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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.04.2002
Aktenzeichen: 2 U 44/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, EGZPO, GG


Vorschriften:

BGB § 839
BGB § 823 Abs. 1
ZPO § 543
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
EGZPO § 26 Nr. 7
GG Art. 34
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

2 U 44/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 16. April 2002

verkündet am 16. April 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. März 2002 durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Farke und die Richterinnen am Oberlandesgericht Rohrbach-Rödding und Kosyra

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 8. Mai 2001 - 11 O 601/00 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Ohne Tatbestand gemäß § 543 Abs. 1 ZPO.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Das Vorbringen der Kläger in der Berufungsinstanz rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Die Kläger haben aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Ersatz der Kosten, die sie für die Beseitigung von Lackschäden an ihren Kraftfahrzeugen aufgewendet haben.

Ein Anspruch gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG kommt nicht in Betracht, weil keine Amtspflichtverletzung seitens der Beklagten gegeben ist. Im Hinblick auf öffentliche Spielplätze und Sportanlagen geht die höchstrichterliche Rechtsprechung ebenso wie der Senat davon aus, daß die Haftung aufgrund der zivilrechtlichen Verkehrssicherungspflicht als Grundstückseigentümer (§ 823 Abs. 1 BGB) besteht (vgl. BGH NJW 1977 S. 1965; BGH NJW 1978 S. 1626, 1627). Vorliegend handelte es sich zwar um keinen öffentlichen Spielplatz sondern einen Schulhof (Schule - hoheitliche Aufgabe). Unstreitig fanden die Vorfälle allerdings nicht während der Schulzeit statt, so daß jedenfalls von einer "freiwilligen Inanspruchnahme" des Schulhofes auszugehen ist, ohne daß es darauf ankommt, ob das Ballspielen während etwaiger Hortzeiten oder außerhalb davon erfolgte. Der Kläger haben jedoch gegen die Beklagte auch keinen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht. Jeder, der in seinem Verantwortungsbereich Gefahrenquellen schafft, unterhält oder andauern läßt, hat die erforderlichen Vorkehrungen im Rahmen des Zumutbaren zu treffen, um eine vorhersehbare Schädigung Dritter tunlichst abzuwenden (vgl. BGH a.a.O.; OLG Karlsruhe VersR 1981 S. 962). Diese Pflicht hat die Beklagte zwar entgegen der Auffassung des Landgerichts verletzt. Auf dem Schulhof der Grundschule der Beklagten befinden sich in einem Bereich, der unmittelbar an einen ausgewiesenen Parkplatz grenzt, Fußballtore ohne Netz. Allein die Aufstellung der Tore verführt Kinder geradezu zum Fußballspielen, und zwar sowohl beaufsichtigt während etwaiger Hortzeiten als auch außerhalb von Schule und Hort. Der Platz ist für Kinder jederzeit erreichbar. Das Schulgelände selbst ist an dieser Stelle lediglich durch einen ca. 1 Meter hohen Zaun umfriedet. Damit, daß die Beklagte durch Aufstellen der Fußballtore die Möglichkeit eröffnet hat, dort Fußball zu spielen, hat sie eine Gefahrenlage für die auf dem angrenzenden Gelände erlaubterweise geparkten Fahrzeuge geschaffen. Als Eigentümerin des Schulgeländes, das wohl auch von den Kindern des dort betriebenen Hortes außerhalb der Schulzeiten benutzt wird, trifft die Beklagte die Verpflichtung bei einem auch zum Fußballspielen genutzten Teil des Schulgeländes Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz nach außen, insbesondere zur Vermeidung von Schädigungen unbeteiligter Passanten und Anlieger durch herausfliegende oder abirrende Bälle zu treffen. Es ist z. B. durch Errichtung ausreichend hoher Ballfangzäune dafür Sorge zu tragen, daß im näheren Bereich des Ballspielplatzes liegende Grundstücke geschützt werden (vgl. OLG Hamm VersR 1977 S. 970 (LS); Landgericht Dortmund NJW-RR 1995 S 1364; Landgericht Aachen NJW-RR 1988 S. 665; AG Altenkirchen DAR 1999 S. 553; Staudinger/Hager, 13. Aufl., § 823 Rdnr. E 337 m.w.N.). Die Beklagte hätte, nachdem sie Tore aufstellte, auch Sicherungsmaßnahmen durch einen hohen Fangzaun treffen müssen. Es kommt hier nicht darauf an - was zwischen den Parteien streitig ist -, ob die dort Fußball spielenden Kinder dies während der Schulzeit, außerhalb der Schulzeit aber als Hortkinder unter Aufsicht oder außerhalb der Schulzeit ohne jede Aufsicht taten. Die Beklagte hätte auch für den Fall der Beaufsichtigung einen Fangzaun anbringen müssen. Eine Beaufsichtigung kann bei den örtlichen Gegebenheiten, wie sie sich aus dem eingereichten Foto ergibt, niemals gewährleisten, daß keine Bälle auf die parkenden Autos fliegen. Auch eine Anordnung nur auf das den parkenden Autos abgewandte Tor zu spielen, kann dies nicht sicherstellen. Im Eifer des Spiels ist immer auch mit Schüssen auf das andere Tor zu rechnen. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Anbringung eines Zaunes auch zumutbar. Gründe, warum dies nicht der Fall sein soll, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Der Zaun müßte, wie sich aus den eingereichten Fotos ergibt, etwa auf einer Länge von 15 bis 18 Metern in einer Höhe von drei Metern angebracht werden. Dies würde keine unzumutbaren Kosten verursachen.

Auch die erforderliche Kausalität zwischen Pflichtverletzung und geltend gemachtem Schaden ist nach den Darlegungen der Kläger gegeben. Den Klägern obliegt der Beweis dafür, daß die betreffenden Schadensfälle (am 13.12.1999 und 06.01.2000), die die Beklagte bestritten hat, nicht eingetreten wären, wenn die Beklagte ihrer Sicherungspflicht nachgekommen wäre und einen Fangzaun angebracht hätte. Ausgehend von der von den Klägern verlangten Errichtung eines drei Meter hohen Zaunes - eine solche Höhe ist anders als bei reinen Sport- oder Fußballplätzen, für die Fangzäune zwischen sechs und acht Metern als angezeigt angesehen werden (vgl. OLG Düsseldorf NVwZ-RR 1994 S. 427; Landgericht Dortmund NJW-RR 1995 S. 1362, Landgericht Ellwangen VersR 1991 S. 1265; Landgericht Aachen NJW-RR 1988 S. 665; Landgericht Dortmund NJW-RR 1995 S. 1362), hier bei einem nur gelegentlich zum Ballspielen genutzten Platz ausreichend - müssen die Kläger darlegen und gegebenenfalls beweisen, daß ein drei Meter hoher Zaun den Schaden an ihren Fahrzeugen verhindert hätte. Die Kläger haben hierzu ausreichend und unter Beweisantritt vorgetragen.

Einer Beweisaufnahme zum Hergang der Vorfälle bedarf es jedoch nicht, denn selbst unterstellt, die Vorfälle hätten sich so, wie von den Klägern vorgetragen, abgespielt, haben sie keinen Anspruch auf Schadensersatz. Sie müssen sich entgegenhalten lassen, daß sie ein derart überwiegendes Mitverschulden an der Beschädigung ihrer Fahrzeuge trifft, daß hinter ihm die Haftung der Beklagten wegen ihrer Pflichtverletzung zurücktritt. Die Kläger haben ihre Fahrzeuge immer wieder neben dem Schulsportplatz geparkt, obwohl für jedermann und damit auch für die Kläger unschwer zu erkennen war, daß die Gefahr abirrender Bälle in besonders hohem Maße bestand. Anders als bei echten Sportplätzen, die mit hohen Zäunen umfriedet sind und bei denen schon deswegen allenfalls einige Bälle über den Zaun fliegen, ist hier, wie sich anschaulich aus dem eingereichten Foto ergibt, wegen der völlig unzureichenden Sicherung mit einer Vielzahl von abirrenden Bällen zu rechnen. Zwar handelte es sich um einen ausgeschilderten Parkplatz, den die Kläger berechtigt waren zu benutzen. Zum Zeitpunkt als sie ihre Fahrzeuge dort parkten - 13.12.1999 und 06.01.2000 -, wußten sie allerdings, wie sie selbst vorgetragen haben, daß bereits zuvor vom Sportplatz kommende Bälle dort parkende Fahrzeug beschädigt hatten. Wenn sie unter diesen Umständen dennoch ihre Fahrzeuge wieder dort abstellten, so haben sie sich den dann entstandenen Schäden an ihren Fahrzeugen selbst zuzuschreiben. Sie hätten die Beschädigungen dadurch vermeiden könne, daß sie ihre Fahrzeuge an anderer Stelle abgestellt hätten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen gemäß § 543 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 7 EGZPO nicht vorliegen. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu. Auch ist die Zulassung nicht zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Wert der Beschwer: 2.346,19 (= 4.588,75 DM)

Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.346,19 (= 4.588,75 DM)

Ende der Entscheidung

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