Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 20.03.2007
Aktenzeichen: 2 U 38/06
Rechtsgebiete: BGB, StHG, EGZGB, ZGB, EGBGB, AtomenergieG, SVG, StrlSchV, VwGO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 203 n. F.
BGB § 204 Abs. 2 n. F.
BGB § 210 a. F.
BGB § 419
BGB § 472 Abs. 2
BGB § 839
BGB § 839 Abs. 1
BGB § 852 a. F.
BGB § 852 Abs. 2 a. F.
StHG § 1
StHG § 1 Abs. 1
StHG § 4
StHG § 4 Abs. 1
StHG § 4 Abs. 1 S. 1
StHG § 4 Abs. 2
StHG § 4 Abs. 3
StHG § 5 Abs. 4
StHG § 6
EGZGB § 2 Abs. 2 Satz 1
EGZGB § 6
EGZGB § 11
EGZGB § 11 Abs. 1 S. 2
ZGB § 331
ZGB § 344
ZGB § 472 Abs. 2
ZGB § 474 Abs. 1 Ziff. 3
ZGB § 475 Abs. 1 Ziff. 3
ZGB § 475 Ziff. 2
ZGB § 476 Abs. 2
EGBGB Art. 232 § 1
EGBGB Art. 231 § 6
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 2
EGBGB Art. 232 § 10
AtomenergieG § 9
AtomenergieG § 9 Abs. 1
AtomenergieG § 10
AtomenergieG § 12
AtomenergieG § 12 Abs. 1 Nr. 4
SVG § 91
StrlSchV § 28
VwGO § 58 Abs. 2
ZPO § 156
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

2 U 38/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 20.03.2007

verkündet am 20.03.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2007 durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Prof. Dr. Farke, die Richterin am Oberlandesgericht Gieseke und die Richterin am Amtsgericht Odenbreit

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 1. Juni 2006 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 14 O 292/04, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt Schmerzensgeld sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz für zukünftige Schäden und Schmerzensgeldansprüche aus - von ihrem Ehemann als (im Folgenden:) Geschädigten - abgetretenem Recht wegen Strahlenschäden aus dessen NVA-Dienstzeit. Wegen des festgestellten Sachverhalts wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Ergänzend ist Folgendes festzustellen:

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei passivlegitimiert, da sie das gesamte Verwaltungs- und Finanzvermögen der NVA der ehemaligen DDR übernommen sowie finanziell verwertet habe. Die übergegangenen Aktiva stünden den damit ebenfalls übergegangenen Passiva spiegelbildlich gegenüber.

Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, bezüglich der Radargeräte sei eine Vermögensübernahme in tatsächlicher Hinsicht nicht erfolgt. Denn sie habe insofern keinen Übernahmewillen gehabt, selbst wenn die Geräte bis zu ihrer endgültigen Aussonderung noch weiter betrieben worden wären. Da die Anlagen nicht den Verteidigungsaufgaben der Beklagten gedient hätten, seien sie auch nicht als übernommenes Verwaltungsvermögen zu qualifizieren.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht Frankfurt (Oder) die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, Ansprüche aus § 839 BGB oder § 1 StHG DDR seien nicht gegeben. § 839 BGB habe in der DDR faktisch keine Anwendung gefunden; jedenfalls sei ein Anspruch hieraus nach § 11 EGZGB, § 475 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB mit Ablauf des 31. Dezember 1985 verjährt. Ein Anspruch aus § 1 StHG sei abzulehnen, da der persönliche Anwendungsbereich auf den Geschädigten als Angehörigen der NVA nicht eröffnet gewesen sei. Auch dieser Anspruch sei jedenfalls nach § 4 Abs. 1, Abs. 2 StHG verjährt. Die Verjährungsfrist habe hierbei angesichts des Antrags des Geschädigten vom 27. Juni 2001, aus dem sich die Kenntnis von den wesentlichen Umständen ergebe, an diesem Tag begonnen. Die Frist sei auch nicht im Hinblick auf den vorgenannten Antrag unterbrochen worden, da darin keine Schadensersatzansprüche geltend gemacht worden seien. Ungeachtet dessen hätte die Frist nach Beendigung der Unterbrechung am 1. Juli 2001, spätestens nach Ablehnung der Ansprüche am 9. Januar 2002, neu zu laufen begonnen, sodass auch insofern die Verjährungsfrist vor Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags abgelaufen gewesen sei. Dies gelte selbst dann, wenn von einer sechsmonatigen Hemmung der Verjährung nach Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB in Verbindung mit § 204 Abs. 2 BGB (n. F.) auszugehen sei. Hieran ändere auch die fehlende Rechtsmittelbelehrung in dem Schreiben der Beklagten vom 9. Januar 2002 nichts. Auch bei Berechnung der Verjährung nach Art. 231 § 6 EGBGB in Verbindung mit § 852 BGB (a. F.) sei die Verjährungsfrist aufgrund der Kenntnis spätestens zum 27. Juni 2001 am 27. Juni 2004, mithin einen Tag vor Eingang der Klage, abgelaufen. Eine Unterbrechung der Verjährung nach § 210 BGB (a. F.) komme nicht in Betracht, da der Geschädigte nicht innerhalb von drei Monaten nach Abweisung des Antrags Klage erhoben habe. Auch sei eine Hemmung nach § 852 Abs. 2 BGB (a. F.) zu verneinen, da es bereits an Verhandlungen im Sinne der Vorschrift fehle. Schließlich seien auch etwaige Ansprüche wegen fehlender Hinweise auf die Strahlenbelastung nach Austritt aus dem Dienst durch die Verantwortlichen der NVA oder der Beklagten nach den vorstehenden Ausführungen verjährt.

Gegen das ihr am 23. Juni 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 18. Juli 2006 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel mit einem am 21. September 2006 eingegangenen Schriftsatz begründet. Mit der Berufung rügt die Klägerin die Rechtsanwendung des Landgerichts. Der persönliche Anwendungsbereich des § 1 StHG sei eröffnet, da der NVA die Pflicht oblegen habe, den Geschädigten, der als "Bürger" im Sinne der Vorschrift auf Befehl seiner Vorgesetzten an den Radargeräten habe arbeiten müssen, vor gesundheitsgefährdender ionisierender Strahlung zu schützen. Verjährung sei nicht eingetreten, da die Frist nach § 4 Abs. 3 StHG durch Stellung des Antrags vom 27. Juni 2001 unterbrochen worden sei und diese Unterbrechung bis zur Entscheidung über diesen Antrag am 9. Januar 2002 fortgedauert habe. Daraus folge, dass nach der hier zu Grunde zu legenden Vorschrift des § 852 BGB (a. F.) Verjährung erst am 9. Februar 2005 eingetreten wäre. Auch sei eine Hemmung der Verjährungsfrist aufgrund schwebender Verhandlungen - insbesondere angesichts des Wortlauts des Schreibens der Beklagten vom 11. Juli 2001 - zu bejahen. Die fehlende Rechtsmittelbelehrung in dem Schreiben vom 9. Februar 2001 habe ebenfalls Einfluss auf die Verjährung. Auch nach dem Zivilgesetzbuch der DDR sei Verjährung nicht eingetreten, da der vorliegend einschlägige § 10 des Atomenergiegesetzes vom 8. Dezember 1983 in Absatz 2 auch rückwirkend regle, dass für Schäden, die infolge der Einwirkung ionisierender Strahlung entstehen, eine Befreiung von der Verpflichtung zum Schadensersatz ausgeschlossen sei und daher Ansprüche auf Schadensersatz der Verjährung nicht unterlägen. Für den Fall, dass eine Übernahme des Atomenergiegesetzes durch den Einigungsvertrag nicht erfolgt sei, sei § 472 Abs. 2 ZGB anwendbar, mit der Folge, dass die Verjährung unter Berücksichtigung des Atomenergiegesetzes zu durchbrechen sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

