ergebnis indes ebenso offen lassen wie die Frage, ob das Gesetz gegebenenfalls nur für Schadensfälle ab seinem Inkrafttreten am 12. Mai 1969 oder bereits im Zeitraum nach Inkrafttreten der DDR-Verfassung am 9. April 1968 Anwendung fand, auf dessen Art. 106 der Erlass des Staatshaftungsgesetzes zurückging (in letzterem Sinne Lübchen, NJ 1969, 394/399 und offenbar auch der Ministerrat der DDR in der Begründung zum Staatshaftungsgesetz, zitiert bei Herbst/Lühmann, Die Staatshaftungsgesetze der Neuen Länder, S. 47, Rn. 21). Jedenfalls steht einem Erfolg der Klage entgegen, dass eine Haftung nach dem Staatshaftungsgesetz nicht auf die beklagte Bundesrepublik übergegangen wäre (siehe unten 2.).

c) Ansprüche aufgrund § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Anwendung der Atomenergie in der Deutschen Demokratischen Republik (Atomenergiegesetz, vom 28. März 1962, GBl. DDR I S. 47) kommen, auch soweit die behaupteten Schäden auf den Wirkungen ionisierender Strahlung beruhen sollen, nicht in Betracht. Die Vorschrift beschränkt die (verschuldensunabhängige) Haftung auf die Folgen zunächst des Betriebs einer Kernanlage; solche sind nach der Definition in § 12 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes neben Atomkraftwerken und Kernreaktoren in erster Linie nur Anlagen, in denen Teilchen beschleunigt werden, um Kernprozesse auszulösen, oder in denen Ausgangsstoffe für Zwischenprodukte oder Kernbrennstoffe gewonnen oder verarbeitet werden. Die in Rede stehenden Radar- und Rundblickstationen fallen ebenso wenig hierunter wie unter die weiter genannten Anlagen zur Lagerung von Kernbrennstoffen oder Anreicherung von Isotopen. Diese Regelungen blieben von den Gesetzesänderungen vom 4. Februar 1964 (GBl. DDR I S. 1) und vom 7. September 1969 (GBl. DDR I S. 75) unberührt.

An dem Umfang der Haftungsnorm des § 9 Atomenergiegesetz änderte auch der Erlass der Verordnung über den Schutz vor der schädigenden Einwirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzverordnung, vom 18. Dezember 1969, GBl. DDR II S. 627) nichts. Zwar erfuhr die Begriffsbestimmung des § 12 Atomenergiegesetz eine Neufassung gemäß der Anlage zu § 28 der Strahlenschutzverordnung. Jedoch blieb es dabei, dass der Haftungstatbestand nach wie vor an das Betreiben einer Kernanlage oder den Verkehr u. a. mit Kernbrennstoffen oder radioaktiven Abfallstoffen anknüpfte und die Radaranlagen damit auch nicht unter die neu gefassten Begriffsbestimmungen fielen. Soweit nach Nr. 7 der Anlage zu § 28 der Strahlenschutzverordnung Einrichtungen, die ionisierende Strahlung aussenden, auch solche sind, in denen ionisierende Strahlen als Nebeneffekt auftreten, mögen zwar auch Radar- und Rundblickstationen der gegenständlichen Bauart(en) darunter fallen. Indes ändert dies nichts daran, dass § 9 Atomenergiegesetz die Haftung gerade nicht an den Betrieb einer solchen Einrichtung anknüpfte, sondern an den Betrieb einer Kernanlage oder den Verkehr mit radioaktiven Stoffen. Soweit Ansprüche wegen Nichtbeachtung der weitergehenden Anforderungen der Strahlenschutzverordnung beim Betrieb von Einrichtungen, die ionisierende Strahlen aussenden, in Betracht kommen (vgl. etwa §§ 5 ff., 19 ff. Strahlenschutzverordnung), stellen sich diese mangels spezialgesetzlicher Anspruchsgrundlage allenfalls als Ansprüche wegen der Folgen rechtswidrigen staatlichen Handelns dar, sodass insoweit das vorstehend unter a) und b) Ausgeführte gilt.

Dass mit dem Atomenergiegesetz vom 8. Dezember 1983 (GBl. DDR I S. 325) gemäß dessen § 10 i. V. m. § 344 ZGB der Sache nach eine Gefährdungshaftung auch für Strahleneinrichtungen geschaffen worden sein dürfte, hat für den Streitfall, in dem eine Strahlenexposition nur vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zum 1. Februar 1983 in Betracht kommt, keine Bedeutung.

