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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 27.11.2001
Aktenzeichen: 2 U 6/01
Rechtsgebiete: EkrG, BGB, AEG, VwVfG, ZPO


Vorschriften:

EkrG § 5
EkrG § 3
EkrG § 5 Abs. 1 S. 2
EkrG § 13
EkrG § 3 Abs. 3
EkrG § 3 Nr. 3
BGB § 839
AEG § 18
AEG § 20
VwVfG § 73
VwVfG § 73 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

2 U 6/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 27.11.2001

verkündet am 27.11.2001

In dem Rechtsstreit

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 13. Dezember 2000 - 4 O 492/99 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 45.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet Die Sicherheiten können auch durch unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und/oder Steuerbürgen zugelassenen inländischen Kreditinstituts geleistet werden.

Das Urteil beschwert die Klägerin in Höhe von 4.204.244,00 DM.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen einer Amtspflichtverletzung. Der Beklagte - ist im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für den Ausbau der Eisenbahnstrecke B - H, Streckenabschnitt F - B als Träger öffentlicher Belange angehört worden und soll hierbei falsche bzw. unvollständige Angaben zur Gesamtverkehrsplanung in diesem Bereich, und zwar zur Option auf zwei zusätzliche Gleise für den Ausbau einer S-Bahn-Strecke, gemacht haben.

Die Klägerin, die Trägerin der Baulast des Schienenweges beim Ausbau der Eisenbahnstrecke B - H ist, beantragte am 31. August 1994 beim Eisenbahnbundesamt, Außenstelle Berlin, die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens für den Ausbau und die abschnittsweise Elektrifizierung der Strecke H, B-B im Bereich km 20,000 bis km 28,300. Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens war die Errichtung von zwei Gleisen für den Fern-, Regional- und Nahverkehr. Im Bereich der Stadt kreuzte die Ausbaustrecke höhengleich die Gemeindestraßen R Straße (Bahn-km 21,234) und K-Straße (Bahn-km.23,106). Die an diesen Kreuzungen Beteiligten, die Klägerin und die Stadt F als Trägerin der Straßenbaulast der Gemeindestraßen, hielten es aus Gründen der Sicherheit und der Abwicklung des Verkehrs für erforderlich, die Kreuzungen durch Überführungen zu ersetzen. Als Ersatz für die Bahnübergänge sollten zwei Eisenbahnüberführungen gebaut und beim alten Übergang K-Straße zusätzlich für den Fußgänger- und Radverkehr eine Eisenbahnüberführung gebaut werden. Das Eisenbahnbundesamt leitete daraufhin das Planfeststellungsverfahren ein und leitete dem Brandenburgischen Landesamt für Verkehr und Straßenbau (BLVS) die Planfeststellungsunterlagen zur Durchführung des Anhörungsverfahrens zu. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens wurden unter anderen als Träger öffentlicher Belange das Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Beklagten (MSWV), sowie die Abteilungen für Verkehr und Straßenbau des Brandenburgischen Landesamtes für Verkehr und Straßenbau angehört.

Das MSWV, das im März 1993 als Verkehrsplanung des Beklagten ein "S-Bahn-Entwicklungskonzept" entwickelt hatte, in dem als Planungsabsicht festgehalten war, die bisherige eingleisige Strecke bis nach N zweigleisig auszubauen, gab im Rahmen des Anhörungsverfahrens am 23.11.1994 (Bl. 68,69 d. Anlagenbandes) gegenüber der Anhörungsbehörde seine Stellungnahme ab. In dieser Stellungnahme hieß es unter anderem:

"Ich bekräftige hiermit die Aussage in den Planungsunterlagen, die Option für einen 4-gleisigen Streckenausbau aufrecht zu erhalten".

Die für Verkehr zuständige Abteilung des BLVS teilte in der Stellungnahme vom 29.11.1994 (Bl. 62,63 des Anlagenbandes) mit:

"Die in den Unterlagen als Option enthaltenen zwei zusätzlichen Gleise an der Nordseite der Strecke sind auch im Rahmen der Gesamtverkehrsplanung für das Land Brandenburg vorgesehen".

Die für Straßenbau zuständige Abteilung 3 des BLVS führte in ihrer Stellungnahme vom 30.11.1994 (Bl. 60 d. Gerichtsakten) aus:

"Als grundsätzliches Problem ist festzuhalten, daß in den vorgelegten Planungsunterlagen ein ausreichender Nachweis fehlt, um die vorgesehene Option der Erweiterung der Gleisanlagen für den Nah- bzw. Regionalverkehr als "voraussehbare Verkehrsentwicklung" anzuerkennen. Aus dieser Option resultierende Mehraufwendungen (z.B. längere Bauwerke) können deshalb durch die Straßenbaulastträger nicht mit getragen werden".

Am 18.01.1995 fand im Rahmen des Planfeststellungsverfahren eine Besprechung statt, an der unter anderem Vertreter der Klägerin, des MSWV des Beklagten sowie des Brandenburgischen Straßenbauamtes P teilnahmen. Die Besprechung betraf den Abschluß von Vereinbarungen gemäß § 5 Eisenbahnkreuzungsgesetz (EkrG) für einen anderen Streckenabschnitt, und zwar die Beseitigung der im Streckenverlauf gelegenen Bahnübergänge B straße - P Straße in und der W Straße in. Im Schreiben vom 30.01.1995 (Bl. 65 - 67 d. Anlagenbandes) faßte das MSWV diese Besprechung zusammen und führte unter anderem aus:

"Nach der vorhersehbaren Verkehrsentwicklung ist für den Streckenabschnitt S-N der Eisenbahnstrecke B-H der Bau von zwei zusätzlichen Gleisen vorgesehen. Die Trassenfreiheit im Bereich der Kreuzungen für diese zwei zusätzlichen Gleise ist daher kreuzungsbedingt".

Am 29 Juni/25. Juli 1995 schlossen die Klägerin und die Stadt. Vereinbarungen über den Ersatz der Bahnübergänge der R Straße und der K-Straße in F durch Überführungen. In § 2 heißt es bei der Beschreibung der Maßnahme:

"..., womit die Option einer späteren Erweiterung der Gleisanlagen für zusätzlichen Regional- und Nahverkehr berücksichtigt ist."

Weiterhin war in den Vereinbarungen vorgesehen, daß die Kosten der Maßnahmen zu je ein Drittel von der Klägerin, der Stadt F und dem Bund getragen werden sollten (§ 5). Die wegen dieser vereinbarten Kostentragungspflicht des Bundes erforderliche Genehmigung des Bundesministers für Verkehr (BMV) sollte die Klägerin beantragen (§ 10). Mit der Durchführung der Baumaßnahme sollte erst begonnen werden dürfen, wenn die verwaltungstechnischen Voraussetzungen erfüllt waren und die Finanzierung gesichert war (§ 4). Wegen des Inhaltes im einzelnen wird auf die schriftlichen Vereinbarungen vom 29. Juni/25. Juli 1995 (Bl. 4 bis 42 d. Anlagenbandes) Bezug genommen.

Der Planfeststellungsbeschluß wurde am 14.09.1995 erlassen und die Klägerin begann die Brückenbauwerke für die Überführungen zu errichten, und zwar in einer Dimensionierung, die einen 4-gleisigen Ausbau ermöglichte. Die Fertigstellung erfolgte im ersten Halbjahr 1996.

Den erforderlichen Genehmigungsantrag für die Kreuzungsvereinbarungen hatte die Klägerin am 19.05.1995 über die Planungsgesellschaft B D E mbH zunächst beim BLVS eingereicht, das ihn nach technischer Prüfung am 15.02.1996 an das MSWV des Beklagten weiterleitete. Dieses leitete die Genehmigungsanträge an das BMV weiter. Mit Schreiben vom 20.11.1996 (Bl. 76 d. Anlagenbandes) teilte das BMV dem MSWV des Beklagten mit, daß die Mehrkosten für die beiden zusätzlichen Gleise nicht als kreuzungsbedingt anerkannt werden konnten und eine Genehmigung deshalb nicht erfolgen könne. Zu einer Übernahme der Kosten seitens des Bundes kam es insoweit nicht Auch eine anteilige Übernahme für den zweigleisigen Ausbau ohne zusätzliche Gleise erfolgte bislang noch nicht. Die Stadt K beteiligte sich zu einem Drittel an den angefallenen Kosten der Überführungen.

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, einen Vorbehalt des viergleisigen Ausbaus im Hinblick auf die übersehbare Verkehrsentwicklung habe es nicht gegeben. Sie habe auf die Realisierung dieses Ausbaus vertrauen dürfen. Der Beklagte habe sich daher, da er vorbehaltlos erklärt habe, daß zwei zusätzliche Nahverkehrsgleise benötigt würden, schadensersatzpflichtig gemacht. Der Beklagte habe sie darauf hinweisen müssen, daß der Flächenmehrbedarf für zwei zusätzliche Gleise unter dem Vorbehalt der Prüfung der Voraussetzungen des Merkmals der Erforderlichkeit aufgrund der übersehbaren Verkehrsentwicklung im Sinne von § 3 EkrG gestanden habe.

Als Schaden mache sie die Differenz zwischen den fiktiven Baukosten für Überführungen bei einem zweigleisigen Ausbau und den tatsächlichen Baukosten der Überführungen für einen viergleisigen Ausbau in Höhe von 3.111.662,28 DM, Kreditkosten in Höhe von 489.583,33 DM wegen der Verzögerung des Genehmigungsverfahrens sowie höhere Kosten für die Finanzierung des viergleisigen Ausbaus geltend. Wegen der Einzelheiten der Schadensberechnung der Klägerin wird auf Bl. 18 bis 21, 90, 91 der Gerichtsakte sowie auf Bl. 54 bis 56 des Anlagenbandes Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. der Beklagte wird verurteilt,

a) an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 3.601.245,61 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

b) an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 3 v. H. über Bundesbankdiskont auf 850.000 DM ab 31.12.1996 bis 31.12.1997, auf 1.850.000 DM ab 31.12.1997 bis 31.12.1998 und auf 2.058.800 DM ab 31.12.1998 nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den künftigen Schaden zu ersetzen, welcher sich aus dem Vorhandensein von drei 4-gleisigen an Stelle der erforderlichen 2-gleisigen Eisenbahnbrücken über die R Straße, die K-Straße und die Straße F in der Stadt F ergeben wird, insbesondere, daß der Beklagte verpflichtet ist, die durch die Viergleisigkeit verursachten Mehrkosten der Unterhaltung und des Abbruchs zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, der Plan zum viergleisigen Ausbau des Streckenabschnitts S F-N habe unter dem Vorbehalt der Prüfung der Erforderlichkeit der vorhersehbaren Verkehrsentwicklung gestanden. Diese Prüfung habe erst im Rahmen des von der Klägerin zu betreibenden Genehmigungsverfahrens nach § 5 Abs. 1 S. 2 EKrG zu erfolgen gehabt. Die Äußerungen seiner Behörden im Planfeststellungsverfahren hätten lediglich den Zweck gehabt, das Interesse an der Flächenfreihaltung für zwei weitere Gleise kenntlich zu machen, um sich die Möglichkeit einer Verlängerung der S-Bahnstrecke freizuhalten. Ein schutzwürdiges Vertrauen habe diese Äußerung für die Klägerin nicht begründen können. Zudem hätte die Klägerin selbst die Realisierbarkeit zweier zusätzlicher Gleise im Rahmen der übersehbaren Verkehrsentwicklung überprüfen müssen.

Mit Urteil vom 13. Dezember 2000 - 4 O 492/99 - hat das Landgericht Potsdam die Klage abgewiesen. Es hat im wesentlichen ausgeführt, ein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung stehe der Klägerin nicht zu; auf Seiten des Beklagten liege keine Verletzung einer (drittschützenden) Amtspflicht vor. Wegen der Entscheidung im einzelnen wird auf das Urteil des Landgerichts (Bl. 132 bis 145 d. Gerichtsakte) Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 27.12.2000 am 22. Januar 2001 eingereichten und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.03.2001 an diesem Tag begründeten Berufung.

Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und führt ergänzend aus:

Entgegen der Ansicht des Landgerichts entfalte die Amtspflicht der Amtswalter des Beklagten, Stellungnahmen im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens richtig, vollständig und auf der Grundlage eines vollständig ausermittelten Sachverhaltes abzugeben, drittschützende Wirkung nicht nur zugunsten der Allgemeinheit sondern auch zugunsten der Klägerin. Vor dem Hintergrund, daß die Amtspflicht dann drittschützend sei, wenn sie, wenn auch nicht allein, auch den Zweck habe, gerade das Interesse des Geschädigten wahrzunehmen, müsse es auf die Wirkungen der abgegebenen Stellungnahmen ankommen und nicht auf Wesen und Zielsetzung des Planfeststellungsverfahrens. Es sei unerheblich, in welchem Zusammenhang die Auskunft erteilt werde, es komme lediglich auf den Empfangerhorizont an.

Sie habe demzufolge auf die Äußerungen des Beklagten im Planfeststellungsverfahren vertrauen müssen und können. Letztlich sei der Ausbau der Viergleisigkeit nur aufgrund der vom Beklagten vorgenommenen Äußerungen durchgeführt worden. Die wirtschaftlichste Lösung für die Beteiligten sei gewesen, die Brücken für den Ausbau schon jetzt zu dimensionieren. Dies sei jedoch nicht die einzige Lösung gewesen. Die Wirkung des Planfeststellungsverfahrens werde überlagert durch die Abstimmung der Parteien nicht aktuelle Interessenkonflikte, sondern vielmehr zukünftige mit in dieses Verfahren aufzunehmen. Da dies hier im Interesse der Klägerin geschehen sei, könne nicht von einer allgemeinen Sorgfaltspflicht, die ausschließlich und zugunsten der Allgemeinheit bestehe, gesprochen werden. Ausnahmsweise komme es hier darauf an, welche Wirkung die von dem Beklagten vorgenommene Stellungnahme auf die Dispositionsmöglichkeit der Klägerin haben konnte und mußte. Sie, die Klägerin, verwirkliche für den Beklagten ein Teilvorhaben aus wirtschaftlichen Gründen mit. In der Stellungnahme des Beklagten sei ausnahmsweise eine Auskunft mit Drittschutz zu erblicken.

Die Besprechung am 18.01.1995 habe nicht im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens stattgefunden, sondern lediglich zur gleichen Zeit Dieses Gespräch habe ausschließlich den Interessen der an der Kreuzungsvereinbarung Beteiligten gedient Die hier festgelegten Erklärungen, die ihren Niederschlag im Schreiben des MSWV vom 30.01.1995 gefunden hätten, hätten den Umfang der betroffenen Bahnübergänge festgelegt und die entsprechende Finanzierung vor Ort geklärt. Die hier getätigten Äußerungen seien gezielt als Informationsgrundlage für die Finanzierungsvereinbarungen erteilt worden. Die Amtswalter des Beklagten hätten hierbei weder im eigenen noch im öffentlichen Interesse gehandelt, da ausschließlich die Kreuzungsbeteiligten betroffen gewesen seien. Die Unterscheidung des Landgerichts, daß drittschützende Wirkung allenfalls die Aussagen über die finanzielle Beteiligung des Beklagten an Kreuzungen mit Landesstraßen haben könnten, nicht aber an denen mit Gemeindestraßen, um die es hier gehe, sei unzutreffend. Es könne nicht darauf ankommen, daß der Beklagte insoweit nicht zuständig gewesen sei, seine Auskünfte seien nicht teilbar in technische, finanzielle und bauplanerische Aspekte. Die Kläger sei, was die Realisierung der Planung angehe, durch die Erklärung des Beklagten hinsichtlich der Landes- wie der Gemeindestraßen gleichermaßen betroffen.

Auch die Auffassung des Landgerichts, die Behörden des Beklagten hätten jedenfalls keine falschen Stellungnahmen abgegeben, sei unrichtig. Richtig sei, daß die Option des viergleisigen Ausbaus nicht bestanden hätte, was die fehlende Zustimmung des Bundesministers für Verkehr veranschauliche. Der Beklagte hätte sich vor seiner Stellungnahme insoweit dort rückversichern müssen. Er hätte die Pflicht gehabt, sich bei der zuständigen Stelle darüber zu informieren, ob tatsächlich die Option des viergleisigen Ausbaus bestehe oder nicht. Hätte der Beklagte dies getan, hätte er die entsprechende Auskunft vom BMV bekommen. Der Beklagte habe mit der Stellungnahme den Eindruck erweckt, daß die übersehbare Verkehrsentwicklung es hergebe, daß der S-Bahn-Ausbau absehbar geplant" sei. Der Beklagte habe den damaligen Planungsstand, bevor er ihn der Kläger mitgeteilt habe, nicht überprüft.

Die Klägerin beantragt,

1. unter Abänderung des am 13.12.2000 verkündeten Urteils des Landgerichts Potsdam (Az: 4 O 492/99) wird der Beklagte verurteilt:

a) an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 3.601.245,61 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

b) an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 3 v. H. über Bundesbankdiskont auf 850.000 DM ab 31.12.1996 bis 31.12.1997, auf 1.850.000 DM ab 31.12.1997 bis 31.12.1998 und auf 2.058.800 DM ab 31.12.1998 nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den künftigen Schaden zu ersetzen, welcher sich aus dem Vorhandensein von drei 4-gleisigen an Stelle der erforderlichen 2-gleisigen Eisenbahnbrücken über die R Straße, die K -Straße und die Straße F in der Stadt F ergeben wird, insbesondere, daß der Beklagte verpflichtet ist, die durch die Viergleisigkeit verursachten Mehrkosten der Unterhaltung und des Abbruchs zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wiederholt ebenfalls weitgehend seinen erstinstanzlichen Vortrag und führt ergänzend aus:

Mit den Stellungnahmen im Planfeststellungsverfahren hätten seine zu beteiligenden Behörden keine ihnen obliegende Amtspflicht verletzt, da die Einholung dieser Stellungnahmen ausschließlich der Feststellung und Berücksichtigung der öffentlichen Belange diene. Die Beteiligung bezwecke hingegen nicht die Wahrung von Interessen des Vorhabensträgers - hier der Klägerin. Es komme bei der Beurteilung der Frage des Drittschutzes nicht auf die Wirkung sondern auf den Schutzzweck der Norm an. Die Stellungnahmen seien auch nicht im Rahmen eines gemeinsamen Projektes der Klägerin und des Beklagten abgegeben worden. Der Ausbau der Strecke H - B sei ausschließlich ein Vorhaben der Klägerin gewesen. Zudem sei die Klägerin nicht "Empfänger" der Stellungnahmen gewesen. Dies sei vielmehr die Anhörungsbehörde im Rahmen des Planfeststellungsverfahren gewesen. Die Stellungnahme diene allein der Berücksichtigung der von den beteiligten Behörden wahrzunehmenden öffentlichen Interessen durch die Anhörungs- bzw. Planfeststellungsbehörde.

Die Stellungnahme im Planfeststellungsverfahren sei auch nicht falsch sondern richtig gewesen. Er habe lediglich ein Interesse daran gehabt, die Option auf einen viergleisigen Ausbau aufrecht zu erhalten. Die Äußerung habe in keinem Zusammenhang mit den Voraussetzungen von § 3 EKrG gestanden.

Im Hinblick darauf, daß im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens die Abteilung für Straßenbau des Brandenburgischen Landesamtes für Verkehr und Straßenbau darauf hingewiesen habe, daß ein ausreichender Nachweis fehle, um die vorgesehene Option der Erweiterung der Gleisanlagen für den Nah- und Regionalverkehr anzuerkennen, habe die Klägerin nicht davon ausgehen können, daß die Kosten für einen derartigen Ausbau gesichert gewesen, seien.

Die Besprechung am 18.01.1995 habe im Rahmen des Planfeststellungsverfahren stattgefunden. Zudem sei in dieser Besprechung ausschließlich die Beseitigung der Bahnübergänge über die Landesstraße (Straße - P Straße) in und die Landesstraße (W-Straße) in P behandelt worden; nicht behandelt worden sei die gesamte Strecke, insbesondere nicht die hier streitigen Eisenbahnüberführungen über die Gemeindestraßen R straße und K-Straße. Die Klägerin habe jedenfalls aufgrund dieser Besprechung nicht davon ausgehen können, daß auch der Bund gemäß § 13 EKrG seine Kostenbeteiligung erbringen werde sei es für die Landes- oder die Gemeindestraßen. Da Gegenstand der Besprechung die Bereitstellung der Mittel des Beklagten und die Zuschußfähigkeit der Kostenanteile der Gemeinden nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) gewesen sei, habe die Klägerin auch nicht davon ausgehen können, daß eine Kostenbeteiligung des Bundes sicher sei. Zudem habe die Zuständigkeit zur Klärung dieser Frage bei der Klägerin gelegen.

Zur ausreichenden Darlegung zur Höhe des Schadens reiche die Auflistung von voraussichtlichen und tatsächlichen Kosten ohne Vortrag der entsprechenden Grundlagen wie Angebote, Aufträge, Schlußrechnungen und Zahlungen nicht aus. Zu den Finanzierungskosten fehle jeder Vortrag.

Der Feststellungsantrag sei jedenfalls unbegründet, da nicht dargelegt sei, inwieweit Mehrkosten wegen eines Abbruches kurz nach Fertigstellung zu erwarten seien.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht und mit in jeder Hinsicht zutreffenden Begründung abgewiesen. Auch der Vortrag in der Berufungsinstanz rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung einer Amtspflicht gemäß Artikel 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB noch aus einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt Die Beamten des Beklagten haben im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens und der Vorbereitung für den Ausbau und die abschnittsweise Elektrifizierung der Bahnstrecke H B im Streckenabschnitt F B durch die in diesem Zusammenhang erteilten Stellungnahmen und Äußerungen keine ihnen obliegenden, der Klägerin gegenüber bestehenden Amtspflichten schuldhaft verletzt.

a. Im von der Klägerin als Vorhabensträgerin am 31.08.1994 beantragten nach §§ 18, 20 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) für den Streckenausbau erforderlichen Planfeststellungsverfahren - Planfeststellungsbehörde war gemäß § 3 Abs. 3 des Gesetzes über die Eisenbahnverkehrsverwaltung des Bundes das Eisenbahnbundesamt, Anhörungsbehörde im Sinne von § 73 VwVfG war das Brandenburgische Landesamt für Verkehr und Straßenbau (BLVS) - sind gemäß § 73 Abs. 2 VwVfG von der Anhörungsbehörde Stellungnahmen der Behörden eingeholt worden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wurden. Neben anderen Trägern öffentlicher Belange haben das Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Beklagten (MSWV) sowie die Abteilung für Verkehr und die Abteilung Straßenbau des BLVS Stellungnahmen abgegeben. Der Inhalt dieser Stellungnahmen war jedoch nicht unrichtig oder unvollständig, so daß die Klägerin darauf einen Vertrauensschutz gründen könnte und die Stellungnahmen beinhalten keine der Klägerin gegenüber obliegende (drittschützende) Amtspflicht.

Zwar gehört zu den Amtspflichten der Amtswalter der Stellung nehmenden Behörden als Ausprägung allgemeiner Sorgfaltspflichten, Stellungnahmen im Planfeststellungsverfahren vollständig, richtig, klar, unmißverständlich und eindeutig abzugeben und keine falschen, irreführenden oder ersichtlich unvollständigen Stellungnahmen zu fertigen. Diese Verpflichtung haben die beteiligten Behörden des Beklagten jedoch nicht verletzt. Die Stellungnahmen waren weder falsch noch unvollständig. Zur Begründung wird insoweit zunächst auf die überzeugenden und zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, denen sich der Senat anschließt, verwiesen (Bl. 126,127 der Gerichtsakte). Die Stellungnahmen im Planfeststellungsverfahren entsprachen dem damaligen Stand der Kenntnis und der damaligen Willensbildung im Hinblick auf künftige Vorstellungen. Das MSWV bat in seiner Stellungnahme vom 23.11.1994 angemerkt, beim Neubau des Bahnhofes" muß der Flächenbedarf für eine Verlängerung der Gleichstrom-S-Bahn, einschließlich einer möglichen Abstell-/Kehranlage, Berücksichtigung finden". Abschließend heißt es "ich bekräftige hiermit die Aussage in den Planungsunterlagen, die Option für einen viergleisigen Streckenausbau aufrechtzuerhalten". Die Abteilung für Verkehr des BLVS hat ausgeführt, "die in den Unterlagen als Option enthaltenen zwei zusätzlichen Gleise an der Nordseite der Strecke sind auch im Rahmen der Gesamtverkehrsplanung für das Land Brandenburg vorgesehen. Im Entwicklungskonzept S-Bahn vom März 1993 ist auf diesen Gleisen eine Netzerweiterung der Gleichstrom-S-Bahn bis zum Berliner Außenring vorgesehen". Im Entwicklungskonzept S-Bahn des MSWV vom März 1993 ist als Planungsabsicht eine Verlängerung der Zweigleisigkeit der Strecke bis N (Trassenfreihaltung) aufgenommen. In der Stellungnahme von Abteilung für Straßenbau des BLVS heißt es, "als grundsätzliches Problem ist festzustellen, daß in den vorgelegten Planungsunterlagen ein ausreichender Nachweis fehlt, um die vorgesehene Option der Erweiterung der Gleisanlagen für den Nah- bzw. Regionalverkehr als "Voraussehbare Verkehrsentwicklung" anzuerkennen. Aus dieser Option resultierende Mehraufwendungen (z.B. längere Bauwerke) können deshalb durch die Straßenbaulastträger nicht mitgetragen werden".

Aus allen Stellungnahmen ist eindeutig zu entnehmen, daß der viergleisige Ausbau sich erst in einem Planungsstadium befand, dem jede verbindliche Bestandskraft fehlte. Eine verbindliche Zusage des tatsächlichen Ausbaus erfolgte nicht Sowohl die Wortwahl "Option, wünschenswert, Planungsabsicht" als auch der Gesamtzusammenhang ergeben dies. Mit einer Planungsabsicht (S-Bahn-Konzept) ist beabsichtigt, in Zukunft eine Planung im einzelnen anzustreben, wobei das Ergebnis der Planung durchaus offen ist und in keiner Hinsicht bereits etwas Verbindliches über die in diesem Zusammenhang gesetzlich gegebenen Notwendigkeiten und Voraussetzungen ausgesagt ist Eine Option eines viergleisigen Ausbaus beinhaltet ebenfalls lediglich eine Anwartschaft auf einen künftigen Ausbau und keine Aussage, auf deren Grundlage die Klägerin davon ausgehen konnte, daß die S-Bahn gebaut und bei ihr bestellt werden würde. Dies gilt um so mehr, als auch für die Klägerin erkennbar sich aus dem Planfeststellungsbeschluß und der Stellungnahme der Abteilung für Straßenbau des BLVS ergibt, daß jedenfalls ein ausreichender Nachweis der voraussehbaren Verkehrsentwicklung für die genannte Option fehlte. Es ging mit allen diesen Hinweisen lediglich darum die Möglichkeit eines weiteren Ausbaus offen zu halten und zwar insbesondere hinsichtlich der Trassenfreiheit und eines erforderlichen Flächenbedarfs. Wenn die Klägerin diese Stellungnahmen zum Anlaß nahm, die erforderlichen Eisenbahnüberführungen größer zu dimensionieren, um bei einem späteren Ausbau kostengünstig die Überführung erweitern zu können, so tat sie dies bei der geringen vorhandenen Planungssicherheit auf eigenes Risiko. Dies bestätigen auch die Ausführungen des Mitarbeiters H der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 2001. Dieser hat ausgeführt, die damalige Aufgabe des Streckenausbaus sei mit "Risiko bewältigt" worden. Es habe alles unter einem hohen Zeitdruck gestanden und sei alles gleichzeitig geschehen. Der Baubeginn sei bereits vor Genehmigung der Kreuzungsvereinbarungen erfolgt. Aus diesen Äußerungen und dem Gang des Planfeststellungsverfahrens und der Planung insgesamt ergibt sich, daß die Klägerin einerseits ein großes Interesse an Planungssicherheit und zügiger Entscheidung hatte, daß sie andererseits wegen des hohen Zeitdrucks aber auch bereit war, Risiken einzugehen, indem sie trotz bekannten Einwänden zur vorhersehbaren Verkehrsentwicklung seitens des BLVS und fehlender Genehmigung seitens des BMV mit der Errichtung der Überführungen begann. Die Klägerin selbst hatte nach den mit der Stadt als Beteiligte an der Kreuzung geschlossenen "Vereinbarungen über eine Maßnahme an einem Eisenbahnübergang - § 13 EkrG (Eisenbahnkreuzungsgesetz) -" wegen der Beteiligung des Bundes an den Kosten (§ 5 der Vereinbarung in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Satz 2 EKrG) die Genehmigung des Bundesministers für Verkehr einzuholen. Voraussetzung für die Kostenbeteiligung des Bundes ist aber gerade, daß gemäß § 3 Nr. 3 EkrG Kreuzungen (zwischen Straße und Bahn) durch den Bau von Überführungen zu ändern sind, wenn es die Sicherheit oder die Abwicklung des Verkehrs unter Berücksichtigung der übersehbaren Verkehrsentwicklung erfordern. Die zum Zeitpunkt der Planfeststellung gegebene übersehbare Verkehrsentwicklung rechtfertigte aber gerade noch nicht die Überführung für vier Gleise. Hierauf hatte das BLVS auch ausdrücklich hingewiesen (s.o.). Wenn die Klägerin dennoch in dieser Dimension baute, ohne auch vorher die Genehmigung des BMV einzuholen, trägt sie das Risiko dafür, daß die entstandenen Mehrkosten als kreuzungsbedingt nicht anerkannt werden. Es sind auch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, daß die Klägerin wegen des 4-gleisigen Ausbaus etwa bei dem Beklagten nachgefragt hätte, um konkrete Zusagen zum Grad der Verbindlichkeit der Planung des Ausbaus zu erhalten. Dies wäre aber seitens der Klägerin als Vorhabensträgerin gerade bei der Größe des Projekts und den letztlich knappen Äußerungen im Rahmen des Planfeststellungsverfahren, die erkennbar Unwägbarkeiten und Unsicherheiten enthielten, erforderlich gewesen. Im Hinblick darauf, daß § 3 EkrG eine Pflicht zum Handeln der Kreuzungsbeteiligten, zu denen vorliegend die Klägerin als Träger der Baulast der Schiene gehört, begründet, wenn die Sicherheit oder Abwicklung des Verkehrs unter Berücksichtigung der übersehbaren Verkehrsentwicklung dies erfordert, hat die Klägerin selbst nach dem vorgegebenen Maßstab zu prüfen, ob die Voraussetzungen gegeben sind. Bei der vorhersehbaren Entwicklung ist nicht auf einen Zeitraum von 10 Jahren abzustellen. Das EkrG läßt den konkreten Zeitrahmen offen. Es kommt vielmehr darauf an, welcher Zeitraum nach Lage des Einzelfalles übersehbar ist Notwendig sind konkrete Anzeichen, z. B. Bedarfsplan, Linienbestimmung, Fachplan, Bauleitplanung oder vergleichbare konkrete Erörterungen. Nicht ausreichend sind vage Vermutungen (vgl. Marschall/Schweinsberg, Eisenbahnkreuzungsgesetz, 3. Auflage § 3 Anm. 3.). Vorliegend waren aber gerade die Hinweise für die vorhersehbare Verkehrsentwicklung vage und ohne diese konkreten Anzeichen (s.o.). Der Beklagte, bzw. verschiedene Ämter des Beklagten, wollte lediglich für die Zukunft die Verlängerung der S-Bahn planen, ohne daß es hierzu konkrete Untersuchung über Fahrgastaufkommen, Bedarf usw. gab. Es fehlte in jeder Hinsicht an der erforderlichen eingehenden Begründung der übersehbaren Verkehrsentwicklung. Dies war auch für die Klägerin unzweifelhaft aus den Äußerungen und Umständen erkennbar. Eines zusätzlichen Hinweises seitens der Stellung nehmenden Ämter an die Klägerin bedurfte es nicht Auch bestand keine weitergehende Verpflichtung des Beklagten Planungsunsicherheiten auszuräumen.

Der Einwand der Klägerin, daß die Stellungnahmen unrichtig waren und die Option eines viergleisigen Ausbaus nicht bestand, weil zum Zeitpunkt der Erklärungen die Genehmigung des BMV nicht vorgelegen habe, was durch die spätere Verweigerung der Zustimmung des BMV veranschaulicht werde, greift nicht Einerseits hat der Beklagte nie zu erkennen gegeben und gibt es auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß bereits die Voraussetzungen für eine Zustimmung des BMV vorlägen. Andererseits war es für eine Option auch nicht erforderlich, bereits die Genehmigung des BMV für einen kreuzungsbedingten viergleisigen Ausbau vor Abgabe der Stellungnahmen einzuholen. Das wäre gerade Aufgabe der Klägerin als Vorhabensträgerin gewesen (s.o.). Dieses unternehmerische Risiko der teilweisen Kostentragung durch den Bund hatte der Beklagte der Klägerin aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt abzunehmen.

b. Auch aus dem Inhalt des Schreiben des MSWV vom 30.11.1995 bzw. der zugrundeliegenden Besprechung vom 18.01.1995 kann die Klägerin keine schuldhafte Amtspflichtverletzung des Beklagten herleiten. Entgegen der Auffassung der Klägerin fand diese Besprechung im Rahmen des Planfeststellungsverfahren statt. Dies ergibt sich bereits aus der dortigen Bezugnahme. Es heißt in diesem Schreiben zwar, daß nach der vorhersehbaren Verkehrsentwicklung für den Streckenabschnitt S N der Bau von zwei zusätzlichen Gleisen vorgesehen sei. Dies gab jedoch nur die damalige Auffassung des MSWV wieder und konnte keine verbindliche Aussage dazu treffen, ob dieser Ausbau auch vom BMV als vorhersehbare Verkehrsentwicklung eingestuft und damit die Überführungen für vier Gleise als kreuzungsbedingt anerkannt würden. Zum einen betraf diese Besprechung und die in diesem Zusammenhang festgehaltenen Punkte andere als die hier streitgegenständlichen Bahnübergänge, nämlich solche die Kreuzungen mit Landesstraßen eingingen und außerdem lagen diese zum Teil noch nicht einmal auf dem Ausbau des Streckenabschnittes F-N sondern auf dem Streckenabschnitt S F. Für den Streckenabschnitt S-F ergibt sich eine völlig andere Beurteilung der übersehbaren Verkehrsentwicklung als für den nach N. Denn bei diesem Streckenabschnitt handelt es sich unstreitig um eine sogenannte Lückenschlußmaßnahme. Hinsichtlich solcher Lückenschlußmaßnahmen hat sich der Bund grundsätzlich zur weitgehenden Finanzierung verpflichtet Zudem ist der handschriftliche Zusatz zur R Straße und zur K-Straße unstreitig auf dem dem Beklagten zugesandten Originalschreiben nicht enthalten, so daß insoweit jedenfalls übereinstimmend eine Verbindung nicht hergestellt wurde.

Die Klägerin konnte aufgrund der Besprechung und dem anschließenden Schreiben auch nicht davon ausgehen, daß der Beklagte sich im Hinblick auf die Frage der Kostenbeteiligung des Bundes bereits beim BMV rückversichert hätte. Hierfür ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, aus denen sich dieser Schluß ziehen ließe. Auch ist bei diesem Gespräch unstreitig nicht über die Kostentragung gesprochen worden. Außerdem war es insgesamt, wie sich auch aus den abgeschlossenen Vereinbarungen über die einzelnen Überführungen ergibt, Sache der Klägerin die Genehmigung des Bundes einzuholen und zwar vor Beginn der Baumaßnahme. Dies wußte die Klägerin auch, denn sonst hätte es nicht erneut der Einholung der Genehmigung bedurft, wenn bereits eine verbindliche Zustimmung des BMV vorgelegen hätte.

2. Unabhängig von der Frage der Verletzung einer Amtspflicht der Beamten des Beklagten im oben geschilderten Rahmen scheidet ein Anspruch auf Schadensersatz auch deswegen aus, weil die Amtspflicht der Stellung nehmenden Amtswalter im Planfeststellungsverfahren nicht gegenüber der Klägerin bestand.

Die den Amtswaltern des Beklagten obliegende allgemeine Sorgfaltspflicht bei der Abfassung von Stellungnahmen im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens entfaltete, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, keine drittschützende Wirkung zugunsten der Klägerin. Wegen der Begründung wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, denen sich der Senat anschließt, Bezug genommen (Bl. 124 bis 127 d. Gerichtsakte).

Ob eine Amtspflicht drittschützenden Charakter hat, richtet sich danach, ob die anzuwendenden Vorschriften zumindest (auch) den Schutz bzw. den Interessen des Dritten dienen oder ob sie allein die Wahrung des öffentlichen Interesses bezwecken (vgl. MüKo/Papier, 3. Aufl. § 839 Rdn. 224, Staudinger/Schäfer, 12. Aufl. § 839 Rdn. 236 m.w.N).

Vorliegend sind die Stellungnahmen der Behörden des Beklagten nach § 73 Abs. 2 VwVfG im Rahmen des Planfeststellungsverfahren eingeholt worden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben der Klägerin berührt wurde. Die Einholung dieser Stellungnahmen dient der Feststellung und Berücksichtigung der öffentlichen Belange bzw. Interessen, die sonst von diesen Behörden wahrgenommen werden und damit auch der Wahrung der Kompetenzen der sonst dafür zuständigen Behörden und Rechtsträger. Ihre Beteiligung dient grundsätzlich nur dem öffentlichen Interesse (vgl. Kopp, VwVfG, 6. Aufl. § 73 Rdn. 22, Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl. § 73 Rdn. 26). Dient jedoch eine Amtspflicht lediglich dem allgemeinen öffentlichen Wohl bzw. dem öffentlichen Interesse, dann macht der Umstand, daß die pflichtgemäße Tätigkeit des Beamten einem anderen zugute kommt und ihm als Reflexwirkung einen Vorteil verschafft, den anderen nicht zum Dritten im Sinne von § 839 BGB und es kommt Dritten gegenüber eine Schadensersatzpflicht für Verletzung derartiger Amtspflichten auch dann nicht in Betracht, wenn die amtliche Tätigkeit sie betrifft, insbesondere ihre Interessen beeinträchtigt hat (MüKo a.a.O. Rdn. 238; Staudinger a.a.O. Rdn. 231).

Vor diesem Hintergrund ist eine drittschützende Wirkung zugunsten der Klägerin nicht gegeben. Auch der Einwand der Klägerin, der Drittschutz richte sich auf die Wirkung der abgegebenen Stellungnahmen und danach, wie der Empfänger sie auffaßt, greift nicht. Zum einen ist Empfänger der Stellungnahmen nicht die Klägerin, sondern die Anhörungsbehörde und letztlich dienen sie der Planfeststellungsbehörde zur Ermittlung des zu berücksichtigenden Sachverhaltes. Zum anderen haben die Stellungnahmen nicht, wie die Klägerin meint, den Charakter von Auskünften, die im Interesse des Auskunft Begehrenden abgegeben werden. Dies ist bei den Stellungnahmen nach § 73 Abs. 2 VwVfG gerade nicht der Fall. Die Behörden - BLSV und MSWV - haben zur Wahrung der ihnen obliegen Aufgaben im öffentlichen Interesse Stellung genommen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts (Bl. 125 d. Gerichtsakte) Bezug genommen.

Die Begründung der Klägerin in der Berufungsbegründung, "es sei die Wirkung des Planfeststellungsverfahrens überlagert worden durch die Abstimmung zwischen den Parteien, nicht aktuelle Interessenskonflikte, sondern vielmehr zukünftige mit in dieses Verfahren aufzunehmen", ist nicht nachvollziehbar. Eine Abstimmung außerhalb des Planfeststellungsverfahrens ist zwischen den Parteien auch nach dem Vortrag der Klägerin nicht erfolgt.

3. Nach den vorhergehenden Ausführungen kommt es nicht mehr auf die Frage der Kausalität der von der Klägerin als Amtspflichtverletzung gewerteten Handlungen für den Eintritt des geltend gemachten Schadens an. Ein solcher kausal verursachter Schaden ist auch nicht nachvollziehbar und substantiiert dargetan. Aus den von der Klägerin überreichten drei Seiten Kostenaufstellungen ist der von der Klägerin behauptete Schaden, den der Beklagte bestritten hat, nicht nachzuvollziehen. Unterlagen - wie Rechnungen, Ausschreibungen, Zahlungen usw. liegen nicht vor. Auch das Verhältnis von "vorauss. Kosten lt. Vereinbarung" und "tatsächl. Kosten lt. vorl. Rechnung" ist nicht klar. Nach diesen Berechnungen wäre der Ausbau auch noch nicht abgeschlossen. Es heißt dazu in der Berufungsbegründung, "tatsächliche Kosten, welche nach dem aktuellen Stand des Ausbaus angepaßt werden". Letztlich müßte die Klägerin auch die Kosten gegenrechnen, die der Bund unstreitig in jedem Fall als Anteil an den Kosten für die Überführung über einen 2-gleisigen Ausbau übernehmen wird. Zu den Kredit- und Finanzierungskosten fehlen jegliche konkreten Angaben.

4. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch gegen den Beklagten wegen einer Sonderbindung der Parteien im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens mit der Folge, daß in deren Rahmen getroffene Äußerungen Drittschutz entfalten könnten. Zum einen ist zweifelhaft, ob eine solche Sonderbindung, die Vertrauensschutz begründen kann, zwischen den Parteien überhaupt bestand. Dies kann jedoch nach Auffassung des Senats dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls hat der Beklagte auch unter diesen Voraussetzungen keine ihm obliegenden Pflichten verletzt. Der Beklagte hat keine falschen Auskünfte erteilt (s.o.). Auch aus einem solchen Vertrauensverhältnis ergäbe sich keine Verpflichtung des Beklagten für eine Planungssicherheit der Klägerin dergestalt zu sorgen, daß er bereits im Vorfeld hätte ermitteln müssen, ob seine bisherigen Planungsabsichten bezüglich des S-Bahn-Ausbaus den Anforderungen an die übersehbare Verkehrsentwicklung standhalten wurden und damit eine Finanzierung eines Teils der Kosten durch den Bund gesichert sei. Es wäre vielmehr Sache der Klägerin gewesen dies zu klären, wenn sie entsprechend dieser vagen Planung den Ausbau der Überführungen in einer größeren Dimensionierung vornehmen wollte.

5. Ob der Feststellungsantrag der Klägerin zulässig ist und ein Feststellungsinteresse ausreichend dargetan ist, kann dahin stehen (vgl. BGH WM 1978 S. 470 f, 472; Zöller-Greger, ZPO, 22. Aufl. § 256 Rdn. 7). Der Antrag ist jedenfalls unbegründet. Es liegt bereits keine haftungsbegründende unerlaubte Handlung des Beklagten vor (s.o.).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO und die Festsetzung des Wertes der Beschwer aus § 546 Abs. 2 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens (§ 3 ZPO, § 14 GKG):

Klageantrag zu 1): 3.601.254,61 DM Klageantrag zu 2): 502.990,00 DM Klageantrag zu 3): 100.000,00 DM Gesamt: 4.204.244,61 DM.

Ende der Entscheidung

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