1. die Beklagte unter Abänderung des am 1. Juni 2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 14 O 292/04, zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld aus dem abgetretenen Recht des Geschädigten T... F... nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie

2. festzustellen, dass die Beklagte alle infolge der Abtretung des Geschädigten T... F... auf die Klägerin übergegangenen und zukünftig übergehenden Ansprüche für Schäden, die Herrn T... F... infolge der Verstrahlung an Geräten der NVA der ehemaligen DDR im Zeitraum vom 2. Mai 1968 bis 30. April 1972 entstehen, zu ersetzen hat, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialhilfeträger oder sonstige Dritte übergegangen sind, oder übergehen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil, hält die Rechtsanwendung des Landgerichts für fehlerfrei und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

II.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

2. In der Sache hat sie keinen Erfolg. Das Landgericht hat - jedenfalls im Ergebnis - zu Recht entschieden, dass die Klägerin wegen der von ihr behaupteten Gesundheitsschäden ihres Ehemannes infolge einer Tätigkeit an Radaranlagen der NVA keinen Anspruch gegen die beklagte Bundesrepublik Deutschland geltend machen kann. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht.

Nach Auffassung des Senats ist bereits zweifelhaft, ob sich das Klagebegehren auf eine Anspruchsgrundlage stützen lässt (2.1.); jedenfalls wären solche Ansprüche nicht auf die Bundesrepublik übergegangen (2.2.); zuletzt würde etwaigen Ansprüchen die erhobene Einrede der Verjährung entgegen stehen (2.3.).

2.1. Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist gemäß Art. 232 § 1 EGBGB auf das Recht der DDR abzustellen, da die in Rede stehenden Pflichtverletzungen, die zu den behaupteten Schäden geführt haben sollen, vor dem Wirksamwerden des Beitritts am 3. Oktober 1990 begangen wurden. Maßgebend ist insoweit nicht, wann ein Schaden eingetreten ist oder der Verletzte von der Handlung und dem Schaden Kenntnis erlangt, sondern der Zeitpunkt, in dem der Tatbestand der Verletzung erfüllt wurde (BGH NJW 1994, 2684, 2685). Für die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen gilt im Einzelnen Folgendes:

2.1.1. Soweit das Klagebegehren auf § 839 Abs. 1 BGB gestützt ist, stehen dem schon im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Vorschrift durchgreifende Zweifel entgegen. Allerdings ist im Ausgangspunkt festzuhalten, dass die Vorschrift bis zum Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches der DDR am 1. Januar 1976 formell niemals aufgehoben worden ist. Unbeschadet dessen ist gleichwohl fraglich, ob dieser Grundnorm des in der deutschen Rechtsentwicklung zunächst als zivilrechtliche Haftung des Beamten aufgefassten Amtshaftungsrechts zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Schädigung des Ehemannes der Klägerin (noch) der Charakter einer Anspruchsgrundlage zukam (vgl. zur Entwicklung des Amtshaftungsrechts im Allgemeinen: Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Auflage, S. 2 ff.; sowie zur Entwicklung in der DDR bis zum Inkrafttreten des Staatshaftungsgesetzes S. 459 ff.). So wurde nach Gründung des Obersten Gerichts der DDR im Jahre 1949 die Anwendung des Amtshaftungsanspruchs zurückgedrängt, indem zunächst die Vorfragenkompetenz der ordentlichen Gerichte abgelehnt wurde, was aufgrund des Fehlens von Verwaltungsgerichten in einem Teil der Länder beziehungsweise - bis zur Auflösung derselben - ihrer Zuständigkeit nach dem Enumerationsprinzip faktisch einem Ausschluss des Rechtswegs gleichkam. Gewissermaßen der Schlusspunkt dieser Rechtsentwicklung ist in der Entscheidung des Obersten Gerichts vom 9. Juli 1954 (NJ 1954, 573, 574) dahin formuliert, dass für die Zuweisung von Ansprüchen der Bürger an die staatlichen Gerichte, die sich aus Verwaltungsakten ergeben, unter der sozialistischen Rechts- und Gesellschaftsordnung "kein Raum" mehr sei. Auch wenn damit die "Gültigkeit" des § 839 Abs. 1 BGB nicht ausdrücklich beseitigt wurde, erscheint die Feststellung gerechtfertigt, dass das (überkommene) Staatshaftungsrecht, welches seine Grundlage in dieser Vorschrift hatte, faktisch beseitigt war (so Ossenbühl, a.a.O., S. 460).

Unbeschadet der Frage der Anwendbarkeit des § 839 Abs. 1 BGB als Anspruchsgrundlage ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass diese Vorschrift dem Geschädigten einen Anspruch gerade gegen die beklagte Bundesrepublik vermitteln könnte. Denn abgesehen von der grundsätzlichen Problematik einer Rechtsnachfolge der Bundesrepublik in Verbindlichkeiten der DDR (dazu unten 2.2.) fehlte es in der DDR jedenfalls nach Inkrafttreten der DDR-Verfassung vom 7. Oktober 1949 (GBl. DDR 1949, S. 5) an einer Vorschrift, welche die Überleitung der persönlichen Haftung des Beamten nach § 839 Abs. 1 BGB auf die DDR beziehungsweise auf einzelne "staatliche Stellen oder Einrichtungen" anordnete. Allerdings galt nach Ende des 2. Weltkrieges in der Sowjetischen Besatzungszone Art. 131 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) fort, der eine Überleitung der persönlichen Haftung des Beamten (nach § 839 Abs. 1 BGB) auf die Anstellungskörperschaft vorsah und außerdem anordnete, der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten dürfe für solche Ansprüche nicht ausgeschlossen werden. Anfang der fünfziger Jahre setzte sich im Zuge der oben skizzierten Rechtsentwicklung die Auffassung durch, das zivilrechtliche Amtshaftungsregime des § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 131 WRV sei durch das Inkrafttreten der DDR-Verfassung von 1949, namentlich deren Artikel 138 Abs. 1, wonach der Schutz der Bürger gegen rechtswidrige Maßnahmen der Verwaltung durch die Kontrolle der Volksvertretungen sowie die Verwaltungsgerichtsbarkeit gewährt werde, gegenstandslos geworden und entgegenstehende Vorschriften seien gemäß Art. 144 der DDR-Verfassung aufgehoben (OG, NJ 1952, 188; speziell zur Aufhebung des Art. 131 WRV: OLG Erfurt, NJ 1952, 494). Auch wenn die seinerzeit vertretene Auffassung in erster Linie an der Frage des Rechtsweges (zu den ordentlichen Gerichten) ansetzte, belegt die dargestellte Entwicklung, dass die überkommenen Haftungssysteme für rechtswidrige staatliche Eingriffe als überholt angesehen wurden. Ohne Haftungsüberleitung auf eine "staatliche Stelle" würde es aber an einer wesentlichen Voraussetzung für die Inanspruchnahme gerade der beklagten Bundesrepublik fehlen. Denn eine Rechtsnachfolge der Beklagten in Verbindlichkeiten natürlicher Personen, als die sich die Amtshaftung nach § 839 Abs. 1 BGB ohne entsprechende Überleitungsnorm wie Art. 131 WRV oder Art. 34 Satz 1 GG der Sache nach darstellt, wird von keiner Seite ernsthaft in Erwägung gezogen.