2. Mit dem Landgericht ist festzustellen, dass der geltend gemachte Anspruch für alle in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen jedenfalls daran scheitert, dass die beklagte Bundesrepublik in eine gegenüber dem Ehemann der Klägerin am 3. Oktober 1990 (möglicherweise) bestehende Verbindlichkeit der DDR oder eines ihrer Rechtsträger nicht im Wege der Rechtsnachfolge eingetreten wäre. Sie wäre damit jedenfalls nicht verpflichtet, einen Anspruch der Klägerin zu erfüllen.

Auf der Grundlage der mit dem Einigungsvertrag bilateral sowie der weiteren von der Bundesrepublik im Zuge des Beitritts der DDR getroffenen Regelungen ist unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung von folgenden Grundsätzen auszugehen:

Die DDR ist als Rechtssubjekt, also als Trägerin von Rechten und Pflichten, mit dem Wirksamwerden des Beitritts am 3. Oktober 1990 untergegangen. Eine universelle, das heißt alle bestehenden Rechte und Pflichten der ehemaligen DDR oder ihrer Rechtsträger umfassende Rechtsnachfolge der Bundesrepublik Deutschland oder anderer Körperschaften beziehungsweise Anstalten des öffentlichen Rechts ist zwischen den Parteien des Einigungsvertrags nicht vereinbart worden und ergibt sich auch nicht aus anderen Vorschriften oder Rechtsgrundsätzen (vgl. BGH NJW 2006, 912/913; BGHZ 127, 297/301; OLG Dresden VIZ 2001, 575; KG DtZ 1996, 148/150; Senat OLG-NL 1994, 130/132; OLG Rostock OLG-NL 1994, 12/14). Insbesondere ergibt sich eine solche Universalsukzession weder aus dem Regelungsgefüge des Einigungsvertrages, noch ist § 419 BGB a. F. unmittelbar oder analog auf öffentlich-rechtliche Vorgänge wie den Beitritt eines Staates zu einem anderen Staat oder die "Übernahme" einer bestimmten Vermögensmasse durch einen anderen Rechtsträger anwendbar. Desgleichen ist für die mit dem Beitritt der DDR aufgeworfenen Fragen des Übergangs von Vermögen und Verbindlichkeiten das in Sonderfällen zur Durchsetzung dringender, das heißt bis zur Schaffung einer entsprechenden gesetzlichen Regelung unaufschiebbarer öffentlich-rechtlicher Ansprüche entwickelte Institut der "Funktionsnachfolge" nicht in Betracht zu ziehen (vgl. etwa BGHZ 164, 361; 128, 140/147 f.).

Eine solche Gesamtrechtsnachfolge folgt weiterhin auch nicht aus der Regelung des Art. 135 a Abs. 2 GG, wonach der Bundesgesetzgeber in analoger Anwendung des Abs. 1 der Vorschrift bestimmen kann, dass Verbindlichkeiten der DDR sowie Verbindlichkeiten des Bundes oder anderer Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, die mit dem Übergang von Vermögenswerten der DDR im Zusammenhang stehen, nicht oder nicht in voller Höhe zu erfüllen sind, was ebenso im Hinblick auf Verbindlichkeiten, die auf Maßnahmen der DDR oder ihrer Rechtsträger beruhen, gilt. Wie sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt, handelt es sich hierbei lediglich um eine Kompetenzregelung, welche dem (Bundes-) Gesetzgeber die Möglichkeit einräumt, die Bedienung übergegangener Ansprüche zu beschränken oder auszuschließen. Sie setzt damit voraus, dass - aufgrund anderer Vorschriften - ein solcher Übergang von Verbindlichkeiten überhaupt stattfindet oder stattgefunden hat. Dies folgt aus dem Regelungsgefüge der Art. 134 ff. GG: So enthält Art. 134 GG die Grundsatznorm für die Rechtsnachfolge in das Reichsvermögen, an welche Art. 135 a Abs. 1 GG mit der Kompetenz zur Beschränkung eben dieser generellen Rechtsnachfolge in das Reichsvermögen anknüpft. Die nach Art. 135 a Abs. 2 GG angeordnete entsprechende Anwendung auf die übergegangenen Verbindlichkeiten der DDR beziehungsweise ihrer Rechtsträger kann aber nicht über den Regelungsgegenstand der analog anzuwendenden Norm des Art. 135 a Abs. 1 GG hinausgehen, die sich gerade auf eine Kompetenzregelung beschränkt. Für die vorrangige Frage, welche Vermögenswerte überhaupt auf die Bundesrepublik Deutschland oder andere Anstalten oder Körperschaften des öffentlichen Rechts übergegangen sind, besagt die Vorschrift demgegenüber nichts. Eine mit Art. 134 GG vergleichbare Regelung für das Vermögen der DDR oder eine jedenfalls die entsprechende Anwendung anordnende Vorschrift enthalten weder das Grundgesetz noch der Einigungsvertrag.

Damit kommt eine Haftung der Beklagten, aber auch anderer Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, für Verbindlichkeiten der DDR oder ihrer staatlichen Einrichtungen nur in Betracht, wenn die Rechtsnachfolge im Einzelfall für bestimmte Vermögenswerte angeordnet ist. Andernfalls sind etwaige Ansprüche mit dem Untergang der DDR aufgrund des Wegfalls des Schuldners ihrerseits untergegangen.

Als den Übergang etwaiger Ansprüche des Klägers begründende Regelung kommt insoweit allein Art. 21 Abs. 1 S. 1 des Einigungsvertrages in Betracht. Zu dem danach übergegangenen Verwaltungsvermögen gehören aber nicht Ansprüche der hier in Rede stehenden Art, die ihre Grundlage in einer Haftpflicht für (staatliches) Handlungs- oder Erfolgsunrecht haben; sie stehen mit solchen als Verwaltungsvermögen übergegangenen Vermögenswerten auch nicht in einem derart engen und unmittelbaren Zusammenhang, dass sie ihrerseits mit auf die Beklagte übergegangen wären.

Art. 21 Abs. 1 des Einigungsvertrages liegt eine gegenständliche Betrachtungsweise zu Grunde, die an den im Verwaltungsrecht überkommenen Begriff des Verwaltungsvermögens anknüpft. Zu diesem - und damit zu den übergangsfähigen Vermögensgegenständen - gehören die öffentlichen Sachen, welche durch ihren unmittelbaren Gebrauch hoheitlichen Aufgaben dienen (BGH NJW 2001, 679/680). Hierunter fallen grundsätzlich auch die Gegenstände, welche in der Organisationsgewalt der NVA standen, da diese zweifellos hoheitliche Aufgaben wahrnahm. Dementsprechend kann an sich Einiges dafür sprechen, dass die am 3. Oktober 1990 noch vorhandenen Gegenstände im Vermögen der NVA auf die Beklagte übergingen, da sie nach ihrer Zweckbestimmung bereits am 1. Oktober 1989 Verwaltungsaufgaben dienten, welche nach dem Grundgesetz gerade dem Bund zugewiesen sind. Allerdings können im Hinblick auf die in Rede stehenden Anlagen gleichwohl Zweifel veranlasst sein, soweit es sich nach dem Vortrag der Beklagten um Gegenstände gehandelt haben soll, welche nicht weiterhin Verwaltungszwecken zu dienen bestimmt waren, sondern - soweit überhaupt noch vorhanden - nur gesichert und einer geordneten Entsorgung zugeführt werden sollten. Mit Rücksicht darauf, dass die zitierte Regelung des Einigungsvertrages das Ziel verfolgte, die jeweilige Körperschaft mit dem zur Erfüllung der Verwaltungsaufgaben notwendigen Vermögen auszustatten (BVerwGE 96, 231/233), erscheint es durchaus zweifelhaft, den Vermögensübergang auch auf solche "Betriebsmittel" zu erstrecken, welche - jedenfalls zum Zeitpunkt des Beitritts - nicht mehr (künftigen) Verwaltungsaufgaben dienen sollten, sondern schlicht "abzuwickeln" waren. Ob diese Erwägungen den Schluss tragen, die Radaranlagen seien als solche schon nicht in das Vermögen der Beklagten übergegangen, kann indes offen bleiben. Mit diesen (Vermögens-)Gegenständen sind jedenfalls keine Haftungsansprüche der von der Klägerin geltend gemachten Art auf die Beklagte übergegangen. Abgesehen von den im Tatsächlichen liegenden Schwierigkeiten, die vom Ehemann der Klägerin nach deren Behauptung erlittene Schädigung einem bestimmten Vermögensgegenstand, das heißt einer konkreten technischen Anlage, zuzuordnen, welche am 3. Oktober 1990 noch vorhanden gewesen sein müsste, scheitert ein solcher Haftungsübergang schon aus Rechtsgründen.

Allerdings ist anerkannt, dass sich der Vermögensübergang im Rahmen der in Art. 21 Abs. 1 Einigungsvertrag angeordneten (gegenständlich beschränkten) Einzelrechtsnachfolge nicht auf positive Vermögenswerte beschränkt, sondern auch Verbindlichkeiten umfassen kann. Nach der gefestigten Rechtsprechung gehören zum übergegangenen Verwaltungsvermögen in diesem Sinne nämlich auch Passiva, wenn und soweit sie mit dem übernommenen Aktivvermögen in einem engen und unmittelbaren Zusammenhang stehen (vgl. nur BGH, NJW 2006, 3636/3637; 2001, 679/680; BGHZ 128, 393/399; 164, 361 jeweils m.w.Nw.). Ein solcher, den Haftungsübergang voraussetzender besonderer Zusammenhang ist im Streitfall jedoch zu verneinen.

Bei den Ansprüchen nach § 839 Abs. 1 BGB beziehungsweise § 1 Abs. 1 StHG, auf die die Klägerin ihr Begehren (allenfalls) stützen kann, handelt es sich um deliktische Schadensersatzansprüche, die auf einer rechtswidrigen Handlung von Personen beziehungsweise einem rechtswidrig herbeigeführten "Erfolg" beruhen. Gegenstand der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Frage des Übergangs von Verbindlichkeiten im Rahmen des Art. 21 Einigungsvertrag waren bis heute - soweit ein Haftungsübergang bejaht worden ist - ausschließlich vertragliche Ansprüche (Verbindlichkeiten) sowie die Frage, ob diese mit einem konkreten - nach Art. 21 Einigungsvertrag übergegangenen - Vermögensgegenstand in dem vorausgesetzten Sinne in einem engen und unmittelbaren Zusammenhang stehen (vgl. aus der Rechtsprechung des BGH: VIZ 2004, 374: Erstattung des Kaufpreises für ein Grundstück der öffentlichen Hand; BGHZ 128, 393/398: Erdbaumaßnahmen auf einem Grundstück für einen kommunalen Sportplatz; VIZ 1997, 232/233: auf einem Grundstück errichteter Wohnblock; VIZ 2001, 572/573: Gerüstbauvertrag; BGHZ 137, 350/362 ff.: Vertrag zur Herstellung von Militärbooten für die Volksmarine; DtZ 1996, 179/180: Kaufpreisansprüche für gelieferte Computertechnik; BGHZ 145, 148: "steckengebliebene" Enteignungsentschädigung für Grundstück; NJW 2006, 3636: Ansprüche aus einem Vertrag betreffend die Behandlung in einem ehemaligen Krankenhaus der Volkspolizei). Soweit ein Übergang von Ansprüchen aus unerlaubter Handlung nicht ausdrücklich verneint wurde (so - allerdings wohl nicht allein tragend - etwa bei Ansprüchen wegen so genannter "Belegungsschäden"; BGHZ 128, 140 ff.), ist sie - jedenfalls - ausdrücklich offen gelassen worden (zuletzt etwa BGH, NJW 2006, 3636). Nach Auffassung des Senats ist ein Übergang solcher Ansprüche jedenfalls im hier zu entscheidenden Fall zu verneinen.

Ein Übergang von Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung oder Staatshaftung kommt nicht in Betracht, weil sich bei der durch Art. 21 Einigungsvertrag vorgegebenen gegenständlichen Betrachtung ein enger und unmittelbarer Zusammenhang einer letztlich auf die Handlung oder das Unterlassen einer Person zurückzuführenden Verbindlichkeit mit einem bestimmten (Vermögens-)Gegenstand nicht gegeben ist. Insoweit sieht sich der Senat in Übereinstimmung mit dem von der Beklagten und vom Bundesgerichtshof wiederholt in Bezug genommenen Schreiben der Bundesministerien der Justiz und des Innern zu Haftungsansprüchen gegen die ehemalige DDR vom 3. Dezember 1992 (IV A2 - 9000 II - 450 333/92; V I 1 -110 013/25; abgedruckt in DtZ 1993, 115 f.), dem allerdings keine über eine bloße Interpretationshilfe hinausgehende Bedeutung im Sinne einer verbindlichen Auslegung oder Maßgabe zukommt. Es handelt sich hierbei zum einen lediglich um die nachträglich niedergelegte Rechtsauffassung zu Regelungsgehalt und Auslegung des Einigungsvertrages, der aber nach allgemeinen Grundsätzen in erster Linie nach dem in seinem Wortlaut zum Ausdruck gekommenen objektiven Willen der Vertragsparteien auszulegen ist. Zum anderen gibt die in dem Schreiben vertretene Rechtsauffassung die Ansicht lediglich einer Partei des Einigungsvertrages wieder, nachdem die andere mit dem Untergang der DDR als Rechtssubjekt weggefallen ist. Jedoch teilt der Senat für die dem Streitfall zu Grunde liegende Sachlage im Ergebnis die in dem genannten Schreiben niedergelegte Rechtsauffassung.

Ausgangspunkt ist der bereits angedeutete Zweck der Regelung in Art. 21 Einigungsvertrag. Der Sicherung der künftigen Aufgabenwahrnehmung folgend betrifft der Übergang neben den Betriebsmitteln als solchen diejenigen Rechtsverhältnisse, welche dazu geeignet und bestimmt sind, die Fortführung des Betriebes zu ermöglichen (vgl. KG, Urteil vom 12. Februar 2004, Az. 20 U 206/02, juris-dokument, Absatz 36). Hierzu zählen Verbindlichkeiten aus längst abgeschlossenen Dienstverhältnissen ohne Zweifel nicht. Diese weisen aber auch keinen engen unmittelbaren Zusammenhang zu einzelnen übergehenden Vermögenswerten auf. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers - sei es aus Amtshaftung oder aus Staatshaftung - folgt nicht aus der Gefährlichkeit der Anlage als solcher, sondern allenfalls aus der konkreten Ausgestaltung des Dienstverhältnisses an diesem Gerät. Es handelt sich gleichermaßen nicht um Tatbestände der Gefährdungshaftung, die an das Risiko anknüpfen, das mit dem (erlaubten) Inverkehrbringen eines gefährlichen Gegenstandes verbunden ist. Kann bei Tatbeständen der Gefährdungshaftung ein solcher gegenstandsbezogener Zusammenhang noch hergestellt werden (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 28. April 1997, Az. 2 W 15/96, zur Gefährdungshaftung für ein Kraftfahrzeug der NVA), fehlt es daran bei Tatbeständen, die an Unrecht anknüpfen, welches von Personen - Amtswaltern oder Mitarbeitern staatlicher Stellen - ausgeht. Der Anspruch, den die Klägerin geltend macht, ist daher nicht in einem für den Haftungs(mit-)übergang vorauszusetzenden Sinne gegenstandsbezogen, sondern allenfalls dienstbezogen. Zwar kann insoweit ein - möglicherweise auch unmittelbarer - Zusammenhang des Dienstverhältnisses selbst sowie auch des behaupteten Schadens mit der von der NVA wahrgenommenen Verwaltungsaufgabe nicht in Abrede gestellt werden; jedoch knüpft die Regelung des Art. 21 Einigungsvertrag gerade nicht an die Übernahme der Aufgabe als solcher, sondern an den Übergang konkreter Gegenstände an. Auch das - längst beendete - Dienstverhältnis des Ehemannes der Klägerin selbst ist von der Beklagten nicht übernommen worden.

Im Hinblick auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung oder Staatshaftung stellt sich der zu betrachtende Zusammenhang mit bestimmten Gegenständen des Verwaltungsvermögens damit völlig anders dar als bei vertraglichen Ansprüchen. Die zu Letzteren ergangenen Entscheidungen betreffen ausnahmslos Konstellationen, die sich dadurch auszeichnen, dass sich die (vertraglichen) Verbindlichkeiten gleichsam als Gegenstück zu einem Vermögensvorteil darstellen, der dem Vermögensgegenstand oder dem Betrieb zugute gekommen ist und noch anhaftet. In diesen Fällen rechtfertigte sich der Zusammenhang aus der Gegenstandsbezogenheit des Vertragsverhältnisses, welches sich nicht in einen (den Übernehmer des Gegenstandes) begünstigenden Teil einerseits und einen belastenden Teil andererseits aufspalten lässt. Dieser Ansatz liegt auch den Entscheidungen des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zu den so genannten Belegungsschäden zu Grunde (vgl. etwa BGHZ 128, 140 ff.). Dort ist ausgeführt, eine Rechtsnachfolge der Bundesrepublik sei (auch deshalb) zu verneinen, weil es an dem erforderlichen inneren Zusammenhang der Haftungsverbindlichkeit aus unerlaubter Handlung mit dem Verwaltungsvermögen der DDR als derjenigen Vermögensmasse, die unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben dient, fehle. So liegt es auch im Streitfall. Eine Verbindlichkeit aus unerlaubter Handlung oder Staatshaftung weist eine solche Bezogenheit auf den einer bestimmten Verwaltungsaufgabe dienenden Vermögensgegenstand in dem Sinne, dass sie ihm gewissermaßen anhaftet, nicht auf. Andernfalls wäre die Folge eine nicht überschaubare und nach objektiven Kriterien kaum abgrenzbare Belastung der Beklagten mit Haftungsverbindlichkeiten, die in irgendeiner Weise mit der rechtwidrigen Nutzung übernommener Vermögensgegenstände im Zusammenhang stehen. Eine solche Haftung würde praktisch einer nach Verwaltungsbereichen gegliederten Universalsukzession nahe kommen. Denn fast jede Verbindlichkeit der DDR oder von Rechtsträgern würde letztlich irgendeiner Verwaltungsaufgabe und damit auch irgendwelchen Vermögensgegenständen (öffentlichen Sachen) zugeordnet werden können. Dies widerspräche aber der Regelungskonzeption des Einigungsvertrages, die eine solche allgemeine Rechtsnachfolge in das staatliche Vermögen der DDR gerade nicht vorsieht.

Der dem Einigungsvertrag zu Grunde liegenden gegenständlich beschränkten Rechtsnachfolge in einzelne Vermögenswerte würde nach Auffassung des Senats im Ergebnis auch ein Haftungsmodell widersprechen, welches sich von einer gegenstandsbezogenen Betrachtung löst und den Übergang aller "betriebsbezogenen" Verbindlichkeiten allein an den "Betriebsübergang" anknüpft. In diese Richtung weist allerdings die Entscheidung des VI. Senats des Bundesgerichtshofs (NJW 2006, 3636/3637), der aus der "typischen Interessenlage" folgert, dass beim Übergang einer Wirtschaftseinheit (dort Krankenhaus der Volkspolizei) auch alle betriebsbezogenen Verbindlichkeiten mit übergehen. Abgesehen davon, dass die Entscheidung ausdrücklich offen lässt, ob solches auch für Ansprüche aus unerlaubter Handlung angenommen werden kann, erscheint es dem Senat schon im Grundsatz bedenklich, den nach der bisherigen Rechtsprechung namentlich des Amtshaftungssenats des BGH geforderten engen und unmittelbaren Zusammenhang nicht mehr an einzelnen Vermögensgegenständen, sondern an einem Betrieb als Ganzes festzumachen. Der zur Begründung herangezogene Rückgriff auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rückübertragung von Gemeindewald, dort eines einzelnen Waldgrundstücks (BVerwGE 96, 231/236), erscheint grundsätzlich für die in Rede stehenden Konstellationen, jedenfalls aber für den Streitfall zweifelhaft. Das Bundesverwaltungsgericht stellt für den (im dortigen Fall abgelehnten) Übergang (auch) betriebsbezogener Verbindlichkeiten maßgeblich darauf ab, dass Forstwirtschaftsbetriebe nach den einschlägigen Vorschriften des DDR-Rechts als volkseigene Betriebe den Status juristischer Personen inne gehabt hätten. Das mag es rechtfertigen, bei Rückübertragung des gesamten Betriebes an den vormaligen Eigentümer einen Eintritt in betriebliche Rechtsverhältnisse in Betracht zu ziehen. Ob dies wie vom BGH in der zitierten Entscheidung (NJW 2006, 3636/3637) ohne weiteres den Schluss rechtfertigt, bei dem Übergang des Verwaltungsvermögens nach Art. 21 Einigungsvertrag gelte Entsprechendes, ist nicht zweifelsfrei, zumal das Vermögenszuordnungsgesetz nach § 1 a ausdrücklich auch Unternehmen umfasst. Jedenfalls liegt der Streitfall anders. Übergegangen auf die Beklagte ist zum 3. Oktober 1990 kein "Unternehmen" NVA und schon gar nicht in dem Sinne, dass sie Rechtsnachfolgerin einer juristischen Person geworden wäre. Eine solche Rechtspersönlichkeit kam der NVA nicht zu, sie war auch kein Rechtsträger; eine Nachfolge in die Rechtspersönlichkeit der DDR ist - wie bereits ausgeführt - weder gewollt gewesen noch Gegenstand der maßgeblichen Regelungen. Vielmehr sind auf die Beklagte nach Art. 21 Einigungsvertrag zwar eine Vielzahl, der Sache nach aber eben nur eine Vielzahl einzelner Vermögensgegenstände übergegangen.

3. Zuletzt steht den geltend gemachten Ansprüchen - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen.

a) Im Hinblick auf die Verjährung möglicher Ansprüche aus § 839 Abs. 1 BGB verweist der Senat auf die Gründe des angefochtenen Urteils, die abzuändern der Senat auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens keinen Anlass sieht.

Eine Durchbrechung der Verjährung nach § 472 Abs. 2 ZGB, die die Klägerin für sich reklamiert, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es ihr bzw. ihrem Ehemann ohne weiteres möglich gewesen wäre, nach Auftreten der Erkrankung in noch unverjährter Zeit die hier streitgegenständlichen Ansprüche in einer die Verjährung unterbrechenden Weise geltend zu machen. "Schwerwiegende Gründe", die es einerseits "im Interesse des Gläubigers dringend geboten" und andererseits als "dem Schuldner zuzumuten" erscheinen lassen, den Ansprüchen trotz eingetretener Verjährung Durchsetzbarkeit zu verleihen, sind weder vorgetragen noch bei dieser Sachlage sonst ersichtlich.

b) Auch etwaige Ansprüche aus § 1 StHG hat das Landgericht mit Recht als verjährt angesehen.

Ansprüche nach dem Staatshaftungsgesetz verjähren nach § 4 Abs. 1, Abs. 2 StHG innerhalb eines Jahres ab Kenntnis von dem Schaden und davon, dass der Schaden von einem Mitarbeiter oder Beauftragten eines staatlichen Organs oder einer staatlichen Einrichtung verursacht wurde. Da für eine derartige Kenntnis vor dem Beitritt zur Beklagten keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, ist für die Beurteilung der Verjährung für die Zeit nach dem Beitritt gemäß Art. 232 § 10 EGBGB weiterhin das Staatshaftungsgesetz anzuwenden. Die nach § 4 StHG erforderliche Kenntnis hatte der Ehemann der Klägerin - wie sich aus seinem "Antrag auf (Anerkennung einer, Ergänzung der Verf.) Diensterkrankung" ergibt - spätestens am 23. Januar 2001. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Ehemann der Klägerin nach seinen Behauptungen an verschiedenen Erkrankungen im Hals- und Rachenbereich bis hin zu einer Krebserkrankung im Kehlkopfbereich gelitten und stellte, nachdem die Fragen nach den Ursachen seiner Erkrankungen über lange Zeit zunächst unbeantwortet geblieben waren, "aus Gründen des derzeitigen Erkenntnisstandes" nunmehr einen Ursachenzusammenhang mit seiner langjährigen Tätigkeit als "Spezialist und Techniker für Funkmess (Radar)" im Dienste der NVA her. Damit lag die für den Verjährungsbeginn maßgebliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und dem Anspruchsgegner - das Schreiben war an die insoweit zuständige Wehrbereichsverwaltung Ost adressiert - zumindest seit dem 23. Januar 2001 vor.

Entgegen der Auffassung der Klägerin war es zu diesem Zeitpunkt auch durchaus möglich, zumindest eine Feststellungsklage zu erheben, die bei verständiger Würdigung der zu diesem Zeitpunkt bekannten und demgemäß vorzutragenden Tatsachen hinreichende Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Die von der Klägerin vorgetragenen Bedenken gegen die Erfolgsaussichten einer bereits im Jahre 2001 zu erhebenden Feststellungsklage vermag der Senat nicht zu teilen. Insbesondere kommt es allein auf die Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen an, nicht auch auf deren - im Streitfall mit Rücksicht auf die Besonderheiten der Rechtslage im Ergebnis des Beitritts sicherlich schwierigere - rechtliche Würdigung und auch nicht darauf an, ob der Anspruchsgegner seine Verantwortlichkeit bestreitet. Es ist schließlich nicht die Kenntnis aller Einzelheiten (etwa das konkret aufgenommene Strahlenpotenzial an den einzelnen Radaranlagen) erforderlich und ebenso wenig notwendig, dass der Geschädigte bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand hat und dass der anzustrengende Prozess mehr oder weniger risikolos erscheint (vgl. Palandt-Thomas, 61. Aufl., § 852 Rdnr. 4 mit weiteren Nachweisen zur BGH-Rspr.). Gemessen an diesem - auf § 4 Abs. 1 StHG übertragbaren - Begriff der Kenntnis für den Beginn der Verjährungsfrist genügten der in dem Antrag des Ehemannes der Klägerin dokumentierte Kenntnisstand der haftungsbegründenden Umstände für die Erhebung zumindest einer Feststellungsklage. Die einjährige Verjährungsfrist des § 4 Abs. 1 StHG endete demnach mit Ablauf des 22. Januar 2002, also lange Zeit vor Eingang der Klageschrift am 30. Dezember 2004 beim Landgericht.

Eine Unterbrechung der Verjährung der hier streitbefangenen Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche im Sinne von § 4 Abs. 3 Satz 1 StHG ist durch den Antrag vom 23. Januar 2001 nicht eingetreten. Auch wenn für die Antragstellung im Sinne dieser Vorschrift keine zu hohen Anforderungen an den Inhalt gestellt werden dürfen, so sprechen die Umstände im konkreten Fall doch dafür, dass mit dem zitierten Anspruchsschreiben Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld nicht geltend gemacht werden sollten. Die Klägerin bezieht sich selbst in der Berufungsbegründung erneut auf die Zwischennachricht der Beklagten vom 25. Juli 2002, die eindeutig erkennen lässt, dass der Antrag lediglich als solcher auf "Anerkennung einer Dienstbeschädigung (DB)" angesehen worden ist und als solcher behandelt - nämlich im Hinblick auf die noch ausstehenden Ergebnisse der Radarkommission vorläufig zurückgestellt - werden sollte. Allein die Geltendmachung von Versorgungsansprüchen ist aber nicht geeignet, zugleich die Verjährungsfrist für etwaige Ansprüche aus Amtshaftung oder Staatshaftung zu unterbrechen. Dass der Ehemann der Klägerin selbst nicht davon ausgegangen ist, dass sein Antrag vom 23. Januar 2001 auch Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld umfasst hat, belegt ferner sein weiteres Anspruchsschreiben vom 8. Oktober 2004, mit dem er - im Ergebnis des Dienstbeschädigungsausgleichsverfahrens - erstmals die hier streitbefangenen Ansprüche geltend gemacht und nicht etwa - was anderenfalls zu erwarten gewesen wäre - die Bescheidung derartiger Ansprüche angemahnt hat. Soweit diese auf § 1 Abs. 1 StHG gestützt werden, sind diese jedoch aus den vorstehend genannten Gründen zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt gewesen.

Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausgehen wollte, dass von dem ersten Antrag vom 23. Januar 2001 die streitbefangenen Ansprüche bereits erfasst gewesen wären, die Verjährungsfrist mithin bis zur Entscheidung über dieselben im Bescheid vom 8. November 2004 unterbrochen und deshalb bei Klageerhebung am 30. Dezember 2004 und - im Übrigen "demnächst" im Sinne von § 166 ZPO erfolgter - Klagezustellung am 2. Februar 2005 noch nicht abgelaufen war, bliebe der Klage der Erfolg gleichwohl aus den vorstehend zu Ziffern 1. und 2. erörterten Gründen versagt.

c) Schließlich können aus dem Gesetz über die Anwendung der Atomenergie in der Deutschen Demokratischen Republik vom 28. März 1962 (AtomenergieG) keine für die Klägerin günstigen Folgerungen gezogen werden. Denn die Verjährungsfrist für etwaige Ansprüche aus diesem Gesetz (s. o. Ziffer 1c) verjährten nach Ablauf von zwei Jahren nach Kenntnis von dem Schaden und dem Ersatzpflichtigen. Nach obigen Ausführungen zu § 4 StHG begann die Verjährungsfrist damit am 23. Januar 2001 und endete nach § 4 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 der Verordnung zum AtomenergieG vom 28.03.1962 demnach lange vor Einreichung der Klageschrift am 30. Dezember 2004. Eine Durchbrechung nach § 472 Abs. 2 BGB kommt auch insofern aus oben genannten Gründen nicht in Betracht.

Auch die Änderung des Atomenergiegesetzes vom 8. Dezember 1983 (GBl. DDR I S. 325) und hier insbesondere die Regelung des § 10 Abs. 2, der bestimmt, dass Ersatzansprüche für Schäden infolge der Einwirkung ionisierender Strahlung nicht der Verjährung unterliegen, veranlasst eine der Klägerin günstige Entscheidung zumindest im Hinblick auf die Verjährung nicht. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass von dieser Neuregelung auch solche Schäden erfasst werden sollen, deren Anlage auf längst abgeschlossenen Ereignissen beruhen. Eine Rückwirkung auf die hier bereits mit Ausscheiden des Ehemannes der Klägerin aus der NVA im Jahre 1969 abgeschlossene Schadensanlage lässt sich dem Wortlaut dieses Gesetzes - insbesondere auch dessen Schlussbestimmungen - nicht entnehmen und widerspricht ohne ausdrückliche Anordnung der allgemeingültigen Gesetzessystematik.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zu vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711, 713 ZPO.

Der Senat lässt die Revision zu, weil der Rechtssache namentlich mit Rücksicht auf die Vielzahl gleich gelagerter Fälle, die bei dem Senat beziehungsweise bei dem Landgericht Frankfurt (Oder) anhängig sind, hinsichtlich der Frage der Anwendbarkeit der in Betracht zu ziehenden Haftungsnormen ebenso grundsätzliche Bedeutung zukommt wie der Frage einer Vermögensnachfolge in Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung beziehungsweise Staatshaftung. Dies gilt schließlich auch für die mit der Einrede der Verjährung aufgeworfenen Rechtsfragen.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück