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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 28.04.2009
Aktenzeichen: 2 U 40/05
Rechtsgebiete: SGB VII, DÜG, BGB, GG


Vorschriften:

SGB VII § 2 Abs. 2 Nr. 8 b
SGB VII § 8
SGB VII § 104 ff.
SGB VII § 104 Abs. 1
SGB VII § 105 Abs. 1
SGB VII § 106 Abs. 1
SGB VII § 108
DÜG § 1
BGB § 108 Abs. 2 Satz 1
BGB § 247
BGB § 839
GG Art. 34
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 31. Mai 2005 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus, Az. 4 O 384/02, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, vertreten durch ihre Eltern als bestellte Betreuer, macht gegen die Beklagten Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie Feststellung der künftigen Ersatzpflicht aufgrund eines im Rahmen des schulischen Sportunterrichts am 9. September 1999 erlittenen Gesundheitsschadens geltend, infolge dessen sie sich seit diesem Tag und bis heute im Zustand des Wachkomas befindet. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten zu 1. und dem beklagten Land Schadensersatz in Höhe von 2.535,84 € für Fahrtkosten ihrer Angehörigen zu Krankenhausbesuchen geltend gemacht und im Übrigen Zahlung eines Schmerzensgeldes (mindestens 60.000,00 €), Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeldrente sowie Feststellung der Ersatzpflicht zum Ausgleich künftiger materieller und immaterieller Schäden verlangt, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen. Zur Begründung hat sie angeführt, die Beklagte zu 1. habe sowohl mit der Anordnung bzw. Durchführung des 100 Meter Laufs als auch im Rahmen der Hilfeleistung nach dem Zusammenbruch der Klägerin pflichtwidrig gehandelt. Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, Amtshaftungsansprüche bestünden gegen die Beklagten nicht. Da die Klägerin in der Schule gesetzlichen Unfallversicherungsschutz genossen habe, greife die Haftungsfreistellung für den Schulträger und die Lehrerin gemäß §§ 106 Abs. 1, 2 Abs. 2 Nr. 8 b, 104 Abs. 1, 105 Abs. 1 SGB VII ein mit der Folge, dass eine Haftung nur bei Vorsatz bestehe, der sich auch auf den Eintritt und den Umfang des Schadens bezogen haben müsste. Für eine solche Annahme bestünden jedoch keine konkreten Anhaltspunkte. So sei in dem gerichtsmedizinischen Gutachten vom 14. Juli 2003, mit dessen Verwertung sich die Parteien einverstanden erklärt hatten, ausgeführt, dass selbst "richtig" durchgeführte Reanimationsmaßnahmen (Beatmung und Herzdruckmassage) vermutlich nicht zu einer Wiederbelebung bzw. Aufrechterhaltung eines Notkreislaufes geführt hätten. Ferner sei - so das Gutachten - selbst bei optimaler laienhafter Reanimationsdurchführung und einer frühzeitigen Notarztalarmierung kein wesentlich besserer Krankheitsverlauf zu erwarten gewesen. Damit entfalle die Kausalität einer etwaigen Amtspflichtverletzung für die gesundheitliche Schädigung der Klägerin. Eine Amtspflichtverletzung könne auch nicht in der Durchführung der Leistungskontrolle als solcher gesehen werden. Wie sich aus dem "Ratgeber für Sportlehrerinnen und Sportlehrer" ergebe, würden Sportlehrern bei erhöhten Ozonkonzentrationen lediglich Einschränkungen für Ausdauerbelastung und nicht für kurzfristige Belastungen empfohlen. Bei dem durchgeführten 100 Meter Lauf handele es sich aber lediglich um eine kurzfristige Belastung, deren Durchführung im pflichtgemäßen Ermessen der Erstbeklagten gestanden habe. Da ihr auch nach dem Vortrag der Klägerin selbst nichts von deren Unwohlsein bekannt gewesen sei und auch eine Sportbefreiung nicht vorgelegen habe, hätte keine Veranlassung für die Beklagte zu 1. bestanden, die Klägerin von dieser Leistungskontrolle zu befreien.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie eine mangelhafte Aufklärung des Sachverhalts durch das Landgericht rügt. So ergebe sich aus den zahlreichen im Strafverfahren eingeholten Zeugenaussagen schon kein einheitliches Bild zum zeitlichen Ablauf der Ereignisse am 9. September 1999. Ferner habe das Landgericht seine Feststellungen nicht auf die Ausführungen in dem gerichtsmedizinischen Gutachten stützen dürfen, weil dieses seinerseits auf den widersprüchlichen Zeugenaussagen beruhe und nicht auf einer eigenen Ermittlung des Sachverhalts. Auch nach Aussage des Gutachtens habe es im Übrigen im Rahmen des Möglichen gelegen, dass Reanimationsversuche zu einer Wiederbelebung der Klägerin hätten führen können. Gleiches gelte, wenn der Notarzt unverzüglich alarmiert worden wäre, nämlich bereits bei Auffinden der Klägerin im Zieleinlauf. Weiterhin habe das Landgericht sich nicht ausreichend mit der Frage auseinandergesetzt, ob von Seiten der Beklagten zu 1. überhaupt ein 100 Meter Lauf hätte angeordnet werden dürfen. Nach Aussagen der im Ermittlungsverfahren vernommenen Zeugen sei es an dem 9. September 1999 sehr warm und schwül gewesen. Demzufolge hätte es nicht außerhalb jeglicher Wahrscheinlichkeit gelegen, dass die Ozonwerte an diesem Tag nicht nur erhöht, sondern so hoch waren, dass sich jedwede sportliche Betätigung verboten hätte. Hierzu habe die Klägerin Beweis angeboten, dem die Kammer nicht nachgegangen sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Cottbus vom 31. Mai 2005, Az. 4 O 384/02,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 2.535,84 € zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG vom 09.06.1998 ab dem 01.07.2000 bis zum 31.12.2001 sowie 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB ab 01.01.2002 zu zahlen;

2. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG vom 09.06.1998 ab dem 04.03.2000 zu zahlen;

3. die Beklagte zu 1.) zu verurteilen, an die Klägerin eine Schmerzensgeldrente, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu zahlen;

4. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche materiellen Schäden, soweit sie nach der letzten mündlichen Verhandlung entstehen, zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen;

5. festzustellen, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche immateriellen Schäden, soweit sie nach der letzten mündlichen Verhandlung entstehen, zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Tatsachenvortrag.

Der Senat hat mit Beschluss vom 7. März 2007 den Rechtsstreit gemäß § 108 Abs. 2 Satz 1 SGB VII bis zur bestandskräftigen Entscheidung der Unfallkasse ... über die Anerkennung als Versichertenunfall im Sinne von § 8 SGB VII ausgesetzt. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 24. Juli 2008 hat die Unfallkasse ... den Widerspruch der Klägerin gegen die mit Bescheid vom 11.12.2006 erfolgte Aberkennung eines Versichertenunfalls zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht erkannt, dass der Klägerin Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche aus dem Unfallereignis gegen die Beklagten nicht zustehen.

1. Ein Anspruch der Klägerin auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gegen die Beklagte zu 1. gem. § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG scheitert bereits an der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten zu 1. Die Tätigkeit des Lehrpersonals in allgemeinbildenden Schulen ist hoheitlicher Art, die in diesem Zusammenhang obliegenden Pflichten sind demzufolge Amtspflichten, die im Hinblick auf die Schüler drittgerichtet sind. Dies gilt sowohl für die Pflicht, die Schülerinnen und Schüler im Schulsport nicht in einer die Gesundheit gefährdenden Weise zu belasten, als auch etwa erforderliche Erste Hilfe rechtzeitig und in ordnungsgemäßer Weise zu leisten. Unerheblich ist insoweit, ob es sich bei der Beklagten zu 1. um eine beamtete oder eine angestellte Lehrkraft handelte, da im Rahmen der nach Art. 34 GG übergeleiteten Haftung auch für § 839 BGB der haftungsrechtliche, nicht der staats- oder statusrechtliche Beamtenbegriff gilt (vgl. nur Palandt, 68. Aufl., Rn. 15 zu § 839 BGB). Danach ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die betreffende Person in Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes tätig wird. Das ist hier der Fall. Aus dem Vorstehenden folgt aber, dass die Beklagte zu 1. nicht passiv legitimiert ist. Sie ist aufgrund der Haftungsüberleitung im Rahmen der Amtshaftung nicht anspruchsverpflichtet und zwar unabhängig davon, ob ihr Vorsatz zur Last fällt oder nicht; letzteres ist maßgeblich allein für den möglichen Regress des Dienstherrn (vgl. Art. 34 Satz 2 GG).

2. Ein Anspruch besteht auch nicht gegenüber dem Beklagten zu 2.. Zwar kommt, nachdem bestandskräftig und gem. § 108 SGB VII mit Bindungswirkung auch für die Zivilgerichte festgestellt ist, dass ein versicherter Unfall im Sinne des § 8 SGB VII nicht vorliegt, eine Haftungsbeschränkung gem. § 104 ff. SGB VII dem Beklagten zu 2. nicht zugute. Für eine Haftung fehlt es aber am Nachweis einer schuldhaften Pflichtverletzung durch die Beklagte zu 1., für die der Beklagte zu 2. einzustehen hätte. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht erkannt, dass weder die Durchführung der Leistungskontrolle noch die Hilfeleistung durch die Beklagte zu 1. eine Amtspflichtverletzung begründen.

2.1. Die Durchführung der Leistungskontrolle an sich und die Teilnahme der Klägerin stellt keine Amtspflichtverletzung der Beklagten zu 1. dar. Der Senat folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts. Nach dem einschlägigen "Ratgeber für Sportlehrerinnen und Sportlehrer" werden bei erhöhten Ozonwerten unstreitig Einschränkungen nur für Ausdauerbelastungen, wie etwa Langstreckenläufe oder laufintensive Mannschaftsspiele empfohlen. Eine solche stellt ein 100 Meter Lauf schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht dar. Die Empfehlung oder Anweisung, ab einer bestimmten Ozonkonzentration, jedwede sportliche Betätigung zu unterlassen, besteht nicht. Es kann daher dahin stehen, ob die Ozonkonzentration am 9. September 1999 nicht nur erhöht, sondern, wie die Klägerin meint, hoch war.

Es kommt in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob die Beklagte zu 1. von der Vorerkrankung der Klägerin wusste oder nicht. Unstreitig wurde der Klägerin nämlich anlässlich einer Kontrolluntersuchung im Februar 1999 ein unauffälliger Befund und normale Belastbarkeit bescheinigt. Auch der im Rahmen des Widerspruchsverfahrens beauftragte Sachverständige PD Dr. med. P. E. kommt in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass sich die Klägerin in einem körperlich guten Zustand befunden habe und kinderkardiologischerseits kein Grund bestanden habe, die Leistung der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen einzuschränken. Selbst wenn die Beklagte zu 1. also von der Operation der Klägerin im Jahre 1997 gewusst hätte, bestand für sie keine Veranlassung, von einer Leistungseinschränkung der Klägerin auszugehen und sie etwa von der Leistungskontrolle auszunehmen. Auch am Unfalltag selbst gab es für die Beklagte zu 1. keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nur eingeschränkt belastbar war. Unstreitig hat die Klägerin jedenfalls gegenüber der Beklagten zu 1. vor dem Lauf nicht über Schwäche oder Abgeschlagenheit geklagt.

2.2. Auch eine schuldhafte Pflichtverletzung im Rahmen der Hilfeleistung durch die Beklagte zu 1. oder andere Lehrkräfte der Schule lässt sich auf der Grundlage der von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen nicht feststellen. Für die Feststellung einer konkreten Pflichtverletzung fehlt es bereits an hinreichend substantiiertem Vortrag zum Ablauf der Sportstunde, insbesondere zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs der Klägerin und dem Beginn der Erste-Hilfe-Maßnahmen. Es obliegt aber der Klägerseite hinreichende Anknüpfungstatsachen für eine sachverständige Begutachtung darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Da die Klägerin ihren Anspruch darauf stützt, dass zwischen dem Zusammenbruch und der notfallärztlichen Versorgung zu viel Zeit vergangen und die Erste Hilfe unzureichend erfolgt sei, ist es unerlässlich, den Zeit- und Geschehensablauf während der Sportstunde am 9. September 1999 im Einzelnen festzustellen, weil nur auf dieser Grundlage eine sachverständige Begutachtung zu der Behauptung der Klägerin erfolgen kann, die Beklagte zu 1. habe fahrlässig falsche oder unzureichende Maßnahmen eingeleitet und dies sei ursächlich für die Gesundheitsschädigung der Klägerin gewesen. Hierfür reicht der Sachvortrag der Klägerin indes nicht aus. Er enthält keine konkreten Angaben zum Zeitablauf, sodass sich selbst unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags hinreichende Anknüpfungstatsachen für eine sachverständige Begutachtung nicht ergeben.

Unstreitig ist insoweit lediglich, dass die Sportstunde um 13.15 Uhr begann. Der Beklagte zu 2. hat weiterhin unter Beweisantritt zum konkreten Ablauf der Sportstunde vorgetragen, insbesondere behauptet, der Lauf der Klägerin habe in der dritten Laufgruppe um 13.35 Uhr stattgefunden. Nach der Behauptung des Beklagten zu 2. wurde um 13.38 Uhr der Notarzt alarmiert, der um 13.39 Uhr ausrückte, um 13.43 Uhr mit dem Fahrzeug ankam und um 13.46 Uhr mit dem herbeigerufenen Dr. Sch. an der Unfallstelle war. Um 13.55 Uhr wurde der Hubschrauber angefordert, der um 14.08 eintraf und um 14.30 Uhr abflog.

Dies zu Grunde gelegt vergingen zwischen dem Zusammenbruch der Klägerin und der Auslösung des Notrufs maximal 3 Minuten und bis zum Eintreffen der Ärzte weitere 8 Minuten.

Die Klägerin bestreitet zwar diesen Zeitablauf "zwischen 13.15 und 13.45 Uhr", legt jedoch ihrerseits einen konkreten zeitlichen Ablauf nicht dar. So trägt sie lediglich vor, es erscheine auch möglich, dass die Leistungskontrolle bereits um 13.20 Uhr bzw. 13.25 Uhr begonnen habe und bezieht sich hierzu auf die Mutmaßung, die Schüler könnten möglicherweise bereits um 13.15 Uhr umgezogen auf dem Platz gewesen sein. Einer Beweisaufnahme ist dieser Sachvortrag - worauf der Senat bereits in seinem Beschluss vom 7. November 2007 hingewiesen hat - nicht zugänglich.

Gleiches gilt für die Behauptung der Klägerin, die Beklagte zu 1. habe zu spät und falsch Erste Hilfe geleistet. Auszugehen ist davon, dass die Klägerin nach Eintreffen des Notarztes und des Dr. Sch. optimal versorgt war. Dies war spätestens ab 13.46 Uhr der Fall. Weiterhin ist unstreitig, dass infolge der sofort eingeleiteten Maßnahmen der Kreislauf wieder "ansprang" und sich stabilisierte. Auch insoweit lässt sich ohne Feststellung des konkreten Zeitablaufs die der Klage zu Grunde liegende Behauptung nicht verifizieren, die im Krankenhaus geschätzte Hypoxiezeit von 30 Minuten beruhe auf einer Pflichtverletzung der Beklagten zu 1. Dazu müsste im Einzelnen festgestellt werden, wann eine Maßnahme der Erstbeklagten hätte einsetzen müssen, welcher "Zeitvorteil" sich gegenüber den Maßnahmen der Ärzte ergeben hätte und ob hierdurch die Gesundheitsbeschädigung der Klägerin vermieden oder jedenfalls in geringerem Umfang eingetreten wäre. Eine solche Feststellung ist auf der Grundlage des klägerischen Tatsachenvortrags nicht möglich. Es ergeben sich auch aus den Aussagen der im Ermittlungsverfahren vernommenen Zeugen, mit deren schriftlicher Verwertung sich die Parteien einverstanden erklärt haben, keine greifbaren Anhaltspunkte, die eine genaue Rekonstruktion der zeitlichen Abläufe ermöglichen würden. Die Zeugen C. L., A. W., I. J., C. T., Mitschülerinnen der Klägerin, haben lediglich übereinstimmend ausgesagt, dass die Sportstunde um 13.15 Uhr begonnen habe, jedoch keine Angaben dazu gemacht, wann - nach zuvor durchgeführter Erwärmung - mit den 100 Meter Läufen begonnen wurde, insbesondere wann der 100 Meter Lauf der Klägerin stattfand. Lässt sich aber bereits der Zusammenbruch der Klägerin nicht zeitlich genau einordnen, kann - da es insbesondere in Hinblick auf die Kausalität für die eingetretene Gesundheitsschädigung auf eine minutengenaue Rekonstruktion ankommt - eine verspätet durchgeführte Erste Hilfe Leistung nicht festgestellt werden. Reicht damit der Sachvortrag der Klägerin als Ansatzpunkt für eine Beweisaufnahme über den Ablauf aber nicht aus, fehlt es zur Feststellung einer Amtspflichtverletzung an einer tragfähigen Tatsachengrundlage.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 ZPO nicht vorliegen. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu. Auch ist die Zulassung nicht zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Entscheidung beruht allein auf der Würdigung der Umstände des Einzelfalles.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 135.135,84 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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