Eine solche Haftungsüberleitung, die gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 EGZGB auf bei Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches bestehende Rechtsverhältnisse - etwa die (unterstellte) persönliche Haftung eines Amtswalters - anwendbar wäre, stellt auch § 331 ZGB nicht dar. Zum einen war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ZGB das Staatshaftungsgesetz als speziellere Regelung bereits geltendes Recht, sodass die Vorschrift den Bereich der Haftung staatlicher Einrichtungen für ihre Mitarbeiter schon tatbestandlich nicht erfassen sollte, jedenfalls aber durch § 1 Abs. 1 StHG als speziellere Regelung verdrängt war. Zum anderen enthält § 331 ZGB eine selbständige Anspruchsgrundlage und ordnet nicht lediglich die Überleitung einer - aus anderen Gründen bestehenden - persönlichen Haftung (im Sprachgebrauch des Zivilgesetzbuches "Verantwortlichkeit") auf den "Betrieb" an. Als originärer Haftungstatbestand wäre § 331 ZGB damit allenfalls auf Schadensfälle anwendbar, die auf Handlungen nach dem 1. Januar 1976 beruhen; solche kommen im Streitfall jedoch nicht in Betracht.

2.1.2. Soweit als Anspruchsgrundlage § 1 Abs. 1 StHG in Rede steht, bestehen grundsätzliche Bedenken gegen die Anwendung der Haftungsnorm auf das Rechtsverhältnis des Geschädigten zur NVA im Rahmen des von ihm abgeleisteten Wehrdienstes. Diese Zweifel betreffen die Frage, ob Angehörige der NVA vom Schutzbereich des Gesetzes, welches Bürgern Ansprüche für Schäden gewährte, die sie durch ungesetzliche Maßnahmen von Mitarbeitern staatlicher Einrichtungen erlitten, überhaupt erfasst waren. Zwar stellt sich die Tätigkeit der Soldaten, also auch der Vorgesetzten, ohne weiteres als Ausübung staatlicher Tätigkeit dar, sodass für Schäden, die von Soldaten Dritten ("Bürgern") zugefügt wurden, eine Haftung der staatlichen Einrichtung (hier NVA) zweifellos gegeben war. Fraglich ist aber, ob der Angehörige der NVA selbst - soweit eine gerade im Rahmen seines Dienstes erlittene Schädigung in Rede steht - ein solcher zum Schutzbereich des Gesetzes gehörender "Bürger" war. Ausgehend von der das Gesetz beherrschenden Abgrenzung des staatlichen Bereichs einerseits und "des Bürgers", dem die staatliche Einrichtung gegenüber tritt, andererseits, kann füglich bezweifelt werden, ob das Staatshaftungsgesetz Mitarbeitern von staatlichen Stellen Ersatzansprüche für Schäden zubilligen sollte, welche diese gerade in Ausübung ihrer staatlichen Tätigkeit erlitten. Insoweit mag einiges dafür sprechen, dass jedenfalls in der Rechtspraxis der DDR dieses Verhältnis betreffende Sonderregelungen, wie etwa die einschlägigen Versorgungsordnungen und die darin geregelten Sonderversorgungssysteme für Dienstbeschädigungen abschließend waren. Allerdings sind dem Senat zu dieser Frage eindeutige Dokumente über die seinerzeitige Rechtslage, aber auch zur Rechtspraxis, nicht bekannt geworden. Ein ausdrücklicher Ausschluss weitergehender Ersatzansprüche, wie er etwa nach dem heute geltenden Recht in § 91 a Soldatenversorgungsgesetz normiert ist, der weitergehende Ansprüche aus Amtshaftung nur bei vorsätzlicher Schädigung zulässt, ist den einschlägigen Versorgungsordnungen - soweit sie der Senat erschließen konnte - nicht zu entnehmen (vgl. etwa Ordnung Nr. 005/9/003 des Ministers für nationale Verteidigung über die soziale Versorgung der Angehörigen der Nationalen Volksarmee - Versorgungsordnung - vom 1. September 1982, nicht amtlich veröffentlicht, abgedruckt bei Aichberger II, Nr. 230). Ebenso wenig lassen der Wortlaut des Staatshaftungsgesetzes sowie die "zeitgenössischen" Kommentierungen hierzu den sicheren Schluss darauf zu, im Verhältnis des Mitarbeiters zu staatlichen Einrichtungen seien Ansprüche ausgeschlossen gewesen.

Die Frage der Anwendbarkeit des Staatshaftungsgesetzes kann der Senat im Ergebnis indes ebenso offen lassen wie die Frage, ob das Gesetz gegebenenfalls nur für Schadensfälle ab seinem Inkrafttreten am 12. Mai 1969 oder bereits im Zeitraum nach Inkrafttreten der DDR-Verfassung am 9. April 1968 Anwendung fand, auf dessen Art. 106 der Erlass des Staatshaftungsgesetzes zurückging (in letzterem Sinne Lübchen, NJ 1969, 394, 399 und offenbar auch der Ministerrat der DDR in der Begründung zum Staatshaftungsgesetz, zitiert bei Herbst/Lühmann, Die Staatshaftungsgesetze der Neuen Länder, S. 47, Rn. 21). Jedenfalls steht einem Erfolg der Klage entgegen, dass eine Haftung nach dem Staatshaftungsgesetz nicht auf die beklagte Bundesrepublik übergegangen wäre (siehe unten 2.2).

2.1.3. Ansprüche aufgrund § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Anwendung der Atomenergie in der Deutschen Demokratischen Republik (Atomenergiegesetz, vom 28. März 1962, GBl. DDR I S. 47) kommen, auch soweit die behaupteten Schäden auf den Wirkungen ionisierender Strahlung beruhen sollen, nicht in Betracht. Die Vorschrift beschränkt die (verschuldensunabhängige) Haftung auf die Folgen zunächst des Betriebs einer Kernanlage. Solche sind nach der Definition in § 12 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes neben Atomkraftwerken und Kernreaktoren in erster Linie nur Anlagen, in denen Teilchen beschleunigt werden, um Kernprozesse auszulösen, oder in denen Ausgangsstoffe für Zwischenprodukte oder Kernbrennstoffe gewonnen oder verarbeitet werden. Die in Rede stehenden Radar- und Rundblickstationen fallen ebenso wenig hierunter wie unter die weiter genannten Anlagen zur Lagerung von Kernbrennstoffen oder Anreicherung von Isotopen. Diese Regelungen blieben von den Gesetzesänderungen vom 4. Februar 1964 (GBl. DDR I S. 1) und vom 7. September 1969 (GBl. DDR I S. 75) unberührt.

An dem Umfang der Haftungsnorm des § 9 Atomenergiegesetz änderte auch der Erlass der Verordnung über den Schutz vor der schädigenden Einwirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzverordnung, vom 18. Dezember 1969, GBl. DDR II S. 627) nichts. Zwar erfuhr die Begriffsbestimmung des § 12 Atomenergiegesetz eine Neufassung gemäß der Anlage zu § 28 der Strahlenschutzverordnung. Jedoch blieb es dabei, dass der Haftungstatbestand nach wie vor an das Betreiben einer Kernanlage oder den Verkehr u. a. mit Kernbrennstoffen oder radioaktiven Abfallstoffen anknüpfte und die Radaranlagen damit auch nicht unter die neu gefassten Begriffsbestimmungen fielen. Soweit nach Nr. 7 der Anlage zu § 28 der Strahlenschutzverordnung Einrichtungen, die ionisierende Strahlung aussenden, auch solche sind, in denen ionisierende Strahlen als Nebeneffekt auftreten, mögen zwar auch Radar- und Rundblickstationen der gegenständlichen Bauart(en) darunter fallen. Indes ändert dies nichts daran, dass § 9 Atomenergiegesetz die Haftung gerade nicht an den Betrieb einer solchen Einrichtung anknüpfte, sondern an den Betrieb einer Kernanlage oder den Verkehr mit radioaktiven Stoffen. Soweit Ansprüche wegen Nichtbeachtung der weitergehenden Anforderungen der Strahlenschutzverordnung beim Betrieb von Einrichtungen, die ionisierende Strahlen aussenden, in Betracht kommen (vgl. etwa §§ 5 ff, 19 ff. Strahlenschutzverordnung), stellen sich diese mangels spezialgesetzlicher Anspruchsgrundlage allenfalls als Ansprüche wegen der Folgen rechtswidrigen staatlichen Handelns dar, sodass insoweit das zu den Vorstehenden Ziffern 2.1.1. und 2.1.2. Ausgeführte gilt.

Dass mit dem Atomenergiegesetz vom 8. Dezember 1983 (GBl. DDR I S. 325) gemäß dessen § 10 i. V. m. § 344 ZGB der Sache nach eine Gefährdungshaftung auch für Strahleneinrichtungen geschaffen worden sein dürfte, hat für den Streitfall, in dem eine Strahlenexposition nur vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. Februar 1983 in Betracht kommt, keine Bedeutung.

2.2. Jedenfalls scheitert der geltend gemachte Anspruch unter allen in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen daran, dass die beklagte Bundesrepublik in eine gegenüber dem Geschädigten am 3. Oktober 1990 (möglicherweise) bestehende Verbindlichkeit der DDR oder eines ihrer Rechtsträger nicht im Wege der Rechtsnachfolge eingetreten wäre; sie wäre damit jedenfalls nicht verpflichtet, einen Anspruch der Klägerin zu erfüllen.

Auf der Grundlage der mit dem Einigungsvertrag bilateral sowie der weiteren, von der Bundesrepublik im Zuge des Beitritts der DDR getroffenen Regelungen ist unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung von folgenden Grundsätzen auszugehen:

Die DDR ist als Rechtssubjekt, also als Trägerin von Rechten und Pflichten, mit dem Wirksamwerden des Beitritts am 3. Oktober 1990 untergegangen. Eine universelle, das heißt alle bestehenden Rechte und Pflichten der ehemaligen DDR oder ihrer Rechtsträger umfassende Rechtsnachfolge der Bundesrepublik Deutschland oder anderer Körperschaften beziehungsweise Anstalten des öffentlichen Rechts ist zwischen den Parteien des Einigungsvertrags nicht vereinbart worden und ergibt sich auch nicht aus anderen Vorschriften oder Rechtsgrundsätzen (vgl. BGH NJW 2006, 912, 913; BGHZ 127, 297, 301; OLG Dresden VIZ 2001, 575; KG DtZ 1996, 148, 150; Senat OLG-NL 1994, 130, 132; OLG Rostock OLG-NL 1994, 12, 14). Insbesondere ergibt sich eine solche Universalsukzession weder aus dem Regelungsgefüge des Einigungsvertrages, noch ist § 419 BGB (in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung) unmittelbar oder analog auf öffentlichrechtliche Vorgänge wie den Beitritt eines Staates zu einem anderen Staat oder die "Übernahme" einer bestimmten Vermögensmasse durch einen anderen Rechtsträger anwendbar. Desgleichen ist für die mit dem Beitritt der DDR aufgeworfenen Fragen des Übergangs von Vermögen und Verbindlichkeiten das in Sonderfällen zur Durchsetzung dringender, das heißt bis zur Schaffung einer entsprechenden gesetzlichen Regelung unaufschiebbarer öffentlichrechtlicher Ansprüche entwickelte Institut der "Funktionsnachfolge" nicht in Betracht zu ziehen (vgl. etwa BGHZ 164, 361; 128, 140, 147 f.).

Eine solche Gesamtrechtsnachfolge folgt weiterhin auch nicht aus der Regelung des Art. 135 a Abs. 2 GG, wonach der Bundesgesetzgeber in analoger Anwendung des Abs. 1 der Vorschrift bestimmen kann, dass Verbindlichkeiten der DDR sowie Verbindlichkeiten des Bundes oder anderer Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, die mit dem Übergang von Vermögenswerten der DDR im Zusammenhang stehen, nicht oder nicht in voller Höhe zu erfüllen sind, was ebenso im Hinblick auf Verbindlichkeiten, die auf Maßnahmen der DDR oder ihrer Rechtsträger beruhen, gilt. Wie sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt, handelt es sich hierbei lediglich um eine Kompetenzregelung, welche dem (Bundes-) Gesetzgeber die Möglichkeit einräumt, die Bedienung übergegangener Ansprüche zu beschränken oder auszuschließen. Sie setzt damit voraus, dass - aufgrund anderer Vorschriften - ein solcher Übergang von Verbindlichkeiten überhaupt stattfindet oder stattgefunden hat. Dies folgt aus dem Regelungsgefüge der Art. 134 ff. GG: So enthält Art. 134 GG die Grundsatznorm für die Rechtsnachfolge in das Reichsvermögen, an welche Art. 135 a Abs. 1 GG mit der Kompetenz zur Beschränkung eben dieser generellen Rechtsnachfolge in das Reichsvermögen anknüpft. Die nach Art. 135 a Abs. 2 GG angeordnete entsprechende Anwendung auf die übergegangenen Verbindlichkeiten der DDR beziehungsweise ihre Rechtsträger kann aber nicht über den Regelungsgegenstand der analog anzuwendenden Norm des Art. 135 a Abs. 1 GG hinausgehen, die sich gerade auf eine Kompetenzregelung beschränkt. Für die vorrangige Frage, welche Vermögenswerte überhaupt auf die Bundesrepublik Deutschland oder andere Anstalten oder Körperschaften des öffentlichen Rechts übergegangen sind, besagt die Vorschrift demgegenüber nichts. Eine mit Art. 134 GG vergleichbare Regelung für das Vermögen der DDR oder eine jedenfalls die entsprechende Anwendung anordnende Vorschrift enthalten weder das Grundgesetz noch der Einigungsvertrag.

Damit kommt eine Haftung der Beklagten, aber auch anderer Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts für Verbindlichkeiten der DDR oder ihrer staatlichen Einrichtungen nur in Betracht, wenn die Rechtsnachfolge im Einzelfall für bestimmte Vermögenswerte angeordnet ist. Andernfalls sind etwaige Ansprüche mit dem Untergang der DDR aufgrund des Wegfalls des Schuldners ihrerseits untergegangen.

Als den Übergang etwaiger Ansprüche der Klägerin begründende Regelung kommt insoweit allein Art. 21 Abs. 1 S. 1 des Einigungsvertrages in Betracht. Zu dem danach übergegangenen Verwaltungsvermögen gehören aber nicht Ansprüche der hier in Rede stehenden Art, die ihre Grundlage in einer Haftpflicht für (staatliches) Handlungs- oder Erfolgsunrecht haben; sie stehen mit solchen als Verwaltungsvermögen übergegangenen Vermögenswerten auch nicht in einem derart engen und unmittelbaren Zusammenhang, dass sie ihrerseits mit auf die Beklagte übergegangen wären.

Art. 21 Abs. 1 des Einigungsvertrages liegt eine gegenständliche Betrachtungsweise zu Grunde, die an den im Verwaltungsrecht überkommenen Begriff des Verwaltungsvermögens anknüpft. Zu diesem - und damit zu den übergangsfähigen Vermögensgegenständen - gehören die öffentlichen Sachen, welche durch ihren unmittelbaren Gebrauch hoheitlichen Aufgaben dienen (BGH NJW 2001, 679, 680). Hierunter fallen grundsätzlich auch die Gegenstände, welche in der Organisationsgewalt der NVA standen, da diese zweifellos hoheitliche Aufgaben wahrnahm. Dementsprechend kann an sich einiges dafür sprechen, dass die am 3. Oktober 1990 noch vorhandenen Gegenstände im Vermögen der NVA auf die Beklagte übergingen, da sie nach ihrer Zweckbestimmung bereits am 1. Oktober 1989 Verwaltungsaufgaben dienten, welche nach dem Grundgesetz gerade dem Bund zugewiesen sind. Allerdings können im Hinblick auf die in Rede stehenden Anlagen gleichwohl Zweifel veranlasst sein, soweit es sich nach dem Vortrag der Beklagten um Gegenstände gehandelt haben soll, welche nicht weiterhin Verwaltungszwecken zu dienen bestimmt waren, sondern - soweit überhaupt noch vorhanden - nur gesichert und einer geordneten Entsorgung zugeführt werden sollten. Mit Rücksicht darauf, dass die zitierte Regelung des Einigungsvertrages das Ziel verfolgte, die jeweilige Körperschaft mit dem zur Erfüllung der Verwaltungsaufgaben notwendigen Vermögen auszustatten (BVerwGE 96, 231, 233), erscheint es durchaus zweifelhaft, den Vermögensübergang auch auf solche "Betriebsmittel" zu erstrecken, welche - jedenfalls zum Zeitpunkt des Beitritts - nicht mehr (künftigen) Verwaltungsaufgaben dienen sollten, sondern schlicht "abzuwickeln" waren. Ob diese Erwägungen den Schluss tragen, die Radaranlagen seien als solche schon nicht in das Vermögen der Beklagten übergegangen, kann indes offen bleiben.

Mit diesen (Vermögens-) Gegenständen sind jedenfalls keine Haftungsansprüche der von der Klägerin geltend gemachten Art auf die Beklagte übergegangen. Abgesehen von den im Tatsächlichen liegenden Schwierigkeiten, die vom Ehemann der Klägerin nach deren Behauptung erlittene Schädigung einem bestimmten Vermögensgegenstand, das heißt einer konkreten technischen Anlage zuzuordnen, welche am 3. Oktober 1990 noch vorhanden gewesen sein müsste, scheitert ein solcher Haftungsübergang schon aus Rechtsgründen.

Allerdings ist anerkannt, dass sich der Vermögensübergang im Rahmen der in Art. 21 Abs. 1 Einigungsvertrag angeordneten (gegenständlich beschränkten) Einzelrechtsnachfolge nicht auf positive Vermögenswerte beschränkt, sondern auch Verbindlichkeiten umfassen kann. Nach der gefestigten Rechtsprechung gehören zum übergegangenen Verwaltungsvermögen in diesem Sinne nämlich auch Passiva, wenn und soweit sie mit dem übernommenen Aktivvermögen in einem engen und unmittelbaren Zusammenhang stehen (vgl. nur BGH, NJW 2006, 3636; 3637; 2001, 679, 680; BGHZ 128, 393, 399; 164, 361 jeweils m. w. N.). Ein solcher, den Haftungsübergang voraussetzender besonderer Zusammenhang ist im Streitfall jedoch zu verneinen.

Bei den Ansprüchen nach § 839 Abs. 1 BGB beziehungsweise § 1 Abs. 1 StHG, auf die die Klägerin ihr Begehren (allenfalls) stützen kann, handelt es sich um deliktische Schadensersatzansprüche, die auf einer rechtswidrigen Handlung von Personen beziehungsweise einem rechtswidrig herbeigeführten "Erfolg" beruhen. Gegenstand der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Frage des Übergangs von Verbindlichkeiten im Rahmen des Art. 21 Einigungsvertrag waren bis heute - soweit ein Haftungsübergang bejaht worden ist - ausschließlich vertragliche Ansprüche (Verbindlichkeiten) sowie die Frage, ob diese mit einem konkreten - nach Art. 21 Einigungsvertrag übergegangenen - Vermögensgegenstand in dem vorausgesetzten Sinne in einem engen und unmittelbaren Zusammenhang stehen (vgl. aus der Rechtsprechung des BGH: VIZ 2004, 374: Erstattung des Kaufpreises für ein Grundstück der öffentlichen Hand; BGHZ 128, 393, 398: Erdbaumaßnahmen auf einem Grundstück für einen kommunalen Sportplatz; VIZ 1997, 232, 233: auf einem Grundstück errichteter Wohnblock; VIZ 2001, 572, 573: Gerüstbauvertrag; BGHZ 137, 350, 362 ff.: Vertrag zur Herstellung von Militärbooten für die Volksmarine; DtZ 1996, 179, 180: Kaufpreisansprüche für gelieferte Computertechnik; BGHZ 145, 148: "steckengebliebene" Enteignungsentschädigung für Grundstück; NJW 2006, 3636: Ansprüche aus einem Vertrag betreffend die Behandlung in einem ehemaligen Krankenhaus der Volkspolizei). Soweit ein Übergang von Ansprüchen aus unerlaubter Handlung nicht ausdrücklich verneint wurde (so - allerdings wohl nicht allein tragend - etwa bei Ansprüchen wegen so genannter "Belegungsschäden"; BGHZ 128, 140 ff.), ist sie - jedenfalls - ausdrücklich offen gelassen worden (zuletzt etwa BGH, NJW 2006, 3636, 3637). Nach Auffassung des Senats ist ein Übergang solcher Ansprüche jedenfalls im hier zu entscheidenden Fall zu verneinen.

Ein Übergang von Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung oder Staatshaftung kommt nicht in Betracht, weil sich bei der durch Art. 21 Einigungsvertrag vorgegebenen gegenständlichen Betrachtung ein enger und unmittelbarer Zusammenhang einer letztlich auf die Handlung oder das Unterlassen einer Person zurückzuführenden Verbindlichkeit mit einem bestimmten (Vermögens-)Gegenstand nicht gegeben ist. Insoweit sieht sich der Senat in Übereinstimmung mit dem von der Beklagten und vom Bundesgerichtshof wiederholt in Bezug genommenen Schreiben der Bundesministerien der Justiz und des Innern zu Haftungsansprüchen gegen die ehemalige DDR vom 3. Dezember 1992 (IV A2 - 9000 II - 450 333/92; V I 1 -110 013/25; abgedruckt in DtZ 1993, 115 f.), dem allerdings keine über eine bloße Interpretationshilfe hinausgehende Bedeutung im Sinne einer verbindlichen Auslegung oder Maßgabe zukommt. Es handelt sich hierbei zum einen lediglich um die nachträglich niedergelegte Rechtsauffassung zu Regelungsgehalt und Auslegung des Einigungsvertrages, der aber nach allgemeinen Grundsätzen in erster Linie nach dem in seinem Wortlaut zum Ausdruck gekommenen objektiven Willen der Vertragsparteien auszulegen ist. Zum anderen gibt die in dem Schreiben vertretene Rechtsauffassung die Ansicht lediglich einer Partei des Einigungsvertrages wieder, nachdem die andere mit dem Untergang der DDR als Rechtssubjekt weggefallen ist. Jedoch teilt der Senat für die dem Streitfall zu Grunde liegende Sachlage im Ergebnis die in dem genannten Schreiben niedergelegte Rechtsauffassung.

Ausgangspunkt ist der bereits angedeutete Zweck der Regelung in Art. 21 Einigungsvertrag. Der Sicherung der künftigen Aufgabenwahrnehmung folgend betrifft der Übergang neben den Betriebsmitteln als solchen diejenigen Rechtsverhältnisse, welche dazu geeignet und bestimmt sind, die Fortführung des Betriebes zu ermöglichen (vgl. KG, Urteil vom 12. Februar 2004, Az.: 20 U 206/02, juris-dokument, Absatz 36). Hierzu zählen Verbindlichkeiten aus längst abgeschlossenen Dienstverhältnissen ohne Zweifel nicht. Diese weisen aber auch keinen engen unmittelbaren Zusammenhang zu einzelnen übergehenden Vermögenswerten auf. Der geltend gemachte Anspruch der Klägerin - sei es aus Amtshaftung oder aus Staatshaftung - folgt nicht aus der Gefährlichkeit der Anlage als solcher, sondern allenfalls aus der konkreten Ausgestaltung des Dienstverhältnisses an diesem Gerät. Es handelt sich gleichermaßen nicht um Tatbestände der Gefährdungshaftung, die an das Risiko anknüpfen, das mit dem (erlaubten) Inverkehrbringen eines gefährlichen Gegenstandes verbunden ist. Kann bei Tatbeständen der Gefährdungshaftung ein solcher gegenstandsbezogener Zusammenhang noch hergestellt werden (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 28. April 1997, 2 W 15/96, zur Gefährdungshaftung für ein Kraftfahrzeug der NVA), fehlt es daran bei Tatbeständen, die an Unrecht anknüpfen, welches von Personen - Amtswaltern oder Mitarbeitern staatlicher Stellen - ausgeht. Der Anspruch, den die Klägerin geltend macht, ist daher nicht in einem für den Haftungs(mit-) übergang vorauszusetzenden Sinne gegenstandsbezogen, sondern allenfalls dienstbezogen. Zwar kann insoweit ein - möglicherweise auch unmittelbarer - Zusammenhang des Dienstverhältnisses selbst sowie auch des behaupteten Schadens mit der von der NVA wahrgenommenen Verwaltungsaufgabe nicht in Abrede gestellt werden; jedoch knüpft die Regelung des Art. 21 Einigungsvertrag gerade nicht an die Übernahme der Aufgabe als solcher, sondern an den Übergang konkreter Gegenstände an. Auch das - längst beendete - Dienstverhältnis des Geschädigten selbst ist von der Beklagten nicht übernommen worden.

Im Hinblick auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung oder Staatshaftung stellt sich der zu betrachtende Zusammenhang mit bestimmten Gegenständen des Verwaltungsvermögens damit völlig anders dar als bei vertraglichen Ansprüchen. Die zu Letzteren ergangenen Entscheidungen betreffen ausnahmslos Konstellationen, die sich dadurch auszeichnen, dass sich die (vertraglichen) Verbindlichkeiten gleichsam als Gegenstück zu einem Vermögensvorteil darstellen, der dem Vermögensgegenstand oder dem Betrieb zugute gekommen ist und noch anhaftet. In diesen Fällen rechtfertigte sich der Zusammenhang aus der Gegenstandsbezogenheit des Vertragsverhältnisses, welches sich nicht in einen (den Übernehmer des Gegenstandes) begünstigenden Teil einerseits und einen belastenden Teil andererseits aufspalten lässt. Dieser Ansatz liegt auch den Entscheidungen des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zu den so genannten Belegungsschäden zu Grunde (vgl. etwa BGHZ 128, 140 ff.). Dort ist ausgeführt, eine Rechtsnachfolge der Bundesrepublik sei (auch deshalb) zu verneinen, weil es an dem erforderlichen inneren Zusammenhang der Haftungsverbindlichkeit aus unerlaubter Handlung mit dem Verwaltungsvermögen der DDR als derjenigen Vermögensmasse, die unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben dient, fehle. So liegt es auch im Streitfall. Eine Verbindlichkeit aus unerlaubter Handlung oder Staatshaftung weist eine solche Bezogenheit auf den einer bestimmten Verwaltungsaufgabe dienenden Vermögensgegenstand in dem Sinne, dass sie ihm gewissermaßen anhaftet, nicht auf. Andernfalls wäre die Folge eine nicht überschaubare und nach objektiven Kriterien kaum abgrenzbare Belastung der Beklagten mit Haftungsverbindlichkeiten, die in irgendeiner Weise mit der rechtwidrigen Nutzung übernommener Vermögensgegenstände in Zusammenhang stehen. Eine solche Haftung würde praktisch einer nach Verwaltungsbereichen gegliederten Universalsukzession nahe kommen. Denn fast jede Verbindlichkeit der DDR oder von Rechtsträgern würde letztlich irgendeiner Verwaltungsaufgabe und damit auch irgendwelchen Vermögensgegenständen (öffentlichen Sachen) zugeordnet werden können. Dies widerspräche aber der Regelungskonzeption des Einigungsvertrages, die eine solche allgemeine Rechtsnachfolge in das staatliche Vermögen der DDR gerade nicht vorsieht.

Der dem Einigungsvertrag zu Grunde liegenden gegenständlich beschränkten Rechtsnachfolge in einzelne Vermögenswerte würde nach Auffassung des Senats im Ergebnis auch ein Haftungsmodell widersprechen, welches sich von einer gegenstandsbezogenen Betrachtung löst und den Übergang aller "betriebsbezogenen" Verbindlichkeiten allein an den "Betriebsübergang" anknüpft. In diese Richtung weist allerdings die Entscheidung des VI. Senats des Bundesgerichtshofs (NJW 2006, 3636, 3637), der aus der "typischen Interessenlage" folgert, dass beim Übergang einer Wirtschaftseinheit (dort Krankenhaus der Volkspolizei) auch alle betriebsbezogenen Verbindlichkeiten mit übergehen. Abgesehen davon, dass die Entscheidung ausdrücklich offen lässt, ob solches auch für Ansprüche aus unerlaubter Handlung angenommen werden kann, erscheint es dem Senat schon im Grundsatz bedenklich, den nach der bisherigen Rechtsprechung namentlich des Amtshaftungssenats des Bundesgerichtshofs geforderten engen und unmittelbaren Zusammenhang nicht mehr an einzelnen Vermögensgegenständen, sondern an einem Betrieb als Ganzes festzumachen. Der zur Begründung herangezogene Rückgriff auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rückübertragung von Gemeindewald, dort eines einzelnen Waldgrundstücks (BVerwGE 96, 231, 236), erscheint grundsätzlich für die in Rede stehenden Konstellationen, jedenfalls aber für den Streitfall zweifelhaft. Das Bundesverwaltungsgericht stellt für den (im dortigen Fall abgelehnten) Übergang (auch) betriebsbezogener Verbindlichkeiten maßgeblich darauf ab, dass Forstwirtschaftsbetriebe nach den einschlägigen Vorschriften des DDR-Rechts als volkseigene Betriebe den Status juristischer Personen inne gehabt hätten. Das mag es rechtfertigen, bei Rückübertragung des gesamten Betriebes an den vormaligen Eigentümer einen Eintritt in betriebliche Rechtsverhältnisse in Betracht zu ziehen. Ob dies wie vom Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung (NJW 2006, 3636, 3637) ohne weiteres den Schluss rechtfertigt, bei dem Übergang des Verwaltungsvermögens nach Art. 21 Einigungsvertrag gelte Entsprechendes, ist nicht zweifelsfrei, zumal das Vermögenszuordnungsgesetz nach § 1 a als Vermögenswert ausdrücklich auch Unternehmen umfasst. Jedenfalls liegt der Streitfall anders. Übergegangen auf die Beklagte ist zum 3. Oktober 1990 kein "Unternehmen" NVA und schon gar nicht in dem Sinne, dass die Beklagte Rechtsnachfolgerin einer juristischen Person geworden wäre. Eine solche Rechtspersönlichkeit kam der NVA nicht zu; eine Nachfolge der Beklagten in die Rechtspersönlichkeit der DDR ist - wie bereits ausgeführt - weder gewollt gewesen noch Gegenstand der maßgeblichen Regelungen. Vielmehr sind auf die Beklagte nach Art. 21 Einigungsvertrag zwar eine Vielzahl, der Sache nach aber eben nur eine Vielzahl einzelner Vermögensgegenstände übergegangen.

2.3. Im Übrigen wären sämtliche Ansprüche - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - auch verjährt (siehe grundsätzlich zur Verjährung von DDR-Schadensersatzansprüchen: BGH NJW 1994, 1792 ff.).

2.3.1. Für die Verjährung eines Anspruchs aus § 839 BGB war vor Inkrafttreten des ZGB zunächst § 852 BGB (a. F.) maßgeblich, wonach der Anspruch ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Verletzten vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen in 30 Jahren von der Begehung der Handlung beziehungsweise Unterlassung an verjährte. Dies selbst dann, wenn der Schaden innerhalb der Frist noch nicht entstanden war (vgl. BGHZ 117, 287, 292). Mit dem Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches am 1. Januar 1976 richtete sich die Frage der Verjährung von bereits entstandenen Ansprüchen nach der Übergangsregelung des § 11 EGZGB und damit grundsätzlich nach dem ZGB. Etwas anderes galt gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 EGZGB, wonach eine bereits begonnene Verjährungsfrist nach altem Recht maßgebend blieb, wenn sie früher als die nunmehr nach dem ZGB vorgesehene Verjährungsfrist endete. Dies war vorliegend nicht der Fall. Gemäß § 474 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB galt für deliktische Schadensersatzansprüche eine Verjährungsfrist von vier Jahren, die gemäß § 475 Ziff. 2 ZGB in dem Zeitpunkt zu laufen begann, in welchem der Berechtigte von der Anspruchsentstehung und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangte. Unabhängig von der Kenntnis dieser Umstände trat die Verjährung spätestens mit Ablauf von 10 Jahren nach Vollendung der schädigenden Handlung ein. Demgemäß verjährten die Ansprüche jedenfalls mit Ablauf des 31. Dezember 1985. Demgegenüber endete die 30-jährige Verjährungsfrist nach § 852 BGB (a. F.) frühestens am 11. Mai 1989 (30 Jahre nach Inkrafttreten des StHG).

2.3.2. Auch einem Anspruch aus § 1 StHG (DDR) für die ab Inkrafttreten des Gesetzes respektive der Verfassung der DDR (s. o.) etwa begangenen Pflichtverletzungen steht die Einrede der Verjährung entgegen.

Ansprüche nach dem Staatshaftungsgesetz verjähren nach § 4 Abs. 1, Abs. 2 StHG innerhalb eines Jahres ab Kenntnis von dem Schaden und davon, dass der Schaden von einem Mitarbeiter oder Beauftragten eines staatlichen Organs oder einer staatlichen Einrichtung verursacht wurde. Da - insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen - für eine derartige Kenntnis vor dem Beitritt zur Beklagten keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, ist für die Beurteilung der Verjährung für die Zeit nach dem Beitritt nach Art. 232 § 10 EGBGB weiterhin das Staatshaftungsgesetz anzuwenden. Die nach § 4 StHG erforderliche Kenntnis hatte der Geschädigte spätestens am 27. Juni 2001, wie sich aus seinem Antrag an die Beklagte ergibt. Zu diesem Zeitpunkt war der Geschädigte bereits an Krebs erkrankt und bezog die Krankheit auf seine Tätigkeit bei der NVA; zudem stellte er den Antrag bei der Beklagten als grundsätzlich in Betracht kommender Antragsgegnerin. Auch hierzu wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem erstinstanzlichen Urteil (S. 6) Bezug genommen.

Die Verjährungsfrist begann somit am 27. Juni 2001 und endete grundsätzlich mit Ablauf des 26. Juni 2002.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts wurde die Verjährung aufgrund des Schreibens vom 27. Juni 2001 gemäß § 4 Abs. 3 StHG, der nach Art. 232 § 10 EGBGB auch nach dem Beitritt anwendbar ist, unterbrochen. Zwar machte der Geschädigte in seinem Schreiben vom 27. Juni 2001 lediglich Ansprüche aus Beschädigungsversorgung geltend. Die Beklagte lehnte mit ihrem Schreiben vom 9. Januar 2002 jedoch unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diesen Antrag allein den Ausgleich von Schadens- und Schmerzensgeldansprüchen ab. Hinsichtlich der von dem Geschädigten geltend gemachten Beschädigungsversorgung verwies sie auf das laufende Verwaltungsverfahren. Demgemäß legte die Beklagte als Adressatin des Antrags diesen (auch) als Schadensersatzbegehren aus. Daher muss sie sich auch die Wirkungen des § 4 Abs. 3 StHG entgegen halten lassen, mit der Folge, dass die Verjährung durch den Antrag vom 27. Juni 2001 unterbrochen wurde.

Letztlich kann dies jedoch offen bleiben. Denn nach den ebenfalls zutreffenden weiteren Ausführungen des Landgerichts (S. 7 des Urteils) wären die Ansprüche dennoch vor Eingang der Klage beziehungsweise des Prozesskostenhilfeantrags verjährt. Nach § 11 EGZGB in Verbindung mit § 476 Abs. 2 ZGB, wonach nach der Unterbrechung die Verjährung erneut am 1. Tag des folgenden Monats zu laufen begonnen hatte, trat Verjährung am 1. Juli 2002 ein. Es ist hierbei auch unschädlich, dass der Bescheid vom 9. Februar 2001 nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war. Zwar war eine Entscheidung über einen Schadensersatzantrag nach § 1 StHG gemäß § 5 Abs. 4 StHG grundsätzlich zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung über das nach § 6 StHG durchzuführende Beschwerdeverfahren zu versehen. Dass § 6 StHG in der für das Land Brandenburg (fort-)geltenden Fassung mit Inkrafttreten des Gerichtsneuordnungsgesetzes vom 1. Dezember 1993 (GBl. I. S. 199) aufgehoben wurde, ist im Streitfall nicht maßgeblich. Es steht nämlich im Streitfall kein Schaden infolge staatlicher Tätigkeit einer Landesbehörde in Rede. Unbeschadet dessen war das Institut des Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 6 StHG nach dem Beitritt aber schon wegen Wegfalls der insoweit zuständigen Stelle obsolet und nicht mehr durchzuführen (vgl. BGH, NJW 1994, 2684, 2687). Eine Rechtsmittelbelehrung wäre daher in jedem Falle ins Leere gegangen und war deshalb entbehrlich. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, inwieweit der seitens der Klägerin herangezogene § 58 Abs. 2 VwGO Auswirkungen auf die (zivilrechtliche) Verjährung gehabt hätte. Die von der Klägerin dargelegte Schlechterstellung des Geschädigten kann schließlich nicht erkannt werden, da der Geschädigte nach dem Beitritt uneingeschränkt ein Klageverfahren hätte betreiben können, dessen Einleitung vor Ablauf der Verjährungsfrist auch möglich gewesen wäre.

Die Verjährung war auch nicht nach § 472 Abs. 2 ZGB durchbrochen. Eine Durchbrechung der Verjährungsfrist kam für die im ZGB vorgesehenen Verjährungsfristen in Betracht, wenn schwerwiegende Gründe vorlagen und diese im Interesse des Gläubigers dringend geboten erschienen sowie die Durchbrechung dem Schuldner zuzumuten war. Solche Gründe sind vorliegend nicht ersichtlich. Für die Beurteilung der schwerwiegenden Gründe ist auf den Zeitpunkt des Ausbruchs der Krankheit beziehungsweise von der Kenntnis der Ursache und des Anspruchsgegners abzustellen, da der Geschädigte vorher keine Möglichkeit der Klage gehabt hätte. Dies wäre vorliegend spätestens zum 27. Juni 2001 zu bejahen gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Geschädigte jedoch ohne weiteres die Möglichkeit, in unverjährter Zeit ein Klageverfahren durchzuführen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte dazu beigetragen hat, dass der Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht werden konnte.

Auch nach den weiteren zutreffenden Erwägungen zur Verjährung im landgerichtlichen Urteil (s. S. 7 ff.), auf die der Senat Bezug nimmt, wäre der geltend gemachte Anspruch verjährt.

Insbesondere ist die Verjährung aufgrund des Antrags vom 27. Juni 2001 bis zu dessen Ablehnung nicht im Sinne des § 852 BGB (a. F.) respektive § 203 BGB (n. F.) gehemmt gewesen. Voraussetzung für eine Hemmung sind schwebende Verhandlungen. Ausreichend - aber auch erforderlich - ist dabei ein Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächliche Grundlage zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner, wenn nicht sofort erkennbar die Verhandlung abgelehnt wird (BGH NJW-RR 2001, 1168); dabei genügen Erklärungen, die den Gläubiger zu der Annahme berechtigen, der Schuldner lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs ein (Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 203 Rn. 2). In Betracht kommt als Erklärung der Beklagten lediglich das Schreiben vom 11. Juli 2001. Dieses Schreiben enthält jedoch keinerlei Erklärungen zur Berechtigung der Ansprüche. Es stellt lediglich eine Eingangsbestätigung mit dem Hinweis auf mögliche Verzögerungen dar. Auch der Umstand, dass die Beklagte dem Geschädigten in Aussicht stellte, ihn unaufgefordert "über den Fortgang der Bearbeitung" zu informieren, kann als eine Verhandlungserklärung nicht gewertet werden, zumal lediglich auf die Bearbeitung als solche, nicht aber auf Ergebnisse abgestellt wurde. Es handelt sich bei dem Schreiben lediglich um eine standardisierte Eingangsbestätigung, die keine Hemmung im Sinne des § 852 BGB (a. F.) oder § 203 BGB (n. F.) bewirkt (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, a. a. O.).

2.3.3. Schließlich können aus dem Gesetz über die Anwendung der Atomenergie in der Deutschen Demokratischen Republik vom 28. März 1962 (AtomenergieG) keine für die Klägerin günstigen Folgerungen gezogen werden. Denn die Verjährungsfrist für etwaige Ansprüche aus diesem Gesetz (s. o. Ziffer 2.1.3.) verjährten nach Ablauf von zwei Jahren nach Kenntnis von dem Schaden und dem Ersatzpflichtigen. Nach obigen Ausführungen zu § 4 StHG begann die Verjährungsfrist damit am 27. Juni 2001 und endete nach § 4 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 der Verordnung zum AtomenergieG vom 28.03.1962 in Verbindung mit der danach anwendbaren Bestimmung des § 476 Abs. 2 ZGB am 1. Juli 2003, mithin ebenfalls vor Eingang des Prozesskostenhilfeantrags. Eine Durchbrechung nach § 472 Abs. 2 BGB kommt auch insofern aus oben genannten Gründen nicht in Betracht.

Soweit sich die Klägerin auf das AtomenergieG in der Fassung vom 8. Dezember 1983 und dessen § 10 beruft, ist zu konstatieren, dass sich der Vorwurf der Pflichtverletzungen - jedenfalls überwiegend - auf den Zeitraum vor dessen Inkrafttreten beschränkt. Eine rückwirkende Anwendung scheidet nach Auffassung des Senats mangels einer ausdrücklichen Regelung aus. Soweit Pflichtverletzungen durch unterlassene Aufklärung für spätere Zeiträume gegenständlich sind, fehlt es bereits an einem Vortrag zur Kausalität des eingetretenen Schadens.

4. Hinsichtlich des Vortrags der Klägerin, auch der Beklagten sei ein Unterlassen vorzuwerfen, da sie den Geschädigten über die umfangreiche Strahlung hätte aufklären müssen, ist bereits nicht dargelegt worden, dass dieses Unterlassen zum Schaden beigetragen hat beziehungsweise eine Aufklärung nach dem Wirksamwerden des Beitritts den Ausbruch der Krankheit verhindert oder diese abgemildert hätte. Zudem wäre es nach Auffassung des Senats auch zu weitgehend, eine Verpflichtung der Beklagten zur Ermittlung aller in Betracht kommenden Geschädigten oder Gefährdeten und zu deren Aufklärung anzunehmen. Im Übrigen wäre auch ein solcher Anspruch aus den Gründen des erstinstanzlichen Urteils (dort S. 9) verjährt.

5. Der Senat sah schließlich keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung nach § 156 ZPO wieder zu eröffnen. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 1. März 2007 lediglich Rechtsansichten dargetan, die letztlich keine Auswirkungen auf das Ergebnis der Entscheidung haben. Der Senat hat auch nicht in der mündlichen Verhandlung gegen seine Hinweispflichten verstoßen. Denn die nunmehr erneut von der Klägerin geäußerten Rechtsansichten waren sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Eine Abweichung zwischen der Erörterung im Termin und den der Entscheidung zu Grunde liegenden Gründen besteht nicht.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711, 713 ZPO.

7. Der Senat lässt die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu, weil der Rechtssache namentlich mit Rücksicht auf die Vielzahl gleich gelagerter Fälle, die beim Senat beziehungsweise beim Landgericht Frankfurt (Oder) anhängig sind, hinsichtlich der Frage der Anwendbarkeit der in Betracht zu ziehenden Haftungsnormen ebenso grundsätzliche Bedeutung zukommt wie der Frage einer Vermögensnachfolge in Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung beziehungsweise Staatshaftung. Dies gilt schließlich auch für die mit der Einrede der Verjährung aufgeworfenen Rechtsfragen.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 64.000,- € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück